Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke, die seit 1963 an die Firma X vermietet waren. Die Grundstücke waren mit Grundpfandrechten von insgesamt 1,8 Mio. DM belastet, und zwar als Sicherheit für Kredite, die der Bruder der Klägerin in der Vergangenheit aufgenommen hatte. Seit dem Konkurs des Bruders (1985/1986) standen die Grundstücke unter Zwangsverwaltung; die Mieteinnahmen wurden zur Tilgung der Schulden verwandt. Seit 1998 bemühte sich die Firma X, die erhebliche Investitionen plante, um eine Einigung zwischen allen Beteiligten, um Planungs- und Rechtssicherheit hinsichtlich der Grundstücke zu erreichen; andernfalls wollte sie ihren Firmenstandort verlegen. Die Sparkasse Y machte den Verzicht auf die Zwangsverwertung des Grundbesitzes davon abhängig, dass unmittelbar an sie eine Gesamtzahlung von 675 360 DM erbracht wurde.
Schließlich einigte man sich auf Folgendes: Die Klägerin bestellte der Firma X ein Erbbaurecht für einen jährlichen Erbbauzins von 83 600 DM. Außerdem hatte die Firma X an die Sparkasse Y einen Betrag von 675 360 DM zu zahlen, hinsichtlich dessen ausschließlich die Sparkasse forderungsberechtigt war. Nach dem Eingang dieses Betrages bei der Sparkasse ermäßigte sich der Erbbauzins vereinbarungsgemäß für 20 Jahre auf 30 000 DM. Die Grundschulden wurden nach Bewilligung der Sparkasse gelöscht, die Zwangsverwaltung wurde aufgehoben.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) und ihm folgend das Finanzgericht (FG) beurteilten den an die Sparkasse geleisteten Betrag von 675 360 DM als Einnahmen der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Es handele sich um vorausgezahlten Erbbauzins, der der Klägerin auf einem abgekürzten Zahlungsweg zugeflossen sei.
Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde, mit der die Klägerin Zulassungsgründe gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend macht.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision gegen das angefochtene Urteil zuzulassen.
Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet. Zwar ist die Revision nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 zuzulassen, jedoch ist die Vorentscheidung wegen eines Verfahrensfehlers i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 116 Abs. 6 FGO).
1. Allerdings ist das angefochtene Urteil entgegen der Auffassung der Klägerin weder greifbar gesetzwidrig, noch sind die mit der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung.
In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist geklärt, dass auch Leistungen an Dritte einen Zufluss i.S. des § 11 EStG beim Steuerpflichtigen bewirken können, wenn nämlich der Schuldner auf Geheiß des steuerpflichtigen Gläubigers an einen Dritten leistet und der Vorgang wirtschaftlich zugleich eine Leistung des Schuldners an den Steuerpflichtigen und eine solche des Steuerpflichtigen an den Dritten darstellt (vgl. , BFHE 145, 538, BStBl II 1986, 342; vom IX R 161/83, BFHE 152, 240, BStBl II 1988, 433; vom VIII R 74/84, BFHE 156, 126, BStBl II 1989, 419; vom VIII R 51/89, BFHE 168, 234, BStBl II 1992, 941; Seiler in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, 5. Aufl., § 11 Rn. 21).
Gemessen daran war die Beurteilung des FG weder greifbar gesetzwidrig, noch bietet der Streitfall insoweit ungeklärte grundsätzliche Rechtsfragen. Denn nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin den vertraglichen Erbbauzins mit Rücksicht auf die von der Firma X an die Sparkasse Y geleistete Zahlung vereinbarungsgemäß ermäßigt. Daraus ergibt sich der Zusammenhang der Einmalzahlung mit der Nutzung der Grundstücke durch diese Firma. Auch wenn allein die Sparkasse einen vertraglichen Anspruch auf die Einmalzahlung hatte, so stellte sich diese Leistung gleichwohl wirtschaftlich als Erbbauzinszahlung an die Klägerin und als Zahlung der Klägerin an die Sparkasse dar, um die auf ihren Grundstücken lastenden Grundpfandrechte abzulösen und die drohende Zwangsversteigerung zu verhindern.
2. Die Vorentscheidung leidet jedoch an einem Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, weil sie in einem wesentlichen Punkt nicht mit Gründen versehen ist (§ 105 Abs. 2 Nr. 5, § 119 Nr. 6 FGO).
a) Die von § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO geforderte Begründung eines Urteils dient vor allem der Unterrichtung der Verfahrensbeteiligten darüber, auf welchen Feststellungen und Überlegungen die richterliche Entscheidung beruht (, BFH/NV 2000, 968, 969; , BFH/NV 2001, 46). Dazu muss zwar das Gericht nicht auf jede Einzelheit des Sachverhalts und des Beteiligtenvortrags ausführlich eingehen. Die Vorschrift des § 119 Nr. 6 FGO kann aber verletzt sein, wenn die Entscheidungsgründe zum Teil fehlen, nämlich wenn das Urteil hinsichtlich eines „wesentlichen Streitpunkts” nicht mit Gründen versehen ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 46, m.w.N.; , BFH/NV 2004, 457). Dies setzt grobe Begründungsmängel in einem Ausmaß voraus, dass die vom FG fixierten Entscheidungsgründe zum Nachweis der Rechtmäßigkeit des Urteilsspruchs ungeeignet erscheinen und den Beteiligten keine hinlängliche Kenntnis darüber vermitteln, auf welchen Erkenntnissen, Feststellungen und rechtlichen Erwägungen das Urteil beruht ( juris-Nr: STRE200550459). Dies kann auch der Fall sein, wenn die Vorentscheidung die für den Streitfall maßgebende Vorschrift nicht erwähnt und demgemäß auch den festgestellten Sachverhalt nicht darunter subsumiert (vgl. , BFH/NV 2004, 1281). Ein solcher Verstoß liegt ferner dann vor, wenn das FG im Erörterungstermin die Prüfung einer bisher noch von keiner Seite aufgeworfenen Rechtsfrage ankündigt und damit zu erkennen gibt, dass es diese Frage für wesentlich hält, im Urteil dazu jedoch keinerlei Ausführungen macht; auch dann ist das Urteil insoweit i.S. von § 105 Abs. 2 Nr. 5, § 119 Nr. 6 FGO nicht mit Gründen versehen.
b) Im Streitfall war neben der Frage, ob die an die Sparkasse geleistete Einmalzahlung der Firma X eine Einnahme der Klägerin gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstellt, auch zu prüfen, ob diese Einnahme auf mehrere Jahre zu verteilen ist. Dies hatte die Berichterstatterin des FG im Erörterungstermin vom unter Hinweis auf § 34 EStG ausdrücklich angesprochen. Für eine solche Prüfung bestand auch deshalb Anlass, weil nach der für das Streitjahr maßgebenden Rechtsauffassung der Finanzverwaltung in einem Einmalbetrag geleistete Erbbauzinsen auf die Laufzeit des Erbbaurechts, längstens auf zehn Jahre, verteilt werden können (, BStBl I 1996, 1440; H 161 (Erbbaurecht) EStH 1999; vgl. heute § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG). Im Urteil des FG fehlen dazu indes jegliche Ausführungen, so dass eine rechtliche Überprüfung der Vorentscheidung insoweit nicht möglich ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 93 Nr. 1
JAAAB-68606