Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Steuerabzugsbeträgen und Körperschaftsteuer
Erteilung von Abrechnungsbescheiden (§ 218 Abs. 2 AO)
1. Verfahrensrechtliche Fragen
Die mit einer Steuerfestsetzung verbundene Verfügung über die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen, Vorauszahlungen und anrechenbarer Körperschaftsteuer (§ 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG a.F.) ist ein eigenständiger Verwaltungsakt, für den Bestandskraft eintritt und der nur unter den Voraussetzungen der §§ 129 bis 131 AO geändert werden kann. Die Anrechnungsverfügung entfaltet gegenüber einem späteren Abrechnungsbescheid i. S. des § 218 Abs. 2 AO Bindungswirkung. Diese Bindungswirkung muss deshalb beim Erlass eines Abrechnungsbescheides nach § 218 Abs. 2 AO beachtet werden. Im Rahmen eines Abrechnungsbescheides kann die Steueranrechnung nur dann geändert werden, wenn die Vorschriften der §§ 129 bis 131 AO dies zulassen (; BStBI 1997 II S. 787, vgl. auch AEAO zu § 218, Nr. 3). Die Änderung bzw. Berichtigung einer Anrechnungsverfügung ist, abgesehen von der in § 130 Abs. 3 AO vorgesehenen Frist, ohne Bindung an eine Verjährungsfrist möglich (vgl. ; BStBl 2001 II S. 133).
Die möglichen weiteren Punkte des Abrechnungsteils (sonstige Zahlungen, Umbuchungen, Aufrechnungen) werden nicht von der Bestandskraft umfasst (vgl. ; BStBl 2005 II S. 457).
Gegen eine Anrechnungsverfügung, die zusammen mit einer Steuerfestsetzung ergeht, ist der Einspruch gegeben, da es sich um einen Verwaltungsakt im Erhebungsverfahren handelt. Allerdings hat die Erteilung eines Abrechnungsbescheids Vorrang gegenüber der Durchführung eines Einspruchsverfahrens gegen eine Anrechnungsverfügung. Als gesetzlich geregeltes spezielles Verfahren dient der Erlass eines Abrechnungsbescheids i.S. des § 218 Abs. 2 AO dazu, über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen, endgültig zu entscheiden (vgl. a.a.O.).
Kann aufgrund der Ausführungen des Steuerpflichtigen im Einspruchsschreiben gegen die Anrechnungsverfügung dem Begehren stattgegeben werden, ist die Anrechnungsverfügung entsprechend zu ändern (Bescheidkennzeichnung 83). Gleiches gilt, wenn der Steuerpflichtige zwar keinen Einspruch eingelegt, aber einen Antrag auf Änderung der Anrechnungsverfügung gestellt hat. In beiden Fällen ist die Erteilung eines Abrechnungsbescheids nicht erforderlich, da mit der Stattgabe ein Streit im Sinne des § 218 Abs. 2 AO (nicht) mehr besteht. Wird gleichzeitig die Steuerfestsetzung geändert, ist als zusätzliche Bescheidkennzeichnung die entsprechende Kennziffer für die jeweilige Korrekturvorschrift anzugeben.
Kann dem Einspruch des Steuerpflichtigen gegen die Anrechnungsverfügung nicht abgeholfen werden, ist der Einspruch als Antrag auf Erlass eines Abrechnungsbescheids nach § 218 Abs. 2 AO anzusehen (; BStBl 1994 II S. 147). Über Streitigkeiten, die die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen, Steuervorauszahlungen und anrechenbarer Körperschaftsteuer betreffen, kann endgültig nur im Verfahren nach § 218 Abs. 2 AO entschieden werden. Eine Entscheidung zum Einspruch gegen die Anrechnungsverfügung ist daher nicht zu fertigen.
Im Zeitpunkt des Erlasses des Abrechnungsbescheids entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für einen Einspruch gegen die Anrechnungsverfügung. Der Steuerpflichtige kann ab diesem Zeitpunkt seine Einwände nur noch in dem Verfahren nach § 218 Abs. 2 AO vorbringen. Nur wenn der Steuerpflichtige auf einer Entscheidung über seinen Einspruch besteht, ist neben dem Verfahren nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO auch noch ein Einspruchsverfahren durchzuführen. In diesem Fall ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfen.
Soll ein (formloser) Antrag auf Änderung der Anrechnungsverfügung abgelehnt werden, so hat dies ebenfalls durch einen Abrechnungsbescheid zu erfolgen.
Im Falle eines anhängigen Rechtsbehelfsverfahrens ist eine Aussetzung der Vollziehung der Anrechnungsverfügung durch die vorläufige Berücksichtigung eines höheren anrechenbaren Betrags grundsätzlich möglich, soweit in Höhe der beantragten Anrechnung eine Zahlungspflicht besteht. Eine Aussetzung der Vollziehung ist allerdings bis zu einer Änderung der Anrechnung bzw. wegen des Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses auf einen Monat nach Bekanntgabe des Abrechnungsbescheides zu befristen. Danach kann ggf. eine Aussetzung der Vollziehung des Abrechnungsbescheides in Betracht kommen (vgl. AEAO zu § 361, Nr. 2.3.1).
2. Organisatorische Fragen
Für die Erteilung von Abrechnungsbescheiden sind in Fällen, in denen Streit über die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen und anrechenbarer Körperschaftsteuer besteht, die Veranlagungsstellen zuständig. In diesem Bescheid sind neben der festgesetzten Steuer die einzelnen abgezogenen Steuerbeträge und die angerechnete Körperschaftsteuer anzugeben. Die Nichtanrechnung bzw. die nur teilweise Anrechnung der strittigen Beträge ist zu begründen. Außerdem ist im Bescheid klar zum Ausdruck zu bringen, dass nur über die Anrechnung der Steuerabzugsbeträge und der Körperschaftsteuer entschieden wird. Soweit dem Begehren des Steuerpflichtigen in seinem Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheids zum Teil entsprochen werden kann, ist zur Abgleichung von Erhebungs- und Festsetzungsspeicher vor Erteilung des Abrechnungsbescheids im maschinellen Verfahren (Bescheidkennzeichnung 83) eine Korrektur der Anrechnungsverfügung durchzuführen. In den Bescheiderläuterungen ist der Antragsteller darauf hinzuweisen, dass bezüglich der nicht berücksichtigten Steuerabzugsbeträge und Körperschaftsteuer in Kürze ein Abrechnungsbescheid ergehen wird.
Für die Erteilung des Abrechnungsbescheids steht die UNIFA-Vorlage „Abrechnungsbescheid Anrechnung Steuern” (Veranlagung/Bearbeitung Verwaltungsakte bzw. Körperschaftsteuerstelle/Bearbeitung Verwaltungsakte) zur Verfügung.
Die Finanzkasse ist für die Erteilung von Abrechnungsbescheiden nur dann zuständig, wenn Streit hinsichtlich der kassenmäßigen Abrechnung (z.B. Anrechnung von geleisteten Vorauszahlungen nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG, Tilgung durch Umbuchung etc.) besteht.
Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 0450 - 4 St 41 M
Fundstelle(n):
GAAAB-66851