Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) wurde 1991 von seiner Ehefrau geschieden. Er wohnt in der T-Straße in H. Das alleinige Sorgerecht für die drei gemeinsamen Söhne wurde der geschiedenen Ehefrau (Mutter) zugesprochen. Bei der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1992 legte der Kläger dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt —FA—) eine Meldebescheinigung der Gemeinde H vom vor, wonach der im August 1981 geborene Sohn K seit unter seiner, des Klägers, Anschrift mit Hauptwohnung gemeldet sei. Das FA gewährte dem Kläger daraufhin für die Veranlagungszeiträume 1992 bis 1997 einen Haushaltsfreibetrag nach § 32 Abs. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für diese Jahre jeweils gültigen Fassung. In den Steuererklärungen hatte der Kläger zu der Frage nach dem Kindschaftsverhältnis von K zu anderen Personen und nach der Meldung des K bei anderen Personen keine Angaben gemacht.
Mit einer Kontrollmitteilung vom ging beim FA eine der Mutter erteilte Bescheinigung der Gemeinde H vom ein, wonach alle drei Söhne in der Zeit vom bis zum bei der Mutter in der Z-Straße in H gewohnt hatten und dort gemeldet waren. Das FA änderte darauf die Bescheide gegenüber dem Kläger für die Jahre 1993 bis 1997 gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) und berücksichtigte für diesen Zeitraum keinen Haushaltsfreibetrag.
Der Kläger erhob gegen die Änderungsbescheide jeweils Einspruch. Er legte eine Bestätigung seiner geschiedenen Ehefrau vom vor, nach der K beim Kläger lebe und sie, die Mutter, mit der Zuordnung zum Kläger einverstanden sei. Allerdings dürfe sich diese Erklärung für die Gewährung des Haushaltsfreibetrags für die bei ihr lebenden beiden anderen Söhne nicht negativ auswirken. Ermittlungen des FA bei der Gemeinde im Einspruchsverfahren ergaben, dass die Mutter der Gemeinde am den Umzug des Sohnes K von der Wohnung des Klägers in ihre eigene Wohnung mit Umzugsdatum gemeldet hatte. Am hatte der Kläger der Gemeinde den Umzug des K von der mütterlichen Wohnung in seine, des Klägers, Wohnung, ebenfalls mit Umzugsdatum gemeldet und darüber eine Meldebescheinigung vom erwirkt. Diese Bescheinigung hatte die Gemeinde sodann mit Schreiben vom zurückgefordert, da sie inzwischen festgestellt hatte, dass die Mutter das alleinige Sorgerecht für das Kind hatte und mit der Ummeldung des Kindes nicht einverstanden war. Der Kläger hatte sodann die Ummeldebescheinigung vom an die Gemeinde zurückgesandt, die die Ummeldung am storniert hatte. Am hatte der Sohn selbst der Gemeinde seinen Umzug vom gleichen Tage von der Wohnung der Mutter in die Wohnung des Klägers mitgeteilt.
Noch während des Einspruchsverfahrens berichtigte die Gemeinde aufgrund der Anträge der Mutter vom sowie des Sohnes vom das Melderegister dahin gehend, dass der Sohn nunmehr seit seiner Geburt unter der Anschrift des Klägers mit alleiniger Wohnung gemeldet war (Meldebescheinigung vom ). Die Mutter hatte gegenüber der Gemeinde erklärt, ihre Ummeldung des K zum in ihre Wohnung sei unzutreffend.
Der Einspruch hatte nur hinsichtlich des Jahres 1993 Erfolg. Das FA gewährte dem Kläger für dieses Jahr den Haushaltsfreibetrag, da K zu Beginn des Jahres 1993 noch beim Kläger gemeldet gewesen sei. Für die Jahre 1994 bis 1997 (Streitjahre) lehnte es die Gewährung eines Haushaltsfreibetrags mit der Begründung ab, K sei jeweils zu Beginn des Kalenderjahres in der Wohnung seiner Mutter gemeldet gewesen. Die Ummeldung des Klägers vom sei unbeachtlich, da ihm nicht das Sorgerecht für K zugestanden habe.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Da die Gemeinde die Ummeldung der Mutter vom als unrichtig erkannt und die Meldedaten korrigiert habe, stehe melderechtlich fest, dass der Sohn seit seiner Geburt bis wenigstens 1999 nur in der Wohnung des Klägers gemeldet gewesen sei. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1494 veröffentlicht.
Mit der Revision trägt das FA im Wesentlichen vor: Für die Gewährung des Haushaltsfreibetrags sei entscheidend, wo das Kind zu Beginn des Jahres polizeilich gemeldet sei. Dies gelte aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung auch dann, wenn die Meldung von Anfang an unzutreffend sei. Werde eine von Anfang an unrichtige Meldung nach Ablauf des Veranlagungszeitraums durch Ummeldung für die Vorjahre korrigiert, könne die steuerliche Zuordnung eines Kindes erst ab Beginn des Folgejahres berücksichtigt werden. Entscheidend sei, wann die Ummeldung bei der Meldebehörde eingegangen sei. Außerdem könne das Melderegister nicht mit steuerlicher Wirkung rückwirkend korrigiert werden. Entgegen diesen in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) anerkannten Grundsätzen habe das FG die rückwirkende Berichtigung der Meldebescheinigung im Rahmen des § 32 Abs. 7 EStG zugelassen.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Entgegen dem Urteil des FG steht dem Kläger für die Streitjahre kein Haushaltsfreibetrag zu.
1. Nach § 32 Abs. 7 Satz 1 EStG in der für den Streitzeitraum jeweils geltenden Fassung wird einem Steuerpflichtigen, für den das Splitting-Verfahren nicht anzuwenden und der auch nicht als Ehegatte getrennt zur Einkommensteuer zu veranlagen ist, ein Haushaltsfreibetrag von 5 616 DM vom Einkommen abgezogen, wenn er einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld für mindestens ein Kind erhält, das in seiner Wohnung im Inland gemeldet ist. Kinder, die bei beiden Elternteilen gemeldet sind, werden —neben anderen, hier nicht vorliegenden Gestaltungen— nach § 32 Abs. 7 Satz 2 EStG dem Elternteil zugeordnet, in dessen Wohnung sie im Kalenderjahr zuerst gemeldet waren, im Übrigen der Mutter oder mit deren Zustimmung dem Vater; dieses Wahlrecht kann für mehrere Kinder nur einheitlich ausgeübt werden.
Wie der Senat in dem Urteil vom III R 125/93 (BFHE 179, 115, BStBl II 1996, 91) ausgeführt hat, soll die Gewährung des Haushaltsfreibetrags nach dem Willen des Gesetzgebers davon abhängen, dass das zu berücksichtigende Kind tatsächlich zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört. Wegen der damit möglicherweise verbundenen Nachweisschwierigkeiten stellt das Gesetz jedoch nicht auf die gegebenen Verhältnisse, sondern ausschließlich auf den melderechtlichen Tatbestand ab. Es kommt daher nur darauf an, dass das Kind in der Wohnung dessen, der den Haushaltsfreibetrag begehrt, gemeldet ist, wobei es unerheblich ist, ob es sich dabei um den Hauptwohnsitz oder einen Nebenwohnsitz des Kindes handelt. Für die Frage nach den maßgeblichen melderechtlichen Verhältnissen ist allein darauf abzustellen, wann die An- oder Ummeldung bei der Meldebehörde eingegangen ist. Der Gesetzgeber hat dabei in Kauf genommen, dass die melderechtliche Erklärung von Anfang an unzutreffend war oder später unrichtig geworden ist (Senatsurteil in BFHE 179, 115, BStBl II 1996, 91, m.w.N.).
2. Aus dem Urteil des FG und aus der Einspruchsentscheidung ergibt sich in tatsächlicher Hinsicht, dass K bis zur Ummeldung durch seine Mutter mit Umzugsmeldung vom zum in der jetzigen Wohnung des Klägers in der T-Straße gemeldet war, danach in der Wohnung der Mutter in der Z-Straße. Die Ummeldung aufgrund der Umzugsmeldung des Klägers vom ebenfalls zum von der Wohnung der Mutter in der Z-Straße nach der T-Straße wurde von der Gemeinde kurz darauf am wieder rückgängig gemacht. Seit ist K wieder beim Kläger in der T-Straße gemeldet.
Hiervon ausgehend ist die Entscheidung des FG, dem Kläger stehe für die Streitjahre ein Haushaltsfreibetrag zu, unzutreffend.
a) War K aufgrund der Umzugsmeldung vom seit nur bei der Mutter gemeldet, kann der Kläger für 1994 bis 1996 keinen Haushaltsfreibetrag für K erhalten, da es an einer entsprechenden Meldung beim Kläger fehlt.
b) War er in den Jahren 1994 bis 1996 sowohl beim Kläger als auch bei der Mutter —mit Haupt- oder Nebenwohnsitz— gemeldet, scheitert eine Berücksichtigung beim Kläger daran, dass in Fällen der Meldung eines Kindes zu Beginn des Kalenderjahrs bei beiden Elternteilen nach § 32 Abs. 7 Satz 2 EStG („im Übrigen”) eine Berücksichtigung beim Vater (Kläger) die Zustimmung der Mutter voraussetzt. „Im Übrigen” betrifft die Fälle, in denen das Kind zu Beginn des Kalenderjahrs (oder zu dem anderen maßgeblichen Stichtag wie Geburt oder Zuzug aus dem Ausland) zugleich bei beiden Elternteilen (oder einem Elternteil und einem Großelternteil) gemeldet ist (vgl. Amtliches Einkommensteuer-Handbuch —EStH— H 182 „Abzug mit Zuordnung” Satz 2, unter a). Die Mutter hat aber nicht wirksam zugestimmt. Denn sie hatte —wie erwähnt— unter dem ihre Zustimmung zur Zuordnung des K zum Kläger unter dem Vorbehalt erklärt, dass ihr der Haushaltsfreibetrag für ihre beiden anderen Söhne nicht versagt würde. Da das Wahlrecht für mehrere Kinder aber nach § 32 Abs. 7 Satz 2, Halbsatz 2 EStG nur einheitlich ausgeübt werden kann, ist die von der Mutter erteilte eingeschränkte Zustimmung unbeachtlich.
c) Im Jahre 1997 war K bis 31. Mai bei der Mutter und von da an beim Kläger gemeldet.
War er zu Beginn des Kalenderjahrs nur bei der Mutter und anschließend auch oder ausschließlich beim Kläger gemeldet, scheidet eine Zuordnung zum Kläger ebenfalls aus. Denn nach § 32 Abs. 7 Satz 2 EStG ist bei Meldung eines Kindes bei beiden Elternteilen für den Fall der Meldung bei einem Elternteil zu Beginn des Kalenderjahres und der späteren —zusätzlichen oder ausschließlichen— Meldung beim anderen Elternteil das Kind dem Elternteil zuzuordnen, bei dem es zuerst gemeldet war (vgl. EStH H 182 „Abzug mit Zuordnung” Satz 2, unter a, letzter Satz).
War K zu Beginn des Jahres 1997 sowohl beim Kläger als auch bei der Mutter gemeldet, war er nach der Regelung „im Übrigen” (§ 32 Abs. 7 Satz 2 EStG) der Mutter zuzuordnen, da es an einer wirksamen Zustimmungserklärung zur Berücksichtigung beim Kläger fehlt (s.o. II. 2. b).
3. Der Einwand des Klägers, nach den Meldebescheinigungen der Gemeinde vom bzw. vom sei K aufgrund der Umzugsmeldung seiner Mutter vom nicht in deren Wohnung in der Z-Straße umgemeldet worden, vielmehr seien lediglich melderechtlich unwirksame Organisationsfehler beim Einwohnermeldeamt behoben worden, greift nicht durch. Ob ein Kind in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet ist i.S. von § 32 Abs. 7 EStG, richtet sich nach der Rechtsprechung des BFH nach dem Tag des Eingangs der melderechtlichen Anmeldung oder Ummeldung. Entscheidend ist daher die Ummeldung durch die Mutter vom in ihre Wohnung mit der Folge, dass K zu Beginn des Jahres 1994 (auch) bei der Mutter und jedenfalls nicht allein beim Kläger gemeldet war. Nach Ablauf des Veranlagungszeitraums vorgenommene Anmeldungen oder Ummeldungen können nicht berücksichtigt werden (Senatsurteil in BFHE 179, 115, BStBl II 1996, 91). Die erst nachträglich abgegebenen Erklärungen des Klägers im Einspruchsverfahren vom , der Mutter vom und des K vom und vom sowie die in deren Folge vorgenommenen Berichtigungen des Melderegisters durch die Gemeinde (Meldung des K in der T-Straße vom bis , Mitteilung vom , bzw. seit seiner Geburt am , Mitteilung vom ) konnten daher für die Gewährung des Haushaltsfreibetrags nicht zu einer Zuordnung für die entsprechenden Zeiträume beim Kläger führen.
Der vom Kläger erklärten Ummeldung vom zum , die zu der Bescheinigung vom über die Meldung des K bei ihm, dem Kläger, geführt hatte und die am storniert worden war, kommt —abgesehen von der Stornierung— auch deshalb keine eigenständige Bedeutung zu, weil bei aufeinanderfolgenden Meldungen die Meldung zu Beginn des Kalenderjahrs, die hier bei der Mutter (Meldung vom ) vorlag, entscheidend ist (s.o. II. 2. c).
Der Senat teilt nicht die Auffassung des FG, das FA sei unabhängig vom Datum der Ausstellung an eine nachträglich berichtigte Meldebescheinigung stets gebunden. Es kann dahinstehen, ob in Ausnahmefällen eine nachträgliche Berichtigung des Melderegisters der Zuordnung eines Kindes nach § 32 Abs. 7 EStG zugrunde gelegt werden kann, wenn etwa absichtlich unzutreffende oder gar gefälschte Umzugsmeldungen abgegeben wurden, um dadurch einen steuerlichen Vorteil bei der Berücksichtigung des Haushaltsfreibetrags zu erlangen. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Mutter des K hatte als allein Sorgeberechtigte am den Umzug des K von der T-Straße in ihre Wohnung in der Z-Straße zum gemeldet. Die Unrichtigkeit dieser Meldung und der darauf beruhenden Registereintragung ist nicht ohne weiteres ersichtlich, zumal nach Art. 16 Abs. 2 Satz 3 des Bayrischen Gesetzes über das Meldewesen (MeldeG) die Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners, an der das Kind nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 MeldeG zu melden ist, die vorwiegend benutzte Wohnung der Personensorgeberechtigten, hier also der Mutter, ist.
Gerade der Schriftwechsel zwischen dem Kläger, der Mutter und des K selbst mit dem Einwohnermeldeamt und dem FA zeigt, dass es sachgerecht ist, an dem Grundsatz festzuhalten, dass für die melderechtlichen Verhältnisse allein darauf abzustellen ist, wann die Meldung, die zu der Registrierung geführt hat, bei der Meldebehörde eingegangen ist. Dadurch sollen Ermittlungen und Beweiserhebungen über das Vorliegen eines Ortswechsels vermieden werden, auch wenn eine Meldung unzutreffend oder später unrichtig geworden ist (Senatsurteil in BFHE 179, 115, BStBl II 1996, 91). Aus dem Schriftwechsel ist ersichtlich, dass die Mutter mit der Ummeldung des K durch den Kläger am nicht einverstanden war, wie sich aus dem Schreiben der Gemeinde an den Kläger vom ergibt. Wenn sie unter dem gegenüber der Gemeinde erklärte, ihre Ummeldung des K zum in ihre Wohnung in der Z-Straße sei unrichtig, weil sie damals angenommen habe, sie müsse aus Gründen des Sorge- und Unterhaltsrechts K bei sich anmelden, tatsächlich habe sich K vorwiegend beim Kläger in der T-Straße aufgehalten, und wenn auch K dies unter dem 9. und bestätigte, verdeutlichen diese widersprüchlichen Angaben, dass es sachgerecht ist, auf den Eingang der Meldung abzustellen, die zu dem Registereintrag geführt hat. Wie der (BFH/NV 2001, 779) ausgeführt hat, ist die formalisierte Zuordnung eines Kindes aus einer geschiedenen Ehe nach den melderechtlichen Unterlagen verfassungsgemäß.
4. Da das FA aufgrund der Angaben des Klägers bei der Einkommensteuerveranlagung 1992, ohne dass insoweit Bedenken veranlasst gewesen wären, davon ausging, K sei auch in den Folgejahren beim Kläger gemeldet, handelt es sich bei dem dem FA mit der Kontrollmitteilung vom geschilderten Umstand, dass K bei seiner Mutter gemeldet war, um neue Tatsachen, die das FA nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 berechtigten, die angefochtenen Änderungsbescheide zu erlassen. Denn bei einer Meldung allein bei der Mutter und auch bei einer Meldung beim Kläger neben der Mutter war K nicht dem Kläger zuzuordnen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1992 Nr. 11
NWB-Eilnachricht Nr. 20/2006 S. 53
XAAAB-66585