Instanzenzug:
Gründe
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erbten am von ihrer Mutter das Grundstück in H. Das Grundstück war 1 250 qm groß und mit der einen Hälfte eines Doppelhauses bebaut; die andere Hälfte stand auf einem Nachbargrundstück. Größe, Zuschnitt, Bebauung und Zustand des Grundstücks entsprachen den Verhältnissen in der Umgebung. Das Grundstück lag außerhalb eines Bebauungsplanes. Eine Bebauung des hinteren Grundstücksteils war einem Bauvorbescheid der Stadt H vom zufolge nicht zulässig.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) stellte mit Bescheid vom den Wert des Grundstücks auf den in Höhe von 379 000 DM fest. Dieser Wert ergab sich als Mindestwert gemäß § 146 Abs. 6 des Bewertungsgesetzes (BewG) i.V.m. § 145 Abs. 3 BewG (1 250 qm x 379 DM/qm abzüglich 20 %). Das FA rechnete hierbei den in der Bodenrichtwertkarte der Stadt H ausgewiesenen Bodenrichtwert von 500 DM/qm wegen der Grundstücksgröße nach dem in der Bodenrichtwertkarte vorgesehnen Umrechnungskoeffizienten auf den Wert von 379 DM/qm um (500 DM/qm x 85/112) und setzte ihn für das gesamte Grundstück an. Der —niedrigere— Ertragswert nach § 146 Abs. 2 bis 5 BewG betrug 166 454 DM.
Einspruch und Klage, mit denen die Kläger unter Vorlage des Gutachtens eines öffentlich bestellten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken eine Feststellung auf einen niedrigeren gemeinen Wert von 234 000 DM beantragten, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass das Gutachten nicht schlüssig und nachvollziehbar sei, insbesondere, dass das Grundstück keine solchen Besonderheiten gegenüber dem Bodenrichtwertgrundstück aufweise, die eine abweichende Beurteilung, insbesondere die vom Gutachter —ohne Begründung— vorgenommene Aufteilung in Vorder- und Hinterland, rechtfertigten.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde machen die Kläger Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) sowie grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) geltend.
II. Die Beschwerde ist, soweit sie nicht unzulässig ist, unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen.
1. Mit der Rüge, das FG hätte sich mit der Ermittlung und Anwendung des vom FA verwendeten Umrechnungskoeffizienten auseinander setzen müssen, wird kein Verfahrenmangel gerügt. Insoweit ist die Beschwerde unzulässig.
Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sind Verstöße des FG gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 115 Rz. 76, m.w.N.). Die Kläger machen —soweit sie nicht lediglich Fehler des FA rügen— keinen solchen Verfahrensmangel geltend, sondern eine fehlerhafte Anwendung des BewG (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 77). Das gilt auch für die Rüge, die Entscheidung sei nicht durch ausreichende tatsächliche Feststellungen gedeckt (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 81).
2. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist nicht in der gesetzlich erforderlichen Weise dargelegt (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO); insoweit ist die Beschwerde ebenfalls unzulässig.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts betrifft. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Diese Voraussetzungen müssen in der Beschwerdeschrift dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dazu genügt die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht. Vielmehr muss die Beschwerde konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (, BFH/NV 2005, 337, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung). Insbesondere sind Ausführungen erforderlich, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (BFH-Beschlüsse vom II B 117/03, BFH/NV 2004, 1625; in BFH/NV 2005, 337, und vom X B 121/03, BFH/NV 2005, 350, jeweils m.w.N.).
a) Der Frage der rückwirkenden Anwendung der §§ 138 ff. BewG i.d.F. des Jahressteuergesetzes (JStG) 1997 auf Erwerbe ab kommt keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu. Sie ist bereits höchstrichterlich dahin entschieden, dass die Rückwirkung verfassungsgemäß ist (, BFHE 204, 570; vom II R 55/01, BFHE 205, 492, BStBl II 2004, 703; vom II R 74/00, BFH/NV 2005, 136; vom II R 41/03, juris STRE200550328).
b) Die weitere, von den Klägern als grundsätzlich aufgeworfene Rechtsfrage, ob unabhängig von der Grundstücksgröße zwingend eine Bindung an den vom Gutachterausschuss ermittelten Umrechnungskoeffizienten besteht, ist nicht schlüssig dargelegt. Die Kläger sind nicht konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingegangen, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist.
3. Die Rüge, das FG habe gegen die Grundordnung des Verfahrens verstoßen, da es das Verfahren nicht ausgesetzt habe (§ 74 FGO), ist unbegründet.
Bei einem als Verfahrensmangel gerügten Verstoß gegen § 74 FGO ist zu berücksichtigen, dass nach dieser Vorschrift die Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit im Ermessen des FG steht. Daher muss vom Beschwerdeführer mit seiner Verfahrensrüge dargetan werden, aufgrund welcher konkreten Umstände seines Falles das FG ausnahmsweise aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null zu einer Aussetzung des Verfahrens verpflichtet war (BFH-Beschlüsse vom II B 31/95, BFH/NV 1996, 237; vom VII B 381/02, BFH/NV 2003, 931). Ob die Beschwerdeschrift dieser —auf den konkreten Streitfall bezogenen— Darlegungspflicht genügt, kann offen bleiben. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet.
Zwar hat der Senat, worauf die Kläger zutreffend hinweisen, in seiner Entscheidung vom II R 44/01 (BFH/NV 2004, 967) in einem dem Streitfall vergleichbaren Fall selbst das Verfahren ausgesetzt. Doch hat der Senat in der Folgezeit an dieser Entscheidung nicht mehr festgehalten. Er hat sich hierbei von der Erkenntnis leiten lassen, dass nach seinem Vorlagebeschluss vom II R 61/99 (BFHE 198, 342, BStBl II 2002, 598) der verfassungsrechtlich erhebliche Eingriff erst durch die Anwendung der für verfassungswidrig gehaltenen Vorschrift des § 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes i.d.F. des JStG 1997 —jeweils in Verbindung mit den im Vorlagebeschluss genannten Vorschriften— erfolgt, mithin also regelmäßig erst durch die Festsetzung der Erbschaftsteuer und nicht schon —wie im Streitfall— durch die Feststellung der Grundbesitzwerte.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1984 Nr. 11
JAAAB-66581