Grunderwerbsteuerbegünstigung nach den §§ 5 und 6 GrEStG bei Erwerb eines Grundstücks von einer GmbH durch Personengesellschaft und Alleingesellschafterin der GmbH
Gesetze: GrEStG §§ 5, 6, § 1 Abs. 3, 6
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. A-KG hatte durch Vertrag vom sämtliche Anteile an der X-GmbH (GmbH) erworben, zu deren Vermögen zwei Grundstücke gehörten. Für diesen Erwerb hatte das seinerzeit zuständige Finanzamt (FA) gegen die A-KG nach § 1 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) Grunderwerbsteuer festgesetzt.
Mit notariellem Grundstückskaufvertrag vom verkaufte die GmbH ihre Grundstücke an eine GbR, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist, zu einem Kaufpreis von 9 000 000 DM. An der GbR waren bei Abschluss des Grundstückskaufvertrags die A-KG mit 70 v.H. und die B-GmbH & Co. KG mit 30 v.H. beteiligt. Das FA setzte für diesen Erwerb gegen die Rechtsvorgängerin der Klägerin durch Bescheid vom Grunderwerbsteuer in Höhe von 180 000 DM fest.
Einspruch und Klage, mit denen sich die Klägerin gegen die Versagung der Vergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG wendete, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1495 veröffentlichten Urteil aus, die allein in Betracht kommende Vergünstigung nach § 6 Abs. 3 GrEStG sei mangels Grundstücksübergangs von einer Gesamthand nicht anwendbar. Eine Zurechnung der Grundstücke zur A-KG aufgrund der in ihrer Hand vereinigten sämtlichen Anteile an der GmbH scheide im Anwendungsbereich des § 6 GrEStG aus.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung von § 5 Abs. 2 und § 6 Abs. 3 sowie § 1 Abs. 6 GrEStG. Die Grundstücke der GmbH seien grunderwerbsteuerrechtlich der A-KG als Alleingesellschafterin zuzurechnen gewesen, so dass bei wirtschaftlicher Betrachtung ein Grundstücksübergang von einem Gesamthänder auf eine Gesamthand vorliege. Die Grundstücksübertragung habe im Umfang ihrer Beteiligung an der GbR lediglich zu einer Verstärkung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht der A-KG geführt.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sächsischen aufzuheben und die Grunderwerbsteuer unter Änderung des Bescheids vom auf 54 000 DM (entspricht 27 609,76 €) herabzusetzen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das während des Revisionsverfahrens zuständig gewordene FA) beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
1. Im Ergebnis zutreffend hat das FG erkannt, dass der Übergang der Grundstücke auf die GbR weder nach § 5 Abs. 2 GrEStG noch nach § 6 Abs. 3 GrEStG begünstigt ist.
a) Den Steuervergünstigungen der §§ 5 und 6 GrEStG liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass es an einem besteuerungswürdigen Grundstücksumsatz dann und insoweit fehlt, wenn bzw. als sich eine bereits vor der Grundstücksübertragung an dem Grundstück bestehende dingliche Berechtigung als Allein-, Mit- oder Gesamthandseigentümer nach Übertragung auf eine (andere) Gesamthandsgemeinschaft nunmehr in Form einer gesamthänderischen Mitberechtigung an der erwerbenden Gesamthandsgemeinschaft mit unveränderter (anteiliger) vermögensmäßiger Beteiligung fortsetzt. Dies gilt ebenso dann, wenn —umgekehrt— eine zuvor bestehende gesamthänderische Mitberechtigung an dem Grundstück nach dessen Übertragung in Form von Allein- bzw. Miteigentum unter Beibehaltung der bisherigen anteiligen vermögensmäßigen Beteiligung weitergeführt wird (, BFHE 200, 426, BStBl II 2003, 358). Auf Grundstückserwerbe einer Gesamthand von einer Kapitalgesellschaft sind §§ 5 und 6 GrEStG nicht anzuwenden, sofern nicht die Kapitalgesellschaft ihrerseits am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist, der sie ein Grundstück überträgt (BFH-Entscheidungen vom II 165/62, BFHE 86, 520, BStBl III 1966, 554; vom II B 36/71, BFHE 105, 302, BStBl II 1972, 590; vom II B 38/73, BFHE 110, 377, BStBl II 1974, 41; vom II B 166/02, BFH/NV 2004, 1548; Viskorf in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl., § 5 Rn. 7).
Im Streitfall sind die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 GrEStG schon deshalb nicht erfüllt, weil die GmbH als Grundstücksveräußerin nicht ihrerseits am Vermögen der GbR beteiligt war. Auch die Vergünstigung des § 6 Abs. 3 GrEStG scheidet aus, weil der Übergang der Grundstücke zwischen der GmbH und der GbR kein solcher von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand ist.
b) §§ 5 oder 6 GrEStG sind vorliegend auch nicht etwa deshalb anzuwenden, weil die A-KG vor der fraglichen Grundstücksveräußerung alle Anteile an der GmbH erworben und dieser Rechtsvorgang der Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG unterlegen hatte. Aus § 1 Abs. 3 GrEStG kann nicht die Folgerung gezogen werden, die Grundstücke der GmbH seien bei grunderwerbsteuerrechtlicher Betrachtung von der A-KG auf die GbR übertragen worden.
Gegenstand der Steuer nach § 1 Abs. 3 GrEStG ist die durch den Anteilserwerb begründete Zuordnung aller Anteile in einer Hand. Mit dem Anteilserwerb wird grunderwerbsteuerrechtlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als gehörten ihm die Grundstücke, die dieser Gesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen sind (, BFHE 172, 538, BStBl II 1994, 121; vom II R 50/00, BFHE 200, 430, BStBl II 2003, 320). Die Rechtsstellung der A-KG als alleinige Gesellschafterin der GmbH ändert jedoch nichts daran, dass die GmbH auch nach der Anteilsvereinigung ein zivilrechtlich und grunderwerbsteuerrechtlich selbständiger Rechtsträger blieb und der A-KG keine gesamthänderische Mitberechtigung an den Grundstücken der GmbH zustand. Die Nichtanwendbarkeit der §§ 5 und 6 GrEStG im Streitfall beruht daher nicht, wie die Klägerin meint, auf dem Gedanken der Missbrauchsbekämpfung. Sie entspricht vielmehr der auch im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 GrEStG zu respektierenden zivilrechtlichen Selbständigkeit von juristischen Personen und Personengesellschaften. Dem Grunderwerbsteuergesetz ist nämlich nicht zu entnehmen, dass im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG eine gleichzeitige Zuordnung von Grundstücken auf mehrere Rechtsträger ausgeschlossen sein soll. Daher unterliegen Eigentumsübertragungen an Grundstücken i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG zwischen Untergesellschaften der Grunderwerbsteuer, und zwar selbst dann, wenn sich beide Gesellschaften in der Hand eines Alleingesellschafters —sei es einer natürlichen Person, einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft— befinden und diese jeweiligen Alleingesellschafter identisch sind (, BFHE 205, 314, BStBl II 2004, 658; in BFHE 200, 430, BStBl II 2003, 320). Dies gilt dann erst recht bei einem Sachverhalt, wie er dem Streitfall zugrunde liegt, bei dem der Alleingesellschafter der übertragenden Untergesellschaft an der erwerbenden Untergesellschaft nur zu 70 v.H. beteiligt ist.
Verfassungsrechtlich ist die Beschränkung der Steuerbefreiungen aus §§ 5 und 6 GrEStG auf Gesamthandsgemeinschaften nicht zu beanstanden (BFH in BFHE 86, 520, BStBl III 1966, 554; in BFHE 110, 377, BStBl II 1974, 41; , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1969, 398).
2. Die Vergünstigung des § 1 Abs. 6 GrEStG ist im Streitfall nicht anzuwenden. Die Vorschrift setzt voraus, dass an den aufeinander folgenden Rechtsvorgängen auf der Erwerberseite dieselbe Person beteiligt ist (BFH-Urteil in BFHE 205, 314, BStBl II 2004, 658, m.w.N.). Daran fehlt es, weil die GbR an dem dem Grundstückserwerb vorangegangenen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 GrEStG nicht beteiligt war.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1867 Nr. 10
GmbHR 2005 S. 1507 Nr. 22
ZAAAB-58201