Einführung eines „erleichterten Entlastungsverfahrens” für schweizerische Verrechnungssteuer auf Dividenden im grenzüberschreitenden Konzernverbund
Für die Fälle der Beteiligung einer inländischen Muttergesellschaft an einer schweizerischen Tochtergesellschaft hat die Schweiz ein erleichtertes Entlastungsverfahren bei Konzerndividenden eingeführt. Dieses neue Verfahren gilt für Dividenden aus der Schweiz, die nach dem fällig geworden sind. Danach kann die schweizerische Gesellschaft beantragen, für die auf eine inländische Muttergesellschaft entfallenden Dividenden statt der Einbehaltung und späteren Erstattung der Verrechnungssteuer direkt die Entlastung von der schweizerischen Steuer vorzunehmen (sog. Meldeverfahren). Das Meldeverfahren findet auch Anwendung auf Dividenden, für die aufgrund des EU-Zinsbesteuerungsabkommens eine vollständige Entlastung von der Verrechnungssteuer beansprucht werden kann (voraussichtlich anwendbar ab ).
Im Verhältnis zu Deutschland ist eine Entlastung an der Quelle bereits seit dem möglich. Das neue Verfahren soll eine weitere Erleichterung bringen, indem die Bewilligung nunmehr für drei Jahre erteilt wird.
Weitere Einzelheiten können dem Kreisschreiben Nr. 6 der Eidgenössischen Steuerverwaltung – ESTV – vom (abrufbar unter www.estv.admin.ch; vgl. Anlage 1) entnommen werden.
Für den Antrag auf Anwendung des Meldeverfahrens wurde in der Schweiz das neue Formular 823B geschaffen (vgl. Anlage 2). Vor der Einreichung des Formulars 823B bei den schweizerischen Behörden sind die die inländische Muttergesellschaft betreffenden Angaben (z.B. Ansässigkeit der Muttergesellschaft in Deutschland) von der deutschen Finanzverwaltung zu überprüfen und ggf. zu bestätigen (Rückseite des Formulars 823B).
Die eidgenössische Steuerverwaltung wird die deutschen Finanzbehörden über die Ausschüttung der Dividenden regelmäßig informieren, indem jeweils eine Kopie der mit dem beiliegenden Formular 108 (vgl. Anlage 3) gemachten Dividendenmeldungen als Kontrollmaterial übersandt wird.
Die SenFin Berlin weist ergänzend darauf hin, dass – soweit vom neuen Meldeverfahren Gebrauch gemacht wird – eine Anrechnung oder ein Abzug der schweizerischen Verrechnungssteuer gem. § 34c EStG nicht möglich ist.
Kreisschreiben Nr. 6; Meldeverfahren bei schweizerischen Dividenden aus wesentlichen Beteiligungen ausländischer Gesellschaften
1. Einleitung
Am hat der Bundesrat beschlossen, dass schweizerische Tochtergesellschaften ab ihre Verrechnungssteuerpflicht für Dividenden an ihre ausländische Muttergesellschaft durch Meldung statt Steuerentrichtung erfüllen können. Zu diesem Zweck hat der Bundesrat die Verordnung vom über die Steuerentlastung schweizerischer Dividenden aus wesentlichen Beteiligungen ausländischer Gesellschaften (VO) erlassen; gleichzeitig hat er die bestehenden Verordnungen der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit Deutschland (VO DBA-D) und den USA (VO DBA-US) angepasst. Nach diesen Regelungen muss die Verrechnungssteuer bei Vorliegen der nachfolgend genannten Voraussetzungen nicht oder nur um die für wesentliche Beteiligungen allenfalls vorgesehene residuale Verrechnungssteuer gekürzt entrichtet werden.
2. Geltungsbereich
a) Ausländische Empfängerin der Dividende
Das Meldeverfahren kommt zur Anwendung, wenn feststeht, dass die ausländische Dividendenempfängerin, auf welche die Verrechnungssteuer zu überwälzen wäre, eine in einem Staat, mit welchem die Schweiz ein DBA oder einen anderen Staatsvertrag abgeschlossen hat, ansässige Kapitalgesellschaft ist und diese das Nutzungsrecht an den Dividenden hat (Art. 1 Abs. 2 i.V. mit Art. 3 Abs. 3 VO).
b) Beteiligungsquote
Die ausländische Empfängerin der Dividende muss wesentlich an der die Dividenden zahlenden schweizerischen Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft beteiligt sein. Eine ausländische Kapitalgesellschaft ist dann wesentlich an der die Dividenden zahlenden schweizerischen Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft beteiligt, wenn sie mindestens über die Beteiligung verfügt, die sie nach dem massgebenden DBA oder einem anderen Staatsvertrag zur Beanspruchung einer zusätzlichen oder vollständigen Entlastung von der Verrechnungssteuer berechtigt (Art. 2 Abs. 1 VO). Äussert sich das massgebende DBA oder der andere Staatsvertrag nicht über die Höhe der wesentlichen Beteiligung, so muss die ausländische Kapitalgesellschaft unmittelbar über mindestens 20 Prozent des Kapitals der die Dividenden zahlenden schweizerischen Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft verfügen (Art. 2 Abs. 2 VO).
c) Dividendenfälligkeit
Das Meldeverfahren gilt für Dividenden, die nach dem fällig werden.
3. Gesuch um Bewilligung des Meldeverfahrens
a) Empfängerin der Dividende mit Sitz in den USA
Die die Dividenden zahlende schweizerische Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft ersucht vor Fälligkeit der Dividenden mit Formular 823 bei der ESTV um eine Bewilligung zur Inanspruchnahme des Meldeverfahrens (Art. 4 Abs. 2 VO DBA-US). Das Gesuch um Bewilligung muss belegen, dass die amerikanische Dividendenempfängerin abkommensberechtigt ist und über die nach dem schweizerisch-amerikanischen DBA erforderliche Beteiligungsquote verfügt. Zu diesem Zweck sind die Unterschriften auf dem Formular 823 durch einen notary public oder einen consular officer bestätigen zu lassen.
b) Empfängerin der Dividende mit Sitz in den übrigen Ländern
Die die Dividenden zahlende schweizerische Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft ersucht vor Fälligkeit der Dividenden mit Formular 823B bei der ESTV um eine Bewilligung zur Inanspruchnahme des Meldeverfahrens (Art. 3 Abs. 2 VO, Art. 3 Abs. 2 VO DBA-D). Das Gesuch um Bewilligung muss belegen, dass die ausländische Dividendenempfängerin abkommensberechtigt ist und über die nach dem massgebenden DBA oder dem anderen Staatsvertrag erforderliche Beteiligungsquote verfügt. Zu diesem Zweck sind die Angaben auf dem Formular 823B durch die zuständige ausländische Steuerbehörde bestätigen zu lassen.
c) Prüfung des Gesuchs durch die ESTV
Die ESTV überprüft das Gesuch, fordert nötigenfalls ergänzende Auskünfte und Unterlagen ein und teilt der schweizerischen Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft das Prüfungsergebnis schriftlich mit. Bei Gutheissung des Gesuches wird von der ESTV eine Bewilligung zur Inanspruchnahme des Meldeverfahrens für die Dauer von drei Jahren erteilt (Art. 3 Abs. 4 VO, Art. 4 Abs. 3 VO DBA-US, Art. 3 Abs. 3 VO DBA-D). Wird das Gesuch um Bewilligung ganz oder teilweise abgelehnt, so kann die schweizerische Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft von der ESTV einen Entscheid verlangen (Art. 3, Abs. 5 VO, Art. 4 Abs. 4 VO DBA-US, Art. 3 Abs. 4 VO DBA-D). Dieser wird ihr mit einer Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung eröffnet.
d) Wegfall der Bewilligungsvoraussetzungen
Ändern sich während der Gültigkeitsdauer der Bewilligung wesentliche Umstände, die zur Erteilung der Bewilligung geführt haben, verliert diese ihre Gültigkeit und die ESTV ist darüber unverzüglich in Kenntnis zu setzen (Art. 4 VO, Art. 4 Abs. 5 VO DBA-US, Art. 3 Abs. 5 VO DBA-D).
e) Erneuerung der Bewilligung
Im letzten Jahr der Bewilligungsdauer kann jeweils ein Gesuch um Erneuerung der Bewilligung für weitere drei Jahre gestellt werden.
4. Meldung an die ESTV
a) Bei Vorliegen einer Bewilligung
Bei Vorliegen einer Bewilligung richtet die schweizerische Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft die an der Generalversammlung beschlossene Dividende um die im massgebenden DBA oder im anderen Staatsvertrag für wesentliche Beteiligungen vorgesehene residuale Verrechnungssteuer gekürzt aus. Sieht das massgebende DBA oder der andere Staatsvertrag für wesentliche Beteiligungen eine vollständige Entlastung von der schweizerischen Verrechnungssteuer vor, so überweist die schweizerische Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft die Dividende ungekürzt an die ausländische Dividendenempfängerin. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Dividende ausbezahlt, überwiesen oder auf ein Konto gutgeschrieben wird. Die Meldung über die Ausrichtung der Dividende reicht die schweizerische Kapitalgesellschaft innert 30 Tagen nach Fälligkeit der Dividende mit dem Formular 108 (zu beziehen unter www.estv.admin.ch oder telefonisch unter +41 (0)31 322 72 70 oder +41 (0)31 322 71 71) zusammen mit dem von ihr ausgefüllten Formular 103 (AG) bzw. 110 (GmbH) für Beschlüsse ordentlicher Generalversammlungen, resp. 102 für Beschlüsse ausserordentlicher Generalversammlungen, oder Formular 7 für Genossenschaften der ESTV ein (Art. 5 Abs. 1 VO, Art. 4a Abs. 1 VO DBA-US, Art. 3a Abs. 1 VO DBA-D).
b) Meldung ohne vorgängiges Gesuch um Bewilligung
Wurde das Gesuch um Bewilligung nicht vorgängig eingereicht, so ist das Formular 823 (für USA) bzw. 823B (für alle übrigen Länder) zusammen mit dem Formular 108 bei der ESTV einzureichen. Die ESTV prüft das Gesuch und fordert nötigenfalls ergänzende Auskünfte und Unterlagen ein. Bei Gutheissung des Gesuches wird von der ESTV ebenfalls eine Bewilligung zur Inanspruchnahme des Meldeverfahrens für die Dauer von drei Jahren erteilt (Art. 3 Abs. 4 VO, Art. 4 Abs. 3 VO DBA-US, Art. 3 Abs. 3 VO DBA-D). Ergibt die Prüfung der ESTV, dass vom Meldeverfahren zu Unrecht Gebrauch gemacht wurde, so wird die Verrechnungssteuer und ein allfälliger Verzugszins nacherhoben (Art. 5 Abs. 2 VO, Art. 4a Abs. 2 VO DBA-US, Art. 3a Abs. 2 VO DBA-D).
5. Nichtbenützung des Meldeverfahrens
Gesellschaften, welche das Meldeverfahren nicht anwenden oder deren Gesuch um Bewilligung abgelehnt wurde, können weiterhin mit dem für das massgebende DBA oder den anderen Staatsvertrag anwendbaren Formular die Rückerstattung der Verrechnungssteuer beantragen.
SenFin Berlin v. - III A - S 1301 Schz - 2/2005
Fundstelle(n):
VAAAB-58104