Verstoß gegen den Inhalt der Akten; Verletzung der Sachaufklärungspflicht; Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung
Gesetze: FGO §§ 74, 76, 96, 115
Instanzenzug:
Gründe
Der verheiratete Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist türkischer Staatsangehöriger und hat fünf Kinder im Alter von unter achtzehn Jahren. Die Familie lebte in einem Asylbewerberheim und erhielt von der Gemeinde Zuwendungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), die auch während der Berufstätigkeit des Klägers in der Zeit vom 1. Juli bis und vom 5. Januar bis fortgesetzt wurden. Seit April 2001 ist der Kläger dauernd berufstätig.
Die Leistungen nach dem AsylbLG bestanden in Geldzahlungen, Wertgutscheinen für Bekleidung und Lebensmittel sowie der zeitweise kostenlosen und zeitweise verbilligten Überlassung der Unterkunft (2-Zimmer-Wohnung von 36 qm).
Die Kosten für die Unterkunft ermittelte die Gemeinde nach einer in einer Satzung festgelegten Kostenpauschale von zunächst 1 205 DM, ab Januar 1999 von 1 405 DM monatlich. Für die Monate August und September 1998 sowie Februar 1999 verlangte die Gemeinde vom Kläger einen Beitrag zu den Kosten der Unterkunft.
Ab Juni 2001 erhielt der Kläger Kindergeld in der gesetzlich vorgesehenen Höhe. Für den vorangegangenen Zeitraum setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (die Familienkasse) für die Zeiten seiner Berufstätigkeit ebenfalls Kindergeld fest. Mit Bescheid vom stellte die Familienkasse fest, dass der Kindergeldanspruch des Klägers für den Zeitraum von Juli 1998 bis Mai 2001 in Höhe von 10 206 DM nach § 74 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 107 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) als erfüllt gelte. Der Sozialleistungsträger, der seine Sozialleistungen ohne Anrechnung von Kindergeld erbracht habe, habe einen entsprechenden Erstattungsanspruch geltend gemacht.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde trägt der Kläger vor, die als Sachleistung der Gemeinde für die Unterkunft angesetzten Beträge seien zu hoch und dürften daher nicht mit dem Kindergeld verrechnet werden. Die Kosten für die überlassene 2-Zimmer-Wohnung von 36 qm seien entsprechend der gemeindlichen Satzung mit monatlich 1 415 DM ermittelt worden. Dies entspreche einem Quadratmeterpreis von 39,30 DM, die ortsübliche Kaltmiete betrage dagegen lediglich 8 DM pro Quadratmeter. Die Satzung sei daher rechtswidrig. Diesen Sachverhalt hätte das Finanzgericht (FG) gemäß §§ 76, 96 der Finanzgerichtsordnung (FGO) berücksichtigen müssen. Es habe jedoch die Satzung ohne Überprüfung ihres Inhalts zugrunde gelegt.
Die Beschwerde ist unbegründet und wird deshalb zurückgewiesen (§ 132 FGO).
Die vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
1. Der Kläger rügt sinngemäß, die Entscheidung des FG verstoße gegen den klaren Inhalt der Akten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten als solcher kein Verfahrensmangel (vgl. , BFH/NV 2002, 512). Die Rüge eines Verstoßes gegen den klaren Inhalt der Akten kann allerdings dahin zu verstehen sein, dass hiermit die Nichtbeachtung des § 96 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz FGO geltend gemacht wird, wonach das Gericht aus seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung heraus entscheidet. Diese Vorschrift verpflichtet das FG, den Inhalt der ihm vorliegenden Akten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 512). Das FG hat nicht gegen diese Verpflichtung verstoßen.
In diesem Zusammenhang ergibt sich nämlich gleichfalls aus den den Streitfall betreffenden Akten (Schriftsatz der Familienkasse vom ), dass der Wert der Unterkunft und Heizung im Asylbewerberheim pauschal durch Ländererlass geregelt ist. Hiernach beträgt der Wert 365 DM für den Kläger als Haushaltsvorstand und jeweils 210 DM für einen Familienangehörigen entsprechend der sich hieraus ergebenden höheren Nutzung der Wohnfläche. Die vom Kläger angeführte Quadratmeterfläche für eine ortsübliche Nettokaltmiete ist mithin nicht die zutreffende Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Wohnkosten. Das FG hat daher den entsprechenden schriftsätzlichen Vortrag des Klägers im Klageverfahren zu Recht als nicht entscheidungserheblich behandelt.
2. Ferner rügt der Kläger mit seinem Vorbringen sinngemäß, das FG hätte unabhängig von einem entsprechenden Beweisantrag von Amts wegen nach § 76 Abs. 1 FGO den Sachverhalt zu dieser Frage weiter aufklären müssen.
Die Verpflichtung zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts nach § 76 FGO beschränkt sich indes auf die entscheidungserheblichen Umstände. Da das FG das Vorbringen des Klägers zu Recht als nicht entscheidungserheblich eingeordnet hat (vgl. Ausführungen unter II. 1.), scheidet insoweit auch eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht aus.
3. Soweit der Kläger geltend macht, das FG habe seiner Entscheidung die Anwendung einer rechtswidrigen Satzung zugrunde gelegt, rügt er im Kern eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung des FG. Dies vermag die Zulassung der Revision nach ständiger Rechtsprechung nicht zu rechtfertigen. Für einen schwerwiegenden Fehler, der nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO die Revision eröffnen könnte (vgl. , BFH/NV 2002, 1474), bietet die Beschwerdebegründung keine Anhaltspunkte.
Fundstelle(n):
JAAAB-57778