OFD Düsseldorf - S 3014 b - 5 - St 235 S 3014 - 18 - St 231 (K)

Feststellung der Grundbesitzwerte für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer ab und für die Grunderwerbsteuer ab

Verfahrensrecht;
Zusammenfassung und Aktualisierung der OFD-Verfügungen S 3014 – 20 – St 1511 vom (D), S 3014 – 18 – St 15 H vom (K) und S 3300 – 140 – St 15 – 33 vom (Ms)

Die Verfügungen basieren auf dem Erlass vom S 3014 – 19 V A 4.

A. Allgemeines

Grundbesitzwerte i.S.d. § 138 BewG (land- und forstwirtschaftliche Grundbesitzwerte und Grundstückswerte für Grundvermögen einschließlich der Betriebsgrundstücke) sind gesondert, ggf. auch gesondert und einheitlich, festzustellen, wenn sie für die Erbschaft-, Schenkung- oder Grunderwerbsteuer erforderlich sind (Bedarfsbewertung). Eine Feststellung eines Grundbesitzwerts ist somit nur dann durchzuführen, wenn eine entsprechende Anfrage der Erbschaft-/Schenkungsteuerstelle (ESST) oder der Grunderwerbsteuerstelle (GRST) vorliegt.

Der Feststellungszeitpunkt (Besteuerungszeitpunkt) entspricht dem Zeitpunkt des Erwerbs nach Maßgabe des ErbStG bzw. GrEStG und ist von der anfordernden Stelle mitzuteilen.

Die Vorschriften der Abgabenordnung über die Feststellung von Einheitswerten des Grundbesitzes sind sinngemäß anzuwenden (§ 138 Abs. 5 S. 3 BewG). Diese sind insbesondere die Regelungen zur

B. Feststellungsverfahren

1. Gesonderte Feststellung:

Die nachstehenden Erwerbsvorgänge führen zu einer gesonderten Feststellung der Grundbesitzwerte.

1.1 Schenkungsteuer

Geht eine wirtschaftliche Einheit oder ein Miteigentumsanteil an einer wirtschaftlichen Einheit durch Schenkung unter Lebenden über, ist gegenüber jedem Erwerber der Wert des von ihm erworbenen (Mit-)Eigentumsanteils am Grundbesitz stets nur gesondert festzustellen. Da der Beschenkte immer Einzelrechtsnachfolger ist, sind zum selben Feststellungszeitpunkt für eine wirtschaftliche Einheit mehrere gesonderte Feststellungen der Grundbesitzwerte möglich. Eine einheitliche Feststellung kommt nicht in Betracht. Diese Auffassung wurde vom ) bestätigt.

Beispiel:

A verschenkt seinen ?-Miteigentumsanteil an einem Mietwohngrundstück in der Weise, dass jedes seiner drei Kinder je ein Drittel erhält. In diesem Falle sind – sofern die Werte für die Schenkungsteuer benötigt werden – drei gesonderte Feststellungen des Grundstückswerts durchzuführen.

Die drei gesonderten Feststellungen erfolgen jeweils in drei Schritten:


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Wert des Mietwohngrundstücks insgesamt
 
3.500.000 €
Anteil des Schenkers an diesem Grundstück
1/2 von 3.500.000 €
1.750.000 €
Grundstückswert für jeden einzelnen Beschenkten
1/3 von 1.750.000 €
je 583.333 €
abgerundeter Grundstückswert
 
je 583.000 €

1.2 Grunderwerbsteuer

Für bestimmte Erwerbsvorgänge ist bei der Festsetzung der Grunderwerbsteuer ab dem nicht mehr der Einheitswert (1964), sondern der Grundbesitzwert anzusetzen (§ 8 Abs. 2 GrEStG). Dies betrifft im Einzelnen die folgenden Fälle:

  • wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden (z.B. „symbolischer” Kaufpreis von 1,– € insgesamt aufschiebend bedingte Gegenleistung; Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 6 und 7 GrEStG; Übertragung eines Grundstücks vom Treugeber auf den Treuhänder) oder die Gegenleistung nicht ermittelbar ist (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG), oder

  • bei Umwandlungen (z.B. Verschmelzungen, Spaltungen), Einbringungen sowie andere Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage (z.B. der auf Anwachsung beruhende Übergang des Eigentums an einem Grundstück beim letzten Gesellschafter einer Personengesellschaft als Folge des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG) oder

  • wenn ein Grundstück im Sinne des § 1 Abs. 2a GrEStG auf eine neue Personengesellschaft übergeht (sog. fingierter Erwerbsvorgang bei Gesellschafteraustausch mit mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen innerhalb von 5 Jahren) In diesen Fällen gilt ab dem der neu hinzugefügte Satz des § 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG, der wie folgt lautet: „Erstreckt sich der Erwerbsvorgang auf ein noch zu errichtendes Gebäude oder beruht die Änderung des Gesellschafterbestandes im Sinne des § 1 Abs. 2a GrEStG auf einem vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks, ist der Wert des Grundstücks abweichend von § 138 Abs. 1 Satz 2 BewG nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgebend,” oder

  • eine Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG vorliegt (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG).

Auch in den vorgenannten Fällen ist (sind) regelmäßig eine (oder ggf. mehrere) gesonderte Feststellung(en) des Grundbesitzwertes durchzuführen.

1.3 Erbschafteuer
  • Alleineigentum > Übergang auf einen Erben

War der Erblasser Alleineigentümer einer wirtschaftlichen Einheit des Grundbesitzes und geht sein Eigentum daran im Weg des Erwerbs durch Erbanfall nur auf einen Erben als Gesamtrechtsnachfolger über, ist der gesamte Wert der wirtschaftlichen Einheit gesondert festzustellen und dem neuen Eigentümer allein zuzurechnen.

  • Miteigentum > Übergang auf einen Erben

Gehörte eine wirtschaftliche Einheit dem Erblasser zusammen mit anderen Personen und geht sein Miteigentumsanteil an der wirtschaftlichen Einheit durch Erwerb von Todes wegen nur auf eine Person über, ist der gesamte Wert der wirtschaftlichen Einheit sowie der vererbte Miteigentumsanteil gesondert festzustellen; der anteilige Wert der wirtschaftlichen Einheit ist dem neuen Eigentümer allein zuzurechnen. Die übrigen Miteigentümer sind nicht am Verfahren zu beteiligen.

Beispiel:

A besaß gemeinsam mit seiner Schwester B zu je ? ein Mietwohngrundstück. Nach seinem Tod geht der Miteigentumsanteil auf seine Ehefrau über. Bei der BWST geht eine Anfrage von der ESST nach dem Grundstückswerte ein. Die BWST hat eine gesonderte Feststellung des Grundstückswerts durchzuführen.

Die Feststellung erfolgt in drei Schritten:


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Wertfeststellung für das Mietwohngrundstück im Ganzen
1.500.000 €
Wertfeststellung für den Miteigentumsanteil des A
750.000 €
Wertfeststellung für den Miteigentumsanteil der Ehefrau
750.000 €

Obwohl der Grundstückswert für das Mietwohngrundstück insgesamt festgestellt wird (1.500.000 €), ist die Miteigentümerin (Schwester B) am Verfahren nicht zu beteiligen.

2. Gesonderte und einheitliche Feststellung

In den folgenden Fällen ist die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auch einheitlich durchzuführen. In dem Feststellungsbescheid über den Grundbesitzwert ist ebenfalls der Anteil des einzelnen Erwerbers anzugeben. In den Erklärungsvordrucken und im maschinellen Verfahren ist dies entsprechend umgesetzt. Auftretende Schwierigkeiten bei der betragsmäßigen oder quotenmäßigen Angabe der Anteile sind möglichst im Einvernehmen mit der ESST zu beheben.

2.1 Erbschaftsteuer
  • Alleineigentum > Übergang auf mehrere Erben

War der Erblasser Alleineigentümer einer wirtschaftlichen Einheit des Grundbesitzes und geht das Eigentum daran durch Erwerb von Todes wegen auf mehrere Erben als Gesamtrechtsnachfolger über, ist der Wert der wirtschaftlichen Einheit diesen Personen gegenüber gesondert und einheitlich festzustellen, sofern für einen der Erben der Grundbesitzwert für die Erbschaftsteuer benötigt wird („materielle Steuerpflicht”). Die wirtschaftliche Einheit ist allen Miterben anteilig zuzurechnen.

Beispiel 1:

Der Erblasser hat seine Ehefrau zu ? und seine vier Kinder zu je 1/8 als Erben eingesetzt. Die Ehefrau erhält als Vorausvermächtnis noch Geldvermögen, so dass der Erbschaftsteuerfreibetrag bei ihr überschritten wird. Deshalb fordert die ESST für die Ehefrau einen Grundbesitzwert an. Bei den vier Kindern wird ein Grundbesitzwert nicht benötigt.

Der Grundbesitzwert ist einheitlich und gesondert wie folgt festzustellen:


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Grundbesitzwert
 
500.000 €
Anteil der Ehefrau
1/2 von 500.000 €
250.000 €
Anteile für die Kinder
je 1/8 von 500.000
62.500 €

Beispiel 2:

Der Erblasser besaß die Grundstücke A, B und C. Jedes Grundstück bildet eine selbständige wirtschaftliche Einheit. Der Erblasser hat seine drei Kinder zu je 1/3 als Erben eingesetzt und weiter angeordnet, dass Kind 1 das Grundstück A, Kind 2 das Grundstück B und Kind 3 das Grundstück C erhalten soll.

Die BWST hat drei gesonderte und einheitliche Feststellungen durchzuführen. Jedem Kind ist der Wert einer jeden wirtschaftlichen Einheit zu 1/3 zuzurechnen. Die Teilungsanordnung des Erblassers ist bei der Grundstücksbewertung unbeachtlich. Erst bei der Zurechnung der Einheitswerte () wirkt sich die Teilungsanordnung aus.

  • Miteigentum > Übergang auf mehrere Erben

Gehörte eine wirtschaftliche Einheit dem Erblasser zusammen mit anderen Personen und geht sein Miteigentumsanteil an der wirtschaftlichen Einheit durch Erwerb von Todes wegen auf mehrere Personen als Gesamtrechtsnachfolger über, ist der gesamte Wert der wirtschaftlichen Einheit sowie der vererbte Miteigentumsanteil diesen Personen gegenüber gesondert und einheitlich festzustellen; der vererbte Miteigentumsanteil an der wirtschaftlichen Einheit ist allen neuen Eigentümern anteilig zuzurechnen. Die Feststellung erfolgt gegenüber allen Gesamtrechtsnachfolgern, wenn die ESST für mindestens einen Beteiligten einen Grundbesitzwert angefordert hat.

Mit einer gesonderten und einheitlichen Feststellung ist

  • der gesamte Wert der wirtschaftlichen Einheit,

  • der Wert des vererbten Miteigentumsanteils festzustellen und

  • der vererbte Miteigentumsanteil den Erben anteilig zuzurechnen.

Die anderen Miteigentümer der wirtschaftlichen Einheit sind nicht am Verfahren zu beteiligen.

Beispiel:

Der Erblasser A besaß gemeinsam mit seinen beiden Schwestern ein Mietwohngrundstück zu je 1/3 Miteigentumsanteil. Nach seinem Tod wird er von seinen beiden Kindern beerbt. Neben dem Miteigentumsanteil erben die Kinder weitere Vermögenswerte.

Die ESST fordert bei der BWST für beide Kinder einen Grundstückswert an.

Die BWST führt eine gesonderte und einheitliche Feststellung durch und stellt


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den Wert des gesamten Grundstücks auf
2.100.000 € und
den Miteigentumsanteil des Erblassers A auf
700.000 € fest.

Der Miteigentumsanteil von 700.000 € wird den beiden Kindern je zur Hälfte mit 350.000 € zugerechnet.

Die Schwestern des Verstorbenen A sind am Feststellungsverfahren nicht zu beteiligen, obwohl sie Miteigentümer des Mietwohngrundstücks sind.

C. Zuwendung für Vermächtnis

Wird eine wirtschaftliche Einheit des Grundbesitzes oder ein Miteigentumsanteil daran durch Vermächtnis zugewandt, ist der Wert der wirtschaftlichen Einheit oder des Miteigentumsanteils gesondert festzustellen und dem Vermächtnisnehmer zuzurechnen, wenn der Wert für dessen Erbschaftsbesteuerung benötigt wird. Der Vermächtnisnehmer wird im Fall des Grundbesitzvermächtnisses bei der Erbschaftsteuer so behandelt, als sei auf ihn Grundbesitz mit dinglicher Wirkung übergegangen. Die Feststellung gegenüber dem Vermächtnisnehmer erfolgt unabhängig davon, ob gegen den Erben eine gesonderte, bei mehreren Erben eine gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts erfolgt.

D. Ermittlung von Grundbesitzwerten beim Erwerb von Beteiligungen an gewerblich tätigen oder gewerblich geprägten Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften (Stuttgarter Verfahren)

In Bezug auf die Verfahrensfragen wird auf den FinMin NRW Erlass vom S 3014 b – 25 – V A 6 hingewiesen.

E. Ermittlung von Grundbesitzwerten im Wege der Amtshilfe

In den Fällen der mittelbaren Grundstücksschenkung und den Fällen, wenn der Jahreswert der Nutzungen eines Grundstücks nach § 16 BewG zu begrenzen ist, sind die Grundbesitzwerte nicht gesondert festzustellen, sondern im Wege der Amtshilfe von der BWST zu ermitteln und der ESST mitzuteilen (R 124 Abs. 8 ErbStR). Die ESST berücksichtigt die Grundbesitzwerte bei der jeweiligen Festsetzung als unselbständige Besteuerungsgrundlage.

F. Nachholung der Feststellung eines Grundbesitzwerts

Ist im Fall einer Grundstücksschenkung absehbar, dass der Grundbesitzwert niedriger ausfällt als der persönliche Freibetrag des Erwerbers und führt auch eine Zusammenrechnung mit früheren Zuwendungen von derselben Person (§ 14 ErbStG) nicht zu einer Steuerfestsetzung gegen den Erwerber, wird von der Erbschaftssteuerstelle (ESST) ein Grundbesitzwert in der Regel nicht angefordert.

Überschreiten jedoch die Zuwendungen innerhalb der letzten zehn Jahre (§ 14 ErbStG) an dieselbe Person die persönlichen Freibeträge, fordert die ESST einen Grundbesitzwert auf den Zeitpunkt der Schenkung an.

Die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts ist in diesen Fällen ggf. auf weit zurückliegenden Feststellungszeitpunkte nachzuholen. Das gilt auch, wenn für die gesonderte Feststellung bereits Feststellungsverjährung i.S. des § 169 Abs. 2 AO eingetreten ist. Denn nach § 181 Abs. 5 S. 1 AO i.V.m. § 138 Abs. 5 BewG kann eine gesonderte Feststellung eines Grundbesitzwerts auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als der Bedarfswert für die Festsetzung der Schenkungsteuer noch von Bedeutung ist, weil die Festsetzungsfrist für die Schenkungsteuer im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist, hierbei bleibt § 171 Abs. 10 AO außer Betracht.

Soweit Besteuerungsgrundlagen für die nachträgliche Feststellung des Grundbesitzwerts, z.B. die tatsächlich erzielte Miete oder die übliche Miete nicht mehr ermittelt werden können, sind sie zu schätzen.

Inhaltlich gleichlautend
OFD Düsseldorf v. - S 3014 b - 5 - St 235S 3014 - 18 - St 231 (K)
OFD Münster v. - S 3300 - 140 - St 33 - 35

Fundstelle(n):
ZAAAB-56565