BFH Urteil v. - VII R 32/04

Beginn der Einspruchsfrist bei mündlich erteiltem Abgabenbescheid

Leitsatz

1. Bei mündlich bekannt gegebenen Verwaltungsakten beginnt die einmonatige Einspruchsfrist auch ohne Rechtsbehelfsbelehrung zu laufen.

2. Im grenzüberschreitenden Reiseverkehr ist die mündliche Mitteilung des Abgabenbetrags eine i.S. des Art. 221 Abs. 1 ZK geeignete Mitteilungsform.

3. § 29a ZollV findet in § 28 Abs. 1 ZollVG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage.

Gesetze: AO 1977AO 1977 § 157 Abs. 1AO 1977 § 355 Abs. 1AO 1977 § 356 Abs. 1VO (EWG) Nr. 2913/92 (ZK) VO (EWG) Nr. 2913/92 (ZK) Art. 6 Abs. 2VO (EWG) Nr. 2913/92 (ZK) Art. 221 Abs. 1ZollVG § 28 Abs. 1ZollV § 29a

Instanzenzug: , ZfZ 2004, 201 (Verfahrensverlauf),

Gründe

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) reiste am aus der Schweiz nach Deutschland ein. Auf Befragen durch den Abfertigungsbeamten des Beklagten und Revisionsklägers (Hauptzollamt —HZA—) erklärte er, keine abgabenpflichtigen Waren mit sich zu führen. Bei der anschließenden Kontrolle wurde jedoch ein aus der Schweiz stammender Kassenbeleg eines Sportgeschäfts über (u.a.) 899 CHF gefunden, der nach Angaben des Klägers eine in der Schweiz erworbene Skijacke betraf, die der Kläger mit sich führte. Das HZA erhob für diese Skijacke Zoll und Einfuhrumsatzsteuer. Die Festsetzung der Einfuhrabgaben wurde dem Kläger von dem Zollbeamten mündlich mitgeteilt; außerdem wurden ihm der Abfertigungshinweis sowie ein vom Abfertigungsbeamten unterschriebener und handschriftlich ausgefüllter Vordruck übergeben, in dem (u.a.) der sich aus dem Rechnungsbetrag und dem Umrechnungskurs ermittelte Zollwert der Jacke, die Codenummer des Zolltarifs und der Zollsatz aufgeführt waren.

Mit am eingegangenem Schreiben legte der Kläger Einspruch gegen die Erhebung der Einfuhrabgaben ein, den das HZA wegen Versäumung der Einspruchsfrist als unzulässig verwarf.

Der hiergegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) aus den in der Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern (ZfZ) 2004, 201 veröffentlichten Gründen statt.

Mit seiner Revision macht das HZA geltend, dass Art. 221 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex —ZK—) des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— Nr. L 302/1) die Möglichkeit eröffne, dem Zollschuldner den Abgabenbetrag mündlich mitzuteilen, und insoweit eine andere Bestimmung i.S. des § 157 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) darstelle. Einer ergänzenden nationalen Vorschrift, wie sie § 29a der Zollverordnung (ZollV) vom (BGBl I, 2449) i.d.F. der Änderungsverordnung vom (BGBl I, 3978) darstelle, bedürfe es nicht. Allerdings liege die Frage, ob die Mitgliedstaaten festlegen müssten, auf welche Weise die in Art. 221 ZK vorgeschriebene Mitteilung des Abgabenbetrags zu erfolgen habe, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens vor (Rs. C-201/04), deshalb sei das vorliegende Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH in jenem Vorabentscheidungsverfahren auszusetzen. Sollte der EuGH entscheiden, dass Art. 221 Abs. 1 ZK keine abschließende Regelung sei, so sei im Streitfall die mündliche Mitteilung des Abgabenbetrags jedenfalls nach § 29a ZollV zulässig gewesen. Diese Vorschrift finde in § 28 Abs. 1 des Zollverwaltungsgesetzes (ZollVG) vom (BGBl I, 2125) eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage.

II.

Die Revision des HZA ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Die Klage ist unbegründet und somit abzuweisen, da der angefochtene Abgabenbescheid des HZA in Gestalt der Einspruchsentscheidung rechtmäßig ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

1. Das HZA hat den Einspruch des Klägers gegen den Abgabenbescheid vom zu Recht als unzulässig verworfen, weil der Einspruch erst am eingelegt und die einmonatige Einspruchsfrist (§ 355 Abs. 1 Satz 1 AO 1977) somit versäumt worden ist. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind weder dargetan noch ersichtlich.

a) Soweit der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht hat, dass die Einspruchsfrist nicht begonnen habe, weil ihm der angefochtene Abgabenbescheid ohne Rechtsbehelfsbelehrung bekannt gegeben worden sei, kann dem nicht gefolgt werden, weil die Vorschrift des § 356 Abs. 1 AO 1977, auf welche der Kläger sich insoweit bezieht, nur für in schriftlicher oder elektronischer Form ergangene Verwaltungsakte gilt. Auf einen mündlich bekannt gegebenen Verwaltungsakt findet die Vorschrift hingegen keine Anwendung; in diesem Fall beginnt die Frist des § 355 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 auch ohne Rechtsbehelfsbelehrung zu laufen (Klein/Brockmeyer, Abgabenordnung, 8. Aufl., § 356 Rz. 1; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 356 AO 1977 Rz. 1).

b) Der Senat geht davon aus, dass der angefochtene Abgabenbescheid vom mündlich gegenüber dem Kläger ergangen ist.

Ein schriftlicher Verwaltungsakt liegt vor, wenn die Behörde ihren auf die Regelung eines Einzelfalls gerichteten Willen erstmals durch ein Schriftstück zum Ausdruck bringt (Klein/ Brockmeyer, a.a.O., § 119 Rz. 27; Söhn in Hübschmann/Hepp/ Spitaler (HHSp), Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 119 AO 1977 Rz. 161; Frotscher in Schwarz, Abgabenordnung, § 157 Rz. 1). In diesem Fall muss der Verwaltungsakt nach § 119 Abs. 3 AO 1977 in der im Streitfall geltenden Fassung die erlassende Behörde erkennen lassen und muss grundsätzlich die Unterschrift oder Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Handelt es sich um einen Steuerbescheid, muss außerdem nach § 157 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag gekennzeichnet und angegeben sein, wer die Steuer schuldet.

Im Streitfall kann zwar nach den Feststellungen des FG davon ausgegangen werden, dass der dem Kläger am ausgehändigte Abfertigungshinweis sowie der handschriftlich ausgefüllte Vordruck —die das FG sinngemäß in Bezug genommen hat— diesen Anforderungen gerecht wurden, da sich aus diesen Unterlagen die Art und Höhe der Einfuhrabgaben, der Kläger als Abgabenschuldner sowie das HZA als erlassende Behörde ergaben und da der Vordruck auch von dem Abfertigungsbeamten (dessen Zuständigkeit nicht bezweifelt worden ist —vgl. dazu: Klein/ Brockmeyer, a.a.O., § 119 Rz. 29) unterzeichnet ist. Jedoch hat das FG angenommen, dass dem HZA nach dessen eigener Einlassung der Wille gefehlt habe, mit der Aushändigung dieser Unterlagen an den Kläger eine erstmalige schriftliche Regelung hinsichtlich der Abgabenfestsetzung zu treffen, sondern es den zuvor mündlich erlassenen Abgabenbescheid lediglich gemäß § 119 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 schriftlich habe bestätigen wollen und die ausgehändigten Unterlagen nur eine schriftliche Berechnungsgrundlage hätten darstellen sollen. An diese Tatsachenfeststellung des FG ist der Senat gebunden, weil insoweit keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht worden sind (§ 118 Abs. 2 FGO). Die darauf beruhende Tatsachenwürdigung des FG ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt dahin überprüfbar, ob sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt; dies ist jedoch nicht der Fall und wird auch von der Revision nicht geltend gemacht. Vielmehr ist auch das HZA der Ansicht, dass der festgesetzte Einfuhrabgabenbetrag dem Kläger mündlich mitgeteilt worden ist.

2. Anders als das FG angenommen hat, ist der am mündlich ergangene Abgabenbescheid nicht nichtig.

a) Nach Art. 221 ZK ist der buchmäßig erfasste Abgabenbetrag dem Zollschuldner in geeigneter Form mitzuteilen. Die Form der Mitteilung ist jedenfalls dann „geeignet” i.S. dieser Vorschrift, wenn der Zollschuldner als Adressat der Mitteilung Kenntnis erhält, welcher Abgabenbetrag gegen ihn geltend gemacht und warum dieser Betrag geschuldet wird (Gellert in Dorsch, Zollrecht, Art. 221 ZK Rz. 3; Stiehle in Schwarz/ Wockenfoth, Zollrecht 3. Aufl., Art. 221 ZK Rz. 2; Witte/ Alexander, Zollkodex, 3. Aufl., Art. 221 Rz. 1). Auch eine mündliche Mitteilung kann diese Bedingungen erfüllen und kann daher eine „geeignete Form” i.S. des Art. 221 Abs. 1 ZK sein (Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 157 Rz. 2). Jedenfalls schließen die Vorschriften des ZK diese Form der Mitteilung nicht aus. Da mit der Mitteilung des Abgabenbetrags zugleich der Zollschuldner bestimmt und der Betrag gegen ihn festgesetzt wird, handelt es sich zwar auch um eine zollrechtliche Entscheidung i.S. des Art. 4 Nr. 5 ZK (vgl. Lux/Lichtenberg in Dorsch, a.a.O., Art. 4 ZK Rz. 12). Für die zollrechtliche Entscheidung ist jedoch nach Art. 6 Abs. 2 Satz 3 ZK die Schriftform nur vorgeschrieben, wenn sie auf einen schriftlichen Antrag erfolgt.

b) So ist auch im Streitfall die mündliche Mitteilung des Einfuhrabgabenbetrags eine i.S. des Art. 221 Abs. 1 ZK geeignete Form der Mitteilung gewesen, zumal dem Kläger mit dem ausgehändigten Vordruck zugleich die Grundlagen der Abgabenberechnung offenbart worden sind. Der Kläger hat durch diese mündliche Mitteilung Kenntnis erlangt, dass er als Zollschuldner für Einfuhrabgaben für die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachte Skijacke in Anspruch genommen wurde.

c) Zweifelhaft ist allerdings, ob Art. 221 Abs. 1 ZK mit der Bestimmung der „geeigneten” Form als Form der Mitteilung des Abgabenbetrags bereits eine abschließende Regelung trifft oder ob diese Vorschrift durch nationale Verfahrensregelungen zu konkretisieren ist. Für eine abschließende Regelung spricht zwar, dass Art. 221 Abs. 1 ZK eine Konkretisierung durch einzelstaatliches Recht —im Gegensatz zu anderen Vorschriften, wie z.B. Art. 245 ZK— nicht ausdrücklich vorsieht; gleichwohl wird in der deutschen zollrechtlichen Literatur allgemein die Ansicht vertreten, dass es an einer Regelung im ZK, was unter einer „geeigneten” Form der Mitteilung zu verstehen ist, fehlt und dass insoweit auf die Vorschriften des nationalen Verfahrensrechts, insbesondere der AO 1977, zurückzugreifen ist (Gellert in Dorsch, a.a.O., Art. 221 ZK Rz. 4; Stiehle in Schwarz/Wockenfoth, a.a.O., Art. 221 ZK Rz. 2; Witte/Alexander, a.a.O., Art. 221 Rz. 1; Henke/Huchatz, Das neue Abgabenverwaltungsrecht für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, ZfZ 1996, 226, 262, 270; Trzaskalik in HHSp, a.a.O., § 155 AO 1977 Rz. 12). Wollte man dieser Ansicht folgen, bliebe allerdings die Frage, ob das einzelstaatliche Recht lediglich die Einzelheiten der „geeigneten” Mitteilungsformen regeln kann oder ob es sogar —darauf liefe die vom FG im Streitfall vertretene Auffassung hinaus— eine bestimmte Form der Mitteilung des Abgabenbetrags ausschließen kann, obwohl diese an sich i.S. des Art. 221 Abs. 1 ZK „geeignet” wäre.

Der Senat kann jedoch diese Fragen im Streitfall offen lassen und hält es auch nicht für angezeigt, das Klageverfahren bis zur Entscheidung des EuGH in dem Vorabentscheidungsverfahren Rs. C-201/04 auszusetzen, da diese Entscheidung des EuGH nicht vorgreiflich ist. Sollte der EuGH die ihm in jenem Verfahren gestellte Frage, ob die Mitgliedstaaten festzulegen haben, auf welche Weise die in Art. 221 ZK vorgeschriebene Mitteilung des Abgabenbetrags zu erfolgen hat, bejahen, so besteht jedenfalls mit § 29a ZollV eine solche nationale Vorschrift, welche die mündliche Mitteilung des Einfuhrabgabenbetrags unter den dort genannten Voraussetzungen —die im Streitfall auch vorliegen— ermöglicht.

d) Nach § 29a Abs. 2 ZollV, der eine nach § 157 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 vorgesehene abweichende Bestimmung zur dort geregelten Schriftform von Steuerbescheiden darstellt, können Einfuhrabgaben, die auf Grund von Zuwiderhandlungen im Reiseverkehr i.S. des § 32 Abs. 1 ZollVG buchmäßig erfasst worden sind, dem Zollschuldner mündlich mitgeteilt werden. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt, da der Kläger mit seiner Angabe, keine abgabenpflichtigen Waren mit sich zu führen, eine solche Zuwiderhandlung im Reiseverkehr (§ 370 Abs. 1 und 2 AO 1977) begangen hat.

e) Anders als das FG angenommen hat, mangelt es § 29a Abs. 2 ZollV nicht an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Nach § 28 Abs. 1 ZollVG ist das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, zur Sicherung der Zollbelange durch Rechtsverordnung die durch das ZollVG festgelegten Pflichten näher zu bestimmen und das Verfahren der zollamtlichen Überwachung in das oder aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft sowie in die oder aus den Freizonen verbrachter Waren sowie den Erhalt ihrer zollrechtlichen Bestimmung näher zu regeln. Zu den Aufgaben der Zollverwaltung gehört nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZollVG (u.a.) die zollamtliche Überwachung des Verkehrs mit Waren über die Grenze des Zollgebiets der Gemeinschaft zur Sicherung der Erhebung der Einfuhrabgaben sowie der Einhaltung des Zollrechts. Zu den durch das ZollVG festgelegten Pflichten sowie dem Verfahren der zollamtlichen Überwachung i.S. des § 28 Abs. 1 ZollVG gehören somit auch die Überwachung des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs und die Erhebung der Einfuhrabgaben für Waren, die im Reiseverkehr in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden. Eine im Wege der Rechtsverordnung getroffene Regelung dient zur Sicherung der Zollbelange und zur näheren Bestimmung dieser der Zollverwaltung nach dem ZollVG obliegenden Pflichten, wenn ihr Sinn und Zweck darauf abzielen, die Erfüllung dieser zollamtlichen Aufgaben zu ermöglichen, zu erleichtern oder effizienter zu gestalten (Zimmermann in Dorsch, a.a.O., § 28 ZollVG Rz. 4).

§ 29a ZollV dient diesen Zwecken. Indem die Vorschrift u.a. im grenzüberschreitenden Reiseverkehr der Zollbehörde die Möglichkeit gibt, auf die in diesen Fällen regelmäßig mündlich abgegebenen Zollanmeldungen (vgl. Art. 225 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 —Zollkodex-Durchführungsverordnung ZKDV— der Kommission vom mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 253/1) den Abgabenbetrag ebenfalls mündlich mitzuteilen, bzw. dies auch zu tun, wenn keine Anmeldung der Waren, sondern eine Zollschuldentstehung auf Grund einer Zuwiderhandlung im Reiseverkehr vorliegt, zielt sie auf eine Erleichterung der Erfüllung der zollamtlichen Aufgaben im grenzüberschreitenden Reiseverkehr.

Der Ansicht des FG, wonach sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Zollrechtsänderungsgesetz (BTDrucks 12/3734) ergebe, dass der Erlass einer Verfahrensvorschrift, wie sie § 29a ZollV darstelle, durch die Ermächtigung nicht gedeckt sei, folgt der Senat nicht. Ob im vorliegenden Fall die gesetzgeberischen Motive überhaupt geeignet sind, den aus dem Wortlaut sich ergebenden Umfang der Ermächtigungsnorm des § 28 Abs. 1 ZollVG einzuschränken, kann offen bleiben, da jedenfalls die vom FG aus der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 28 ZollVG gezogene Folgerung nicht gerechtfertigt ist. Dass die Ermächtigung des § 28 Abs. 1 ZollVG nur zolltechnischer Art —wie es in der Begründung heißt— sein kann, ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass das materielle Zollrecht durch ZK und ZKDVO abschließend geregelt und einer Regelung durch einzelstaatliches Recht nicht zugänglich ist. Damit lässt sich jedoch nicht die Unwirksamkeit des § 29a ZollV begründen, denn diese Vorschrift enthält mit der Eröffnung der Möglichkeit, den Betrag einer im grenzüberschreitenden Reiseverkehr entstandenen Zollschuld mündlich mitzuteilen, eine solche Regelung (lediglich) zolltechnischer Art. Entgegen der Auffassung des FG handelt es sich bei § 29a ZollV nicht um grundlegendes Verfahrensrecht, das nicht durch Rechtsverordnung, sondern nur durch Gesetz geregelt werden kann, denn die grundlegende verfahrensrechtliche Regelung, wonach dem Zollschuldner der Abgabenbetrag in geeigneter Form mitzuteilen ist, ist bereits durch Art. 221 Abs. 1 ZK getroffen worden. Demgegenüber regelt § 29a ZollV nur Einzelheiten einer im grenzüberschreitenden Reiseverkehr möglichen Mitteilungsform, weshalb die gesetzliche Ermächtigungsnorm des § 28 Abs. 1 ZollVG als insoweit ausreichend anzusehen ist.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BB 2005 S. 1435 Nr. 26
BFH/NV 2005 S. 1180
BFH/NV 2005 S. 1180 Nr. 7
DB 2005 S. 1366 Nr. 25
DStRE 2005 S. 781 Nr. 13
HFR 2005 S. 738
HFR 2005 S. 738 Nr. 8
INF 2005 S. 521 Nr. 14
IStR 2005 S. 648 Nr. 18
QAAAB-54893