Keine Zwangsentnahme von unzutreffend in die Abwahl der Nutzungswertbesteuerung einbezogenen landwirtschaftlichen Flächen
Gesetze: EStG § 52 Abs. 15, §§ 4, 6
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
Der ledige Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs in A, Ortsteil O. Seinen Gewinn ermittelt er durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Das Wohnhaus des Klägers befindet sich auf dem Flurstück-Nr. 2008 der Gemarkung O. Die überbaute Fläche des Wohngebäudes mit Umgriff beträgt 240 qm, die anteilig dem Wohnhaus zuzurechnende Hoffläche 96 qm und der Gemüsegarten 96 qm (zusammen 432 qm). Die restliche Fläche dieses Grundstücks wurde landwirtschaftlich genutzt. Das daneben liegende Grundstück Flurstück-Nr. 2010 der Gemarkung O hat eine Fläche von insgesamt 3 793 qm. Der alte Obstgarten auf dem Grundstück wurde 1991 gerodet, planiert und ein Rasengemisch eingesät. Es wurden Ziersträucher als Einfassung gepflanzt und 1992 ein Biotop mit Pflanzen angelegt. Auf dem Grundstück Flurstück-Nr. 2010 befindet sich außerdem ein Fahrsilo mit einer Fläche von 544 qm.
In seiner Einkommensteuererklärung 1992 vom , eingegangen beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) am , wählte der Kläger die Nutzungswertbesteuerung zum ab und beantragte in dem Begleitschreiben zur Einkommensteuererklärung 1992, das „landwirtschaftlich genutzte Wohnhaus mit dem dazugehörigen Hausgarten” laut beigefügtem Lageplan gemäß § 52 Abs. 15 EStG steuerfrei in das Privatvermögen zu überführen. Der Lageplan wies eine Teilfläche des Grundstücks Flurstück-Nr. 2008 und das Grundstück Flurstück-Nr. 2010 mit Ausnahme der Fläche für das Fahrsilo aus. Entsprechend buchte der Kläger zum den steuerfreien Abgang des Wohnhauses mit dem seiner Meinung nach dazugehörigen Grund und Boden aus.
Nachdem das FA bei den Einkommensteuerveranlagungen 1992 bis 1994 zunächst keinen Entnahmegewinn erfasst hatte, ging es im Anschluss an eine Betriebsprüfung von einer steuerpflichtigen Entnahme des Flurstücks-Nr. 2010 mit 3 249 qm (3 793 qm Gesamtfläche abzügl. 544 qm Fahrsilo) im Wirtschaftsjahr 1993/94 aus. Im Einspruchsverfahren gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 1993 und 1994 widerrief der Kläger die Abwahl der Nutzungswertbesteuerung zum und wählte diese nunmehr zum ab. Mit Einspruchsentscheidung vom ermäßigte das FA den Entnahmegewinn von 809 598 DM (Entnahmewert 823 350 DM abzügl. Buchwert 13 752 DM) auf 327 990 DM, weil es eine Gartenfläche von 1 000 qm steuerfrei ließ und die Restfläche von 2 249 qm nur noch mit 150 DM/qm ansetzte.
Dagegen richtete sich die Klage. Während des Klageverfahrens stellte das FA durch die betriebsnahe Veranlagungsstelle fest, in welchem Größenumfang in sieben anderen Fällen Hausgärten in der Gemeinde A als dazugehörender Grund und Boden entnommen worden waren, und teilte dies dem Finanzgericht (FG) klageerwidernd mit.
Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das FG nahm einen steuerpflichtigen Entnahmegewinn im Jahr 1993 (Streitjahr) an und setzte die Einkommensteuer 1994 auf 0 DM fest. Nach Auffassung des FG war der Widerruf des Antrags auf Wegfall der Nutzungswertbesteuerung unwirksam. Der Kläger habe auch keine weitere, über die 1 000 qm hinausgehende Fläche steuerfrei entnehmen können, denn größere Flächen seien in der Gemeinde A als Hausgarten unüblich. Hinsichtlich der 1 000 qm übersteigenden Fläche sei daher von einer steuerpflichtigen Entnahme auszugehen. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2004, 28 veröffentlicht.
Mit seiner dagegen gerichteten Revision wendet sich der Kläger gegen das Urteil des FG, soweit es die Einkommensteuer 1993 betrifft, und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Er ist der Auffassung, die streitbefangene Fläche von 2 249 qm sei als „dazugehörender Grund und Boden” i.S. von § 52 Abs. 15 Satz 6 EStG a.F. steuerfrei entnommen worden; jedenfalls sei keine steuerpflichtige Entnahme dieser Fläche erfolgt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheids 1993 vom (richtig: 1997) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom die Einkommensteuer 1993 nach einem zu versteuernden Einkommen von 9 584 DM unter Abzug der Steuerermäßigung gemäß § 34e EStG festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision bezüglich der Einkommensteuer 1993 als unbegründet zurückzuweisen und bezüglich der Einkommensteuer 1994 als unzulässig zu verwerfen.
Das FA trägt vor, als dazugehörender Grund und Boden könne nur eine Gartenfläche „im ortsüblichen Umfang” steuerfrei entnommen werden. Im Streitfall werde dieser Umfang jedoch weit überschritten, so dass die über den ortsüblichen Umfang hinausgehende Fläche steuerpflichtig entnommen werde.
Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil ist insoweit aufzuheben, als es die Einkommensteuer 1993 betrifft; der angefochtene Einkommensteueränderungsbescheid 1993 ist zu ändern (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Hinsichtlich der Einkommensteuer 1994 ist das Urteil des FG rechtskräftig geworden.
1. Zu Unrecht meint das FA, die Revision sei insoweit als unzulässig zu verwerfen, als das angefochtene Urteil die Einkommensteuer 1994 zum Gegenstand hat. Ungeachtet des Umstands, dass der Kläger die Revision zunächst ohne Einschränkung eingelegt hat, führt die Beschränkung des Revisionsantrags in der Revisionsbegründungsschrift auf die Einkommensteuer 1993 ohne weiteres dazu, dass das Urteil des FG hinsichtlich des nicht angefochtenen Teils rechtskräftig geworden ist (Senatsurteil vom IV R 8/98, BFHE 187, 201, BStBl II 1999, 333, unter 3. der Entscheidungsgründe).
Nach § 120 Abs. 1 Satz 2 FGO muss die schriftlich eingelegte Revision nur das angefochtene Urteil bezeichnen und erst die Revisionsbegründung erfordert einen bestimmten Antrag (§ 120 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Daraus folgt, dass das Gesetz dem Revisionskläger erst bei Ablauf der Revisionsbegründungsfrist die verbindliche Entscheidung abverlangt, welches —im Antrag konkret bestimmte— Ziel er mit seinem Rechtsmittel verfolgen will. Eine Revisionsschrift, die —wie im Streitfall— diesen Antrag und die weiteren Bestandteile des § 120 Abs. 3 FGO nicht enthält, kann nicht als umfassende Anfechtung des gesamten FG-Urteils gewertet werden (, Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 1992, 703). In der danach zulässigen Beschränkung des Revisionsantrags liegt daher weder eine Teilrücknahme des Rechtsmittels noch ein Rechtsmittelverzicht (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 115 Rz. 7).
2. Die hiernach von vornherein auf die Einkommensteuer 1993 beschränkt eingelegte Revision hat Erfolg. Die vom Kläger unzutreffend als zur Wohnung dazugehörenden Grund und Boden in die Abwahl der Nutzungswertbesteuerung einbezogene Fläche unterlag keiner steuerpflichtigen Entnahme. Dieser Teil des Grund und Bodens ist vielmehr land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen geblieben.
a) Nach den mit Revisionsrügen nicht angefochtenen und den Senat daher bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) befand sich auf dem streitigen Flurstück-Nr. 2010 der Gemarkung O außer einem Fahrsilo nur noch der ursprünglich ebenfalls zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörende alte Obstgarten mit einer Fläche von 3 249 qm. Vom Kläger unwidersprochen hat sich das FG weiter auf die Feststellungen der betriebsnahen Veranlagung des FA gestützt, wonach der Umfang steuerfrei entnommener Hausgärten in der Gemeinde A in insgesamt sieben Fällen während des Zeitraums von 1987 bis 1999 stets geringer als 1 000 qm gewesen ist. Es ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG die Steuerbefreiung gemäß § 52 Abs. 15 Satz 7 EStG a.F. auf eine Fläche von 1 432 qm einschließlich des mit dem Wohnhaus bebauten Grund und Bodens beschränkt hat. Denn nach der Rechtsprechung des Senats sind für die Bestimmung des zur Wohnung gehörenden Grund und Bodens, der bei der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung gemäß § 52 Abs. 15 EStG a.F. steuerfrei entnommen werden kann, die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse zum Entnahmezeitpunkt und die zukünftige mögliche Nutzung maßgebend, wobei die steuerfreie Entnahme nicht auf eine (zusätzliche) Gartenfläche von 1 000 qm beschränkt sein muss (ständige Rechtsprechung seit dem Senatsurteil vom IV R 22/00, BFHE 196, 559, BStBl II 2001, 762; zuletzt Urteil vom IV R 7/02, BFHE 204, 206, BStBl II 2004, 277).
b) Zu Unrecht ist das FG aber von einer steuerpflichtigen Entnahme der streitigen Restfläche ausgegangen, die nach seiner Auffassung kein zur Wohnung dazugehörender Grund und Boden i.S. des § 52 Abs. 15 Satz 6 EStG a.F. war. Eine solche Entnahme hat der Kläger nicht erklärt, er hat diese Fläche vielmehr in seine Erklärung zur Abwahl der Nutzungswertbesteuerung nach § 52 Abs. 15 Satz 4 EStG a.F. mit einbezogen. Eine derartige Erklärung ist aber nicht als Entnahme gemäß §§ 4 Abs. 1 Satz 2, 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG zu werten. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom IV R 21/03 (BFHE 204, 169, BStBl II 2004, 272, unter 2. der Entscheidungsgründe) entschieden und weiter ausgeführt, dass die rückwirkende Ausbuchung dieser Fläche (hier zum ) gegenstandslos ist, aber auch eine Entnahme zum Zeitpunkt der Abgabe der die Abwahl der Nutzungswertbesteuerung betreffenden Erklärung (im Streitfall dem ) mangels eines entsprechenden Entnahmewillens ausscheidet. Diese Grundsätze, denen auch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) gefolgt ist (, BStBl I 2004, 442), finden auch im Streitfall Anwendung.
Die unzutreffend in die Abwahl der Nutzungswertbesteuerung einbezogene Fläche bleibt daher bis zu ihrer Veräußerung oder Entnahme land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen (Senatsurteil in BFHE 204, 169, BStBl II 2004, 272, m.w.N., unter 2.a der Entscheidungsgründe). Sie kann —worauf der Kläger hingewiesen hat— auch jederzeit steuerfrei, etwa zum Bau einer Altenteilerwohnung (§ 13 Abs. 5 EStG n.F.) entnommen werden (vgl. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 13 EStG Anm. 391 a.E.).
3. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war seine Entscheidung aufzuheben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Die Einkommensteuer für das Streitjahr ist unter Berücksichtigung der Steuerermäßigung nach § 34e EStG antragsgemäß niedriger festzusetzen. Die Berechnung der Steuer wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1273 Nr. 8
HFR 2005 S. 874 Nr. 9
FAAAB-53919