Finanzierung des Wohnungserwerbs durch steuerlich nicht anzuerkennendes Darlehen und Geldschenkung des Vaters
Gesetze: EigZulG § 1, § 2 Abs. 1
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erwarb aufgrund notariell beurkundeten Kaufvertrags vom eine zu errichtende Wohnung für 345 000 DM, die sie seit Mai 2000 bewohnt. Der Kaufpreis wurde durch zwei Überweisungen am und am vom Konto ihres Vaters an die Verkäuferin bezahlt. Zuvor, am , kam es zu zwei Darlehensverträgen: Die Eltern der Klägerin hatten ein Darlehen bei ihrer Bank über 365 000 DM zum Kauf der Wohnung aufgenommen. Zins und Tilgung betrugen monatlich 1 750 DM, beginnend ab dem . Das Darlehen war durch Grundschulden an der erworbenen Wohnung gesichert. Am gleichen Tag schloss die Klägerin mit ihrem Vater einen Vertrag, mit dem er ihr zum Zwecke des „Ankaufs einer Eigentumswohnung in einer neu erstellten Wohnanlage ...” ein unbefristetes, tilgungsfreies Darlehen in Höhe von 345 000 DM gewährte. Als Zinssatz war —wie in dem Darlehen der Eltern mit ihrer Bank— 4,75 v.H. vereinbart. Die Zinszahlungen betrugen 1 366 DM monatlich, beginnend am .
Die Klägerin beantragte beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) im Mai 2000 Eigenheimzulage ab dem Jahr 2000. Nachdem das FA der Klägerin mitgeteilt hatte, es bestünden Zweifel, ob sie den Begünstigungstatbestand des § 2 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) erfülle, weil das Darlehen wegen fehlender Tilgungsvereinbarungen und Sicherheiten steuerrechtlich nicht anerkannt werden könne, erklärte die Klägerin, das Darlehen sei im Hinblick auf eine beabsichtigte Vertragsänderung ohne Tilgungsrate vereinbart worden. Sie habe nur eine Rückzahlung von monatlich 600 DM verkraften können. Ihr Vater habe ihr deshalb 133 000 DM geschenkt, um die Darlehenssumme zurückführen.
Nach dem Darlehensvertrag mit ihrem Vater vom über nunmehr 212 000 DM betrug die Tilgung bei gleichbleibendem Zinssatz 1 v.H. Die Schenkung an ihre Tochter meldeten die Eltern dem FA.
Das FA lehnte den Antrag der Klägerin auf Eigenheimzulage ab dem Jahr 2000 ab. Aufgrund der Gesamtumstände sei davon auszugehen, dass der Klägerin keine eigenen Aufwendungen für die Anschaffung der Wohnung entstanden seien.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, die Eltern der Klägerin hätten dieser die Wohnung geschenkt und dies durch steuerrechtlich nicht anzuerkennende Darlehensverträge verschleiert. Die mit den Eltern abgeschlossenen Darlehensverträge hielten einem Fremdvergleich nicht stand. Der erste Vertrag sei weder befristet noch enthalte er eine Tilgungsvereinbarung. Überdies seien Zinsen erst ab dem zu zahlen gewesen, obschon die Eltern einen Teil des Kaufpreises bereits im November 1999 beglichen hätten. Darüber hinaus sei der Vertrag nicht wie vereinbart durchgeführt worden. Auch der zweite Darlehensvertrag sei unbeschadet seiner tatsächlichen Durchführung steuerrechtlich nicht anzuerkennen. Denn mit ihm hätten die Vertragsparteien auf die vom FA als kritisch bewerteten Punkte im ersten Vertrag reagiert, um so die Grundlage für die Gewährung der begehrten Eigenheimzulage zu schaffen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, die sie auf die Verletzung von § 2 EigZulG stützt. In der Tat habe sie Aufwendungen getragen. Die Darlehensverträge seien steuerrechtlich anzuerkennen. Im Übrigen seien die Darlehensmodalitäten zwischenzeitlich nochmals geändert worden, und zwar derart, dass die Klägerin direkt mit der Bank einen Vertrag abgeschlossen habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und das FA zu verpflichten, Eigenheimzulage in Höhe von 5 000 DM ab dem Kalenderjahr 2000 festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufzuheben und der Klage stattzugeben. Das FG hat die Voraussetzungen der §§ 1, 2 EigZulG unzutreffend verneint. Die Klägerin hat Anspruch auf Eigenheimzulage in begehrter Höhe.
1. Nach § 1, § 2 Abs. 1 EigZulG hat ein Steuerpflichtiger Anspruch auf eine Eigenheimzulage für die Anschaffung einer Eigentumswohnung.
Die Voraussetzungen dieser Vorschriften liegen im Streitfall vor: Die Klägerin hat durch notariell beurkundeten Vertrag eine Eigentumswohnung gekauft. Sie hat sie gegen Entgelt erworben und damit angeschafft (vgl. § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches).
2. Die Klägerin hat die Eigentumswohnung von ihren Eltern nicht als Geschenk erhalten.
a) Der Senat kann unerörtert lassen, ob die Darlehensverträge der Klägerin mit ihrem Vater einem Fremdvergleich standhalten. Eine auf die Wohnung bezogene Schenkungsabrede ist entgegen der Auffassung des FG nicht die Rechtsfolge, die einträte, wenn die Darlehensverträge steuerrechtlich nicht anzuerkennen wären. Entspricht ein zwischen nahen Angehörigen abgeschlossener Vertrag nicht dem, was zwischen fremden Dritten üblich ist, so ist er der Besteuerung nicht zugrunde zu legen (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 2005, 192, unter II.4., m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt zwar auch dann, wenn es sich um private Vorgänge handelt, die steuerlich begünstigt sind (, BFH/NV 1999, 780; , BStBl II 1996, 34). Er führt aber nicht ohne weiteres —positiv— dazu, einen ganz anderen Vertragsinhalt, also z.B. eine Schenkungsabrede der Besteuerung zugrunde zu legen (vgl. dazu auch , BFHE 195, 392, BStBl II 2001, 756, und allgemein Wolff-Diepenbrock, in Festschrift für Beisse, 1997, S. 581 ff.). Überdies beträfe dieses Rechtsverhältnis zunächst das verliehene Geld, das dann nicht mit der Verpflichtung zur Rückgabe hingegeben worden wäre, sondern mit dem Ziel, die Klägerin zu bereichern.
aa) Dies allein hätte aber für die Eigenheimzulage keine Auswirkung. Denn auch derjenige trägt die Anschaffungskosten einer Wohnung, der die hierfür aufgewendeten Mittel geschenkt bekommt (so , BFH/NV 2005, 27; zur Eigenheimzulage: BStBl I 1998, 190, Tz. 9, 13; Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 3. Aufl. 2001, § 2 Rz. 157).
bb) Etwas anderes ergäbe sich nur, wenn die Eltern der Klägerin die Wohnung —mittelbar durch Zuwendung des Geldes— geschenkt hätten. Das ist jedoch nicht der Fall.
(1) Keine mittelbare Grundstücksschenkung (vgl. dazu die , BFHE 175, 76, BStBl II 1994, 779; vom X R 42/97, BFH/NV 2001, 307, und vom II R 44/02, Deutsches Steuerrecht —DStR— 2005, 151), sondern eine reine Geldschenkung liegt vor, wenn der Steuerpflichtige die Schenkung erst nach Abschluss des notariell beurkundeten Kaufvertrags über das Grundstück erhalten hat (BFH in BFH/NV 2005, 27). So liegt der Fall hier: Wollten die Eltern ihre Tochter mit den ab November 1999 als Tilgung der Kaufpreisverbindlichkeit hingegebenen Beträgen bereichern, so wäre lediglich der Geldbetrag als Gegenstand der Schenkung anzusehen.
(2) Dies gilt auch dann, wenn man nicht allein auf den Eintritt der Vermögensmehrung (hier durch Auszahlung der Darlehensvaluta an die Verkäuferin) abstellt, sondern es in Weiterentwicklung der Rechtsprechung zur mittelbaren Grundstücksschenkung mit dem II. Senat des BFH zur Erbschaftsteuer für ausreichend hält, dass der Schenker das Geld vor Grundstückserwerb des Beschenkten zusagt (BFH in DStR 2005, 151). Eine derartige Zusage kann hier nämlich nur in dem Darlehensvertrag der Klägerin mit ihrem Vater am gesehen werden. Indes ist auch dieser Vertrag nach dem Abschluss des Kaufvertrags (Juli 1999) zustande gekommen.
(3) Für eine zeitlich bereits vor dem notariell beurkundeten Vertrag liegende Schenkungszusage fehlen jegliche Anhaltspunkte. Davon geht auch das FG ersichtlich nicht aus, sieht es doch in den nach seiner Auffassung steuerrechtlich nicht anzuerkennenden Darlehensverträgen das Mittel, die gewollte Schenkung zu verschleiern. Vielmehr sprechen die Vereinbarungen im Folgejahr gerade gegen eine bereits zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs vorliegende Schenkungsabrede: Die Eltern haben der Klägerin zu ihrer finanziellen Entlastung nämlich nicht die gesamte Darlehenssumme zugewendet, sondern nur einen Teil, es im Übrigen aber bei der Rückzahlungsverpflichtung belassen.
b) Der Kaufvertrag über die Wohnung verdeckt auch keine unentgeltliche Zuwendung, die nach § 41 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) zugrunde zu legen wäre. Ein Scheingeschäft i.S. von § 41 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 liegt vor, wenn die Vertragsparteien —offenkundig— die notwendigen Folgerungen aus dem Vertrag bewusst nicht gezogen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 2005, 192 unter II.3.; vom IX R 23/00, BFH/NV 2003, 612; vom IX R 7/98, BFH/NV 2004, 1270). Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor, denn die Beteiligten des Kaufvertrages —die Klägerin und die Verkäuferin— haben ihre jeweiligen Verpflichtungen erfüllt.
c) Auch nach § 42 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 tritt eine Schenkung nicht als angemessene rechtliche Gestaltung an die Stelle des abgeschlossenen Kaufvertrags; dieser ist nicht rechtsmissbräuchlich gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 AO 1977. Die Klägerin hätte die Wohnung von den Eltern nicht erwerben können, und die Voraussetzungen einer mittelbaren Schenkung liegen —wie dargelegt— nicht vor.
3. Weil die Vorentscheidung diesen Maßstäben nicht entspricht, ist sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Klage ist stattzugeben. Die Klägerin hat Anspruch auf Eigenheimzulage im begehrten Umfang. Der Fördergrundbetrag beträgt nach § 9 Abs. 2 Satz 1 EigZulG 5 000 DM. Dementsprechend ist das FA verpflichtet, die Eigenheimzulage ab dem Jahr 2000 auf 5 000 DM festzusetzen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1245 Nr. 8
EStB 2005 S. 249 Nr. 7
HFR 2005 S. 740 Nr. 8
RAAAB-53351