Erhebung einer Anhörungsrüge schließt Gegenvorstellung nicht aus
Gesetze: FGO § 133a
Instanzenzug:
Gründe
Mit Beschluss vom VII B 298/03 hat der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) gegen das als unbegründet zurückgewiesen. Diesen Beschluss hat die Klägerin ausweislich ihres eigenen Vortrags am erhalten. Mit Telefaxschriftsatz vom hat die Klägerin gegen den genannten Beschluss „außerordentliche Beschwerde” beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss des BFH sowie die Vorentscheidung des FG aufzuheben und wieder in die mündliche Verhandlung vor dem FG einzutreten. Zur Begründung führte die Klägerin aus, die außerordentliche Beschwerde sei als Gegenvorstellung gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 321a der Zivilprozessordnung (ZPO) statthaft, weil die beanstandeten Entscheidungen ihr Recht auf Gehör verletzten und erbetene richterliche Hinweise nicht erteilt worden seien.
1. Die Eingabe der Klägerin ist zunächst als Anhörungsrüge i.S. des § 133a FGO zu werten. Diese Vorschrift ist durch Art. 10 Nr. 2 des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (AnhRüG) vom (BGBl I, 3220) in die FGO aufgenommen worden und hat mit Wirkung ab (vgl. Art. 22 Satz 2 AnhRüG) die zuvor gültige Regelung des § 155 FGO i.V.m. § 321a ZPO, auf welche sich die Klägerin noch beruft, abgelöst. Die Rüge zielt ab auf Fortführung des Verfahrens vor dem Gericht, das die beanstandete Entscheidung, gegen die ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist, erlassen hat, sofern dieses Gericht den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 133a Abs. 1 Satz 1 FGO). Ebendies hält die Klägerin der beanstandeten Entscheidung des BFH entgegen. Dabei versteht der Senat den Antrag der Klägerin dahin gehend, dass sie mit der Anhörungsrüge das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde fortführen möchte, um unter Aufhebung des beanstandeten Beschlusses des BFH eine ihr positive Entscheidung hinsichtlich der Zulassung der Revision zu erreichen. Das weiter gehende Begehren der Klägerin, auch das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und (sogleich) in die mündliche Verhandlung vor dem FG einzutreten, ist von vornherein unzulässig, da ein solches Ziel in der geltenden Prozessordnung nicht vorgesehen ist. § 133a FGO gestattet es lediglich, ggf. das Verfahren vor dem Gericht, das die rechtskräftige Entscheidung erlassen hat, fortzuführen (vgl. § 133a Abs. 5 FGO).
2. Die Rüge ist als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht in der gesetzlichen Frist erhoben worden ist (§ 133a Abs. 4 Satz 1 FGO). Gemäß § 133a Abs. 2 Satz 1 FGO ist die Rüge innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben. Die Klägerin hat den Beschluss des BFH über ihre Nichtzulassungsbeschwerde am erhalten. Damit hatte sie Kenntnis von der Entscheidung und damit von den Umständen, die nach ihrer Auffassung angeblich eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör begründeten. Gleichwohl ist die Anhörungsrüge erst am und damit verspätet beim BFH eingegangen. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind nicht geltend gemacht worden und liegen offensichtlich auch nicht vor. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Klägerin die Fristgebundenheit der Anhörungsrüge (im Übrigen keine Neuerung des § 133a FGO, vgl. § 321a Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.) nicht kennt.
3. Soweit die Klägerin nicht die Verletzung rechtlichen Gehörs, sondern anderer Verfahrensnormen rügt, ist die Eingabe als Gegenvorstellung im herkömmlichen Sinne zu würdigen. Durch die Schaffung und Reglementierung der Anhörungsrüge in allen Verfahrensordnungen sollte das Institut der Gegenvorstellung nicht ausgeschlossen werden (vgl. BTDrucks 663/04, S. 33; , zur Veröffentlichung in BFH/NV vorgesehen; anderer Ansicht: Verwaltungsgerichtshof Mannheim, Beschluss vom 3 S 83/05, Neue Juristische Wochenschrift 2005, 920).
Die Gegenvorstellung ist zurückzuweisen. Der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz (hier: Übergehen eines Beweisantrags; § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH (s. die Nachweise im angefochtenen Beschluss) eine Verfahrensvorschrift, auf deren Einhaltung ein Beteiligter u.a. durch Unterlassen einer Rüge verzichten kann. Durch den eintretenden Rügeverlust wird das Gebot des effektiven Rechtsschutzes, anders als die Klägerin meint, nicht verletzt, weil es der Beteiligte in der Hand hat, diese Rechtsfolge zu verhindern, wenn er seiner Mitwirkungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 2 bis 4 FGO) im gebotenen Maße nachkommt. Soweit die Klägerin pauschal die Nichterteilung richterlicher Hinweise rügt, ist darauf hinzuweisen, dass nach Ablauf der Frist für die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO) regelmäßig solche Hinweise nicht mehr gegeben zu werden pflegen, weil weiteres (neues) Vorbringen zu den Zulassungsgründen nicht mehr statthaft ist und daher in der zu treffenden Entscheidung keine Verwendung finden darf.
4. Für diese Entscheidung wird eine Gebühr in Höhe von 50 € erhoben (vgl. Anlage 1 —Kostenverzeichnis— zum Gerichtskostengesetz i.d.F. von Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom , BGBl I, 718, Teil 6 Gebühr Nr. 6400 i.d.F. von Art. 11 Nr. 7 Buchst. h AnhRüG).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1349 Nr. 8
UAAAB-53003