Rechtswirkungen einer einseitigen Erledigungserklärung; prozessuale Folgen eines Zuständigkeitswechsels des Finanzamts im Aussetzungsverfahren
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Beteiligten streiten in der Sache um die Frage nach dem Vorliegen von verdeckten Gewinnausschüttungen. Die Klage gegen die Steuerbescheide des Antragsgegners FA B blieb erfolglos. Der Senat hat die Revision gegen das Urteil des auf Beschwerde der Antragstellerin durch Beschluss vom I B 28/04 zugelassen; über die Revision (Az. I R 70/04) ist noch nicht entschieden. Beklagter und Revisionsbeklagter in diesem Verfahren ist das FA B, gegen das sich auch die Nichtzulassungsbeschwerde richtete. Infolge Sitzverlegung der Antragstellerin seit dem ist für deren Besteuerung zwischenzeitlich —nach Klageerhebung vor dem FG— allerdings das FA K örtlich zuständig geworden.
Die Vollziehung der angefochtenen Bescheide war auf Antrag der Antragstellerin vom für das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren durch Verfügung des FA B vom und für das anschließende Klageverfahren durch Verfügung des FA K vom ausgesetzt worden. Gemäß Verfügung des FA K vom endete die Aussetzung am . Am beantragte die Antragstellerin beim FA K die erneute Aussetzung der Vollziehung (AdV) für das Beschwerdeverfahren, was durch Verfügungen vom 27. Februar, 10. März, 2. April sowie abgelehnt wurde. Am beantragte die Antragstellerin daraufhin beim Bundesfinanzhof (BFH) die „Stundung und Aussetzung der Vollziehung der Körperschaftsteuerbescheide 1996 und 1997”. Zwischenzeitlich —am — hat das FA K hinsichtlich Körperschaftsteuer 1997 sowie Zinsen und Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer, jeweils für 1996 und für 1997, die AdV für das Revisionsverfahren gewährt.
Nunmehr erklärt die Antragstellerin das Aussetzungsverfahren in der Hauptsache für erledigt. Sie beantragt, dem FA B die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Das FA B beantragt, den Antrag vom auf AdV als unzulässig abzulehnen und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Hilfsweise erklärt das FA B den Rechtsstreit ebenfalls in der Hauptsache für erledigt und beantragt, der Antragstellerin die Verfahrenskosten nach billigem Ermessen aufzuerlegen.
II. 1. Der Rechtstreit hat sich in der Hauptsache tatsächlich erledigt, nachdem das FA K die von der Antragstellerin begehrte AdV verfügt hat. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit dementsprechend für erledigt erklärt, das FA B jedoch nur hilfsweise für den Fall, dass der AdV-Antrag nicht als unzulässig anzusehen ist. Die Hauptanträge beider Beteiligten weichen also voneinander ab, so dass zunächst über den Antrag der Antragstellerin zu entscheiden ist.
2. Bei einseitiger Erledigungserklärung durch den Antragsteller beschränkt sich der Rechtsstreit auf die Erledigungsfrage (vgl. z.B. , BFHE 147, 110, BStBl II 1986, 752). Nur dann, wenn der AdV-Antrag unzulässig war, darf eine die Erledigung feststellende Entscheidung nicht ergehen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 138 Rz. 18, m.w.N.). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Der Antrag auf AdV war zulässig.
Die besonderen Zugangsvoraussetzungen nach § 69 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind erfüllt. Das zwischenzeitlich für die Besteuerung der Antragstellerin zuständig gewordene FA K hat den zunächst bei ihm gestellten AdV-Antrag abgelehnt. Dazu war es infolge der Sitzverlegung der Antragstellerin in seinen örtlichen Zuständigkeitsbereich (vgl. § 20 Abs. 1 der Abgabenordnung —AO 1977—) befugt. Zwar berührt der Zuständigkeitswechsel nicht die Prozessführungsbefugnis des FA B (§ 63 Abs. 1 Nr. 1, § 122 Abs. 1 FGO). Gleiches gilt für das Aussetzungsverfahren, für das § 63 FGO nicht unmittelbar gilt; wegen des engen Zusammenhangs zwischen Klage- und Aussetzungsverfahren bleibt das im Klageverfahren prozessführungsbefugte FA (hier das FA B) aber auch Antragsgegner im Aussetzungsverfahren (vgl. BFH-Beschlüsse vom IV S 10/84, BFH/NV 1986, 665; vom V S 2/88, BFH/NV 1990, 255). Das ändert jedoch nichts daran, dass das nunmehr zuständige FA (hier das FA K) über den bei ihm gestellten AdV-Antrag entscheiden durfte, ebenso wie es in der Lage war, als „zuständige Finanzbehörde” i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 1 FGO eine von ihm für geboten erachtete AdV von Amts wegen zu verfügen (vgl. , Entscheidungen der Finanzgerichte 1997, 90; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Rz. 124; Gosch in Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, § 69 FGO Rz. 244; BStBl I 2000, 1232, dort Tz. 3.3 zu § 361 AO 1977 unter Hinweis auf § 367 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 26 Satz 2 AO 1977). Die Ablehnung des AdV-Antrags durch das FA K genügte demzufolge den Anforderungen des § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO nicht weniger als eine Ablehnung durch das FA B. Im Einklang damit konnte das FA K umgekehrt auch die Aussetzung verfügen, wie es dann in der Folgezeit gegenüber der Antragstellerin auch tatsächlich geschehen ist.
3. Es bleibt deswegen bei der Feststellung, dass sich das Aussetzungsverfahren in der Hauptsache erledigt hat. Ob der Antrag ohne die eingetretene Erledigung begründet gewesen wäre, braucht nicht entschieden zu werden.
4. Da bei gegensätzlichen Hauptanträgen der Beteiligten —hier vorliegend— eine Sachentscheidung zu treffen ist, kann die nur hilfsweise Erledigungserklärung des FA B nicht zu einer isolierten Kostenentscheidung nach § 138 FGO führen (vgl. , BFH/NV 1992, 398; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 138 FGO Tz. 28; s. auch Gräber/Ruban, a.a.O., § 138 Rz. 14). Ungeachtet der hilfsweisen Erledigungserklärung müssen die Kosten gemäß § 135 Abs. 1 FGO dem FA B auferlegt werden, das mit seinem auf Antragsablehnung gerichteten Begehren unterlegen ist (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 138 Rz. 14 a.E., Rz. 20, m.w.N.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1109 Nr. 7
OAAAB-52795