BFH Beschluss v. - VI B 33/04

Mangelnde berufliche Veranlassung für ein philosophisches Studium eines älteren Steuerpflichtigen

Gesetze: EStG §§ 9, 12

Instanzenzug:

Gründe

Der im Jahre 1921 geborene Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) beantragte in der Einkommensteuer-Erklärung 1999 Aufwendungen für ein philosophisches Studium in Höhe von 746 DM als Berufsausbildungskosten zu berücksichtigen. Dies lehnte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) ab.

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage, die mit dem Verfahren wegen Einkommensteuer 1998 verbunden war, mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 783 veröffentlichten Gründen ab. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) komme eine Anerkennung der Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Sonderausgaben nicht in Betracht. Es lägen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass mit dem aufgenommenen Studium eine wie auch immer geartete Erwerbstätigkeit aufgenommen werden solle (vgl. , BFHE 152, 337, BStBl II 1988, 494; vom VI R 139/76, BFHE 126, 437, BStBl II 1979, 180).

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision ist unbegründet. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung (mehr) zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Auch eine höchstrichterliche Leitentscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht (mehr) erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

1. Ob ein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FGO gegeben ist, beurteilt sich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde (ständige Rechtsprechung, , BFH/NV 2004, 1406, m.w.N.).

2. Der Senat hat seine Rechtsprechung zur Anerkennung von Bildungsaufwendungen zwischenzeitlich geändert. Insbesondere in seinen Grundsatzentscheidungen vom VI R 120/01 (BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, zur Umschulung), vom VI R 137/01 (BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407, zum berufsbegleitenden Erststudium) hat der Senat erkannt, dass Bildungsaufwendungen Werbungskosten sein können, sofern sie beruflich veranlasst sind (vgl. auch , BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884, zur erstmaligen Berufsausbildung; vom VI R 50/02, BFHE 202, 563, BStBl II 2004, 889, zum Universitätsstudium im Anschluss an ein Fachhochschulstudium).

Nach neuerer Rechtsprechung ist für die Anerkennung von Bildungskosten als Erwerbsaufwendungen allein entscheidend, ob ein hinreichend konkreter Zusammenhang mit einer auf Einkunftserzielung gerichteten Tätigkeit des Steuerpflichtigen zu bejahen ist. Liegt ein solcher Veranlassungszusammenhang vor, sind die für die (weiter)qualifizierende Maßnahme aufgewendeten Kosten —entsprechend dem objektiven Nettoprinzip— als Erwerbsaufwendungen zu berücksichtigen.

Die Frage, ob nach Maßgabe dieser Grundsätze im jeweiligen Einzelfall ein hinreichend erwerbsbezogener Veranlassungszusammenhang zu bejahen ist oder eine dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuweisende Bildungsmaßnahme vorliegt, haben in erster Linie die Finanzgerichte unter Berücksichtigung aller entscheidungserheblichen Umstände zu beantworten (vgl. § 96 Abs. 1 FGO).

3. In Anbetracht dieser Rechtsprechung kommt dem Streitfall keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO mehr zu. Es sind keine neuen Gesichtspunkte erkennbar, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen würden. Gleiches gilt für den Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO. Die Nichtzulassungsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) umfasst zwar auch Fälle der (nachträglichen) Divergenz. Ein derartiger Fall liegt indes schon deshalb nicht vor, weil in der angefochtenen Entscheidung die Frage der Anerkennung einer Bildungsmaßnahme im Ergebnis nicht anders als in der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung beantwortet wird.

4. Die Entscheidung der Vorinstanz wird im Wesentlichen durch die tatrichterliche Würdigung getragen, angesichts des fortgeschrittenen Alters und der gesicherten Existenz des Klägers bestehe kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit einer —wie auch immer gearteten— Erwerbstätigkeit; gegenteilige Anhaltspunkte seien nicht gegeben. Der Kläger verfolge mit dem Studium lediglich private Interessen (§ 12 Nr. 1 EStG).

Der Kläger verkennt, dass die tatrichterliche Überzeugungsbildung der Vorinstanz (§ 96 Abs. 1 FGO; vgl. z.B. , BFH/NV 1997, 772) nur insoweit revisibel ist, als Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegen (ständige Rechtsprechung, Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 118 Rz. 30; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 118 FGO Tz. 87 ff., m.w.N.). Solche Verstöße sind im Streitfall jedoch nicht erkennbar und vom Kläger auch nicht vorgetragen. Die vom FG vorgenommene Würdigung des Sachverhalts bindet den BFH auch dann, wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich bzw. vertretbar ist (vgl. , BFH/NV 2005, 37; Beermann, Das steuerliche Verfahrensrecht, § 118 FGO Tz. 24).

5. Im Übrigen sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1056 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 20/2006 S. 1694
NWB-Eilnachricht Nr. 48/2006 S. 4066
RAAAB-52567