BFH Beschluss v. - VI S 8/04 (PKH)

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Antragsteller ist im Hauptberuf als Verwaltungsangestellter bei einer Behörde beschäftigt. Seit 1974 ist er zum Vorstand des damals gegründeten „Judo- und Karateclub A e.V.” (im Folgenden: Verein) bestellt. Auf Grund einer anonymen Anzeige ermittelte die Steuerfahndung gegen den Antragsteller wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Die Steuerfahndung gelangte zu der Auffassung, der Antragsteller habe aus dem Betrieb der Sporteinrichtung gewerbliche Einkünfte (§ 15 des EinkommensteuergesetzesEStG—) erzielt, die er nicht der Besteuerung unterworfen habe.

Dieser Ansicht schloss sich der Beklagte (das Finanzamt —FA—) an und erließ nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderte Einkommensteuerbescheide für 1991 bis 1999.

Die Klage des Antragstellers blieb ganz überwiegend erfolglos. Mit Urteil vom V 293/01 bestätigte das Finanzgericht (FG) die Auffassung des FA, dass der Antragsteller aus seiner Tätigkeit für den Verein steuerpflichtige Einkünfte bezogen habe. Allerdings stellten diese keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar, sondern solche aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG). Der Höhe nach sei die Schätzung der Steuerfahndung bzw. des FA im Wesentlichen jedoch zutreffend. Die streitigen Einkünfte einzelner Jahre seien niedriger festzusetzen (1995: 35 070 DM statt 35 200 DM; 1996: 37 377 DM statt 41 377 DM; 1997: 31 309 DM statt 32 145 DM; 1999: 25 851 DM statt 27 880 DM). In den übrigen Streitjahren seien die vom FA hinzugerechneten Einkünfte (1991: 21 110 DM; 1992: 27 630 DM; 1993: 23 630 DM; 1994: 20 130 DM; 1998: 26 143 DM) jedoch nicht zu beanstanden. - In seinem Urteil begründete das FG ferner im Einzelnen, dass der Antragsteller die im Verein erzielten Überschüsse eigennützig verwendet habe. Die Höhe der Überschüsse errechnete das FG u.a. anhand geschätzter Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen, aus Gebühren für Judo- und Karateprüfungen, aus Einnahmen für Selbstverteidigungs- und Skigymnastikkurse sowie aus Einnahmen aus Turnierveranstaltungen und dem Verkauf von Sportkleidung. Ferner berücksichtigte das FG einschlägige Zahlungsvorgänge auf einem Privatkonto des Klägers sowie einem Vereinskonto (vgl. S. 18 bis 30 des FG-Urteils).

Bereits während des finanzgerichtlichen Verfahrens hatte das einen Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt. In einem mit dem angeführten Urteil verbundenen Beschluss wies das FG einen neuerlichen PKH-Antrag des Antragstellers —unter Bezugnahme auf die Urteilsgründe— wiederum zurück.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des FG hat der Antragsteller eine —von einem fachkundigen Vertreter verfasste— Beschwerdeschrift eingereicht. Der Antragsteller rügt u.a., das FG habe verschiedene Verfahrensfehler begangen. Es habe seine Aufklärungspflicht verletzt; die Vorentscheidung verstoße gegen das Willkürverbot und den klaren Inhalt der Akten. Das erstinstanzliche Urteil sei unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar und beruhe offenbar auf sachfremden Erwägungen. Im Streitfall seien die Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gegeben.

Zugleich hat der Antragsteller beantragt, ihm für die —beabsichtigte— Nichtzulassungsbeschwerde (und rückwirkend für das FG-Verfahren) PKH zu bewilligen und ihm Rechtsanwalt X als Prozessbevollmächtigten beizuordnen. Das Beschwerdeverfahren solle nur durchgeführt werden, sofern PKH bewilligt werde.

II. Der Antrag ist abzulehnen.

1. Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Prozessbeteiligter bei Vorliegen bestimmter persönlicher Voraussetzungen auf Antrag dann PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Hinreichende Erfolgsaussichten liegen vor, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt des Erfolgs spricht (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 142 Rz. 11, m.w.N.).

Auch wenn an die Erfolgsaussichten der Sache im PKH-Verfahren keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 1 BvR 596/03, Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 2004, 1789; vom 1 BvR 1526/02, NJW 2003, 1857, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 2003, 720), ist auch unter Berücksichtigung des gebotenen Prüfungsmaßstabs nicht zu erkennen, dass die —beabsichtigte— Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers hinreichende Erfolgsaussichten haben könnte.

2. Die Rüge des Antragstellers, das FG habe Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) begangen, ist nicht schlüssig erhoben (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Nach ständiger Rechtsprechung erfordert eine schlüssige Rüge mangelnder Sachaufklärung u.a. eine genaue Bezeichnung der ermittlungsbedürftigen Tatsachen (genaue Angabe der Beweisthemen) sowie die substantiierte Darlegung, inwiefern das Urteil des FG —ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts— auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen könne und was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre (vgl. z.B. Bundesfinanzhof —BFH—, Beschlüsse vom V B 205/02, BFH/NV 2004, 964; vom X B 174/01, BFH/NV 2002, 1486; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 69, § 116 Rz. 48 ff., jeweils m.w.N.). Diesen Anforderungen werden die Darlegungen des Antragstellers nicht gerecht.

In seinem Schriftsatz vom (Tz. 1) bringt der Antragsteller im Wesentlichen (nur) vor, das FG habe zu Unrecht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unterstellt. Das FG hätte die von ihm —dem Antragsteller— benannten Zeugen dafür, dass ihm kein Gehalt gezahlt worden sei (S. 13 des FG-Urteils) vernehmen müssen. Die Zeugen hätten bestätigt, dass ihm für seine Vorstandstätigkeit keine Vergütung bewilligt worden sei.

Diese Darlegungen sind indessen unzureichend. Insbesondere fehlen eingehende Ausführungen dazu, dass die Vorentscheidung auf dem gerügten Vorgehen des FG beruhen könne bzw. Letzteres rechtserheblich gewesen sei (vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 964; ferner Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 115 FGO Rz. 229 und § 116 FGO Rz. 191; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 96, jeweils mit umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen). Substantiierte Ausführungen hierzu waren umso mehr erforderlich, weil der Antragsteller —nach Auffassung des FG— das Vereinsvermögen völlig selbständig verwaltete und die aus der Vereinstätigkeit herrührenden Einnahmen weitestgehend eigenverantwortlich vereinnahmte, ohne hierüber dem Verein gegenüber Rechenschaft abzulegen.

Den gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich der Darlegung von Zulassungsgründen genügt auch nicht die Rüge des Antragstellers (Tz. 7 der Antragsbegründung), es liege ein weiterer Verfahrensmangel (Vorwegnahme der Beweiswürdigung) vor, weil das FG die unter Beweisantrag gestellte Behauptung, das private Bankkonto sei ein Vereinskonto gewesen, als bloße Schutzbehauptung behandelt habe. Gleiches gilt für den Vortrag des Antragstellers (Tz. 10), das FG habe seinen Beweisantrag des Inhalts übergangen, der Verein habe nur 60 bis 70 aktive (zahlende) Mitglieder gehabt.

3. Entgegen der Ansicht des Antragstellers kann die Revision auch nicht aus Gründen des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen werden. Dies gilt insbesondere für den vom Antragsteller hervorgehobenen Grund der Divergenz. Versäumt wurde bereits darzulegen, dass in der Vorentscheidung ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt worden wäre, der von einem abstrakten Rechtssatz des BFH zur selben Rechtsfrage abweichen würde (vgl. Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 62, m.w.N.).

4. Soweit sich der Antragsteller —in der Art einer Revisionsbegründung— gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung, insbesondere gegen die Richtigkeit der vom FG vorgenommenen Einzelfallwürdigung wendet, macht er keinen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO geltend (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom XI B 175/02, BFH/NV 2003, 1393; vom IX B 119/02, BFH/NV 2003, 1289). Die dort aufgezählten Gründe regeln die Revisionszulassung abschließend (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 1998, 1063; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 11).

5. Die vom Antragsteller im Übrigen vorgebrachten Rügen sind nicht schlüssig erhoben bzw. offensichtlich nicht entscheidungserheblich (u.a. Tz. 3, 4, 5, 6 der Antragsbegründung). Ferner ist weder hinreichend dargelegt noch ersichtlich, dass die Vorentscheidung schwerwiegende Fehler enthält bzw. gegen das Willkürverbot verstößt und deswegen der Zulassungsgrund „Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung” (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) erfüllt sein soll (vgl. hierzu BFH-Beschlüsse, beide vom X B 162/03, BFH/NV 2005, 224, und X B 163/03, BFH/NV 2005, 227; vom IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25; vgl. auch Bundesgerichtshof-Beschlüsse vom V ZR 328/03, NJW 2005, 153; vom XI ZB 39/03, NJW 2004, 2222).

6. Für eine (ausnahmsweise) rückwirkend zu bewilligende PKH besteht nach alledem ebenfalls kein Anlass.

7. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1129 Nr. 7
QAAAB-52336