Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung begründet nicht die Steuerbarkeit eines Umsatzes; Konzeption einer Ferienanlage einschließlich der Feststellung der Rahmenbedingungen keine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück
Gesetze: UStG § 1 Abs. 1, § 3a; KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, die in den Streitjahren 1988 bis 1990 als Generalübernehmerin zur schlüsselfertigen Errichtung von Wohn- und Industriebauten tätig war. Sie besaß die Genehmigung nach § 34c der Gewerbeordnung (GewO) und gehörte zur C-Unternehmensgruppe.
Zur C-Unternehmensgruppe gehörte u.a. auch die D-GmbH. Unternehmensgegenstand der D-GmbH war zunächst der Groß- und Einzelhandel mit Baustoffen u.a., seit Februar 1988 auch die Tätigkeit als Generalübernehmer mit Ausnahme der Tätigkeiten, welche der Genehmigungspflicht nach § 34c GewO unterliegen.
Geschäftsführer der beiden Gesellschaften waren A und B, die am Stammkapital jeweils hälftig beteiligt waren.
Bei der Klägerin wurde in den Jahren 1992/1993 eine Betriebsprüfung durchgeführt, die die Streitjahre 1988 bis 1990 umfasste. Die Beteiligten streiten um die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung folgender Geschäftsvorfälle:
1. Baupark H
Die Klägerin hatte im Jahr 1987 Grundstücke zum Zwecke der Errichtung eines Bauparks erworben. Seinerzeit bestand schon ein Mietvertrag zwischen den bisherigen Eigentümern der Grundstücke und der X-KG. Zudem war eine Baugenehmigung erteilt worden. Die Klägerin reichte einen geänderten Bauantrag ein, der im Jahre 1987 genehmigt wurde. Im selben Jahr veräußerte sie die Grundstücke an eine Immobiliengesellschaft, die Y-GmbH. Diese leistete an die Klägerin Zahlungen als „Erstattung der Aufwendungen des Veräußerers für die bisherige Planung und die Erteilung der Baugenehmigung”, „Erstattung der Kosten der Zwischenfinanzierung” und als Provision für „die Vermittlung eines Mietvertrages zwischen dem Erwerber und der Firma X-KG”. Gleichzeitig mit Abschluss des Kaufvertrags über den Erwerb der Grundstücke schloss die D-GmbH mit der Y-GmbH einen Vertrag über die schlüsselfertige Erstellung eines Bauparks.
Die Betriebsprüferin gelangte für das Streitjahr 1988 zu der Auffassung, in Höhe des Gewinns der D-GmbH aus diesem Objekt liege eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) der Klägerin vor. Der als vGA angenommene Betrag wurde der Umsatzsteuer unterworfen. Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) änderte die gemäß § 164 der Abgabenordnung (AO 1977) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr 1988 mit Bescheid vom entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung.
2. Baupark A
Im Jahre 1989 erwarb die Klägerin ein weiteres Grundstück. Zuvor hatte sie mit der Firma H, die einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung gestellt hatte, einen Vertrag über die Vermietungsvermittlung geschlossen. Im selben Jahr verkaufte die Klägerin das Grundstück an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts A-GbR weiter. Der Klägerin waren im Zusammenhang mit diesen Geschäftsvorfällen Aufwendungen für Zwischenfinanzierung, Planung und die Vermittlung des Mietvertrags entstanden.
Im selben Jahr schloss die D-GmbH mit der A-GbR einen Vertrag über die Vermittlung und Bearbeitung der Zwischen- und Endfinanzierung, die Bürgschaftsübernahme, die Höchstzinsgarantie und Baukostenhöchstbetragsgarantie sowie die Ausbietungsgarantie. Zusätzlich schloss die D-GmbH wiederum mit der A-GbR einen Baubetreuungsvertrag. Aus diesem Vertrag wurden Baubetreuungsleistungen für den Zeitraum bis in Rechnung gestellt.
Mit Vertrag vom zwischen der D-GmbH und der B-AG verpflichtete sich die D-GmbH zur Einstellung ihrer Tätigkeit als Generalübernehmer. Sie sollte keine neuen Objekte mehr akquirieren, sondern nur noch die begonnenen Objekte abwickeln. Die D-GmbH erhielt von der B-AG Zahlungen für die Vermittlung des Objekts sowie für die „Übertragung des Kundenstamms”.
Die Betriebsprüferin vertrat die Auffassung, die Leistungen, die von der D-GmbH in Rechnung gestellt worden seien, seien von der Klägerin —nicht von der D-GmbH— erbracht worden. Das gelte auch für die Vermittlung des Objekts sowie des Kundenstamms. Sie nahm betreffend die Verträge mit der A-GbR vGA der Klägerin an und unterwarf die Beträge der Umsatzsteuer. Zudem beurteilte sie die Zahlungen der B-AG an die D-GmbH als vGA der Klägerin und unterwarf sie der Umsatzsteuer. Das FA folgte der Auffassung der Betriebsprüfung bei der geänderten Umsatzsteuerfestsetzung für die Streitjahre.
3. Betriebswirtschaftliche Beratung
Aufgrund einer Rechnung des L, eines Gesellschafters der A-GbR, vom „für die betriebswirtschaftliche Beratung i.V. mit dem Projekt zur Errichtung einer Immobiliengesellschaft” hatte die Klägerin an den Aussteller der Rechnung einen Betrag in Höhe von 75 000 DM gezahlt. Die Betriebsprüferin nahm auch insoweit eine vGA an.
4. Ferienanlage
Im Auftrag der I-AG hatte die Klägerin die Planung einer Ferienanlage in Togo übernommen. Die I-AG führte Reiseveranstaltungen durch und betrieb Hotels und Ferienanlagen. Der Klägerin oblag im Zuge der Erschließung des Grundstücks auch die Konzeption des Projekts, also auch die Feststellung der Rahmenbedingungen (Ausstattung, Vertrieb, Betriebsführung, Transportwege, Finanzierung, usw.). Gemäß Ziffer 1 des Vertrags vom war vereinbart, dass die Klägerin alle notwendigen Kosten für die Projektierung und Erschließung sowie die Vertragsgestaltungen und Verhandlungen mit den jeweiligen Regierungen vorfinanziert. Nachdem das Objekt nicht realisiert wurde, erhielt die Klägerin im Streitjahr 1990 gemäß Ziffer 3 des Vertrags von der I-AG zum Ausgleich der in Ziffer 1 genannten Kosten einen Abstandsbetrag in Höhe von 650 000 DM. Das FA nahm eine im Inland steuerbare und steuerpflichtige Leistung an.
Die nach erfolglosen Einspruchsverfahren erhobenen Klagen gegen die Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuerfestsetzungen für die Streitjahre hatten teilweise Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) ging hinsichtlich der Bauparks H und A dem Grunde nach vom Vorliegen vGA aus. Es legte der Besteuerung jedoch um 40 v.H. gekürzte Beträge zugrunde.
Zur Begründung führte es insoweit im Wesentlichen aus, gewerbliche Einkünfte erziele derjenige, der persönlich selbständig, d.h. auf eigene Rechnung und Gefahr gewerblich tätig sei. Unternehmer sei derjenige, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben werde. Es lägen keine ausreichenden Nachweise für die Annahme vor, dass nicht die D-GmbH, sondern die Klägerin die der Besteuerung zugrunde liegenden Tätigkeiten ausgeführt habe. Daher führten die Tätigkeiten der D-GmbH insofern nicht zu Einkünften der Klägerin.
Im Einzelnen führte es u.a. aus, das FA mache bezüglich des Objekts H geltend, der Generalübernehmervertrag mit der Y-GmbH vom enthalte bereits die Bezeichnung „P”, obwohl die D-GmbH zu diesem Zeitpunkt noch unter der Bezeichnung „Q” firmiert habe. Dies spreche dafür, dass diese Vereinbarung im Nachhinein auf die D-GmbH umgeschrieben worden sei und deshalb nicht die D-GmbH, sondern die Klägerin selbst die der Besteuerung zugrunde liegenden Tätigkeiten ausgeführt habe. Der Senat halte die Einwände, die die Klägerin gegen diese Annahme vorbringe, für erheblich. Sie weise zu Recht darauf hin, dass der Generalübernehmervertrag mit der Y-GmbH, also einer gesellschaftsfremden Person getroffen worden sei. Dies schließe zwar eine „Umschreibung” nicht allgemein aus, erschwere sie jedoch zumindest. Das FA habe seine Annahme insoweit auch nicht näher begründet und unter Beweis gestellt. Die Verwendung der Bezeichnung „P” zu einem Zeitpunkt, als die D-GmbH noch unter der Bezeichnung „Q” firmierte, könne zwar auf eine entsprechende Umschreibung hindeuten. Nur müsse diese Annahme durch entsprechende Nachweise erhärtet werden. Da solche nicht vorlägen, halte der Senat eine entsprechende Annahme allein vor diesem Hintergrund für nicht zwingend.
Es bestünden jedoch hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ihr zustehende Geschäftschancen auf die D-GmbH übertragen habe, ohne hierfür ein entsprechendes Entgelt erhalten zu haben. So sei sie bereits im Besitz der von ihr erweitert beantragten Baugenehmigung für das Objekt H gewesen und habe der D-GmbH die Übernahme des Projekts überlassen. Zudem sei bereits ein langfristiger Mietvertrag geschlossen worden, in den die Klägerin mit Abschluss des Kaufvertrags eingetreten sei. Die Klägerin und nicht die D-GmbH habe schließlich schon an Dritte Provisionen mit Blick auf die spätere Nutzung des Grundstücks gezahlt. Als die Errichtung des Bauparks im Wesentlichen durch die Klägerin projektiert und planungsmäßig vollzogen gewesen sei, habe sie die weitere Realisierung der D-GmbH überlassen. Die Abläufe im Rahmen des Projekts A seien ähnlich gewesen. Auch hier habe die Klägerin ein Grundstück in der offensichtlichen Absicht erworben, hierauf einen Baupark errichten zu lassen und die wesentlichen planerischen Tätigkeiten erbracht, bevor sie die weitere Realisierung der D-GmbH überlassen habe. Ein fremder Dritter hätte für die überlassenen Gewinnchancen ein entsprechendes Entgelt zahlen müssen. Dies hätte zwar nicht in voller Höhe den bei der D-GmbH realisierten Gewinn umfasst. Angesichts des Fortschritts der beiden Objekte halte der Senat jedoch eine Schätzung in Höhe von 60 v.H. des bei der D-GmbH angefallenen Gewinns für sachgerecht. Die D-GmbH habe die Projekte ohne großes Risiko und ohne nennenswerten Einsatz fortführen und beachtliche Gewinne erzielen können.
Betreffend die betriebswirtschaftliche Beratung nahm das FG keine vGA an.
Umsatzsteuerrechtlich vertrat das FG die Auffassung, die Annahme einer vGA —hier in Form der Überlassung von Geschäftschancen an die D-GmbH— stelle einen steuerbaren Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) dar. Durch die nicht entgoltene Überlassung der Geschäftschancen an die D-GmbH hätten die Anteilseigner der Klägerin A und B mittelbar als Endabnehmer seitens der Gesellschaft einen Leistungsbezug erhalten, für den sie kein entsprechendes Entgelt entrichtet hätten. Es legte der Besteuerung die vGA mit den gegenüber den Festsetzungen des FA um 40 v.H. gekürzten Beträgen zugrunde.
Zudem verneinte das FG die Steuerbarkeit der in Zusammenhang mit der Ferienanlage in Togo ausgeführten Leistungen. Es führte insoweit aus, es liege eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem im Ausland belegenen Grundstück i.S. des § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980 vor, die deswegen im Inland nicht steuerbar sei. Die diesbezüglichen Leistungen im Zusammenhang mit der Erschließung des Grundstücks bzw. dessen Nutzungsanalyse seien nur ein —wenn auch wesentlicher— Teil des Gesamtauftrags. Es lasse sich daher bereits vertreten, die Mehrzahl der von der Klägerin übernommenen Tätigkeiten habe einen Bezug zu dem im Ausland belegenen Grundstück gehabt. Hinzu komme, dass es der Klägerin bei Abschluss des Vertrags offenkundig darum gegangen sei, in ihrem eigenen Geschäftsfeld als Generalübernehmerin zu agieren. Dies lege es nahe, die Leistungen, die der Klägerin infolge der Nichtrealisierung des Objektes entgolten worden seien, als Vorleistungen der eigentlich angestrebten Leistung als Generalübernehmerin zu verstehen. Bei dieser Sicht der Vereinbarung sei der Bezug zu dem im Ausland belegenen Grundstück zwingend.
Im Übrigen wies das FG die Klagen ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1165 veröffentlicht.
Gegen das Urteil wandten sich sowohl die Klägerin als auch das FA mit der Revision. Der Rechtsstreit wurde beim Bundesfinanzhof (BFH) zunächst unter dem Az. I R 64/01 geführt. Der I. Senat des die Sache wegen Umsatzsteuer 1988 bis 1990 zur gesonderten Entscheidung abgetrennt und an den erkennenden Senat abgegeben. Die Revisionen wegen Körperschaftsteuer 1988 bis 1990 hatten Erfolg. Insoweit hob der I. Senat des BFH das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück (, BFH/NV 2003, 205).
Mit ihrer Revision wegen Umsatzsteuer rügt die Klägerin Verletzung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1980.
Sie beantragt, das FG-Urteil insoweit aufzuheben, als das FG die festgestellten vGA als umsatzsteuerbar angesehen hat.
Das FA wendet sich gegen die betragsmäßige Minderung der vGA bezüglich der Bauparks H und A um 40 v.H. sowie gegen die Annahme des FG, die vom FA angenommene vGA im Zusammenhang mit der betriebswirtschaftlichen Beratung habe nicht vorgelegen, und damit auch gegen die —vom FG in Übereinstimmung mit dem FA gezogenen— Folgen bei der Umsatzsteuer.
U.a. weist es darauf hin, der Unternehmensgegenstand der D-GmbH sei erst am , d.h. am Tag des Abschlusses des Generalübernehmervertrags mit der Y-GmbH im Hinblick auf die Übernahme der Tätigkeit als Generalübernehmer, privatschriftlich „angepasst” worden; die Eintragung ins Handelsregister sei erst im Januar 1989 erfolgt. Zudem enthalte der Generalübernehmervertrag mit der Y-GmbH vom „P”, obwohl diese zu jenem Zeitpunkt noch unter „Q” firmiert habe. Bei diesem Sachverhalt bedürfe es nicht, wie das FG ausgeführt habe, einer näheren Begründung für die Annahme des FA, dass die Vereinbarungen „umgeschrieben” worden seien. Das FG habe auch nicht aufgeklärt, ob die D-GmbH überhaupt in der Lage gewesen sei, die Projekte durchzuführen. Außerdem sei das Entgelt für die entgangene Geschäftschance nicht mit 60 v.H. des bei der D-GmbH angefallenen Gewinns, sondern mit mindestens 90 v.H. zu bewerten. Der vom FG geschätzte Wert erscheine insoweit willkürlich.
Das FA wendet sich ferner gegen die Beurteilung des Leistungsortes durch das FG. Die sonstige Leistung betreffend das Objekt in Togo stehe nicht in engem Zusammenhang mit einem Grundstück i.S. des § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980. Bei der von der Klägerin erbrachten globalen Projektierung (Marktforschung, Unternehmens- und Finanzierungsberatung, Verhandlungen, Erwerb von Genehmigungen) handele es sich um Leistungen, die vor der eigentlichen Erschließung des Grundstücks lägen. Es fehle daher an dem geforderten „Zusammenhang mit einem Grundstück”. Ferner habe das FG nicht aufgeklärt, welche konkreten Leistungen abgegolten worden seien, und ob sie als einheitliche Leistungen in Zusammenhang mit einem Grundstück anzusehen seien.
Das FA beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen und das Urteil des FG insoweit aufzuheben, als
die vGA betreffend die Projekte H und A um 40 v.H. gemindert,
die vGA im Zusammenhang mit der betriebswirtschaftlichen Beratung nicht als gegeben angesehen und
die sonstige Leistung im Zusammenhang mit dem Projekt in Togo als nicht umsatzsteuerbar beurteilt worden seien.
II. Die Revisionen der Klägerin und des FA sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Die Vorentscheidung war aufzuheben. Das FG hat für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des Streitfalls zu Unrecht allein an das Vorliegen von vGA angeknüpft, ohne eine Steuerbarkeit nach den hierfür maßgebenden Vorschriften des UStG 1980 zu prüfen. Zudem ist das FG zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Leistungen betreffend die Ferienanlage in Togo nicht steuerbar sind. Die Sache war an das FG zurückzuverweisen, weil die Feststellungen im angefochtenen Urteil für eine abschließende Entscheidung des Senats nicht ausreichen.
1. Revision der Klägerin - Bauparks H und A
a) Der Umsatzsteuer unterliegen u.a. unter den im Gesetz näher bezeichneten Voraussetzungen sonstige Leistungen gegen Entgelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980), die Ausführung sonstiger Leistungen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG 1980), und sonstige Leistungen, die Körperschaften an ihre Anteilseigner, Gesellschafter oder diesen nahestehende Personen ausführen, für die die Leistungsempfänger kein Entgelt aufwenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1980). Eine Besteuerung nach diesen Vorschriften setzt also voraus, dass der Unternehmer eine sonstige Leistung i.S. des § 3 Abs. 9 UStG 1980 ausgeführt hat (, BFH/NV 1994, 202).
Die Vorentscheidung ist insoweit fehlerhaft, als das FG für die Besteuerung nach dem UStG 1980 allein an das Vorliegen einer vGA angeknüpft hat, ohne die Voraussetzungen der angeführten Vorschriften im Einzelnen zu prüfen.
b) Die Feststellungen in der Vorentscheidung reichen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob die Klägerin die streitigen Bauleistungen erbracht hat.
Wer Leistender im Sinne des Umsatzsteuerrechts ist, ergibt sich aus den dem Leistungsaustausch zugrunde liegenden zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen. Leistender ist danach regelmäßig der zivilrechtlich zur Leistung Verpflichtete, der die Leistung auch tatsächlich erbracht hat (vgl. , BFHE 149, 313, BStBl II 1987, 524, und vom V R 152/78, BFHE 151, 90, BStBl II 1988, 29).
aa) Das FG ist in der Vorentscheidung für die Umsatzsteuer zu dem Ergebnis gekommen, die Klägerin habe die streitigen Leistungen im Zusammenhang mit der Errichtung des Bauparks H erbracht, weil keine ausreichenden Nachweise dafür vorlägen, dass die D-GmbH die der Besteuerung zugrunde liegenden Tätigkeiten ausgeführt habe. Insoweit hat das FG die Grundsätze der Verteilung der Beweislast verkannt. Es hat die fehlende Aufklärbarkeit der seiner Beweiswürdigung zugrunde liegenden Umstände zu Unrecht dem FA angelastet.
Kommt das FG bei der Beweiswürdigung nach § 96 Abs. 1 FGO zu dem Ergebnis, dass eine für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche Tatbestandsvoraussetzung nicht als nachgewiesen anzusehen ist, so verliert derjenige Beteiligte den Rechtsstreit, den die objektive Beweislast (Feststellungslast) für den Nachweis dieser Tatsache trifft. Im Allgemeinen gilt für den Steuerprozess, dass der Steuergläubiger die objektive Beweislast für die den Steueranspruch begründenden Tatsachen trägt, während der Steuerpflichtige die objektive Beweislast für diejenigen Tatsachen trägt, die die Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung begründen oder die den Steueranspruch aufheben oder einschränken. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt, denn die Frage, welcher der Beteiligten des Rechtsstreits es zum Nachteil gereicht, wenn nicht festzustellen ist, ob bestimmte rechtserhebliche Tatsachen gegeben sind, ist nur von Fall zu Fall unter Würdigung der einschlägigen Rechtsnormen und ihrer Zweckbestimmung zu beantworten (, BFHE 101, 156, 164 bis 165, BStBl II 1971, 220; vom II 25/61, BFHE 96, 129, 134, BStBl II 1969, 550, und vom III R 172/82, BFHE 149, 536, BStBl II 1987, 679).
Liegt ein bestimmter Umstand in der Verantwortungssphäre des Steuerpflichtigen und ist ihm im Grunde die Beweisführung zur Klärung des Sachverhalts möglich und daher auch zumutbar, so kann nicht nach der angeführten allgemeinen Beweislastregel vorgegangen werden (vgl. , BFHE 130, 209, 212, und vom VII R 43/80, BFHE 138, 527, BStBl II 1983, 760). Das FA hat vorgetragen, die Verträge seien nachträglich auf die D-GmbH umgeschrieben und die Geschäftsvorfälle nachgebucht worden. Für die Richtigkeit dieses Vortrags spricht, dass die Vereinbarung vom schon die neue Firmenbezeichnung der D-GmbH enthielt, die erst in der Gesellschafterversammlung vom beschlossen wurde, sowie den neuen Firmensitz, obwohl die D-GmbH ihren Sitz im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung noch in Z hatte. Unter diesen Umständen hätte die Klägerin vortragen und ggf. beweisen müssen, weshalb sie im Vorfeld des Generalübernahmevertrags bestimmte Tätigkeiten durchgeführt hatte, ohne letztendlich den Vertrag selbst abzuschließen. Da es sich insoweit um Umstände handelt, die dem Einflussbereich der Klägerin zuzuordnen sind, trägt sie hierfür die Feststellungslast. Aus diesem Grund hat das FG die Rechtsfrage der Verteilung der Beweislast unrichtig entschieden, indem es ausführte, das FA hätte seine Annahme, der Vertrag sei umgeschrieben worden, durch entsprechende Nachweise erhärten müssen. Da der Senat die Würdigung der Tatsachen, die für und gegen eine Umschreibung sprechen, nach § 118 Abs. 2 FGO nicht selbst vornehmen kann (vgl. BFH-Urteil in BFHE 149, 536, BStBl II 1987, 679), ist die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Gelangt das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis, dass die Vereinbarung im Nachhinein umgeschrieben worden ist, so spricht viel dafür, dass die Leistungen aus dem Generalübernahmevertrag zumindest bis zur Umschreibung nicht von der D-GmbH, sondern von der Klägerin erbracht worden sind. Die Leistungen sind dann auch von der Klägerin zu versteuern, selbst wenn sie das Entgelt der D-GmbH überlassen haben sollte.
Hat die D-GmbH in der Folge die Leistungen aus dem Generalübernahmevertrag erbracht, kommt als sonstige Leistung der Klägerin der Verzicht auf die Wahrnehmung einer geschäftlichen Möglichkeit in Betracht (vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 9 UStG 1980).
Gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 9 UStG 1980 kann der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben, eine sonstige Leistung sein.
Hat die Klägerin hierfür kein Entgelt erhalten, kommt insoweit allenfalls eine Besteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG 1980 oder nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1980 in Betracht. Bemessungsgrundlage sind die bei der Ausführung der Leistungen entstandenen Kosten (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 UStG 1980; vgl. , BFHE 166, 251, BStBl II 1992, 359). Hierzu gehören lediglich die „Ausgaben des Steuerpflichtigen für die Erbringung einer Dienstleistung” (vgl. Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— Nr. L 145, 1, im Folgenden: Richtlinie 77/388/EWG), nicht hingegen der durch die D-GmbH erzielte und daher der Klägerin ggf. entgangene Gewinn (vgl. , BFHE 164, 485, BStBl II 1991, 649).
bb) Baupark A
Auch betreffend den Baupark A kann eine sonstige Leistung der Klägerin in Form eines Verzichts, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben (vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 9 UStG 1980) oder eine steuerbare Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG 1980 oder nach § 1 Abs. 3 UStG 1980 vorliegen.
2. Revision des FA
a) Betriebswirtschaftliche Beratung
Ob die Klägerin im Zusammenhang mit der Rechnung des L eine umsatzsteuerbare und steuerpflichtige Leistung erbracht hat, kann auf der Grundlage der in der Vorentscheidung enthaltenen Feststellungen nicht abschließend entschieden werden.
Möglich ist, dass das FA eine vGA angenommen hat, weil die Klägerin zugunsten ihrer Gesellschafter Aufwendungen übernommen hat, die im näheren Zusammenhang mit deren sonstigen Aktivitäten gestanden haben. Es liegt dann lediglich der Abfluss einer Zahlung vor, der umsatzsteuerrechtlich nicht den Tatbestand einer Leistung erfüllt.
Möglich ist auch, dass die Klägerin die ihr von L in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge abgezogen hat, obwohl sie keine Leistung für ihr Unternehmen bezogen hat. In diesem Fall ist der zu Unrecht in Anspruch genommene Abzug rückgängig zu machen.
Auch insoweit wird das FG im zweiten Rechtsgang die notwendigen Feststellungen nachzuholen haben.
b) Ferienanlage in Togo
Die im Zusammenhang mit der geplanten Ferienanlage in Togo erbrachten Leistungen sind im Inland nach dem UStG 1980 steuerbar. Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980) liegt entgegen der Auffassung des FG nicht vor.
aa) Nach § 3a Abs. 1 UStG 1980 wird eine sonstige Leistung grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Abweichend von dieser Regelung werden sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980).
Die Vorschrift lautet:
„...
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen:
a) sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art,
b) sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken,
c) sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung oder der Ausführung von Bauleistungen dienen.”
Mit der Vorschrift des § 3a UStG 1980 ist der deutsche Gesetzgeber seiner Pflicht nachgekommen, die Bestimmung des Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG in nationales Recht umzusetzen.
Die Bestimmung lautet:
...
„(2) Es gilt jedoch
a) als Ort einer Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück, einschließlich der Dienstleistung von Grundstücksmaklern und -sachverständigen, und als Ort einer Dienstleistung zur Vorbereitung oder zur Koordinierung von Bauleistungen, wie z.B. die Leistungen von Architekten und Bauaufsichtsbüros, der Ort, an dem das Grundstück gelegen ist;
...”
bb) Nach den Feststellungen des FG oblag der Klägerin im Zuge der Erschließung des Grundstücks auch die Konzeption der Ferienanlage in Togo einschließlich der Feststellung der Rahmenbedingungen (Ausstattung, Vertrieb, Betriebsführung, Transportwege, Finanzierung usw.). Es handelt sich danach um die Gesamtkonzeption einer Ferienanlage einschließlich der Feststellung der Rahmenbedingungen, die nicht in vergleichbarer Weise mit einem Grundstück zusammenhängen wie die in der Richtlinienbestimmung genannten Leistungen „zur Vorbereitung oder zur Koordinierung von Bauleistungen”. Das Erfordernis der richtlinienkonformen Auslegung der nationalen Vorschriften gebietet es daher, die streitigen Leistungen vom Anwendungsbereich des § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980 auszunehmen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 923
BFH/NV 2005 S. 923 Nr. 6
HFR 2005 S. 573
VAAAB-44204