BFH Beschluss v. - V B 154-156/04, V S 19/04

Instanzenzug: , 5 K 730/02, 5 K 731/02

Gründe

I. Die Klägerin, Beschwerdeführerin und Antragstellerin (Klägerin) war in den Streitjahren 1996 bis 1998 auf Ausstellungen und Messen für die Firma T als Promoterin tätig. Laut Kontrollmitteilungen des Finanzamts hatte sie ihre Leistungen an T mit offenem Ausweis der Umsatzsteuer abgerechnet. Entsprechende Umsatzsteuererklärungen hatte sie jedoch nicht abgegeben.

Nach den Kontrollmitteilungen hat die Klägerin von T folgende Beträge erhalten:

1996 10 684,00 DM

1997 20 405,12 DM

1998 20 105,66 DM

Der Beklagte, Beschwerdegegner und Antragsgegner (das Finanzamt —FA—) setzte daraufhin gegen die Klägerin Umsatzsteuer fest, indem er die mitgeteilten Umsätze um Sicherheitszuschläge erhöhte.

Mit den nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klagen machte die Klägerin geltend, sie sei Kleinunternehmerin gewesen und habe deshalb keine Umsatzsteuer abführen müssen. Ein unberechtigter Steuerausweis nach § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) habe nicht vorgelegen, weil sie (die Klägerin) die Rechnungen nicht ausgestellt habe.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage lediglich in Höhe der Sicherheitszuschläge statt. Nach den Feststellungen des FG waren die Rechnungen der Klägerin von dieser unterschrieben. Anhaltspunkte dafür, dass T nachträglich Ergänzungen an den Rechnungen vorgenommen habe, sah das FG nicht. Im Übrigen hätte sich die Klägerin nach Ansicht des FG ein Fehlverhalten von Mitarbeitern der T zurechnen lassen müssen. Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit den vorliegenden Beschwerden. Die Klägerin behauptet, der Umsatzsteuerausweis auf den Rechnungen sei nachträglich durch einen handschriftlichen Zusatz eines Mitarbeiters erfolgt und ihr (der Klägerin) nicht bekannt gewesen. Sie meint, das FG sei im Ergebnis von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen, indem es die Voraussetzungen einer Steuerschuld nach § 14 Abs. 3 UStG bejaht habe.

Im Übrigen beantragt die Klägerin die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide.

Das FA ist den Rechtsbehelfen entgegengetreten.

II. Die Verbindung der Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung beruht auf § 73 Abs. 1, § 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

III. Die Beschwerden wegen Nichtzulassung der Revisionen haben keinen Erfolg.

1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

2. Der Senat unterstellt zugunsten der Klägerin, dass sie die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und/oder Nr. 2 FGO begehrt. Die Rüge eines Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO scheidet nach dem Inhalt der Beschwerdebegründung aus.

Eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO setzt voraus, dass der Kläger in der Beschwerdebegründung eine Rechtsfrage aufwirft, die klärungsbedürftig ist und im Revisionsverfahren geklärt werden kann. An der Klärbarkeit fehlt es insbesondere dann, wenn der BFH in einem Revisionsverfahren nach § 118 Abs. 2 FGO an entsprechende Tatsachenfeststellungen des FG gebunden wäre (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom III B 40/71, BFHE 105, 335, BStBl II 1972, 575, und vom IX B 5/00, BFH/NV 2000, 1238).

Nach den Feststellungen des FG bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass T nachträglich Ergänzungen auf dem Rechnungsformular vorgenommen hat. Damit ist die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage, inwieweit sich der Rechnungsaussteller solche Ergänzungen zurechnen lassen muss, im Streitfall nicht klärbar.

Im Übrigen ist durch die Rechtsprechung des BFH bereits geklärt, dass die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 UStG erfüllt sind, wenn ein Unternehmer eine Rechnung oder eine ähnliche Urkunde blanko ausstellt, dem Adressaten aushändigt und dabei in Kauf nimmt, dass dieser die für den Vorsteuerabzug notwendigen Ergänzungen vornimmt (vgl. z.B. , BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531; Beschluss vom V B 53/98, V B 65/98, V B 8/98, BFH/NV 1999, 526). Das von der Klägerin in diesem Zusammenhang zitierte Urteil vom V R 146/73 (BFHE 129, 569, BStBl II 1980, 283) hat der Senat ausdrücklich aufgegeben (, BFHE 201, 550, BStBl II 2003, 498). Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, warum gleichwohl —selbst bei Unterstellung des von der Klägerin vorgetragenen Sachverhalts— noch ein weiterer Klärungsbedarf bestehen soll.

IV. Mit der Zurückweisung der Beschwerden wegen Nichtzulassung der Revision sind die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre 1996 bis 1998 unanfechtbar geworden. Eine Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kommt deshalb nicht mehr in Betracht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2000, 329). Auf die Frage, ob der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung auch deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das FG bereits einen gleichartigen Antrag abgelehnt hat, kommt es somit nicht mehr an.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 727
BFH/NV 2005 S. 727 Nr. 5
OAAAB-44199