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OFD München - S 2706 - 69 St 42

Personalgestellung durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts

Unter Bezugnahme auf Beschlüsse der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder gilt für die ertragsteuerliche Behandlung der Personalgestellung durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts Folgendes:

I. Personalgestellung durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts als Betrieb gewerblicher Art (BgA)

Abschnitt 23 Abs. 16 UStR regelt anhand mehrerer Beispiele, in welchen Fällen die Personalgestellung durch juristische Personen des öffentlichen Rechts gegen Kostenerstattung einen Leistungsaustausch im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art darstellt.

Eine entgeltliche Personalgestellung begründet keinen BgA, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Die entgeltliche Personalgestellung ist eine Folge organisatorisch bedingter äußerer Zwänge (z.B. Wechsel der Rechtsform – ohne Rücksicht auf Wechsel der Inhaberschaft –, Unkündbarkeit der Bediensteten).

  2. Die Beschäftigung gegen Kostenerstattung erfolgt im Interesse der betroffenen Bediensteten zur Sicherstellung der erworbenen Rechte aus dem Dienstverhältnis mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts.

  3. Die Personalgestellung ist begrenzt auf den zum Zeitpunkt einer Umwandlung vorhandenen Personalbestand, so dass sich der Umfang mit Ausscheiden der betreffenden Mitarbeiter von Jahr zu Jahr verringert.

  4. Die Gestellung des Personals darf nicht das äußere Bild eines Gewerbebetriebes annehmen.

II. Arbeitnehmerüberlassung zwischen Universität und Universitätsklinikum

Für die steuerrechtliche Beurteilung der entgeltlichen Personalgestellung einer Universität an ein Universitätsklinikum ist zu unterscheiden zwischen der Überlassung des wissenschaftlichen und des nichtwissenschaftlichen Personals.

  1. Bei der Überlassung des wissenschaftlichen Personals ist zu unterscheiden, ob die Tätigkeiten in der Klinik der Forschung und Lehre (= hoheitlich) oder der Krankenversorgung (= nicht hoheitlich) dienen.

    Ist eine Abgrenzung möglich, sind die verschiedenen Tätigkeiten getrennt zu beurteilen. Für die dem nicht hoheitlichen Bereich dienenden Tätigkeiten gelten dann die Grundsätze unter I.

    Greifen die Tätigkeiten, die in der Klinik einerseits der Forschung und Lehre und andererseits der Krankenversorgung dienen, derart ineinander, dass eine genaue Abgrenzung nicht möglich ist und liegt eine überwiegende Zweckbestimmung im Bereich der Forschung und Lehre, ist eine überwiegend hoheitliche Zweckbestimmung anzunehmen, vgl. R 6 Abs. 3 KStR 2004; H 6 (Überwiegende Zweckbestimmung) KStH 2004.

  2. Die Überlassung des nichtwissenschaftlichen Personals ist nach den Grundsätzen unter I. zu beurteilen. Wird dabei auch Personal überlassen, das erst nach dem Zeitpunkt der organisatorischen Änderung (z.B. Ausgliederung oder Änderung der Rechtsform) neu eingestellt worden ist, ist die Personalgestellung des nichtwissenschaftlichen Personals insgesamt als BgA zu beurteilen. Eine Aufteilung in die Überlassung von Altpersonal und neu eingestelltem Personal kommt nicht in Betracht, auch wenn hierfür besondere Gründe vorgetragen werden (z.B. Fehlen einer Versorgungsordnung für die Anstellung beim Klinikum).

III. Ertragsteuerliche Beurteilung der Personalüberlassung an die Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II durch die Träger der Grundsicherung

(Bayr. Staatsministerium der Fin mit Schreiben vom , 33 – S 2706 – 165 – 979/05)

Das Harz-IV-Gesetz (SGB II) regelt insbesondere die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kommunen für die zum im neuen Leistungssystem, der Grundsicherung für Arbeitssuchende, zusammengeführte Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Träger der Grundsicherung sind die Bundesagentur für Arbeit sowie die kommunalen Träger (Kreise und kreisfreie Städte). § 44b SGB II bestimmt, dass die Leistungsträger durch privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Verträge Arbeitsgemeinschaften errichten.

Bei der vorgesehenen Personalgestellung an die Arbeitsgemeinschaften können folgende Fallgestaltungen auftreten:

  1. Personalüberlassung durch die Träger der Grundsicherung (kommunale Träger bzw. Bundesagentur) an die Arbeitsgemeinschaft nach § 44b SGB II

    1. Sachverhalt

      Die Bundesagentur bzw. die Kommunen (Kreise und kreisfreie Städte) sind jeweils für ihren nach SGB II normierten Bereich eigenständiger Träger von Verpflichtungen zur Erbringung der Grundsicherung. Die von dem jeweiligen Träger insoweit zu erbringenden Tätigkeiten sind unstreitig hoheitlich. Die Träger setzen zur Erfüllung der ihnen jeweils obliegenden Leistungen Personal ein (i.d.R. eigenes Personal, Beamte und/oder Angestellte).

      Nach § 44b SGB II ist vorgesehen, dass die beiden Träger zur einheitlichen Leistungserbringung eine Arbeitsgemeinschaft gründen, die damit zum Träger der Verpflichtung wird. Die Arbeitsgemeinschaft, die vielfach in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft agiert, ist Beliehener, d.h. sie erbringt hoheitliche Leistungen.

      Die Arbeitsgemeinschaft hat noch kein eigenes Personal. Deshalb kommt es zur Überlassung des Personals seitens der Bundesagentur bzw. der Kommunen gegen Kostenersatz.

    2. Rechtsfrage

      Wird bei der Bundesagentur und den Kommunen durch die Personalüberlassung ein BgA begründet?

    3. Entscheidung

      In den hier relevanten Fällen ist in der Personalüberlassung an eine Arbeitsgemeinschaft in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft kein BgA zu sehen. Die zu beurteilenden Fälle können vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Ziels einer einheitlichen Leistungserbringung durch die Arbeitsgemeinschaft unter Berücksichtigung der unter I. und II. zu Ausdruck kommenden Grundsätze beurteilt werden. Die Annahme eines BgA ist danach nicht gerechtfertigt.

      Soweit die Arbeitsgemeinschaft in der Rechtsform einer „öffentlichrechtlichen BGB-Gesellschaft” gegründet wird, stellt die Beteiligung der Träger der Grundsicherung an der Gesellschaft nicht die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft dar. Die Tätigkeiten der Gesellschaft sind den Gesellschaftern im Ergebnis unmittelbar zuzurechnen. Sie stellen bei ihnen eine hoheitliche Tätigkeit dar. Bei dieser Sichtweise bedarf es einer isolierten Beurteilung einer Personalüberlassung an die Gesellschaft nicht.

  2. Personalüberlassung durch eine bisher mit den Aufgaben der Sozialhilfe betraute Kommune

    1. Sachverhalt

      In einzelnen Ländern waren bisher Kommunen mit der Aufgabe der Sozialhilfe betraut. Im Zuge der Gesetzgebung zu Hartz IV geht diese Aufgabe ab 2005 auf andere juristische Personen des öffentlichen Rechts (i.d.R. Kreise) über. Das bisher von den Kommunen im Bereich Sozialhilfe eingesetzte Personal wird entweder an die künftigen Träger nach SGB II oder an die Arbeitsgemeinschaft nach § 44b SGB II überlassen.

    2. Rechtsfrage

      Gelten auch in diesen Fällen die Grundsätze unter 1. oder wird mit der Personalüberlassung ein BgA begründet?

    3. Entscheidung

      Auch bei derartigen Fallgestaltungen sind die Grundsätze unter 1. anzuwenden. Die Personalüberlassung begründet somit keinen BgA.

  3. Personalüberlassung durch eine mit Dienstherrenbefugnissen ausgestattete Kapitalgesellschaft an Leistungserbringer nach SGB II

    1. Sachverhalt

      Insbesondere wegen des hohen Personalbedarfs im Zuge der Einführung von Hartz IV haben einzelne Leistungserbringer mit Kapitalgesellschaften, die aus einer öffentlichen Einrichtung hervorgegangen sind und mit Dienstherrenbefugnissen gegenüber übernommenen Beamten ausgestattet sind, Verträge über Personalüberlassung geschlossen.

    2. Rechtsfrage

      Unterliegen die Kapitalgesellschaften mit dieser Personalüberlassung den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen für Kapitalgesellschaften oder lässt der Umstand, dass sie Dienstherrenbefugnisse haben, es gerechtfertigt erscheinen, sie insoweit als „öffentliche Einrichtung, d.h. als quasi juristische Person des öffentlichen Rechts” anzusehen?

    3. Entscheidung

      Die Kapitalgesellschaften sind nach den allgemeinen für diese Gesellschaftsform geltenden Grundsätzen zu besteuern. Der Umstand, dass sie Dienstherrenbefugnisse besitzt, kann keine andere Behandlung rechtfertigen. So wird z.B. auch in Fällen der Beleihung einer juristischen Person des Privatrechts oder einer natürlichen Person der Beliehene nach den für seine Rechtsform geltenden steuerlichen Grundsätzen behandelt. Der Umstand, dass er ggf. hoheitliche Tätigkeiten ausübt, spielt keine Rolle.

Inhaltlich gleichlautend
OFD München v. - S 2706 - 69 St 42
OFD Nürnberg v. - S 2706 - 222/St 31

Fundstelle(n):
MAAAB-44113