BFH Urteil v. - II R 38/03

Bindung des Einheitswertbescheids an Gewinnfeststellungsbescheid hinsichtlich des Vorliegens einer atypisch stillen Gesellschaft

Gesetze: BewG §§ 95, 97, 109a

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1 (Klägerin) ist eine GmbH, an deren Stammkapital von 60 000 DM der Kläger und Revisionskläger zu 2 (Kläger) ab April 1993 mit 31 000 DM beteiligt war. Er war auch der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Klägerin. In Erfüllung einer Einlageverpflichtung hatte er Wirtschaftsgüter seines bisherigen Einzelunternehmens in die Klägerin eingebracht. Soweit deren Wert die einzulegende Summe von 10 000 DM überstieg —nämlich in Höhe von 60 000 DM— galten sie als stille Einlage in das Betriebsvermögen der Klägerin. Nach dem „Vertrag über die stille Gesellschaft” begann die Gesellschaft am . Der Kläger war am Gewinn und Verlust der Gesellschaft —am Verlust allerdings nur bis zur Höhe seiner stillen Einlage— beteiligt. Bei Beendigung der stillen Gesellschaft sollte ihm ein Auseinandersetzungsanspruch in Höhe des Nominalwerts der stillen Beteiligung zuzüglich oder abzüglich des auf seinem Verrechnungskonto bei der Klägerin ausgewiesenen Betrages zustehen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) vertrat im Anschluss an eine Außenprüfung die Ansicht, dass der Kläger als atypisch stiller Gesellschafter am Unternehmen der Klägerin beteiligt gewesen sei, und erließ am einen Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den , mit dem er den Einheitswert auf 165 000 DM feststellte und mit 11 000 DM auf die Klägerin sowie mit 154 000 DM auf den Kläger verteilte. Einspruch und Klage, mit denen sich die Kläger gegen die Annahme einer atypisch stillen Gesellschaft wandten, blieben erfolglos.

Mit der Revision rügen die Kläger eine Verletzung materiellen Rechts, und zwar des § 97 Abs. 1 Nr. 5 des Bewertungsgesetzes (BewG) i.d.F. des Steueränderungsgesetzes (StÄndG) 1992 vom (BGBl I, 297) i.V.m. § 15 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des StÄndG 1992. Der Kläger sei nicht atypisch stiller Gesellschafter gewesen.

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung sowie den Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Mit Urteil vom VIII R 64/03 (BFH/NV 2004, 631) hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Rechtsstreit der Beteiligten wegen einheitlicher und gesonderter Feststellung der Einkünfte 1993 und 1994 entschieden, dass der Kläger in den Streitjahren an dem Handelsgewerbe der Klägerin atypisch still beteiligt war.

II. Die Revision der Kläger ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Der angefochtene Feststellungsbescheid ist zu Recht gegenüber den Klägern als Gesellschaftern einer GmbH atypisch Still ergangen (vgl. , BFH/NV 1999, 912). Der Kläger ist ertragsteuerrechtlich für den Veranlagungszeitraum 1994 als atypisch stiller Gesellschafter der Klägerin angesehen worden. Dem kommt für die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den Bindungswirkung zu.

Gemäß § 95 Abs. 1 BewG umfasst das Betriebsvermögen bewertungsrechtlich alle Teile eines Gewerbebetriebs i.S. des § 15 Abs. 1 und 2 EStG, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören. Gemäß § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG bilden stets einen Gewerbebetrieb die Wirtschaftsgüter, die Gesellschaften i.S. des § 15 Abs. 3 EStG gehören. Zu den in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG genannten anderen Personengesellschaften zählt auch die atypisch stille Gesellschaft (vgl. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl. 2004, § 15 Rz. 187). Diese Verweisungen des Bewertungsgesetzes auf das Einkommensteuergesetz führen, soweit eine Steuerbilanz vorliegt, i.V.m. § 109a BewG dazu, dass im Rahmen der Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens für Stichtage ab dem keine eigenständige bewertungsrechtliche Prüfung mehr stattfindet, ob ein Gewerbebetrieb und damit Betriebsvermögen vorliegt (so , BFHE 194, 238, BStBl II 2001, 92, unter II. 1. a). Dies gilt auch für die atypisch stille Gesellschaft, bei der auf die Gesamtbilanz, bestehend aus der Steuerbilanz des Inhabers des Handelsgewerbes —also vorliegend der Steuerbilanz der Klägerin— und der oder den Sonderbilanz(en) für den oder die Stillen, abzustellen ist (vgl. , BFH/NV 2002, 1477, unter 4. a). Dabei ist unerheblich, ob die der Ertragsbesteuerung zugrunde liegende (Gesamt-)Bilanz auf die Gesellschafter der atypischen Gesellschaft zurückzuführen oder von der Finanzbehörde erstellt worden ist.

Im Streitfall liegt der mit dem Urteil des BFH in BFH/NV 2004, 631 bestandskräftig gewordenen „gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen” für 1994 neben der Steuerbilanz der Klägerin auf den die vom Außenprüfer gefertigte Sonderbilanz für den Kläger auf diesen Bilanzstichtag zugrunde. Diese Sonderbilanz war nur zu erstellen, wenn dem Kläger die Eigenschaft eines Mitunternehmers zukommt. Infolgedessen ist der in die Ertragsbesteuerung eingegangenen und die Sonderbilanz einschließenden Gesamtbilanz zu entnehmen, dass Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt wurden und ein Gewerbebetrieb vorhanden war. Dies ergibt wegen der dargelegten Bindung zwingend die Notwendigkeit, auf den einen Einheitswert für das Betriebsvermögen festzustellen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 669
BFH/NV 2005 S. 669 Nr. 5
RAAAB-43952