BFH Beschluss v. - III B 47/04

Darlegung der Divergenz (hier: Abgrenzung der selbständigen gegenüber der nichtselbständigen Tätigkeit); übergangener Beweisantrag bei Wahrunterstellung der behaupteten Tatsachen

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2, 3

Instanzenzug:

Gründe

Von einer Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat nicht schlüssig vorgetragen, dass das Finanzgericht (FG) seiner Entscheidung einen von einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) abweichenden Rechtssatz zugrunde gelegt hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Der Kläger führt aus, das Urteil des FG weiche von verschiedenen, im Einzelnen angeführten Entscheidungen des BFH ab. Der BFH habe verschiedene Kriterien erarbeitet, anhand derer zu prüfen sei, ob eine selbständige oder nichtselbständige Tätigkeit vorliege. Danach sei eine Selbständigkeit nicht gegeben, wenn der Steuerpflichtige allein die Erzeugnisse des Arbeitgebers vertreibe, kein eigenes Büro habe, regelmäßig Instruktionen hinsichtlich seiner konkreten Tätigkeit erhalte und schriftliche Reiseberichte abzuliefern habe. Ferner sei auf die tatsächliche Gestaltung des Beschäftigungsverhältnisses und nicht auf die von den Beteiligten gewählte Bezeichnung abzustellen.

Hätte das FG diese Urteile seiner Entscheidung zugrunde gelegt, hätte es ein abhängiges Angestelltenverhältnis zumindest ernsthaft in Erwägung ziehen müssen. Gleichwohl sei das FG davon ausgegangen, dass der Kläger als selbständiger Handelsvertreter tätig gewesen sei.

Damit ist die geltend gemachte Divergenz zu Entscheidungen des BFH als Unterfall des Zulassungsgrundes der Sicherung der Rechtsprechungseinheit (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) nicht hinreichend dargelegt. Der Kläger hat nicht, wie es für die Bezeichnung einer Divergenz erforderlich ist, den von ihm aus der Entscheidung des BFH abgeleiteten Rechtsgrundsätzen einen davon abweichenden abstrakten Rechtssatz des FG gegenübergestellt (z.B. , BFH/NV 2003, 1603). Er rügt vielmehr, das FG habe die vom BFH entwickelten Grundsätze im Streitfall unzutreffend angewandt. Der Kläger macht damit eine unrichtige Subsumtion, d.h. einen materiell-rechtlichen Fehler des FG und keine Abweichung geltend. Denn eine Abweichung liegt nicht vor, wenn dem FG bei der Anwendung von Rechtssätzen des BFH auf den Streitfall Fehler unterlaufen (, BFH/NV 1999, 1110). Im Übrigen hat das FG die Grundsätze der Rechtsprechung des BFH zur Abgrenzung der selbständigen von der nichtselbständigen Tätigkeit seiner Entscheidung zugrunde gelegt.

2. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

a) Das FG hat das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vorweggenommen (§ 76 Abs. 1 FGO).

Das FG ist verpflichtet, von Amts wegen den Sachverhalt zu erforschen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) und ihn unter allen ernstlich in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Es muss zwar nicht jeder noch so fern liegenden Erwägung nachgehen, wohl aber die sich im Einzelfall aufdrängenden Überlegungen auch ohne entsprechenden Hinweis der Beteiligten anstellen. Substantiierten Beweisanträgen der Beteiligten muss es in der Regel nachkommen. Hiervon darf es nur ausnahmsweise absehen, z.B. wenn es die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt (, BFH/NV 2001, 611, sowie vom XI R 51/98, BFH/NV 2000, 299; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, § 76 Rz. 24).

Das FG hat den Vortrag des Klägers, er habe dem Geschäftsführer der GmbH, für die er tätig gewesen sei, 1988 eine Gewerbeabmeldung und die Lohnsteuerkarten ab 1988 zugeschickt und ihm telefonisch mitgeteilt, er sei als angestellter Vertreter tätig, als wahr unterstellt und daher von einer Beweisaufnahme abgesehen.

Der Kläger macht geltend, er habe darüber hinaus noch vorgetragen, dass bei dieser Gelegenheit der Geschäftsführer geantwortet habe, dies ginge so in Ordnung. Ferner habe er mit der Klage vorgebracht, dass er einen ganz bestimmten Mindestumsatz habe erzielen müssen, und ihm mit Kündigung gedroht worden sei, wenn er diesen Umsatz nicht erreicht hätte. Darüber hinaus sei sein Tätigkeitsgebiet genau festgelegt gewesen. Des Weiteren habe er dargestellt, dass der Auszahlung des Lohns eine Nettolohnvereinbarung zugrunde gelegen habe.

Der gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor (, BFH/NV 2000, 174, und vom V R 38/99, BFH/NV 2001, 181). Zum einen ist davon auszugehen, dass das FG sämtliche Tatsachen, für die der GmbH-Geschäftsführer benannt wurde, als wahr unterstellt hat. Es war aber der Auffassung, dass die GmbH den Kläger in den Folgejahren als selbständigen Handelsvertreter behandelt und der Kläger sich damit abgefunden habe. Zudem kam es nach seiner Rechtsauffassung für das Ergebnis nicht darauf an, ob der Kläger selbständig oder als Arbeitnehmer tätig war. Wie das FG ausführt, wäre der Kläger auch dann verpflichtet gewesen, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, wenn er nichtselbständig tätig gewesen wäre. Eine derartige Verpflichtung hätte nur dann nicht vorgelegen, wenn der Kläger mit der GmbH eine Nettolohnvereinbarung getroffen hätte. Die Einkunftsart spielte auch keine Rolle bei der Höhe der Steuerfestsetzung. Hiervon ausgehend kam es auf den Vortrag, ob der Kläger verpflichtet gewesen sei, einen Mindestumsatz zu erzielen oder sein Tätigkeitgebiet genau festgelegt gewesen sei, nicht an.

Das FG hat die Beweisaufnahme auch nicht insoweit vorweggenommen, als es davon ausging, zwischen der GmbH und dem Kläger sei keine Nettolohnvereinbarung getroffen worden. Der Kläger hat zwar in seiner Klageschrift vorgebracht, er habe mit der GmbH eine Nettolohnvereinbarung getroffen. Er hat aber keine Tatsachen dargetan, aus denen sich eine derartige, von den schriftlichen Verträgen und der tatsächlichen Durchführung abweichende Vereinbarung ergeben könnte. Rechtliche Schlussfolgerungen der Beteiligten sind keine Tatsachen und daher nicht beweisbedürftig.

b) Das FG musste auch nicht von sich aus den Geschäftsführer hören. Das FG ist zwar verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 76 Abs. 1 FGO). Umfang und Intensität der Ermittlungen hängen jedoch auch vom Vortrag und dem Verhalten der Beteiligten ab, denn das FG ist nicht verpflichtet, einen Sachverhalt ohne Anlass zu erforschen. Es muss von sich aus nur solchen Zweifeln nachgehen, die sich ihm nach Lage der Akten und dem Vortrag der Beteiligten aufdrängen mussten (z.B. , BFH/NV 1997, 139).

Im Streitfall ergibt sich aus den schriftlichen Verträgen, dass jedenfalls aus Sicht der GmbH eine selbständige Tätigkeit des Klägers gegeben war. Bestätigt wird dies durch die Provisionsabrechnungen, die einschließlich Mehrwertsteuer an den Kläger ausbezahlt wurden. Da der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, sich selbst krankenversichert hat, die GmbH also erkennbar keine Sozialversicherungsbeiträge für ihn abführte und ihm auch keine Lohnbescheinigungen aushändigte, hatte das FG keinen Anlass, eine Nettolohnvereinbarung ernsthaft in Erwägung zu ziehen und über die Vernehmung der beiden Arbeitnehmer der GmbH hinaus auch noch den weiteren Geschäftsführer der GmbH als Zeugen anzuhören. Dies gilt insbesondere deshalb, weil dieser angebliche Vorfall sich 1988 und demnach lange vor den Streitjahren abspielte.

c) Das FG hatte auch keinen Anlass zu bezweifeln, dass Grundlage der Zusammenarbeit des Klägers mit der GmbH vor Abschluss des Vertrages vom der Vertrag vom war. Allein der Umstand, dass der Kläger mit der Klageschrift vorgetragen hat, diesen Vertrag habe er zunächst nicht unterzeichnet, verpflichtete das FG nicht zu weiteren Ermittlungen. Der Kläger selbst hat mit seiner Klageschrift diesen Vertrag in das Verfahren eingeführt und anhand der dort getroffenen Bestimmungen abzuleiten versucht, dass er als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen sei. Ferner entsprach dieser Vertrag im Wesentlichen den Vereinbarungen aus dem Jahr 1992 und wurde auch dementsprechend tatsächlich durchgeführt.

Fundstelle(n):
XAAAB-41753