Zulassung der Beschwerde gegen Entscheidung des FG über die Aussetzung der Vollziehung
Gesetze: FGO § 128 Abs. 3, § 69
Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg Beschluss vom 4 V 2873/03
Gründe
Das Finanzgericht (FG) hat den Antrag der Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Gewerbesteuermessbescheides 2000 des Antragsgegners und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) durch Beschluss vom abgelehnt, ohne sich im Tenor oder in den Entscheidungsgründen seines Beschlusses zur Zulassung der Beschwerde gegen diese Entscheidung zu äußern. Allerdings enthält die Rechtsmittelbelehrung den Hinweis, dass den Beteiligten gegen den Beschluss nach § 128 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Beschwerde zustehe. Gegen den Beschluss des FG hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt.
Die Beschwerde ist unzulässig und ist daher zu verwerfen. Sie ist mangels Zulassung durch das FG nicht statthaft.
1. Gemäß § 128 Abs. 1 FGO steht den Beteiligten gegen die dort genannten Entscheidungen des FG die Beschwerde an den Bundesfinanzhof (BFH) zu, soweit nicht in der FGO etwas anderes bestimmt ist. § 128 Abs. 3 FGO bestimmt, dass gegen eine Entscheidung des FG über eine AdV gemäß § 69 Abs. 3 FGO den Beteiligten die Beschwerde nur zusteht, wenn sie in der Entscheidung vom FG zugelassen worden ist. Zwar ist für die Zulassung der Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO —ebenso wie für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 1 FGO— keine besondere Form vorgeschrieben. Sie muss jedoch nach ständiger Rechtsprechung durch eine besondere Entscheidung des FG und ausdrücklich erfolgen (BFH-Beschlüsse vom I B 16/03, BFH/NV 2003, 1601; vom VII B 22/99, BFH/NV 2000, 77). Der vorliegend angefochtene Beschluss enthält demgegenüber weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen Ausführungen oder Äußerungen, denen die Zulassung der Beschwerde wegen eines der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Zulassungsgründe (vgl. § 128 Abs. 3 Satz 2 FGO) entnommen werden könnte. Schweigen des FG über die Zulassung bedeutet Nichtzulassung.
Eine Zulassung der Beschwerde lässt sich auch nicht aus der dem Beschluss des FG beigefügten Rechtsmittelbelehrung entnehmen, wonach den Beteiligten gegen den Beschluss die Beschwerde zustehen soll. Vielmehr liegt eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung vor; als solche kann sie die für die Zulassung des Rechtsmittels erforderliche eigenständige Entscheidung des FG nicht ersetzen (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 1601; vom III B 170/01, BFH/NV 2002, 673; in BFH/NV 2000, 77). Etwas Anderes könnte nur gelten, wenn in der Rechtsmittelbelehrung die Zulassung durch eine ausdrücklich darauf gerichtete Formulierung unter zusätzlicher Angabe des Zulassungsgrundes zum Ausdruck käme (, BFH/NV 1998, 484). Daran fehlt es vorliegend. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Rechtsmittelbelehrung vorliegend an den Schluss der Entscheidung selbst und vor die Unterschriften der Richter gestellt worden ist. Gemäß § 105 Abs. 2 Nr. 6 FGO stellt die Rechtsmittelbelehrung einen notwendigen Urteilsbestandteil dar, der durch die Unterschriften der Richter gedeckt sein muss (, BFHE 120, 7, BStBl II 1976, 787). Unabhängig von ihrer Anordnung gehört sie jedoch nicht zu den Entscheidungsgründen i.S. des § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO.
Das FG hat die Beschwerde gegen seinen Beschluss auch nicht nachträglich zugelassen. Seinem Beschluss vom , der Beschwerde nicht abzuhelfen, ist keine Zulassung zu entnehmen. Dieser war zwar mangels Statthaftigkeit des Rechtsbehelfs entbehrlich. Daraus, dass ihn das FG gleichwohl erlassen hat, kann indessen eine Zulassung der Beschwerde nicht hergeleitet werden (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 1601; in BFH/NV 2000, 77; in BFH/NV 1998, 484).
2. Die Beschwerde kann auch nicht in eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Beschwerde umgedeutet werden. Denn eine solche sieht die FGO bei Entscheidungen des FG über einen Antrag auf AdV nicht vor. § 128 Abs. 3 Satz 2 FGO ordnet lediglich die entsprechende Anwendung des § 115 Abs. 2 FGO in dem Sinne an, dass die dort genannten Kriterien für die Zulassung der Beschwerde durch das FG maßgebend sind (BFH-Beschlüsse vom V B 18/95, BFH/NV 1995, 715; vom I B 83/02, BFH/NV 2003, 61). Die entsprechende Anwendung des § 116 Abs. 1 FGO —die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision betreffend— ist in § 128 Abs. 3 FGO indessen nicht vorgesehen (BFH-Beschlüsse vom III B 1/00, BFH/NV 2000, 1111; in BFH/NV 2003, 61). Gegen diese Regelung bestehen auch keine verfassungsmäßigen Bedenken; das Grundgesetz garantiert keine Mehrstufigkeit der jeweiligen gerichtlichen Verfahren (vgl. , Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gesetz zur Entlastung des Bundesfinanzhofs, Rechtsspruch 39).
3. Schließlich kommt auch eine außerordentliche Beschwerde nicht in Betracht. Im Finanzgerichtsverfahren ist ein solcher Rechtsbehelf seit dem In-Kraft-Treten des Zivilprozessreformgesetzes vom (BGBl I 2001, 1887) mit der Einfügung eines § 321a in die Zivilprozeßordnung (ZPO) nicht mehr statthaft (vgl. dazu BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 1601; vom IV B 190/02, BFHE 200, 42, BStBl II 2003, 269; vgl. auch den ).
4. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 8 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) abgesehen. Es besteht jedenfalls die Möglichkeit, dass die Antragstellerin durch die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung des FG zur Einlegung der Beschwerde veranlasst worden ist (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 1601; in BFH/NV 2002, 673; vom III B 151/96, BFH/NV 1997, 256; vom V B 143/89, BFH/NV 1990, 725).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DAAAB-41751