Treuhandverhältnisse beim Gesellschaftsvermögen spielen grunderwerbsteuerrechtlich keine Rolle
Gesetze: GrEStG § 1 Abs. 2a; AO § 39
Instanzenzug:
Gründe
I. Die persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer KG, ist am Gesellschaftsvermögen, zu dem Grundstücke gehören, nicht beteiligt. Die einzige Kommanditistin übertrug ihren Gesellschaftsanteil im Jahr 1999 auf eine neue Kommanditistin. Dabei wurde vereinbart, dass die neue Kommanditistin 6 v.H. ihres Anteils treuhänderisch auf Gefahr und Rechnung der übertragenden Kommanditistin halte.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) beurteilte diesen Übertragungsvorgang als grunderwerbsteuerpflichtig und stellte demgemäß die Werte der zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücke als Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer gesondert fest. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) vertrat die Ansicht, der Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) in der im Jahr 1999 geltenden Fassung sei erfüllt. Sämtliche Anteile am Gesellschaftsvermögen der Klägerin seien auf die neue Gesellschafterin übergegangen. Das sei entscheidend. Dem Treuhandvertrag komme keine Bedeutung zu. Die Treugeberin sei zivilrechtlich nicht Gesellschafterin und somit nicht am Vermögen der Klägerin beteiligt. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise könne insoweit nichts anderes ergeben.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, das FG habe seine Entscheidung damit begründet, dass sich der Gesellschafterbestand vollständig geändert habe. Hiermit weiche es von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ab, wonach auch ein nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligter Gesellschafter einer Personengesellschaft aus der Sicht des Grunderwerbsteuerrechts Gesellschafter sei und der Gesellschafterbestand deshalb nicht vollständig wechsle, wenn ein solcher Gesellschafter in der Gesellschaft verbleibe. Die Vorentscheidung weiche zudem von der Rechtsprechung des BFH ab, wonach es bei § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG a.F. auf eine wirtschaftliche Betrachtung ankomme. Bei wirtschaftlicher Betrachtung führe die Übertragung des Kommanditanteils wegen der Treuhandabrede nicht zur Grunderwerbsteuerpflicht des Übertragungsvorgangs. Im Hinblick darauf müsse die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen werden (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Der von der Klägerin geltend gemachte Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor.
1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Das ist der Fall, wenn das Urteil des FG von Entscheidungen anderer Gerichte abweicht oder willkürlich und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint (, BFH/NV 2004, 1220, m.w.N.).
2. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
a) Das FG hat die Grunderwerbsteuerpflicht zutreffend nicht auf die Vorschrift des § 1 Abs. 2a Satz 1 Alternative 1 GrEStG a.F., die eine vollständige Änderung des Gesellschafterbestands innerhalb von fünf Jahren voraussetzte, sondern auf § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG a.F. gestützt. Für die Begründung der Grunderwerbsteuerpflicht genügte danach der Übergang von 95 v.H. der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter. Es handelte sich dabei um eine wesentliche Änderung des Gesellschafterbestands i.S. von § 1 Abs. 2a Satz 1 Alternative 2 GrEStG a.F. Für die Entscheidung des Streitfalls ist somit unerheblich, dass die am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligte Komplementärin von der Übertragung nicht erfasst wurde.
b) Mit der Annahme, für § 1 Abs. 2a Satz 1 Alternative 2 i.V.m. Satz 3 GrEStG a.F. sei der bürgerlich-rechtliche und handelsrechtliche Übergang der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen maßgebend, nicht aber eine Treuhandvereinbarung, wie sie im Streitfall geschlossen wurde, weicht das FG nicht von anderen Entscheidungen ab.
Nach dem von der Klägerin angeführten (BFHE 202, 387, BStBl II 2003, 890) war die in § 1 Abs. 2a Satz 2 GrEStG a.F. vorgesehene wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht hinreichend bestimmt und konnte daher eine Grunderwerbsteuerpflicht nicht begründen. Nicht zu entscheiden war hingegen die Frage, ob —wie die Klägerin meint— bei einem bürgerlich-rechtlichen und handelsrechtlichen Übergang von mindestens 95 v.H. der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter die Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2a Satz 1 Alternative 2 i.V.m. Satz 3 GrEStG a.F. im Hinblick auf eine dem Streitfall entsprechende Treuhandvereinbarung ausgeschlossen sein kann.
Zu Treuhandverhältnissen hat der Senat im Übrigen in anderem Zusammenhang übereinstimmend mit der Auffassung des FG wiederholt entschieden, dass es grunderwerbsteuerrechtlich darauf ankommt, wer bürgerlich-rechtlich und handelsrechtlich Gesellschafter und als solcher am Gesellschaftsvermögen beteiligt ist. Zwischen der Personengesellschaft und dem Treugeber bestehen keine rechtlichen Beziehungen, zwischen Treuhänder und Treugeber nur schuldrechtliche. § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) gilt in diesem Zusammenhang nicht (Senatsurteil vom II R 7/91, BFHE 173, 306, BStBl II 1995, 300; Senatsbeschlüsse vom II B 134/88, BFH/NV 1990, 59; vom II B 134/99, BFH/NV 2001, 66; ebenso zu § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG a.F. Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., § 1 Rn. 100 i.V.m. § 5 Rn. 7).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 381
BFH/NV 2005 S. 381 Nr. 3
HAAAB-41472