BFH Beschluss v. - IX B 88/04 BStBl 2005 II S. 297:1

Änderungs- oder Aufhebungsantrag nach § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO

Leitsatz

Die Entscheidung des FG über einen Antrag auf Änderung oder Aufhebung nach § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO wirkt grundsätzlich ab ihrer Bekanntgabe, d.h. nur für die Zukunft; für die Vergangenheit bleiben die Wirkungen des veränderten oder aufgehobenen Beschlusses erhalten.

Gesetze: FGO § 69 Abs. 6

Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg vom 3 V 974/04

Gründe

I.

Die Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller), zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, erklärten für das Streitjahr (1999) Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften (Spekulationsgewinne) in Höhe von 7 055 938 DM, die der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt —FA—) im geänderten Einkommensteuerbescheid 1999 vom der Besteuerung unterwarf. Im Verlaufe des hiergegen gerichteten Einspruchsverfahrens und nach Ergehen weiterer Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 1999 verfügte das FA im September 2002 das Ruhen des Einspruchsverfahrens.

Im August 2003 beantragten die Antragsteller —unter Bezugnahme auf frühere Anträge— die Aufhebung der Vollziehung sämtlicher an sie ergangenen Steuerbescheide für 1999, soweit wegen der Versteuerung der Spekulationsgewinne Einspruch erhoben worden sei.

Das FA hob daraufhin Anfang Oktober 2003 die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1999 (vom in Gestalt des Änderungsbescheides vom ) ab dem in Höhe von 1 353 246,46 € Einkommensteuer 1999, 74 428,55 € Solidaritätszuschlag 1999 und 66 000 € Zinsen zur Einkommensteuer auf.

Das von den Antragstellern gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) angerufene Finanzgericht (FG) hob durch Beschluss vom 3 V 2238/03 die Vollziehung auch für die Zeit vom bis zum auf (Einkommensteuerbescheid 1999 vom in Gestalt des Änderungsbescheides vom ).

Im April 2004 beantragte das FA gemäß § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO die Aufhebung des zuvor genannten FG-Beschlusses und machte unter Hinweis auf die Entscheidung des (BGBl I 2004, 591) und das (BStBl I 2004, 361) geltend, es bestehe keine Veranlassung mehr, diesbezügliche Einspruchsverfahren ruhen zu lassen; auch eine Aussetzung der Vollziehung komme insoweit nicht mehr in Betracht. Das FG verwarf den Antrag des FA durch Beschluss vom 3 V 974/04 als unzulässig. Der Beschluss ist in Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst 2004, 956 veröffentlicht.

Hiergegen wendet sich das FA mit seiner vom FG zugelassenen Beschwerde.

Das FA beantragt, den aufzuheben und seinem Antrag vom auf Aufhebung des Vollziehungsaussetzungsbeschlusses des stattzugeben.

Die Antragsteller beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat den Antrag des FA zu Recht als unzulässig verworfen.

1. Nach § 69 Abs. 6 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 69 Abs. 3 und 5 Satz 3 FGO jederzeit ändern oder aufheben. Ein Beteiligter kann die Änderung oder Aufhebung unter den Voraussetzungen des § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO, d.h. wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Macht er keine solchen Gründe schlüssig geltend, ist der Antrag unzulässig (Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler —HHSp—, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Rz. 1228). Die Entscheidung des FG über den Antrag wirkt grundsätzlich ab ihrer Bekanntgabe, d.h. nur für die Zukunft; für die Vergangenheit bleiben die Wirkungen des veränderten oder aufgehobenen Beschlusses erhalten (vgl. Birkenfeld in HHSp, § 69 FGO Rz. 1252; Gosch in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 69 FGO Rz. 338).

2. Nach diesen Grundsätzen ist der Anfang April 2004 gestellte Antrag des FA auf Aufhebung des im Dezember 2003 ergangenen Vollziehungsaussetzungsbeschlusses des FG unzulässig, weil für ihn kein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Das FG hat im genannten Beschluss die Aufhebung der Vollziehung für die Zeit vom bis zum ausgesprochen. Die sich daraus ergebenden Wirkungen würden —wie oben dargelegt— durch den Aufhebungsantrag des FA nicht berührt.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BStBl 2005 II Seite 297:1
BB 2005 S. 89 Nr. 2
BFH/NV 2005 S. 310
BFH/NV 2005 S. 310 Nr. 2
BStBl II 2005 S. 297 Nr. 7
DB 2005 S. 29 Nr. 1
DStR 2005 S. 62 Nr. 2
DStRE 2005 S. 128 Nr. 2
HFR 2005 S. 249
INF 2005 S. 89 Nr. 3
StB 2005 S. 44 Nr. 2
StB 2005 S. 87 Nr. 3
VAAAB-41210