Erhöhte InvZ für Investor mit Mehrheitsbeteiligung ehemaliger DDR-Bürger bei sofortiger Überlassung der angeschafften WG an Dritten ohne eine solche Mehrheitsbeteiligung
Gesetze: InvZulG § 5 Abs. 2
Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg Urteil vom 5 K 2786/99 (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, ist die Projektierung und Errichtung von Elektroanlagen sowie die Herstellung von Elektroenergieverteilungs- und Steuerungsanlagen. An ihr sind mehrheitlich Personen beteiligt, die am ihren Wohnsitz in der DDR hatten. Die Klägerin beantragte für die Kalenderjahre 1994 und 1995 u.a. erhöhte Investitionszulage für Werkzeuge. Diese Werkzeuge wurden aufgrund einer Vereinbarung zwischen der Klägerin, der M-GmbH und der G-GmbH auf dem Gelände der M-GmbH gelagert und mit anderen Werkzeugen der M-GmbH und G-GmbH für die Herstellung von Kabelverteilerschränken eingesetzt. Die Gesellschafter der M-GmbH hatten mehrheitlich am ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Beitrittsgebiet.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) setzte die Investitionszulage für die Streitjahre 1994 und 1995 für die Werkzeuge zunächst antragsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Im Anschluss an eine Außenprüfung ermäßigte er die Investitionszulage für die Werkzeuge von bisher 20 % auf 5 %, weil sie bei der M-GmbH dauerhaft eingesetzt worden seien. Die Einsprüche waren insoweit erfolglos.
Während des Klageverfahrens änderte das FA die Investitionszulagenbescheide erneut und setzte die Investitionszulage für die Werkzeuge mit 8 % fest (Bescheide vom ). Die Klage, mit der die Klägerin geltend machte, ihr stehe die erhöhte Zulage nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1993 zu, hatte keinen Erfolg. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 59 veröffentlicht.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 5 Abs. 2 InvZulG 1993. Das Finanzgericht (FG) lege § 5 Abs. 2 Nr. 2 b InvZulG 1993 falsch aus, wenn es davon ausgehe, dass das geförderte Wirtschaftsgut während der Haltefrist in einem Betrieb verbleiben müsse, dessen Inhaber ein Steuerpflichtiger nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 c InvZulG 1993 sei. Der Wortlaut der Vorschrift sei eindeutig.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG den Änderungsbescheid vom in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom und den Änderungsbescheid vom betreffend Investitionszulage 1994 aufzuheben sowie „abweichend von dem Änderungsbescheid vom ” die Investitionszulage für 1995 auf ... € (... DM) festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
1. Wie der Senat in seinem Urteil vom III R 7/02 (BFHE 202, 175, BStBl II 2003, 776) entschieden hat, steht eine Nutzungsüberlassung während des Förderzeitraums dem Anspruch auf erhöhte Investitionszulage nicht entgegen. Da § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1993 nicht voraussetzt, dass die Wirtschaftsgüter nach ihrer Anschaffung oder Herstellung im Anlagevermögen des Investors oder in seinem Betrieb verbleiben, können diese auch an einen anderen Gewerbetreibenden, der ebenfalls in die Handwerksrolle oder das Verzeichnis handwerksähnlicher Betriebe eingetragen ist bzw. einen Betrieb des verarbeitenden Gewerbes unterhält, vermietet werden, vorausgesetzt, sie verbleiben in einem solchen Betrieb im Fördergebiet. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Urteilsgründe in BFHE 202, 175, BStBl II 2003, 776. Die Finanzverwaltung wendet das Urteil in allen noch offenen Fällen an ( BStBl I 2003, 454).
2. Der Klägerin steht danach ein Anspruch nach § 5 Abs. 2 Satz 1 InvZulG 1993 zu, sofern die Einschaltung der Klägerin nicht rechtsmissbräuchlich war.
Die persönlichen Voraussetzungen für die erhöhte Investitionszulage haben —zwischen den Beteiligten unstreitig— im Zeitpunkt des Investitionsabschlusses wie auch während des dreijährigen Förderzeitraums vorgelegen. Dass die Klägerin die geförderten Wirtschaftsgüter unmittelbar nach ihrer Anschaffung sofort der M-GmbH überließ, steht einer Förderung nicht entgegen. Anders als die übrigen Tatbestände erhöhter Förderung des InvZulG 1993, die an die Branche oder sonstige Merkmale des Betriebes anknüpfen, handelt es sich bei § 5 Abs. 2 Satz 1 InvZulG 1993 um eine personenbezogene Förderung, die der ungünstigeren kapitalmäßigen Ausgangslage ostdeutscher Investoren Rechnung trägt. Ausgehend von diesem Zweck hat es der Gesetzgeber für ausreichend erachtet, dass zum Zeitpunkt des Investitionsabschlusses die persönlichen Voraussetzungen der erhöhten Investitionszulage nach § 5 Abs. 2 Satz 1 InvZulG 1993 vorgelegen haben. Da die schlechtere finanzielle Ausgangslage ostdeutscher Unternehmen berücksichtigt werden soll, käme eine Förderung nur dann nicht in Betracht, wenn die in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1993 genannten Steuerpflichtigen durch die Investition wirtschaftlich nicht belastet wären, da sie die Investitionsgüter tatsächlich für ein anderes Unternehmen angeschafft hätten. Eine bloße Überlassung der Wirtschaftsgüter zur Nutzung, die wirtschaftlich begründet ist, widerspricht aber —wie im Senatsurteil in BFHE 202, 175, BStBl II 2003, 776 im Einzelnen ausgeführt— nicht dem Förderzweck. Dies gilt insbesondere dann, wenn —wie hier vorgetragen— durch die Überlassung der Wirtschaftsgüter an einen Dritten günstigere Vertragskonditionen für den Investor vereinbart werden konnten und in der Betriebsstätte dieses Vertragspartners Wirtschaftsgüter für den Investor hergestellt werden.
Die übrigen Anspruchsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 InvZulG 1993 liegen —zwischen den Beteiligten unstreitig— vor.
3. Das FG ist von anderen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um entscheiden zu können, ob der Vortrag der Klägerin, die Überlassung der Wirtschaftsgüter sei wirtschaftlich begründet, zutrifft, oder ob ein Umgehungstatbestand gegeben ist. Die Sache ist daher zur anderweitigen Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 244
BFH/NV 2005 S. 244 Nr. 2
CAAAB-40253