Tatsächliche Verständigungen bedürfen keiner besonderen Form
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Entgegen der Ansicht des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) zuzulassen.
a) „Grundsätzliche Bedeutung” kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 23, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Eine Rechtsfrage ist u.a. dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen (Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 28, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
b) Nach diesen Maßstäben ist die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, „ob und in welcher Form in der Niederschrift einer tatsächlichen Verständigung auf deren Bindungswirkung hinzuweisen und eine hierüber erteilte Belehrung schriftlich zu dokumentieren ist”, mangels Klärungsbedürftigkeit nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Durch die Rechtsprechung des BFH ist hinreichend geklärt, dass tatsächliche Verständigungen einer besonderen Form nicht bedürfen, sondern der Nachweis des Abschlusses einer tatsächlichen Verständigung auch durch andere Beweismittel geführt werden kann (vgl. , BFHE 181, 103, BStBl II 1996, 625). Wenn aber tatsächliche Verständigungen als solche keiner besonderen Form bedürfen, muss auch der Hinweis auf die Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung und die hierzu erteilte Belehrung nicht schriftlich dokumentiert werden.
Im Streitfall ist im Übrigen der Inhalt der tatsächlichen Verständigung in einer detaillierten Niederschrift festgehalten worden. Angesichts des Inhalts dieser vom Kläger unterzeichneten Niederschrift musste sich ihm die Bindungswirkung der Verständigung erschließen, auch wenn er zu diesem Zeitpunkt nicht steuerlich beraten war. Aus der Formulierung „Für das weitere Verfahren gehen die Beteiligten von folgendem Sachverhalt aus: Umsatzerlöse 15 %…Umsatzerlöse steuerfrei…Betriebsausgaben…Vorsteuerkürzung…Der Gewinn aus Gewerbebetrieb beträgt ...” ergibt sich eindeutig, dass die in der Niederschrift festgehaltenen Daten im weiteren Besteuerungsverfahren zugrunde gelegt werden sollten.
2. Soweit der Kläger in der Beschwerdebegründung daneben darauf verweist, die tatsächliche Verständigung führe zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis und die Hinzurechnung der Einnahmen aus der Vermietung von Wohnraum zu den gewerblichen Einkünften sei unzulässig, wendet er sich gegen die fehlerhafte Anwendung anerkannter Schätzungsgrundsätze und das seiner Ansicht nach unzutreffende Schätzungsergebnis. Damit macht er eine fehlerhafte Tatsachenwürdigung und Rechtsanwendung geltend, nicht jedoch eine Abweichung im Grundsätzlichen. Insofern rügt der Kläger materiell-rechtliche Fehler, also die inhaltliche Richtigkeit des Urteils des Finanzgerichts (FG), womit jedoch nach dem abschließenden Katalog des § 115 Abs. 2 FGO die Zulassung der Revision nicht erreicht werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X B 52/03, BFH/NV 2004, 80).
Auch der weitere Hinweis, der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) habe den Kläger kurz vor Weihnachten von einem Tag auf den nächsten zu einer Besprechung geladen, führt nicht zum Erfolg der Beschwerde. Zum einen sind nur Verstöße des FG gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Zum anderen wurde der Kläger nicht mit Fax-Schreiben vom zur Schlussbesprechung am geladen, sondern lediglich gebeten, zur bereits anberaumten Schlussbesprechung weitere Unterlagen mitzubringen.
Schließlich greift auch nicht der Einwand des Klägers, die tatsächliche Verständigung beziehe sich auf eine Rechtsfrage, die wegen der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht zulässig sei. Am haben sich der Kläger und das FA darüber verständigt, in welchem Umfang der Kläger langfristig (rechtliche Folge: die Vermietungsumsätze unterliegen nicht der Umsatzbesteuerung) bzw. kurzfristig (rechtliche Folge: die Vermietungsumsätze unterliegen der Umsatzbesteuerung) Wohnraum vermietet hat und somit über den der Steuerfestsetzung zugrunde zu legenden Sachverhalt.
Fundstelle(n):
JAAAB-36844