Umsatzsteuerliche Behandlung der Leistungen im Rahmen des Lufthansa-Bonusmeilen-Programms „Miles & More”
Hessischer Minister der Fin mit Erlass vom
1. Allgemeines
Die „Bonusmeilen” werden entweder durch die Lufthansa selbst oder durch Kooperationspartner ausgegeben. Sie können je nach Ausgestaltung entweder bei der Lufthansa selbst oder bei Vertragspartnern eingelöst werden. Es sind hierbei mehrere Fallgestaltungen möglich, die in den folgenden Schaubildern näher erläutert werden.
2 Fallgestaltungen
2.1 Ausgabe durch Lufthansa selbst im Zusammenhang mit Beförderungsleistungen an eigene Kunden (ohne Vorsteuerabzugsmöglichkeit) und Einlösen durch „Abfliegen”
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Umsatzsteuer | Vorsteuer | |
Lufthansa AG | 1.600,00 | |
Kunde ohne Vorsteuerabzug |
Der Flug, bei dem die Bonusmeilen eingelöst werden, ist unentgeltlich. Die von der Lufthansa erbrachte Beförderungsleistung im Zusammenhang mit dem Einlösen von Bonusmeilen ist somit nicht steuerbar.
Unabhängig ob der Kunde am Bonusmeilenprogramm teilnimmt, wendet er 11.600 € für die ursprüngliche Beförderungsleistung durch die Lufthansa auf. D.h., für die Gutschrift der Bonusmeilen wendet er kein zusätzliches Entgelt auf. Das Entgelt für die von Lufthansa erbrachte Beförderungsleistung ändert sich somit durch die Gutschrift von Bonusmeilen nicht.
Eine Steuerbarkeit ergibt sich nicht nach § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 2 UStG, da die Beförderungsleistung für unternehmerische Zwecke der Lufthansa erbracht wird (Werbemaßnahme im Rahmen des Kundenbindungsprogramms).
2.2 Ausgabe durch Lufthansa selbst im Zusammenhang mit Beförderungsleistungen an eigene Kunden (mit Vorsteuerabzugsmöglichkeit) und Einlösen durch „Abfliegen”
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Umsatzsteuer | Vorsteuer | |
Lufthansa AG | 1.600,00 | |
Kunde mit Vorsteuerabzug | 1.600,00 |
Die Beurteilung des Sachverhalts ist identisch mit der des Schaubildes 1 (Punkt 2.1).
Die Bonusmeilen werden nach den AGB von der Lufthansa dem persönlichen Bonusmeilenkonto des Arbeitnehmers gutgeschrieben, der einen alleinigen Rechtsanspruch zur Einlösung gegenüber der Lufthansa besitzt. Eine weitere Leistungsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer liegt insoweit nicht vor.
Der Arbeitnehmer hat mit der Gutschrift keinen Anspruch auf eine Leistung (z.B. einmalige Beförderung auf einer bestimmten Flugstrecke oder einer bestimmten Entfernungsstrecke, kein Erwerb einer bestimmten Leistung bei Partnerunternehmen des Miles-&-More-Programms) sondern lediglich einen Anspruch auf Finanzierung einer Leistung erworben.
Der Verzicht des Unternehmers (Arbeitgebers) auf die Abtretung der Bonusmeilen durch den Arbeitnehmer ist kein Verzicht auf die Inanspruchnahme einer Leistung, sondern der Verzicht auf die Übertragung eines Finanzierungsmittels (Geldsurrogat). Es handelt sich daher lediglich um den Verzicht auf eine Leistung im rechtlichen Sinne, nicht jedoch im wirtschaftlichen Sinne und unterliegt daher nicht der Umsatzsteuer. Wenn die Erbringung von Leistungen im rechtlichen Sinne nicht der Umsatzsteuer unterliegt (vgl. Abschnitt 1 Abs. 3 UStR) kann für den Verzicht auf solche Leistungen nichts anderes gelten. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG ist nicht einschlägig.
2.3.1 Ausgabe durch Lufthansa selbst im Zusammenhang mit Beförderungsleistungen an eigene Kunden und Einlösung bei Vertragspartnern
a) Einlösung durch Inanspruchnahme einer unentgeltlichen Dienstleistung für Zwecke des Unternehmens der Lufthansa AG
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Umsatzsteuer | Vorsteuer | |
Lufthansa AG | 1.600,00 | 13,79 |
Kunde mit Vorsteuerabzug | 1.600,00 | |
Vertragspartner | 13,79 |
Die umsatzsteuerrechtliche Würdigung ist abhängig von der Vertragsgestaltung. Entscheidend sind die tatsächlichen Leistungsbeziehungen. Es muss daher auch zivilrechtlich eine Leistung der Lufthansa an den Passagier vorliegen. Allein die Ausstellung eines Vouchers, den der Passagier z.B. beim Mietwagenunternehmer vorlegt, ist dazu nicht ausreichend.
Ein Besorgen der sonstigen Leistung durch die Lufthansa kann nur in Betracht kommen, wenn der Passagier sich direkt an die Lufthansa wendet und die Besorgung einer bestimmten Leistung in Auftrag gibt. Nur wenn die Lufthansa diese Leistung im eigenen Namen für fremde Rechnung an den Passagier erbringt, können Fälle der Leistungskommission (§ 3 Abs. 11 UStG) vorliegen.
2.3.2 Ausgabe durch Lufthansa selbst im Zusammenhang mit Beförderungsleistungen an eigene Kunden und Einlösung bei Vertragspartnern
b) Einlösung durch Inanspruchnahme einer unentgeltlichen Zuwendung eines Gegenstandes
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Umsatzsteuer | Vorsteuer | |
Lufthansa AG | 1.600,00 13,79 | 13,79 |
Kunde mit Vorsteuerabzug | 1.600,00 | |
Vertragspartner | 13,79 |
Auch in diesen Fällen ist die umsatzsteuerrechtliche Würdigung abhängig von der Vertragsgestaltung. Entscheidend sind die tatsächlichen Leistungsbeziehungen. Es muss daher auch zivilrechtlich eine Lieferung der Lufthansa an den Passagier vorliegen.
Soweit Lieferungen des Sky Shop vorliegen, handelt es sich wegen der gegebenen Organschaft um einen nichtsteuerbaren Innenumsatz.
Soweit Dritte (z.B. Juwelier Christ) eingeschaltet werden, kommt ein Besorgen der Lieferung durch die Lufthansa nur in Betracht, wenn der Passagier sich direkt an die Lufthansa wendet und die Besorgung eines bestimmten Liefergegenstandes in Auftrag gibt. Nur wenn die Lufthansa diese Lieferungen im eigenen Namen für fremde Rechnung an den Passagier erbringt, können Fälle des Kommissionsgeschäftes (§ 3 Abs. 3 UStG) vorliegen.
2.4.1 Ausgabe und Einlösung von Bonusmeilen im Zusammenhang mit Leistungen angeschlossener Kooperationspartner
a) Einlösen der Bonusmeilen durch „Abfliegen” bei der Lufthansa AG
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Umsatzsteuer | Vorsteuer | |
Lufthansa AG | 14.152,00 13,79 | |
MMI | 7.255,00 | 14.152,00 |
Kooperationspartner (Vodafone) | 1.600,00 | 7.255,00 |
Kunde mit Vorsteuerabzug | 1.600,00 |
a) Überlassung des Kundenbindungsprogramms „Miles & More” an die MMI
Inhalt des Leistungsaustausches zwischen der Lufthansa und MMI ist
die Überlassung des Nutzungsrechts am Kundenbindungsprogramm,
technische Bearbeitungsleistungen im Rahmen der Betreuung der Kunden-Meilenkonten einschließlich der Organisation zur Einlösung der Bonusmeilen und
die Abgabe von Bonusmeilen-Paketen.
Die verkauften Bonusmeilen verkörpern einen Anspruch für eine noch nicht erbrachte Leistung an einen Dritten.
Nach den Vertragsbeziehungen besteht zwischen der Lufthansa und dem Passagier der Anspruch auf Einlösung der Bonusmeilen. Daher muss für jedes Meilenkonto die Herkunft der Bonusmeilen bekannt sein. Aus den Aufzeichnungen der Lufthansa muss leicht und eindeutig nachvollziehbar und erkennbar sein, welche Bonusmeilen von der Lufthansa erworben wurden und welche Bonusmeilen aus entgeltlich an MMI oder Kooperationspartnern abgegebenen stammen. Außerdem ist eine zeitliche Reihenfolge zum Verbrauch der Bonusmeilen festzulegen (z.B. first in – first out).
Im Umfang des Barwertes der überlassenen Bonusmeilen liegt keine Leistung im wirtschaftlichen Sinne an MMI vor. Es handelt sich – ähnlich wie die Ausgabe von Gutscheinen mit aufgedrucktem Wert – um die Überlassung von „virtuellem” Geld, für dessen Realisierung die Lufthansa garantiert. Erst durch die Einlösung der Bonusmeilen durch den Berechtigten kann ein Leistungsaustausch zustande kommen, da in diesem Moment der tatsächlich Leistende und die Leistung feststehen. Der Barwert der Bonusmeile muss jährlich nachvollziehbar ermittelt werden.
Soweit die Lufthansa mit der Überlassung des Kundenbindungsprogramms „Miles & More” gegenüber der MMI eine Leistung erbringt, ist wegen der umsatzsteuerlich identischen Behandlung ohne Bedeutung, ob die Leistung in Zusammenhang mit der Überlassung eines Nutzungsrechtes steht (§ 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG) oder der Werbung dient (§ 3a Abs. 4 Nr. 2 UStG). Voraussetzung ist, dass zwischen Lufthansa und MMI kein Organschaftsverhältnis besteht.
Das Entgelt für diese Leistung ist die Differenz des von MMI aufgewendeten Gesamtbetrages abzüglich des Barwertes für die Bonusmeilen abzüglich der in der Differenz enthaltenen Umsatzsteuer. Die Bewertung der Bonusmeile erfolgt mit dem sog. Außenwert durch Fremdvergleich. Hierzu werden die gegenwärtigen Marktpreise für die von Lufthansa zu realisierenden Leistungen bei Einlösung der Bonusmeilen zu Grunde gelegt und mit der Häufigkeit der Nachfrage nach bestimmten Lieferungen oder sonstigen Leistungen gewichtet. Der derzeitige Durchschnittswert einer Bonusmeile lässt sich mit 0,005896 € beziffern. Dieser Wert ist jährlich zu aktualisieren und in der Leistungskette (Lufthansa – MMI – Kooperationspartner) offen zu legen.
b) Leistungen der MMI an die Kooperationspartner
MMI vermarktet die Beteiligung am Kundenbindungsprogramm im eigenen Namen auf eigene Rechnung. Leistungsinhalte sind:
Kommunikationsleistungen, wie Veröffentlichung von Anzeigen der Kooperationspartner in M&M-Newsletter, Lufthansa-Magazin, Prämienkatalog, Bannerschaltung auf der Lufthansa-Homepage,
Processing-Leistungen in Form von M&M-Kundendatenerfassung, Datensatzübermittlung und -pflege sowie
die Abgabe der Bonusmeilen.
Der Barwert der Bonusmeilen nimmt nicht am Leistungsaustausch teil. Bei der Leistung von MMI überwiegen die Elemente der Werbung für den Kooperationspartner. Diese Leistung der Werbemittlung bzw. der Werbedurchführung ist einheitlich dem Bereich des Leistungskatalogs nach § 3a Abs. 4 Nr. 2 UStG zuzuordnen.
Die Bemessungsgrundlage dieser Leistung ermittelt sich aus der Differenz zwischen dem von dem Kooperationspartner aufgewendeten Gesamtbetrag abzüglich des Barwertes der Bonusmeilen abzüglich der in der Differenz enthaltenen Umsatzsteuer.
c) Einlösen der vom Kooperationspartner ausgegebenen Bonusmeilen bei der Lufthansa AG
Die bereits bei der Lufthansa bezahlten Bonusmeilen sind Entgelt für die von der Lufthansa erbrachte steuerbare sonstige Leistung (Beförderungsleistung).
2.4.2 Ausgabe und Einlösung von Bonusmeilen im Zusammenhang mit Leistungen angeschlossener Kooperationspartner
b) Einlösen der Bonusmeilen bei Vertragspartnern der Lufthansa AG
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Umsatzsteuer | Vorsteuer | |
Lufthansa AG | 14.152,00 13,79 | 13,79 |
MMI | 7.255,00 | 14,152,00 |
Kooperationspartner (Vodafone) | 1.600,00 | 7.255,00 |
Kunde mit Vorsteuerabzug | 1.600,00 | |
Vertragspartner der Lufthansa AG bei Einlösung | 13,79 |
Die umsatzsteuerrechtliche Würdigung ist abhängig von der Vertragsgestaltung (vgl. dazu Punkt 2.3.1 und 2.3.2 zu Schaubild 3. a und b).
Ein Besorgen der Lieferungen oder sonstigen Leistungen durch die Lufthansa kommt nur in Betracht, wenn der Passagier sich direkt an die Lufthansa wendet und die Besorgung einer bestimmten Leistung in Auftrag gibt. Nur wenn die Lufthansa diese Leistung im eigenen Namen für fremde Rechnung an den Passagier erbringt, können Fälle der Liefer- oder Leistungskommission (§ 3 Abs. 3 oder 11 UStG) vorliegen.
Die Ausführungen zu den Aufzeichnungspflichten der Lufthansa (vgl. Punkt 2.4.1 zu Schaubild 4a) gelten entsprechend.
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BAAAB-36222