BFH Beschluss v. - I R 17/03 BStBl 2005 II S. 53

Vorlage an EuGH: Beteiligungsaufwendungen bei steuerfreien Einnahmen aus Beteiligung an ausländischer KapGes [BStBl 2005 II S. 53]

Leitsatz

1. Finanzierungsaufwendungen, die eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft für die Beteiligung an einer anderen unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft aufwendet, sind gemäß § 3c EStG 1990 nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig, soweit die Körperschaft aus der Beteiligung steuerfreie Gewinnanteile (Dividenden) erzielt (Fortführung der , BFHE 180, 410, BStBl II 1997, 57; I R 167/94, BFHE 180, 415, BStBl II 1997, 60, und I R 21/95, BFHE 180, 422, BStBl II 1997, 63).

2. Dem EuGH wird die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Widerspricht es Art. 52 i.V.m. Art. 58 EGV und Art. 73b EGV, wenn Finanzierungsaufwendungen einer Körperschaft, die in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit im Inland steuerfreien Erträgen aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft stehen, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, nur in jenem Umfang als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen, in dem keine Gewinne aus der Beteiligung steuerfrei ausgeschüttet werden?

Gesetze: KStG 1991 § 8b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5KStG 1991 § 30 Abs. 2 Nr. 1EStG 1990 § 3cEStG 1990 § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 3EStG 1990 § 36 Abs. 2 Nr. 3DBA Österreich 1954 DBA Österreich 1954 Art. 10a Abs. 1 und 3DBA Österreich 1954 Art. 15 Abs. 2 Satz 3EGV Art. 52EGV Art. 58EGV Art. 73b = EG Art. 43EGV Art. 48EGV Art. 56

Instanzenzug: (EFG 2003, 1120),

Gründe

I. Sachverhalt und Streitstand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland, die als Holdinggesellschaft fungiert, hielt in den Streitjahren 1993 bis 1995 als Alleingesellschafterin u.a. die Anteile an einer anderen inländischen GmbH, der K-GmbH. Diese hielt ihrerseits die Anteile an einer in Österreich ansässigen GmbH österreichischen Rechts, der K-öGmbH. Die von Letzterer ausgeschütteten Dividenden wurden von der K-GmbH nach Maßgabe des Art. 10a Abs. 1 und Art. 15 Abs. 2 Satz 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom (DBA-Österreich 1954) steuerfrei vereinnahmt und an die Klägerin weitergeleitet. Bei der Klägerin blieben die Dividenden gemäß § 8b Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1991) außer Ansatz. Dennoch zog die Klägerin die Zinsen für das zum Erwerb der Beteiligung an der K-GmbH aufgenommene Fremdkapital sowie die dafür angefallenen Verwaltungskosten in voller Höhe als Betriebsausgaben ab. Das für die Besteuerung der Klägerin seinerzeit zuständige Finanzamt A, der ursprüngliche Beklagte und Revisionskläger, versagte der Klägerin unter Hinweis auf § 8 Abs. 1 KStG 1991 i.V.m. § 3c des Einkommensteuergesetzes (EStG 1990) den Abzug der Refinanzierungskosten für das Darlehen und der Verwaltungskosten, soweit diese Kosten anteilig auf die steuerfrei gestellten Einnahmen entfielen.

Die Klage gegen die entsprechend geänderten Steuerbescheide war hinsichtlich der Streitjahre 1994 und 1995 erfolgreich. Das Hessische Finanzgericht (FG) war der Auffassung, die Nichtanerkennung von Beteiligungsaufwendungen als Betriebsausgaben gemäß § 3c EStG 1990 verstoße gegen die Niederlassungs- sowie die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 52 i.V.m. Art. 58 und Art. 73b des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft —EGV— (= Art. 43 i.V.m. Art. 48 und Art. 56 nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften —EG—, sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— Nr. C-340/1997, 1), wenn die im Inland steuerfreien Beteiligungserträge in einem anderen EG-Staat steuerpflichtig seien. Die Klägerin könne sich auf die gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten unmittelbar berufen, ohne dass es einer Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gemäß Art. 234 Abs. 1 EG bedürfe. Das ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2003, 1120 abgedruckt.

Zwischenzeitlich ist das Finanzamt B (FA) für die Besteuerung der Klägerin zuständig geworden (vgl. § 4 der Verordnung über die Zuständigkeiten der hessischen Finanzämter vom , Gesetz- und Verordnungsblatt —GVBl— I 2003, 335) und im Wege des gesetzlichen Beteiligtenwechsels als nunmehriger Revisionskläger in das Verfahren eingetreten (vgl. Bundesfinanzhof —BFH—, Urteil vom VII R 115/76, BFHE 128, 251, BStBl II 1979, 714, m.w.N.).

Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt, das FG-Urteil, soweit es die Streitjahre 1994 und 1995 betrifft, aufzuheben und die Klage auch insoweit abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Rechtslage nach deutschem Recht

Die Entscheidung über die Revision ist von der Beantwortung der im Leitsatz genannten Vorlagefrage abhängig. Sofern diese Frage zu bejahen ist, ist die Revision als unbegründet zurückzuweisen und das erstinstanzliche Urteil im Ergebnis zu bestätigen. Ist die Frage aber zu verneinen, ist die Revision begründet. Das FG-Urteil ist dann aufzuheben und die Klage abzuweisen.

1. Nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG 1991 bleiben Dividenden i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1990, die eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1991 von einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft erhält, bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz, soweit dafür der Teilbetrag i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 1 KStG 1991 als verwendet gilt. Die Verwendung des Teilbetrages muss durch eine Steuerbescheinigung nach § 44 oder § 45 KStG 1991 nachgewiesen werden. Teilbeträge i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 1 KStG 1991 —das sog. EK 01— sind Vermögensmehrungen, die der Körperschaftsteuer nicht unterliegen und hierbei Eigenkapitalteile, die in nach dem abgelaufenen Wirtschaftsjahren aus ausländischen Einkünften entstanden sind, sowie die nach § 8b Abs. 1 KStG 1991 bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleibenden Beträge. Es handelt sich sonach um steuerfreie ausländische Einkünfte, deren steuerfreie Weiterausschüttung durch § 8b KStG 1991 ermöglicht wird.

2. Im Streitfall resultiert die Steuerfreiheit der österreichischen Dividenden aus Art. 15 Abs. 2 Satz 3 DBA-Österreich 1954 i.V.m. § 8b Abs. 5 KStG 1991. Danach stellt der Wohnsitzstaat Einkünfte aus Gewinnausschüttungen i.S. von Art. 10a Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 DBA-Österreich 1954 frei, die einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Deutschland von einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Österreich gezahlt werden, deren Kapital zu mindestens 10 v.H. unmittelbar der erstgenannten Kapitalgesellschaft gehört. Dementsprechend wurden im Streitfall die von der K-öGmbH ausgeschütteten Gewinne von der K-GmbH steuerfrei vereinnahmt.

3. Nach § 3c EStG 1990 (im Streitfall i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1991) dürfen Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. Wie der Senat wiederholt entschieden hat (vgl. Urteile vom I R 21/95, BFHE 180, 422, BStBl II 1997, 63; I R 15/94, BFHE 180, 410, BStBl II 1997, 57; I R 167/94, BFHE 180, 415, BStBl II 1997, 60; vom I R 63/99, BFHE 198, 506, BStBl II 2003, 50), besteht für Finanzierungsaufwendungen das Betriebsausgabenabzugsverbot nicht, wenn keine Gewinne steuerfrei ausgeschüttet werden. Werden Gewinne steuerfrei ausgeschüttet, besteht ein Abzugsverbot nur bis zur Höhe der Ausschüttung, wenn und soweit im Übrigen ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Betriebsausgaben und den steuerfreien Gewinnausschüttungen aus Schachtelbeteiligungen besteht. An dieser Rechtsprechung, der für § 3c EStG 1990 auch die Finanzverwaltung (vgl. BStBl I 1997, 99, und vom , BStBl I 2000, 71 unter 5.) gefolgt ist, wird festgehalten.

4. Infolgedessen sind die im Streitfall in Rede stehenden Finanzierungskosten der Klägerin (Darlehenszinsen und Verwaltungskosten) in jenem Umfang, in dem sie anteilig auf die nach § 8b Abs. 1 KStG 1991 steuerfrei gestellten Gewinnanteile (Dividenden) gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1990 entfallen, nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig.

Zu einem anderen Ergebnis gelangt man nicht deswegen, weil es sich bei § 8b Abs. 1 KStG 1991 nicht um eine „originäre”, sondern nur um eine „technische” Steuerbefreiung handelt, die dem Zweck dient, die steuerfreie Durchleitung der nach anderen Vorschriften (hier: nach Art. 15 Abs. 2 Satz 3 DBA-Österreich 1954) steuerbefreiten Dividenden zu gewährleisten. Dem Wortlaut des § 3c EStG 1990 lässt sich eine solche Einschränkung nicht entnehmen. Vielmehr werden hiernach umfassend Ausgaben einbezogen, die mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. In Einklang damit hat der BFH das Abzugsverbot unabhängig davon eingreifen lassen, auf welcher Rechtsgrundlage die Steuerbefreiung gewährt wird (vgl. Urteil vom VI R 209/82, BFHE 148, 460, BStBl II 1989, 351). Für eine sog. teleologische Reduktion des Regelungswortlauts erkennt der Senat auch vor dem Hintergrund des mit § 8b Abs. 1 KStG 1991 verbundenen Regelungszwecks keine Veranlassung.

Zwar zielt die Steuerfreistellung der an eine inländische Muttergesellschaft durchgeleiteten Dividenden einer ausländischen Enkelgesellschaft darauf ab, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken (Senatsurteil in BFHE 180, 422, BStBl II 1997, 63, 67 unter II.5., m.w.N.). Es ist jedoch nicht zu erkennen, weshalb dies den weiteren Vorteil des Abzugs der damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen nach sich ziehen sollte. § 3c EStG 1990 blieb im Zuge der Neuregelung in § 8b KStG 1991 seinerseits unverändert und in seinem Anwendungsbereich unberührt. Es ist nicht geboten, dass der inländische Gesetzgeber auf die Besteuerung der Einnahmen verzichtet und zusätzlich den Abzug mit den Einnahmen verbundener Ausgaben vollen Umfanges anerkennt (Senatsurteil in BFHE 180, 422, BStBl II 1997, 63, 68; Schön, Finanz-Rundschau —FR— 2001, 381, 385; anders z.B. Birk/Jahndorf in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 3c EStG Anm. 104).

Vor dem Hintergrund dieses Gesetzesverständnisses hat das FA die in Rede stehenden Ausgaben der Klägerin zutreffend nur insoweit als abzugsfähige Betriebsausgaben anerkannt, als sie auf die nicht steuerfreien Einnahmen entfielen.

III. Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht

Der vorlegende Senat erachtet die danach unterschiedliche Behandlung unbeschränkt steuerpflichtiger Körperschaften, die einerseits mittelbar an einer im Inland ansässigen Enkelgesellschaft und die andererseits mittelbar an einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Enkelgesellschaft beteiligt sind, aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht nicht als zweifelsfrei. Sie könnte gegen die gemäß Art. 52 i.V.m. Art. 58 und Art. 73b EGV (= Art. 43 i.V.m. Art. 48 und Art. 56 EG) garantierten Grundfreiheiten (Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit) verstoßen, deren Auslegung dem EuGH vorbehalten ist, und dessen Rechtsprechung widersprechen, wie sie in dem Urteil vom C-168/01 „Bosal” (ABlEU Nr. C 264, 8, Internationales Steuerrecht —IStR— 2003, 666) zum Ausdruck gekommen ist (im Ergebnis ebenso z.B. Schnitger, FR 2003, 1149, 1152; Meilicke, Der Betrieb —DB— 2003, 2100; Lausterer, IStR 2003, 705, 707; Thömmes, Internationale Wirtschafts-Briefe Fach 11a, 713, 714; Olgemöller, Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht 2003, 1085; Englisch, Unternehmensbewertung & Management 2004, 58, 62).

1. Der EuGH hat danach —bezogen auf entsprechende Vorschriften in den Niederlanden— entschieden, dass es der Richtlinie Nr. 90/435/EWG des Rates über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (Mutter/Tochter-Richtlinie —MTR—) vom (ABlEG Nr. L 225, 6), ausgelegt im Licht von Art. 52 EGV (jetzt Art. 43 EG), widerspreche, wenn nach einer nationalen Vorschrift bei der Besteuerung der Gewinne einer in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Gesellschaft die Kosten, die mit einer von dieser gehaltenen Beteiligung an dem Kapital einer in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Tochtergesellschaft verbunden sind, nur dann abzugsfähig sind, wenn diese Kosten mittelbar der Erzielung von Gewinnen dienen, die in dem Mitgliedstaat, in dem die Muttergesellschaft niedergelassen ist, steuerpflichtig sind.

2. Die unter II.3. und 4. dargestellte deutsche Regelungslage ist damit vergleichbar. Hier wie dort wird der Abzug der beteiligungsbezogenen Aufwendungen wegen der Steuerfreiheit der Gewinnausschüttungen aus der Schachtelbeteiligung versagt. Im Unterschied zu der niederländischen Regelung bezieht sich das Abzugsverbot des § 3c EStG 1990 allerdings nicht auf die Kosten, die mit einer von der Muttergesellschaft gehaltenen Beteiligung an dem Kapital einer in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Tochtergesellschaft verbunden sind, sondern auf die Beteiligung einer im Inland ansässigen Tochtergesellschaft und damit auf einen für sich genommen rein inländischen Vorgang. Die Beziehung zu der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Enkelgesellschaft ist eine nur mittelbare, die dadurch hergestellt wird, dass die Gewinne der Enkelgesellschaft steuerfrei an die Tochtergesellschaft ausgeschüttet und ebenfalls steuerfrei an die Muttergesellschaft weitergeschüttet worden sind. Unterschiede bestehen überdies insofern, als § 3c EStG 1990 generell gilt und voraussetzt, dass tatsächlich (steuerfreie) Dividenden geflossen sein müssen. Das Abzugsverbot greift also nicht „abstrakt” und uneingeschränkt, sondern nur zeitlich und gegenständlich bezogen auf konkrete steuerfreie Dividenden (vgl. Wagner, Deutsche Steuer-Zeitung 2004, 185, 187). Die Ungleichbehandlung zu ausschließlich inländischen Beteiligungen besteht nur im Falle der Ausschüttung, die bei der mittelbaren grenzüberschreitenden Beteiligung jedoch —anders als bei der entsprechenden inländischen Beteiligung— steuerfrei ist. Der Nachteil des Abzugsausschlusses der beteiligungsbezogenen Aufwendungen bei der Muttergesellschaft korrespondiert deshalb bei dieser mit dem Vorteil der Steuerfreiheit der Dividenden. Darin könnte bezogen auf einen und denselben wirtschaftlichen Vorgang und bezogen auf eine und dieselbe Person —die Muttergesellschaft— in steuerlicher Hinsicht ein unmittelbarer Ausgleich des Nachteils und des Vorteils im Rahmen einer einzigen Besteuerung zu sehen sein. Der EuGH erkennt in einem solchen steuerlichen Ausgleich in ständiger Rechtsprechung die Rechtfertigung einer steuerlichen Ungleichbehandlung durch Kohärenz des Steuersystems des jeweiligen Mitgliedstaates (vgl. EuGH-Urteil in ABlEU Nr. C 264, 8, IStR 2003, 666 Tz. 29 ff., m.w.N.).

3. Dem ließe sich entgegenhalten, dass die Auslandsbeteiligung im Hinblick auf den Kostenabzug im Ergebnis dennoch nur deswegen schlechter gestellt wird, weil die Gewinne der Beteiligungsgesellschaft im Ausland und nicht im Inland besteuert werden. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund zu sehen, dass in einem reinen Inlandsfall die Ausschüttung der Gewinne einer (im Inland ansässigen) Enkelgesellschaft zwar nicht nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG 1991 außer Ansatz bleibt, dass dem Anteilseigner jedoch stattdessen die Körperschaftsteuer der im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft in Höhe von 3/7 der Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG 1990 (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1991) auf die eigene Körperschaftsteuer gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG 1990 angerechnet wird. Der Nachteil der fehlenden Steuerbefreiung wird für die im Inland ansässige Muttergesellschaft damit über die „Technik” der Steueranrechnung in wirtschaftlicher Hinsicht kompensiert. Gleichwohl bleibt ihr infolge dieser „Technik” der Betriebsausgabenabzug der beteiligungsbezogenen Aufwendungen uneingeschränkt erhalten; § 3c EStG 1990 ist in dieser Konstellation nicht einschlägig.

Im wirtschaftlichen Ergebnis führt dies unbeschadet des geschilderten kohärenten Ausgleichs zwischen den steuerlichen Vor- und Nachteilen aus der isoliert auf das Ineinandergreifen von § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG 1991 und § 3c EStG 1990 (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1991) beschränkten Sicht zu einer Schlechterstellung der Klägerin, die ihre Ursache allein darin hat, dass die betreffenden Ausschüttungen aus der Beteiligung an einer in Österreich und nicht in Deutschland ansässigen Enkelgesellschaft herrühren. In Anbetracht der dadurch ausgelösten Überbesteuerung lässt sich an der Kohärenz zwischen Steuerbefreiung der Dividenden und Abzugsverbot für den beteiligungsbezogenen Aufwand zweifeln (s. auch EuGH-Urteil in ABlEU Nr. C 264, 8, IStR 2003, 666 Tz. 34).

4. Eine Vergleichbarkeit der steuerlichen Behandlung der Schachtelbeteiligung an einer inländischen und einer ausländischen Enkelgesellschaft setzt allerdings gleiche Verhältnisse voraus. Diese wären letztlich nur dann gegeben, wenn die Nichtanrechenbarkeit der im Ausland angefallenen Körperschaftsteuer auf die im Inland zu zahlende Körperschaftsteuer ihrerseits gegen die gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten verstößt. Ob dies der Fall ist, ist umstritten. Die Rechtsfrage ist Gegenstand des derzeit beim EuGH anhängigen Verfahrens C-292/04 auf das Vorabentscheidungsersuchen des (IStR 2004, 580) und des „Manninen” (DB 2004, 2023), das das entsprechende finnische Körperschaftsteuerrecht betrifft. Der Senat nimmt zur Darstellung der Rechts- und Streitlage insbesondere auf den zitierten Beschluss des FG Köln, auf die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom in der Sache „Manninen” (IStR 2004, 313) und auf die Urteilsgründe (DB 2004, 2023) Bezug und macht sich die daraus ersichtlichen Zweifel an der Europarechtmäßigkeit des Anrechnungsausschlusses bei Ausschüttungen nicht unbeschränkt steuerpflichtiger Körperschaften zu Eigen.

Da es sich bei der Besteuerung der ausschüttenden Kapitalgesellschaft einerseits und des Anteilseigners andererseits um die Besteuerung verschiedener Personen handelt, lässt sich die aus der Nichtanrechenbarkeit ausländischer Körperschaftsteuer resultierende Ungleichbehandlung durch den Kohärenzgedanken nicht rechtfertigen. Der EuGH hat in ständiger Rechtsprechung auch die Gefahr von Steuerausfällen nicht als Rechtfertigungsgrund genügen lassen (vgl. EuGH-Urteil in ABlEU Nr. C 264, 8, IStR 2003, 666 Tz. 42, m.w.N.). Der Senat gibt allerdings zu bedenken, dass diese Gefahr von Steuerausfällen bei einer „grenzüberschreitenden” Anrechnung in besonderem Maße besteht und dem körperschaftsteuerlichen Anrechnungssystem immanent ist. Wirksame Abhilfe ließe sich nur über einen zwischenstaatlichen Fiskalausgleich erreichen, der dem derzeitigen Stand der Harmonisierung nicht entspricht und der in absehbarer Zeit auch nicht wahrscheinlich ist. Aus diesem Grunde wird ein Zwang zur Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer für Gebietsfremde z.B. von Dautzenberg (FR 1998, 745, 746) in Frage gestellt.

IV. Vorlage an den EuGH

Die Vorinstanz hat einen Verstoß gegen die Grundfreiheiten des Gemeinschaftsrechts bejaht und die Rechtslage als eindeutig angesehen. Sie hat sich deswegen für berechtigt gehalten, das im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht stehende nationale Recht nicht anzuwenden. Der Senat lässt offen, ob er dem uneingeschränkt folgen könnte. Er sieht ungeachtet des zwischenzeitlich ergangenen Urteils des EuGH in ABlEU Nr. C 264, 8, IStR 2003, 666 die Gemeinschaftsrechtslage für die hier in Rede stehende Konstellation des Ausschlusses des Betriebsausgabenabzugs nicht als geklärt an. Er setzt das Revisionsverfahren deshalb gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung aus und legt dem EuGH folgende Frage gemäß Art. 234 Abs. 3 EG zur Vorabentscheidung vor: ...

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BStBl 2005 II Seite 53
BB 2004 S. 2565 Nr. 47
BB 2005 S. 143 Nr. 3
BFH/NV 2004 S. 1728
BFH/NV 2004 S. 1728 Nr. 12
BStBl II 2005 S. 53 Nr. 1
DB 2004 S. 2615 Nr. 49
DB 2007 S. 5 Nr. 27
DB 2007 S. 9 Nr. 27
DStR 2004 S. 1995 Nr. 47
DStR 2005 S. 101 Nr. 3
DStRE 2004 S. 1448 Nr. 23
FR 2005 S. 86 Nr. 2
HFR 2005 S. 45
INF 2004 S. 931 Nr. 24
KÖSDI 2004 S. 14427 Nr. 12
StB 2005 S. 5 Nr. 1
WAAAB-35885