BFH Beschluss v. - VI B 160/00

Stl. Berücksichtigung der auf den AN abgewälzten pauschalen LSt

Gesetze: EStG § 40

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist, soweit sie zulässig ist, jedenfalls unbegründet. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Anwendbar ist die Finanzgerichtsordnung (FGO) in der Fassung vor dem Zweiten Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom (BGBl I 2000, 1757; vgl. Art. 4 2.FGOÄndG).

1. Der von den Klägern gerügte Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) greift nicht durch. Die Kläger tragen im Wesentlichen vor, das Finanzgericht (FG) habe es versäumt, verschiedene Personen als Zeugen für das Zustandekommen des Lohnsteuer-Pauschalierungsantrags und für die Hintergründe des Regresses gegen den Kläger zu vernehmen. Das FG habe die darauf zielenden Beweisantritte der Kläger übergangen und damit den entscheidungserheblichen Sachverhalt entgegen seiner gerichtlichen Aufklärungspflicht nicht vollständig ermittelt.

Die Kläger vernachlässigen, dass sie mit Schriftsatz vom , in dem sie die Klage eingehend begründeten, zugleich das Schreiben des Vorsitzenden der Geschäftsführung A vom ... Januar 1996 in den Prozess eingeführt haben. Nach den Feststellungen des FG ergibt sich aus diesem Schreiben, dass der eigentliche Hintergrund der späteren Schadensausgleichsvereinbarung die Erstattung desjenigen (Steuer-)Betrags war, für den die X-GmbH als frühere Arbeitgeberin zugunsten des Klägers im Rahmen einer Abrede mit der Finanzverwaltung in Vorlage getreten war, damit nicht weiter gegen den Kläger persönlich vorgegangen werden könne. Es wäre in erster Linie Sache der fachkundig vertretenen Kläger gewesen, den Widerspruch zwischen dem Inhalt dieses Schreibens und ihrem Sachvortrag zu erklären. Insbesondere hätten sie dabei erläutern müssen, warum die X-GmbH den Kläger entgegen ihrer ursprünglichen Absicht schließlich nicht in seiner Eigenschaft als von der Lohnsteuer-Pauschalierung begünstigter Arbeitnehmer, sondern in seiner Rolle als nach § 43 Abs. 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) auf Schadensersatz haftender Geschäftsführer in Anspruch genommen haben soll. Hinreichende Gründe hierfür haben die Kläger nicht vorgetragen. Die tatsächliche Würdigung des FG ist nach dem gesamten Inhalt der Akten möglich und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Es kommt entscheidend hinzu, dass die Kläger ihr Rügerecht verloren haben. Denn sie haben den behaupteten Mangel einer weiteren Sachaufklärung ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom nicht gerügt. Der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz (§ 76 FGO) betrifft eine Verfahrensvorschrift, auf deren Einhaltung die Beteiligten —ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge— verzichten können (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Bundesfinanzhof —BFH—, Beschluss vom VI B 53/01, BFH/NV 2004, 661; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Tz. 92, m.w.N.). Weshalb eine solche Rüge den sachkundig vertretenen Klägern nicht bereits vor dem FG (in der mündlichen Verhandlung) möglich gewesen sein soll, ist ihrerseits weder dargelegt worden noch erkennbar.

2. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob die Haftung des Geschäftsführers und die berufliche Veranlassung von Aufwendungen zur Vermeidung dieser Haftung einheitlich zu beurteilen seien, ist nicht entscheidungserheblich und damit in der Revision auch nicht klärungsfähig (vgl. , BFH/NV 2000, 1238; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 30). Die Kläger verkennen, dass der BFH als Revisionsgericht an die verfahrensfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen des FG gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO). Danach hat der Kläger die Zahlung an die X-GmbH nicht im Zuge oder zur Vermeidung einer Haftung als Geschäftsführer getätigt. Es ging der X-GmbH vielmehr darum, den im Wege der Pauschalierung nach § 40 des Einkommensteuergesetzes (EStG) übernommenen Steuerbetrag auf den Kläger abzuwälzen.

Die von den Klägern gestellten Rechtsfragen, ob derartige Zahlungen als so genannte negative Einnahmen nach § 19 EStG (oder gegebenenfalls nach § 18 EStG) zu erfassen sind, bzw. ob sie sich als Werbungskosten (bzw. als Betriebsausgaben im Rahmen der Einnahmen des Klägers aus seiner freiberuflichen Beratungstätigkeit für die X-GmbH) steuermindernd auswirken können, sind im Streitfall nicht klärungsbedürftig (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 28). Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des FG ergibt sich die einschlägige Antwort ohne weiteres aus der Vorschrift des § 40 Abs. 3 EStG. Nach dessen Satz 3 bleiben bei der Individualbesteuerung des Arbeitnehmers sowohl der pauschal besteuerte Arbeitslohn als auch die pauschale Lohnsteuer außer Ansatz (zur Abgeltungswirkung des § 40 Abs. 3 EStG: vgl. auch Senatsbeschlüsse vom VI B 240/01, BFH/NV 2002, 784; vom VI B 140/89, BFHE 163, 204, BStBl II 1991, 309). Satz 4 dieser Vorschrift stellt zudem klar, dass die pauschale Lohnsteuer weder auf die Einkommensteuer noch auf die Jahreslohnsteuer anzurechnen ist. Von dieser Regelung wird auch der Fall erfasst, dass der Arbeitgeber die pauschale Lohnsteuer —wie hier— zivilrechtlich im Innenverhältnis auf den Arbeitnehmer abwälzt (vgl. hierzu auch Giloy, Betriebs-Berater 1986, 1058, 1959, r.Sp.; Hartz-Meeßen-Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort: Pauschalierung der Lohnsteuer Tz. 136).

Ein Zulassungsgrund ergibt sich auch nicht aus dem sinngemäßen Vortrag der Kläger, das FG habe die Bedeutung der Regelung in Abschn. 127 Abs. 8 Satz 2 ff. der Lohnsteuer-Richtlinien 1996 verkannt. Nach dieser (wegen § 40 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999 überholten) Verwaltungsanweisung stand die Übernahme der pauschalen Lohnsteuer durch den Arbeitnehmer einer Rückzahlung des der pauschalen Lohnsteuer zugrunde liegenden Arbeitslohns gleich (zum Hintergrund dieser Regelung vgl. auch Anmerkung von Pust in Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 2002, 525, 526 zum Senatsurteil vom VI R 80/00, BFHE 197, 554, BStBl II 2002, 438). Das FG hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass die bezeichnete (Richtlinien-)Regelung nur im Rahmen der Lohnsteuerfestsetzung gegenüber der X-GmbH als Arbeitgeberin zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage des pauschalierten Lohnes Anwendung hätte finden können (vgl. auch Frotscher, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 40 Rz. 48; Blümich/Heuermann, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl., § 40 EStG Rz. 130; Becht in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 40 EStG Anm. R 9, jeweils mit weiteren Erläuterungen). - Im Übrigen lässt der Senat dahingestellt, ob insoweit weitere Gründe einer Zulassung der Revision entgegenstehen.

3. Auch die Divergenzrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F.) ist unbegründet. Das Urteil des FG enthält keine Abweichungen zu den von den Klägern angeführten Entscheidungen. Diesen lag —anders als im Streitfall— jeweils eine Haftungsinanspruchnahme eines Geschäftsführers und nicht eine Abwälzung der pauschalen Lohnsteuer zugrunde.

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO n.F.).

Fundstelle(n):
HAAAB-35851