OFD Frankfurt am Main - S 2121 A - 14 - St II 2.01

Ertragsteuerliche Behandlung von Zahlungen an sog. Erziehungs- und Familienhelfer bei Betreuung in der Familienwohnung der betreuten Person

Bezug:

Im Rahmen der Hilfe zur Erziehung nach den §§ 27 ff. des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) werden sog. Erziehungs- und Familienhelfer eingesetzt, die das Kind oder den Jugendlichen (§ 30 SGB VIII) oder die Familie (§ 31 SGB VIII) durch pädagogische und therapeutische Hilfen bei der Bewältigung von Entwicklungsproblemen oder bei der Erfüllung von Erziehungsaufgaben unterstützen sollen. Hierfür werden die Erziehungs- und Familienhelfer von den Trägern der Jugendhilfe beauftragt und bezahlt. Aufgrund der bei der Jugendhilfe anzutreffenden Vielfalt von Trägern mit unterschiedlichsten Wertorientierungen werden die Erziehungs- und Familienhelfer teils im Rahmen von Dienstverhältnissen als Arbeitnehmer, teils im Rahmen von sog. Honorarverträgen als freie Mitarbeiter beschäftigt.

In diesem Zusammenhang wurde die Frage vorgelegt, wie die von den Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe gewährten Vergütungen an selbständig tätige Erziehungs- und Familienhelfer ertragsteuerlich zu behandeln sind. Hierzu wird wie folgt Stellung genommen:

Ob der Erziehungs- und Familienhelfer nichtselbständig oder selbständig tätig ist, richtet sich nach den von der Rechtsprechung aufgestellten und in H 67 (Allgemeines) LStH 2000 zusammengestellten Grundsätzen. Danach sind die für oder gegen ein Dienstverhältnis sprechenden Merkmale ihrer Bedeutung entsprechend gegeneinander abzuwägen. Wird der Erziehungs- und Familienhelfer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Rahmen eines Dienstverhältnisses tätig, haben die Träger der Jugendhilfe die Arbeitgeberpflichten – insbesondere den Lohnsteuerabzug – zu beachten; unter bestimmten Voraussetzungen kann der Arbeitslohn steuerfrei bleiben (§ 3 Nr. 39 EStG) oder pauschal versteuert werden (§ 40a EStG).

Liegt der Tätigkeit des Erziehungs- und Familienhelfers kein Dienstverhältnis zu Grunde, gilt folgendes:

Zahlungen durch einen Träger der öffentlichen Jugendhilfe

Bezüge aus öffentlichen Mitteln sind nach § 3 Nr. 11 EStG u.a. dann steuerfrei, wenn sie als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern. Hierbei setzt der Begriff der öffentlich-rechtlichen Beihilfe eine uneigennützige gewährte Unterstützungsleistung voraus. Werden Leistungen im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts erbracht, können sie nicht als Beihilfe qualifiziert werden ( BStBl 1999 II S. 133).

Die Voraussetzungen für die Behandlung der Bezüge als Beihilfe sind bei den Zahlungen an die Erziehungs- und Familienpfleger regelmäßig nicht gegeben. Denn den Erziehungs- und Familienpflegern werden durch die Zahlungen aus öffentlichen Mitteln regelmäßig nicht nur die im Zusammenhang mit der Tätigkeit entstehenden Kosten in angemessenem Umfang erstattet, sondern auch Tätigkeitsvergütungen gewährt, die den Aufwand an Zeit und die Arbeitsleistung abgelten sollen. Demzufolge unterliegen die gesamten Zahlungen – einschließlich einer ggf. gewährten Auslagenpauschale – der Einkommensteuerpflicht. Die Zahlungen sind den Einkünften aus selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzuordnen (vgl. das inzwischen durch das BStBl 1990 I S. 109 überholte BStBl 1984 I S. 133 zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung des aus öffentlichen Kassen gezahlten Pflegegeldes und Erziehungsbeitrags (Erziehungsgeldes) für Kinder in Familienpflege).

Vergütungen durch einen Träger der freien Jugendhilfe (z.B. durch einen Verein)

In Ermangelung einer dem § 3 Nr. 11 EStG entsprechenden Steuerbefreiungsvorschrift für Zahlungen aus privaten Mitteln unterliegen die gesamten Zahlungen – einschließlich einer ggf. gewährten Auslagenpauschale – der Einkommensteuerpflicht. Die Zahlungen sind den Einkünften aus selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzuordnen (vgl. BStBl 1984 I S. 134 zur einkommensteuerlichen Behandlung der von privater Seite gezahlten Pflegegelder).

Anwendung des § 3 Nr. 26 EStG

Nimmt die Tätigkeit des Erziehungs- und Familienhelfers nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs in Anspruch und wird die einem Erzieher vergleichbare Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Jugendhilfe im Dienst oder Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder im Rahmen der freien Jugendhilfe im Dienst oder Auftrag einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) ausgeübt, sind die hierfür gewährten Entgelte bis zur Höhe von 2.400 DM jährlich als Aufwandsentschädigung für eine nebenberufliche Tätigkeit steuerfrei (§ 3 Nr. 26 EStG). Die neben der eigentlichen Hauptaufgabe zusätzlich zu erbringende hauswirtschaftliche praktische Versorgung einer in Not geratenen Familie oder einer Einzelperson kann insoweit vernachlässigt werden. Diese Regelung gilt für Kalenderjahre bis einschließlich 1999. Ab dem Kalenderjahr 2000 sind die Einnahmen aus einer nach den oben genannten Grundsätzen als nebenberuflich zu beurteilenden Tätigkeit als Erziehungshelfer- und Familienhelfer bis zur Höhe von 3.600 DM (ab 2002: 1.848 €) jährlich steuerfrei.

Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit entstehen

Die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Tätigkeit als Erziehungs- und Familienhelfer stehenden Aufwendungen (z.B. Fahrtkosten, Fortbildungskosten und Telefongebühren) sind als Betriebsausgaben abzugsfähig. Da dem Erziehungs- und Familienhelfer i.d.R. keine Aufwendungen für den Lebensbedarf und die Betreuung des Kindes bzw. des Jugendlichen oder der Familie entstehen (Betreuung findet regelmäßig in der Familienwohnung statt) und die als Betriebsausgaben abzugsfähigen Aufwendungen regelmäßig leicht nachweisbar sind, scheidet die Gewährung einer Betriebsausgabenpauschale vergleichbar den Regelungen zur einkommensteuerlichen Behandlung der von privater Seite gezahlten Pflegegelder aus.

Sind die Einnahmen aufgrund der Regelung in § 3 Nr. 26 EStG bis zum maßgebenden Jahresbetrag steuerbefreit, können die als Betriebsausgaben abzugsfähigen Aufwendungen nur insoweit gewinnmindernd berücksichtigt werden, als sie die steuerfreie Aufwandsentschädigung von 2.400 DM bzw. den Betrag der steuerfrei belassenen Einnahmen von 3.600 DM/1.848 € übersteigen.

Erfolgt die Betreuung des Kindes oder Jugendlichen nicht in der Familienwohnung, sondern bei einer fremden Familie (Gastfamilie), gilt § 18 Karte 10.

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Fundstelle(n):
OAAAB-35600