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VO EG Nr. 659/1999 Artikel 7

Kapitel II: Verfahren bei angemeldeten Beihilfen

Artikel 7 Entscheidungen der Kommission über den Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 89 ,

auf Vorschlag der Kommission ,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments ,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses ,

in Erwägung nachstehender Gründe:

  (1) Unbeschadet der besonderen Verfahrensregeln in Verordnungen für bestimmte Sektoren, sollte diese Verordnung für Beihilfen in allen Sektoren gelten. Im Hinblick auf die Anwendung der Artikel 73 und 87 des Vertrags ist die Kommission nach Artikel 88 des Vertrags insbesondere für Entscheidungen über die Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt zuständig; dies gilt für die Überprüfung bestehender Beihilferegelungen, die Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen und die Nichtbefolgung ihrer Entscheidungen oder der Anmeldungspflicht.

  (2) Die Kommission hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften bei der Anwendung von Artikel 88 des Vertrags eine kohärente Praxis entwickelt und festgelegt und in einer Reihe von Mitteilungen bestimmte Verfahrensvorschriften und -grundsätze niedergelegt. Diese Praxis sollte mittels einer Verordnung kodifiziert und verstärkt werden, um wirksame und effiziente Verfahren nach Artikel 88 des Vertrags zu gewährleisten.

  (3) Eine Verfahrensverordnung über die Anwendung von Artikel 88 des Vertrags wird die Transparenz und Rechtssicherheit erhöhen.

  (4) Zur Gewährleistung von Rechtssicherheit sollte festgelegt werden, unter welchen Umständen staatliche Beihilfen als bestehende Beihilfen zu betrachten sind. Die Vollendung und Vertiefung des Binnenmarkts ist ein schrittweiser Prozess, der sich in der ständigen Entwicklung der Politik im Bereich der staatlichen Beihilfen widerspiegelt. In der Folge dieser Entwicklungen können bestimmte Maßnahmen, die zum Zeitpunkt ihrer Einführung keine staatlichen Beihilfen darstellten, zu Beihilfen geworden sein.

  (5) Nach Artikel 88 Absatz 3 des Vertrags müssen alle Vorhaben zur Gewährung neuer Beihilfen bei der Kommission angemeldet werden und dürfen nicht durchgeführt werden, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat.

  (6) Nach Artikel 10 des Vertrags sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, mit der Kommission zusammenzuarbeiten und ihr alle zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dieser Verordnung erforderlichen Informationen bereitzustellen.

  (7) Die Frist, innerhalb derer die Kommission die vorläufige Prüfung angemeldeter Beihilfen beendet haben muss, sollte festgesetzt werden auf zwei Monate nach Erhalt einer vollständigen Anmeldung oder nach Erhalt einer gebührend begründeten Erklärung des betreffenden Mitgliedstaats, wonach dieser die Anmeldung als vollständig erachtet, da die von der Kommission erbetenen zusätzlichen Auskünfte nicht verfügbar sind oder bereits erteilt wurden. Diese Prüfung sollte aus Gründen der Rechtssicherheit durch eine Entscheidung abgeschlossen werden.

  (8) In allen Fällen, in denen die Kommission nach der vorläufigen Prüfung nicht auf die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt schließen kann, sollte das förmliche Prüfverfahren eröffnet werden, damit die Kommission alle zur Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfe zweckdienlichen Auskünfte einholen kann und die Beteiligten ihre Stellungnahmen abgeben können. Die Rechte der Beteiligten können im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 des Vertrags am besten gewährleistet werden.

  (9) Nachdem die Kommission die Stellungnahmen der Beteiligten gewürdigt hat, sollte sie ihre Prüfung durch eine abschließende Entscheidung beenden, sobald alle Bedenken ausgeräumt sind. Sollte diese Prüfung nach einem Zeitraum von 18 Monaten nach Eröffnung des Verfahrens nicht beendet sein, so empfiehlt es sich, dass der betreffende Mitgliedstaat die Möglichkeit hat, eine Entscheidung zu beantragen, die die Kommission innerhalb von zwei Monaten treffen muss.

  (10) Um eine korrekte und wirksame Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen zu gewährleisten, sollte die Kommission die Möglichkeit haben, eine Entscheidung, die auf unrichtigen Auskünften beruht, zu widerrufen.

  (11) Um die Einhaltung von Artikel 88 des Vertrags, insbesondere der Anmeldepflicht und des Durchführungsverbots in dessen Absatz 3, zu gewährleisten, sollte die Kommission alle rechtswidrigen Beihilfen überprüfen. Im Interesse der Transparenz und Rechtssicherheit sollten die in diesen Fällen zu befolgenden Verfahren festgelegt werden. Ist ein Mitgliedstaat der Anmeldepflicht oder dem Durchführungsverbot nicht nachgekommen, so sollte die Kommission an keine Fristen gebunden sein.

  (12) Bei rechtswidrigen Beihilfen sollte die Kommission das Recht haben, alle für ihre Entscheidung sachdienlichen Auskünfte einzuholen und gegebenenfalls sofort den unverfälschten Wettbewerb wiederherzustellen. Daher ist es angezeigt, dass sie gegenüber dem betreffenden Mitgliedstaat einstweilige Maßnahmen erlassen kann. Bei diesen einstweiligen Maßnahmen kann es sich um Anordnungen zur Auskunftserteilung sowie zur Aussetzung oder Rückforderung einer Beihilfe handeln. Die Kommission sollte bei Nichtbefolgung einer Anordnung zur Auskunftserteilung ihre Entscheidung auf die ihr vorliegenden Informationen stützen und bei Nichtbefolgung einer Aussetzungs- oder Rückforderungsanordnung den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 2 des Vertrags unmittelbar anrufen können.

  (13) Bei rechtswidrigen Beihilfen, die mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar sind, muss wirksamer Wettbewerb wiederhergestellt werden. Dazu ist es notwendig, die betreffende Beihilfe einschließlich Zinsen unverzüglich zurückzufordern. Die Rückforderung hat nach den Verfahrensvorschriften des nationalen Rechts zu erfolgen. Die Anwendung dieser Verfahren sollte jedoch die Wiederherstellung eines wirksamen Wettbewerbs durch Verhinderung der sofortigen und tatsächlichen Vollstreckung der Kommissionsentscheidung nicht erschweren. Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, sollten die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Wirksamkeit der Kommissionsentscheidung treffen.

  (14) Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte in Bezug auf rechtswidrige Beihilfen eine Frist von zehn Jahren festgesetzt werden, nach deren Ablauf keine Rückforderung mehr angeordnet werden kann.

  (15) Die missbräuchliche Anwendung von Beihilfen kann sich auf die Funktionsweise des Binnenmarkts in ähnlicher Weise wie eine rechtswidrige Beihilfe auswirken und sollte demnach in ähnlicher Weise behandelt werden. Im Gegensatz zu rechtswidrigen Beihilfen handelt es sich bei Beihilfen, die gegebenenfalls in missbräuchlicher Weise angewandt worden sind, um Beihilfen, die die Kommission zu einem früheren Zeitpunkt genehmigt hat. Deswegen sollte die Kommission bei der missbräuchlichen Anwendung von Beihilfen keine Rückforderungsanordnung erlassen können.

  (16) Es sind alle Möglichkeiten festzulegen, über die Dritte verfügen, um ihre Interessen bei Verfahren für staatliche Beihilfen zu vertreten.

  (17) Die Kommission ist nach Artikel 88 Absatz 1 des Vertrags verpflichtet, fortlaufend in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten alle bestehenden Beihilferegelungen zu überprüfen. Im Interesse der Transparenz und Rechtssicherheit ist es angezeigt, den Rahmen dieser Zusammenarbeit festzulegen.

  (18) Die Kommission sollte zur Gewährleistung der Vereinbarkeit der bestehenden Beihilferegelungen mit dem Gemeinsamen Markt nach Artikel 88 Absatz 1 des Vertrags zweckdienliche Maßnahmen vorschlagen, wenn eine solche Regelung nicht oder nicht mehr mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, und das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 des Vertrags eröffnen, wenn der betreffende Mitgliedstaat die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht durchführen will.

  (19) Damit die Kommission die Befolgung ihrer Entscheidungen wirksam überwachen kann und ihre Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten bei der fortlaufenden Überprüfung aller bestehenden Beihilferegelungen nach Artikel 88 Absatz 1 des Vertrags erleichtert wird, muss für alle bestehenden Beihilferegelungen eine allgemeine Berichterstattungspflicht eingeführt werden.

  (20) Hat die Kommission ernsthafte Bedenken, ob ihre Entscheidungen befolgt werden, sollte sie über zusätzliche Instrumente verfügen, um die Informationen einholen zu können, die für die Nachprüfung der tatsächlichen Befolgung ihrer Entscheidungen erforderlich sind. In dieser Hinsicht stellen Nachprüfungen vor Ort ein geeignetes und nützliches Instrument dar, und zwar insbesondere in Fällen, in denen Beihilfen missbräuchlich angewandt worden sein könnten. Deshalb muss die Kommission dazu ermächtigt werden, Nachprüfungen vor Ort durchzuführen, und die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten müssen mit ihr zusammenarbeiten, wenn ein Unternehmen sich einer solchen Nachprüfung vor Ort widersetzt.

  (21) Im Interesse der Transparenz und Rechtssicherheit sollten die Entscheidungen der Kommission der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden; gleichzeitig gilt weiterhin der Grundsatz, dass Entscheidungen über staatliche Beihilfen an den betreffenden Mitgliedstaat gerichtet werden. Deswegen ist es zweckmäßig, alle Entscheidungen, die die Interessen der Beteiligten beeinträchtigen könnten, in vollständiger oder zusammengefasster Form zu veröffentlichen oder für die Beteiligten Kopien derjenigen Entscheidungen bereitzuhalten, die nicht veröffentlicht oder nicht in vollständiger Form veröffentlicht wurden. Die Kommission sollte bei der Veröffentlichung ihrer Entscheidungen die Vorschriften über das Berufsgeheimnis nach Artikel 287 des Vertrags befolgen.

  (22) Die Kommission sollte in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten Durchführungsvorschriften zu den in dieser Verordnung genannten Verfahren erlassen können. Für die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sollte ein Beratender Ausschuss für staatliche Beihilfen eingesetzt werden, der konsultiert wird, bevor die Kommission Durchführungsvorschriften erlässt. –

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN: