Widerruf der Bestellung als Stb. wegen Vermögensverfalls
Gesetze: StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4
Instanzenzug:
Gründe
I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes —StBerG—) durch den Bescheid der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Steuerberaterkammer) vom als unbegründet abgewiesen. Das FG hat die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung als Steuerberater als gegeben angesehen, da der Kläger mit mehreren Haftbefehlen und Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts eingetragen worden und die daraus folgende Vermutung des Vermögensverfalls vom Kläger nicht widerlegt worden sei. Das im Rahmen der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erstellte Vermögensverzeichnis habe vielmehr die Vermutung des Vermögensverfalls bestätigt. Auch bis zur mündlichen Verhandlung habe der Kläger keine nachhaltige Verbesserung seiner Vermögensverhältnisse dargelegt und nachgewiesen. Vielmehr ergebe eine Gesamtbewertung der vorliegenden Informationen, dass der Kläger überschuldet und zahlungsunfähig sei. Die Einleitung mehrerer vorläufiger Insolvenzverfahren spreche für eine Verschlechterung seiner Vermögenssituation seit Erlass des Widerrufsbescheids. Einen seine sämtlichen Verbindlichkeiten erfassenden Tilgungsplan gebe es nicht. Auch ein dem Kläger in Aussicht gestelltes Darlehen von 50 000 € ändere an dieser Bewertung nichts, weil damit zwar einige Gläubiger befriedigt werden könnten, andererseits jedoch ein neuer Gläubiger hinzutrete. Es habe sich auch nicht feststellen lassen, dass eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber durch den Vermögensverfall des Klägers ausgeschlossen sei. Der Kläger komme seinen steuerlichen Pflichten nicht nach, habe sich selbst unter dem Druck des vorliegenden Verfahrens nicht befriedigend zu seiner Vermögenslage geäußert und habe eingeräumt, seit längerer Zeit nicht ordnungsgemäß berufshaftpflichtversichert zu sein.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) stützt.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe zum Teil nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.
1. Einer Rechtsfrage ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO beizumessen, wenn ihre Beantwortung in dem angestrebten Revisionsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. , BFHE 198, 316, BStBl II 2002, 581, m.w.N.). Das Vorliegen dieser Zulassungsvoraussetzungen muss der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung und innerhalb der Begründungsfrist schlüssig und substantiiert darlegen (§ 116 Abs. 3 Satz 1 und 3 FGO). Dazu ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Rechtsfrage formuliert und substantiiert auf ihre Klärungsbedürftigkeit, ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingeht, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom II B 5/95, BFH/NV 1996, 141, m.w.N.; vom V B 23/00, BFH/NV 2000, 1148; Senatsbeschluss vom VII B 178/02, BFH/NV 2003, 214).
Ob die Beschwerde diesen Darlegungserfordernissen genügt, kann offen bleiben, da die formulierte Rechtsfrage, ob von einem Vermögensverfall des Steuerberaters ausgegangen werden kann, wenn zur Tilgung der Verbindlichkeiten ein ungesichertes Darlehen zur Verfügung gestellt wurde, jedenfalls nicht klärungsbedürftig ist.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (, BFHE 178, 504, BStBl II 1995, 909; vom VII R 68/99, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2000, 741; vom VII R 103/99, BFH/NV 2001, 69), dass die durch den Tatbestand des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG begründete gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls (hier: die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis) widerlegbar ist, wobei es dem Steuerberater obliegt, im Einzelnen substantiiert die Umstände vorzutragen, die zur Widerlegung der Vermutung führen. Ob dem Steuerberater die Widerlegung der Vermutung gelungen ist, ist eine im Einzelfall vom Tatsachengericht auf der Grundlage der Würdigung der festgestellten Tatsachen zu beantwortende Frage.
Mithin ist auch die Frage, ob die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls in Anbetracht eines dem Steuerberater gewährten Darlehens als widerlegt angesehen werden kann, eine Frage der vom Tatrichter im Einzelfall vorzunehmenden Tatsachenwürdigung. Wenn sich die Beschwerde dagegen wendet, dass das FG trotz des dem Kläger in Aussicht gestellten Darlehens von 50 000 € angenommen hat, dass dieser überschuldet und zahlungsunfähig ist, bezeichnet sie in Wahrheit keine klärungsbedürftige Rechtsfrage, sondern rügt eine ihrer Ansicht nach falsche Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls durch das FG, was jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann, weil damit kein Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt wird.
2. a) Eine Verletzung der dem FG nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO obliegenden Pflicht, das Ergebnis der mündlichen Verhandlung sowie den Inhalt der ihm vorliegenden Akten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen, wird von der Beschwerde nicht schlüssig dargelegt, weil sie lediglich auf einen in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schriftsatz des Klägers verweist, ohne konkrete Tatsachen zu benennen, die in der Würdigung des FG angeblich keine Berücksichtigung gefunden haben. Im Übrigen ergibt sich aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils, dass das FG den Inhalt des vom Kläger in der mündlichen Verhandlung überreichten Schriftsatzes zur Kenntnis genommen hat; es hat das enthaltene Vorbringen lediglich nicht im Sinne des Klägers gewürdigt.
b) Das Gleiche gilt hinsichtlich der insoweit von der Beschwerde gerügten Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO): Zum einen macht die Beschwerde die „Nichtberücksichtigung der vom Kläger vorgebrachten Tatsachen” geltend, ohne diese Tatsachen konkret zu bezeichnen. Zum anderen ist das FG nicht verpflichtet, sich in der Urteilsbegründung mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu befassen. Es ist vielmehr grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen hat (, BFH/NV 2001, 1292). Daher liegt in derartigen Fällen eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nur vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles deutlich ergibt, dass das FG Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (, BFH/NV 2003, 335, m.w.N.). An entsprechenden Darlegungen der Beschwerde fehlt es im Streitfall. Überdies hat das FG zweifellos —wie bereits ausgeführt— den Inhalt des in der mündlichen Verhandlung überreichten Schriftsatzes zur Kenntnis genommen.
c) Soweit die Beschwerde außerdem rügt, dass das FG „Angaben aus der Verwaltungsakte” übernommen habe, ohne dass der Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten habe, fehlt es zum einen an Darlegungen, welche konkreten Angaben gemeint sind, und zum anderen an Ausführungen, inwieweit das Urteil auf diesem angeblichen Verfahrensfehler beruhen kann. Solche Ausführungen sind notwendig, weil das durch § 96 Abs. 2 FGO gewährleistete Recht auf Gehör durch den Gesichtspunkt der Entscheidungserheblichkeit begrenzt wird (Senatsbeschluss vom VII B 282/99, BFH/NV 2000, 857). Im Übrigen sind die vom FG beigezogenen Verwaltungsakten Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Es wären deshalb auch Ausführungen erforderlich gewesen, weshalb es dem Kläger nicht möglich war, diese Akten einzusehen und zu ihrem Inhalt Stellung zu nehmen.
d) Schließlich ist auch die gerügte Verletzung der sich aus § 76 Abs. 1 FGO ergebenden Pflicht des Gerichts zur Sachaufklärung nicht hinreichend dargelegt. Die Beschwerde trägt weder vor, dass das FG einen vom Kläger gestellten Beweisantrag übergangen habe, noch führt sie aus, weshalb sich dem Gericht auch ohne entsprechenden Antrag des Klägers eine Beweiserhebung zu bestimmten Beweisthemen hätte aufdrängen müssen. Insoweit fehlt es bereits an der Bezeichnung konkreter Tatsachen, deren Klärung das FG angeblich versäumt hat; die Beschwerde beschränkt sich vielmehr auf die Rüge, dass das FG „den gesamten Sachverhalt nicht abschließend ausermittelt” habe.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 1551
BFH/NV 2004 S. 1551 Nr. 11
XAAAB-26525