OFD Düsseldorf - S 7233

Umsatzsteuerliche Behandlung von Umsätzen der Pferdepensionen und aus der Vermietung von Reitpferden

– St 445;

Bezug:

Zeitliche Anwendung:

Mit Urteil vom – V R 41/02 – hat der BFH entschieden, dass das Einstellen und Betreuen von Reitpferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport genutzt werden, nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG, sondern dem allgemeinen Steuersatz unterliegt.

Nach dem hiernach ergangenen gilt Folgendes:

Umsätze aus der Pensionshaltung von Pferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport oder zu selbständigen oder gewerblichen, nicht landwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden (z.B. durch Reitlehrer oder Berufsreiter), unterliegen dem allgemeinen Steuersatz. Die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG kann dabei nicht in Anspruch genommen werden. Die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG bleibt hiervon unberührt ( – noch nicht veröffentlicht, damit noch nicht anwendbar).

Übergangsregelung:

Für bis zum bewirkte Umsätze in der Pensionspferdehaltung wird es jedoch nicht beanstandet, wenn unter den übrigen Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG der ermäßigte Steuersatz bei allen noch nicht unanfechtbaren Steuerfestsetzungen in Anspruch genommen wird.

Die genannten „übrigen Voraussetzungen” sind bis dahin folgendermaßen zu prüfen:

A. Allgemeines

Leistungen, die Pferdepensionen und -trainer z. B. aufgrund von Pferdeeinstellungsverträgen gegenüber Besitzern von Reit- und Rennpferden erbringen, unterliegen dem ermäßigten Steuersatz, wenn die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG für das Halten von Vieh (Pensionsviehhaltung) vorliegen. Eine begünstigte einheitliche Leistung liegt vor, wenn der Pensionsbetrieb verpflichtet ist, folgende Leistungsbestandteile zu erbringen:

  1. Unterbringung (Unterstellung),

  2. Füttern und Tränken sowie

  3. Pflege

des Pferdes.

B. Definition des Pflegebegriffs

Abgrenzungsfragen zum Merkmal „Pflege” sind nach den Bedürfnissen des Pferdes zu beurteilen. Dieses Merkmal ist nur dann erfüllt, wenn der Pensionsbetrieb verpflichtet ist, bestimmte Mindestleistungen zu erbringen.

Abzustellen ist auf das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse. Es kommt darauf an, dass der Unternehmer im Ergebnis für den ordnungsgemäßen Zustand eines Tieres einzustehen hat. Es ist unschädlich, wenn einzelne Pflegeleistungen zeitweise durch den Tierbesitzer ausgeführt werden und der Pensionsbetrieb dann nicht selbst tätig wird. Es muss jedoch die ständige Leistungsbereitschaft des Unternehmers gegeben sein, die vereinbarten Leistungen jederzeit auch ohne Aufforderung durch den Tierbesitzer zu erfüllen. Der Unternehmer muss hierzu über die erforderliche Organisationsstruktur und geeignetes Personal in hinreichendem Umfang verfügen.

Zur Pflege gehören folgende Leistungen:

  1. Bewegen des Pferdes

    Nur das der Gesunderhaltung des Tieres dienende Bewegen fällt unter den Pflegebegriff.

    Eine Pflegeleistung des Pensionsbetriebs liegt nur dann vor, wenn dieser verpflichtet ist, das Tier zu bewegen. Es ist hierfür ausreichend, das Tier aus der Box auf eine Weide zu bringen, wo es sich selbst bewegen kann (Weidegang).

    Nicht unter das Bewegen des Pferdes zur Gesunderhaltung des Tieres fällt der Beritt (siehe weiter unten).

  2. Gewährleistung des Gesundheitszustandes des Tieres durch Kontrolle ggf. eigenverantwortliche Veranlassung tierärztlicher Maßnahmen.

  3. Reinigung

    Zur Reinigung gehören das zur Verfügung Stellen einer sauberen Box (Reinigen der Boxenwände) durch den Pensionsinhaber sowie das Reinigen der Tiere.

  4. Ausmisten des Einstellplatzes

  5. Einstreuen des Einstellplatzes

Nicht zur Pflege gehören folgende Leistungselemente:

  • Beritt

    Der Beritt stellt eine sportliche Betätigung durch den Reiter oder Pensionsinhaber dar; er ist für die Pflege nicht erforderlich. Beritt ist sportliche Betätigung, das Bewegen geht sozusagen im Beritt unter.

    Vom Pensionsinhaber erbrachter Beritt stellt – ggf. neben der begünstigten Pflegeleistung – immer eine eigenständige sonstige Hauptleistung dar, die dem allgemeinen Steuersatz unterliegt.

  • Benutzung der Reitbahn

    Diese Leistung hat mit dem Halten von Vieh nichts zu tun, sie ist dem Reiten durch den Pferdebesitzer zuzuordnen und nicht Bestandteil einer Pflegeleistung.

    Insoweit liegt eine unselbständige Nebenleistung zur Hauptleistung vor (zur Beurteilung der Hauptleistung als Vermietung, Betreuung oder Halten von Vieh siehe Abschnitt C.).

  • Ausbildung und Training

    Die Ausbildung und das Training der Pferde durch geschultes Personal stellen immer selbständige Sonderleistungen dar, die nicht zur einheitlichen Leistung „Pensionsviehhaltung” gehören und dem allgemeinen Steuersatz unterliegen.

Aufteilen des Entgelts

Wird ein Pauschalentgelt gezahlt, ist dieses im Schätzungswege aufzuteilen (z. B. anhand der Kosten nach dem Lohnanteil für das zur Ausbildung und zum Training der Pferde eingesetzte geschulte Personal). Für die Trainingsleistungen, die im Zusammenhang mit dem Pferderennsport bewirkt werden, verweise ich auf die Bezugsverfügungen:

In diesen Fällen werden nach Auskunft des Direktoriums für Vollblutzucht und Rennen e.V., Köln-Weidenpesch, durch das Entgelt, das der Trainer von den Pferdebesitzern erhält, nur die Kosten der Pensionsviehhaltung – einschließlich eines angemessenen Unternehmergewinns – gedeckt. Für das eigentliche Training des Pferdes bekomme der Trainer nichts; der Anteil des Trainers am Rennpreis im Falle eines Sieges des Pferdes sei als Entgelt für das Trainieren anzusehen. Bis auf Widerruf können die Entgelte der Trainer, soweit sie pro Pferd und Tag 20 € nicht überschreiten, als auf die Pensionstierhaltung entfallend betrachtet werden.

Diese Grundsätze gelten auch für das Trainieren von Pferden für andere Sportarten, in denen bei Turnieren Preise erzielt werden können (Dressur, Springreiten etc.):

Wenn

  • der Trainer nach den vertraglichen Vereinbarungen außerdem an den vom Pferd erzielten Preisen beteiligt ist,

  • aufgrund der Leistungsfähigkeit des Pferdes ernsthaft damit gerechnet werden kann, dass es tatsächlich Preise erzielen wird und

  • ersichtlich ist, dass dies bei der Bemessung des einheitlichen Entgelts für die Pensionstierhaltung und das Trainieren berücksichtigt wurde,

    ist dies bei der Aufteilung des einheitlichen Gesamtentgelts dadurch zu berücksichtigen, dass ein entsprechend höherer Anteil der begünstigten Pensionstierhaltung zugerechnet wird.

    Bis zu welchem Betrag in diesen Fällen eine ausschließliche Zuordnung des Entgelts zur Pensionstierhaltung und damit zum ermäßigen Steuersatz angenommen werden kann, ist im Einzelfall zu ermitteln.

C. Umsatzsteuerliche Beurteilung der Leistungen des Pensionsinhabers

Je nach vertraglicher Gestaltung und Leistungsumfang des Pensionsbetriebs können dessen Gesamtleistungen umsatzsteuerlich wie folgt zu beurteilen sein:

  1. Vermietungsleistung

    Ist nur die reine Unterbringung vereinbart (nur Leistung zu A.1.) liegt steuerfreie Vermietung einer Box vor (§ 4 Nr. 12a UStG), wenn eine bestimmte Grundstücksfläche unter Ausschluss anderer überlassen wird.

  2. Betreuungs-/Verwahrungsleistung

    Sind nur Unterbringung und Füttern/Tränken vereinbart (Leistungen zu A.1. und A.2.) liegen steuerbare Betreuungs-/Verwahrungsleistungen vor, die insgesamt nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG begünstigt sind, weil keine Pflege erbracht wird (allgemeiner Steuersatz). Das Gleiche gilt, wenn nur einige der in Abschnitt B. Nrn. 1. bis 5. genannten Leistungen ausgeführt werden.

  3. Halten von Vieh

    Hat der Pensionsbetrieb Unterbringungs-, Fütterungs- und Pflegeleistungen zu erbringen (vollständige Leistungen gemäß Abschnitt A.1. bis A.3.), liegt begünstigtes Halten von Vieh i. S. von § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG vor.

D. Beispiele

Beispiel 1:

Die Pferdepension P bietet Pferdebesitzern zwei Verträge zur Wahl an:

1. Pferdeeinstellungsvertrag zu einem Pensionspreis von monatlich 250 €.

Leistungen der P:

  • Vermietung einer Box (ohne Anspruch auf bestimmten Platz), Ausmisten der Boxen und Versorgung mit frischem Stroh,

  • tägliches Füttern und Tränken der Pferde,

  • Kontrolle der Tiere (ggf. Anforderung eines Tierarztes oder Benachrichtigung des Eigentümers über Besonderheiten) und

  • Benutzung der Reitbahn im Freien, der Reithalle sowie der vorhandenen Einrichtungen, wie z. B. Wasch- und Schmiedeplatz, Solarium und Sattelkammer.

Die Pferdebesitzer sind täglich 1 bis 2 Stunden zur aktiven Mitarbeit verpflichtet und müssen die Tiere u. a. selbst bewegen, reiten und striegeln.

Umsatzsteuerliche Beurteilung:

P erbringt eine einheitliche Betreuungsleistung, die insgesamt steuerbar ist. Die Überlassung der Reitbahn, der Reithalle und der übrigen Einrichtungen stellen unselbständige Nebenleistungen dar.

Die Leistung der P unterliegt dem allgemeinen Steuersatz. Es liegt kein begünstigtes Halten von Vieh vor, da die Pferde nicht von P sondern von ihren Besitzern gepflegt werden (kein Bewegen und Reinigen der Tiere durch P).

2. Pferdeeinstellungsvertrag zu einem Pensionspreis von monatlich 500 €

Leistungen der P:

  • Leistungskatalog wie im 1. Vertrag, zusätzlich:

  • tägliches Bewegen der Tiere, Striegeln und Auskratzen der Hufe (der Pferdebesitzer muß nicht zur Versorgung seines Tieres beitragen) sowie

  • Ausbildung und Training durch geschultes Personal.

Umsatzsteuerliche Beurteilung:

Da zur Leistung der P nunmehr auch die Pflege der Tiere gehört (alle Leistungsmerkmale gemäß Abschnitt B. Nrn. 1. bis 5. erfüllt), liegen sämtliche Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG vor; die Pensionsviehhaltung unterliegt dem ermäßigten Steuersatz. Ausbildung und Training unterliegen als selbständige Leistungen dem allgemeinen Steuersatz.

Beispiel 2:

T ist selbständiger Pferdetrainer; er darf aufgrund besonderer Vereinbarungen mit einem Reiterverein 20 Pferdeboxen, eine Sattelkammer und einen Büroraum nutzen sowie bei Bedarf auch die Trainingsbahn, die Grasbahn und die Startmaschine.

Den Pferdebesitzern bietet T folgende Leistungen an:

  1. Trainingsleistung einschließlich Füttern, Tränken und Pflege 16 €/täglich

  2. Unterbringung 45 €/monatlich

  3. Stalldungentsorgung 15 € monatlich

  4. Bahngebühren 13 € monatlich

  5. Transport zu den Rennen

Die Leistungen zu 2. und 4. werden vertraglich unmittelbar zwischen dem Reiterverein und dem jeweiligen Pferdebesitzer vereinbart und erbracht.

Umsatzsteuerliche Beurteilung:

Da die Unterbringung der Pferde nicht durch T, sondern unmittelbar durch den Reiterverein erfolgt, kann die Leistung des T gegenüber dem Pferdebesitzer mangels selbst erbrachter Unterbringungsleistung nicht als begünstigtes Halten von Vieh i. S. des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG angesehen werden. T erbringt folgende selbständige Leistungen:

  • Training,

  • Füttern, Tränken und Pflege der Tiere sowie

  • Transport zu den Rennen.

Diese unterliegen jeweils dem allgemeinen Steuersatz.

Abwandlung

Die Leistungen zu 2. bis 4. werden unmittelbar zwischen T und dem Pferdebesitzer vereinbart. T bedient sich zur Durchführung der Arbeiten des Reitervereins; er berechnet seinen Kunden lediglich die ihm vom Verein in Rechnung gestellten Beträge weiter.

Umsatzsteuerliche Beurteilung:

Da T die Leistungen zu 2. bis 4. selbst schuldet und auch in eigenem Namen und auf eigene Rechnung gegenüber seinen Kunden abrechnet, erbringt er auch die Unterbringungsleistung. Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG für die Annahme des Haltens von Vieh liegen vor, weil von T alle Leistungen nach Abschn. B. Nrn. 1. bis 5. erbracht werden.

Die Leistung des T ist begünstigt, soweit Halten von Vieh vorliegt. Darüber hinaus erbrachte Trainings- und Transportleistungen sind eigenständig zu beurteilen; sie stellen weitere, nicht begünstigte Hauptleistungen dar.

E. Vertragliche Vereinbarungen

Da – insbesondere beim Merkmal „Pflege” – auf das Gesamtbild der Verhältnisse abzustellen ist (vgl. Teil B.), ist es nicht sinnvoll, bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine begünstigte Pensionstierhaltung allein auf die bestehenden Verträge abzustellen. Auch wenn darin nicht alle für die Annahme einer Pflege in Teil B. genannten Leistungen vorgesehen sind (z.B. weil das Reinigen der Tiere nicht als Pflichtleistung des Pensionsbetriebs vereinbart wurde), kann aufgrund

  • vertraglich besonders ausgeprägter anderer Pflegekomponenten, wie z.B. der Versorgung im Krankheitsfall oder

  • der tatsächlichen Übung im Betrieb

im Rahmen einer gewichtenden Gesamtschau doch eine begünstigte Pensionsviehhaltung anzunehmen sein.

Die Bezugsverfügung vom S 7233 A – St 445 wird hiermit aufgehoben.

OFD Düsseldorf v. - S 7233

Fundstelle(n):
MAAAB-26277