Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung bei bereits geklärter Rechtsfrage (hier: Anspruch des Organträgers auf Erstattung der USt)
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; AO § 37
Instanzenzug:
Gründe
I. Nach dem Ergebnis einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung im Jahr 1997 wurde auf Seiten der Finanzverwaltung angenommen, dass zwischen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) und B ein Organschaftsverhältnis mit B als Organträger und der Klägerin als Organgesellschaft bestehe. Dementsprechend wurde die Umsatzsteuer unter der Steuernummer des B zusammengefasst. Für das Jahr 1998 wurde gegen B eine Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung festgesetzt. Auf diese Festsetzung erfolgten Zahlungen; u.a. wurden von einem Bankkonto der Klägerin unter der Angabe „UMST”, „SVZ 98” und „Anteil der A” sowie der Steuernummer des B als Verwendungszweck insgesamt ... DM gezahlt.
Im Oktober 1998 machten die Klägerin und B geltend, dass die angenommene Organschaft nicht bestehe und gaben getrennte Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate Januar bis Mai 1998 ab. Die Finanzverwaltung schloss sich dieser Auffassung an und stellte die berichtigten Voranmeldungsbeträge auf den jeweiligen Steuerkonten der Klägerin und des B zum Soll. Nachdem die Klägerin in der Folgezeit die Verrechnung der auf die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung geleisteten ... DM mit ihren Umsatzsteuerschulden geltend gemacht hatte, erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) unter dem einen Abrechnungsbescheid, mit dem er feststellte, dass der Klägerin ein Erstattungsanspruch in Höhe von ... DM nicht zustehe. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab und urteilte, dass die Klägerin hinsichtlich der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung keinen Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) habe, da die Zahlungen in der Annahme des Bestehens einer Organschaft auf Rechnung des B zur Tilgung ihrer vermeintlichen Umsatzsteuerschuld bewirkt worden seien. Dass die Zahlungen vom Konto der Klägerin erfolgt seien, ändere hieran nichts, denn bei der Bestimmung des Erstattungsgläubigers komme es nicht darauf an, auf wessen Kosten und mit welchen Mitteln gezahlt worden sei. Auch mit dem Zusatz beim Verwendungszweck „Anteil der A” sei bei verständiger Würdigung nur zum Ausdruck gebracht worden, dass die Klägerin als vermeintliche Organgesellschaft die auf ihre Umsätze anteilig entfallende Umsatzsteuerschuld des Organträgers für dessen Rechnung habe begleichen wollen.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) stützt.
II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil der von der Klägerin geltend gemachte Grund für die Zulassung der Revision nicht schlüssig dargelegt ist, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt.
Um die Zulassungsvoraussetzung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache schlüssig darzulegen, ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Rechtsfrage formuliert und substantiiert auf ihre Klärungsbedürftigkeit, ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingeht, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom II B 5/95, BFH/NV 1996, 141, m.w.N.; vom V B 23/00, BFH/NV 2000, 1148; Senatsbeschluss vom VII B 178/02, BFH/NV 2003, 214).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerde im Streitfall nicht gerecht. Sie formuliert bereits keine konkrete Rechtsfrage, sondern vertritt lediglich die Ansicht, dass das vorliegende Verfahren geeignet sein könnte, zu dem Urteil des Senats vom VII R 49/96 (BFH/NV 1997, 537) „die Grenzfälle selbst festzustellen als auch den möglichen Umfang der Sorgfaltspflicht des FA zu definieren”. Welche konkrete Rechtsfrage im Streitfall klärungsbedürftig ist, warum ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt und weshalb von ihrer Beantwortung die Entscheidung über die Rechtssache abhängt, wird damit nicht deutlich.
Darüber hinaus ist nach der Beschwerdebegründung auch nicht erkennbar, inwieweit der Streitfall einen Grenzfall zu der einschlägigen Rechtsprechung des Senats darstellt. Die Beschwerde führt selbst aus, dass nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile in BFH/NV 1997, 537, und vom VII R 94/99, BFHE 196, 18, BStBl II 2002, 330) in Fällen, in denen Umsatzsteuerzahlungen bei einer nur vermeintlichen —aber nach späterer Erkenntnis nicht vorliegenden— Organschaft zu erstatten sind, Erstattungsgläubiger derjenige ist, dessen —möglicherweise nur vermeintliche— Umsatzsteuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem FA gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollte. Die im Streitfall maßgebliche Rechtsfrage ist somit bereits höchstrichterlich geklärt. Zur Begründung einer gleichwohl vorliegenden grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hätte die Beschwerde eingehend begründen müssen, warum sie eine erneute Entscheidung des BFH zu der betreffenden Frage im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsentwicklung für erforderlich hält, und hätte hierfür substantiiert darlegen müssen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die bereits höchstrichterlich beantwortete Frage umstritten ist, insbesondere welche neuen gewichtigen, bislang nicht geprüften Einwände in der Literatur und/oder in der Rechtsprechung der Instanzgerichte gegen die höchstrichterliche Auffassung erhoben werden (vgl. z.B. , BFH/NV 2000, 985, m.w.N.). An solchen Darlegungen fehlt es jedoch im Streitfall.
Die lediglich vorgetragene Ansicht der Beschwerde, dass es dem FA möglich gewesen wäre, den Bescheid über die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung noch vor Ablauf des Jahres 1998 aufzuheben, und dass es hierzu nach Treu und Glauben auch verpflichtet gewesen wäre, wird den genannten Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Die Beschwerde verkennt insoweit, dass es im Abrechnungsverfahren nach den genannten Senatsurteilen allein auf die formelle Bescheidlage und nicht auf die materielle Rechtslage ankommt.
Soweit die Beschwerde meint, dass die Klägerin klar zum Ausdruck gebracht habe, dass es sich bei ihren Zahlungen auf die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung um ihren aus eigenen Umsätzen herrührenden Anteil handele, wendet sie sich gegen die materielle Richtigkeit der Entscheidung des FG, was jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann, weil damit kein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird (, BFH/NV 2002, 1476, m.w.N.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 1370
BFH/NV 2004 S. 1370 Nr. 10
LAAAB-25677