Hilfsweise Stellung eines Klagebegehrens für den Fall des Misserfolgs des Hauptantrags zulässig; Zulässigkeit einer innerprozessualen Bedingung
Gesetze: FGO § 43
Instanzenzug:
Gründe
Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist —soweit sie das abgetrennte Verfahren wegen Erlass von Einkommensteuer 1999 betrifft— begründet.
1. Die Rüge der Kläger, das Finanzgericht (FG) habe einen Verfahrensfehler hinsichtlich ihres Antrags auf Erlass der näher bezeichneten Einkommensteuerschuld für 1999 begangen, greift durch. Die Vorentscheidung ist insoweit aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Die Kläger haben vor dem FG (sinngemäß) beantragt, (hauptsächlich) die Einkommensteuer-Festsetzung für 1999 unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 der Abgabenordnung —AO 1977—) dergestalt zu ändern, dass die Zuschätzung in Höhe von 6 000 DM entfällt,
hilfsweise, den Beklagten und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) zu verpflichten, einen geänderten Bescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 (ohne die Zuschätzung) zu erlassen,
weiter hilfsweise, das FA zu einem Billigkeitserlass der auf der Zuschätzung beruhenden Einkommensteuerschuld zu verpflichten.
Entgegen der Auffassung des FG stellt der zuletzt gestellte (nachrangige) Hilfsantrag kein unzulässiges Klagebegehren dar. Es ist zwar richtig, dass Prozesshandlungen eindeutig und unbedingt vorgenommen werden müssen. Unzulässig ist es deshalb, eine Prozesshandlung von einer außerprozessualen Bedingung abhängig zu machen. Indessen sind innerprozessuale Bedingungen zulässig, wenn keine Unsicherheit in das Verfahren getragen wird. Ein solcher Fall liegt hier vor.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass ein Begehren auch hilfsweise, d.h. nur für den Fall des Misserfolgs des Hauptantrags gestellt werden kann. Zwar wird auch bei dieser sog. eventuellen Klagenhäufung (vgl. § 43 FGO) der Hilfsanspruch mit Einreichung der Klage rechtshängig, so dass sofort über ihn verhandelt werden darf und in der Regel auch verhandelt wird (Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Aufl., S. 408 f. und S. 649). Hat jedoch der Hauptantrag Erfolg und tritt somit die innerprozessuale Bedingung, an die das Hilfsbegehren gebunden ist, nicht ein, so entfällt hiermit zugleich auch rückwirkend dessen Rechtshängigkeit mit der Folge, dass über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden ist (ausführlich hierzu: von Beckerath in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 43 FGO Rz. 59; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 43 Rz. 7; , BFHE 194, 403, BStBl II 2001, 621).
Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass sowohl der Hauptantrag als auch die beiden Hilfsanträge wirtschaftlich auf ein gleichartiges Ziel gerichtet waren (zu diesem Erfordernis: Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 43 FGO Tz. 4, m.w.N.; vgl. auch Rosenberg/Schwab/Gottwald, a.a.O., S. 409 und S. 649). Sämtliche Anträge zielten darauf ab, die aus der Zuschätzung resultierende Steuernachforderung rückgängig zu machen.
Dieser Beurteilung entspricht es auch, dass das FG —zu Recht— den vorrangigen Hilfsantrag der Kläger bezüglich der Verpflichtung des FA gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 als zulässig (da unbedingt) beurteilt hat.
2. Bei seiner erneuten Entscheidung zum Erlass der Einkommensteuer wird das FG der Frage nachzugehen haben, ob insoweit die einschlägigen Sachentscheidungsvoraussetzungen erfüllt sind. Zu klären ist besonders, ob über den Antrag der Kläger bereits im —ohne Rechtsbehelfsbelehrung versehenen— Schreiben vom entschieden worden ist bzw. ob es sich bei diesem Klagebegehren um eine —wie die Kläger meinen— Untätigkeitsklage (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 46 Rz. 2 ff.) handelt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 1421
BFH/NV 2004 S. 1421 Nr. 10
NAAAB-25672