Zugrundelegung des Gesamtergebnisses des Verfahrens
Gesetze: FGO § 96, § 115 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) erhoben gegen den Einkommensteuerbescheid 1979 vom Einspruch. Die Kläger schuldeten danach ca. 30 000 DM Mehrsteuern; 10 000 DM wurden insoweit von Einkommensteuer 1978 auf Einkommensteuer 1979 umgebucht. Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt —FA—) entschied über den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom . Streitig ist, ob Aussetzung der Vollziehung —AdV— (in Höhe von 20 000 DM) gewährt wurde und dadurch der Eintritt der Zahlungsverjährung unterbrochen war. Die AdV-Verfügung enthält keinen Absendevermerk, der nach dem Vordruck allerdings auch nicht vorgesehen ist. Die Kläger bestreiten den Zugang der AdV-Verfügung.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt; der Rechtsstreit sei in der Hauptsache durch den Eintritt der Zahlungsverjährung erledigt. Im Streitfall ergäben sich Zweifel am Zugang der AdV-Verfügung bereits daraus, dass die in den Akten befindliche Ausfertigung keinen Vermerk der Aufgabe zur Post enthalte. Damit sei zweifelhaft, ob das FA die AdV-Verfügung überhaupt abgesandt habe. Das FA habe die Zweifel nicht beseitigen können.
II. Die auf Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde ist gemäß § 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) begründet; die Voraussetzungen des § 115 Abs 2 Nr. 3 FGO liegen vor.
1. Ein Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist unter anderem dann gegeben, wenn das FG seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt. Das FG hat entgegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt; § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO verpflichtet das FG, den gesamten Prozessstoff vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen. Deshalb kann ein Verfahrensmangel darin liegen, dass das FG bei seiner Überzeugungsbildung eine nach Aktenlage feststehende Tatsache unbeachtet lässt oder bei seiner Entscheidung vom Nichtvorliegen einer solchen Tatsache ausgeht (, BFH/NV 2003, 1209).
Im Streitfall ist das FG davon ausgegangen, dass allein der auf der Aussetzungsverfügung fehlende Absendevermerk ausreiche, um Zweifel an deren wirksamer Bekanntgabe zu begründen. Das FG hat aber nicht die weiteren Indizien, die in Zusammenhang mit der Bekanntgabe standen, berücksichtigt; insbesondere ist das FG nicht auf den Umstand eingegangen, dass die Kläger die fehlende Auszahlung der Erstattung der Einkommensteuer 1978 ohne Beanstandung hingenommen haben.
2. Die Entscheidung ergeht im Übrigen gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne weitere Begründung.
Fundstelle(n):
JAAAB-25293