Private Nutzung eines betrieblichen Kfz durch einen AN; Entkräftung des Anscheinsbeweises durch Gegenbeweis
Gesetze: EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 8 Abs. 2, § 19
Instanzenzug:
Gründe
Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) nur auf das Vorliegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Finanzgericht (FG) ist im Streitfall —im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH)— davon ausgegangen, dass die Bewertung eines privaten Kfz-Nutzungsvorteils auch nach der sog. 1 v.H.-Methode erfolgen kann (vgl. Abschn. 31 Abs. 7 Nr. 4 der Lohnsteuer-Richtlinien in den vor 1996 geltenden Fassungen). Dabei kann das FG im Rahmen der nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO gebotenen freien Beweiswürdigung die Grundsätze über den Anscheinsbeweis (Beweis des ersten Anscheins oder prima-facie-Beweis) heranziehen (, BFH/NV 1999, 1330, m.w.N.).
Der auf Erfahrungssätzen beruhende Anscheinsbeweis kann durch den sog. Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu bedarf es nicht des Beweises des Gegenteils. Es genügt vielmehr, dass ein Sachverhalt dargelegt wird, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt (vgl. , BFHE 156, 66, BStBl II 1989, 534; vom VIII R 93/73, BFHE 129, 53, BStBl II 1980, 69; Beschluss vom I B 160/93, BFH/NV 1995, 221; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 96 Rz. 17, m.w.N.).
2. Das FG hat im Streitfall dargelegt, der Beweis des ersten Anscheins für eine private Nutzung des Dienstwagens durch den Kläger sei durch den sog. Gegenbeweis nicht entkräftet worden. Durchgreifende Anhaltspunkte für eine Entkräftung bestünden trotz eines vom Arbeitgeber ausgesprochenen Verbots der Privatnutzung nicht (vgl. hierzu auch , BFH/NV 2004, 488). Bei seiner Entscheidung hat das FG zwar den Kläger in der mündlichen Verhandlung gehört, jedoch auf die Vernehmung der Arbeitskollegen verzichtet, weil diese „aus sachlogischen Gründen nur eine Aussage über ihre eigene Kfz-Nutzung treffen” könnten. Im Wege der Wahrunterstellung hat das FG im Wesentlichen angeführt, „selbst wenn man sämtlichen Erklärungen Glauben schenken würde, wäre die Schlussfolgerung daraus, dass auch der Kläger seinen Dienstwagen nicht privat genutzt hat, nicht angängig”.
3. Der vom Kläger behauptete Verfahrensmangel dahin gehend, das FG hätte die von ihm —dem Kläger— benannten Arbeitskollegen vernehmen müssen, liegt nicht vor. Dem FG ist in der Handhabung des Verfahrensrechts kein Fehler unterlaufen.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass ein Verfahrensmangel nur dann mit Erfolg gerügt werden kann, wenn es auf die fraglichen Tatumstände nach der materiell-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts ankommt (ständige Rechtsprechung; z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 145/02, BFH/NV 2003, 1096; vom VI B 298/01, BFH/NV 2002, 1166). Das Tatsachengericht braucht nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen Tatsachen ermitteln, auf die es nach seiner Rechtsauffassung nicht ankommt (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler —HHSp—, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz. 226 und 228; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Tz. 115; zur Wahrunterstellung: vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom XI B 236/02, BFH/NV 2004, 654; vom I B 88/99, BFH/NV 2002, 1305).
4. Die in der Beschwerdeschrift erhobene Verfahrensrüge richtet sich letztlich gegen die Beweiswürdigung durch das FG. Dies reicht indessen zur Darlegung eines Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht aus (BFH-Beschlüsse vom X B 87/97, BFH/NV 1998, 1506; vom V B 149/99, BFH/NV 2000, 974; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 28, m.w.N.). Mit Angriffen gegen die Verletzung der Beweiswürdigung kann ein Verfahrensmangel nicht begründet werden (ständige Rechtsprechung, Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 82, m.w.N.). Derartige Angriffe sind revisionsrechtlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen. Die Verletzung sachlichen Rechts rechtfertigt die Zulassung der Revision nur, wenn eine der Zulassungsvoraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO gegeben sind (Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 115 FGO Tz. 105; vgl. auch 2 B 93.78, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1981, 86).
Die Kläger verkennen, dass die Frage, ob im Einzelfall der Beweis des ersten Anscheins als erschüttert bzw. entkräftet angesehen werden kann, gleichfalls dem Bereich der Beweiswürdigung zuzuordnen ist (BFH-Urteil in BFHE 129, 53, BStBl II 1980, 69, 71; vgl. auch Beschlüsse vom IX B 92/97, BFH/NV 1998, 1500; vom X B 133/02, nicht veröffentlicht; Lange in HHSp, § 115 FGO Rz. 247 und § 96 FGO Rz. 97 ff.).
5. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 1416
BFH/NV 2004 S. 1416 Nr. 10
DStRE 2004 S. 1218 Nr. 20
VAAAB-25010