OFD Düsseldorf - S 2742 A - St 13 S 2742 - 88 - St 131 - K

Angemessenheit der Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers bei Vereinbarung einer Gewinntantieme

1. Hinweis auf aktuelle Rechtslage

Der BFH hat in seinen Entscheidungen vom (Az. I R 46/01, BStBl 2004 II S. 132) und vom (Az. I R 24/02, BStBl 2004 II S. 136) zur Angemessenheit der Gesamtausstattung bei Vereinbarung einer Gewinntantieme sowie zum Verhältnis der Gewinntantieme zu den Festbestandteilen der Geschäftsführerbezüge Stellung genommen. Er spricht sich in seinen Entscheidungen für eine generelle Einzelfallbetrachtung aus und widerspricht teilweise den in den (BStBl 2002 I S. 219, Anerkennung von Gewinntantiemen) und vom (BStBl 2002 I S. 972, Angemessenheit der Gesamtbezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers) enthaltenen Grundaussagen.

2. Übereinstimmung zwischen Verwaltungsregelung und jüngerer Rechtsprechung

Eine Übereinstimmung zwischen den Verwaltungsregelungen und der jüngeren Rechtsprechung besteht noch insoweit fort, als:

  • Die vom BFH aufgestellte 50 v.H.-Obergrenze fortbesteht (vgl. BFH, BStBl 1995 II S. 549; KStG-Kartei § 8 Karte F 18). Hiernach ist eine verdeckte Gewinnausschüttung regelmäßig dann anzunehmen, wenn die vereinbarte und gezahlte Tantieme sich auf mehr als 50 v. H. des handelsrechtlichen Jahresüberschusses der Kapitalgesellschaft vor Abzug der Gewinntantieme und der ertragsabhängigen Steuern (Körperschaft-, Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag) beläuft.

  • Die Ermittlung des angemessenen Tantiemesatzes weiterhin nach dem Verhältnis der angemessenen Tantieme zum durchschnittlich erzielbaren Jahresüberschuss vor Abzug der Tantieme und der ertragsabhängigen Steuern erfolgen kann (vgl. hierzu auch BStBl 2003 II S. 418).

  • Die Vereinbarung einer Nur-Gewinntantieme (bzw. einer Nur-Rohgewinntantieme) als unüblich anzusehen ist und daher grundsätzlich zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führt.

3. Bandbreitenbetrachtung i. Z. mit der Angemessenheit der Gesamtausstattung

Abweichend vom (BStBl 2002 I S. 972, Prüfschritt 2) prüft der BFH die einzelnen Vergütungstatbestände nicht dahingehend, ob diese der Höhe nach angemessen sind; entscheidend ist nach seiner Rechtsauffassung vorrangig die Gesamtausstattung im Zusagezeitpunkt. Bei der im Einzelfall anhand betriebsexterner Merkmale zu schätzenden Höhe der angemessenen Bezüge ist zu berücksichtigen, dass der BFH davon ausgeht, dass es kein starres angemessenes Gehalt gibt, sondern eine Bandbreitenbetrachtung greift.

Nach seiner Auffassung sind nur diejenigen Bezüge unangemessen, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen. Ausgangswert für die Berechnung der absoluten Angemessenheitsgrenze ist demzufolge das Gehalt laut dem oberen Quartil der Gehaltsstudie (z. B. BBE-Verlag, Zusammenstellung der OFD Karlsruhe, DB 2001 S. 1009). Im Einzelfall können Zuschläge wegen besonderer Personenbezogenheit oder extrem hoher Gewinne bzw. Abschläge wegen dauerhaft schlechter Erträge angezeigt sein. Im Übrigen ist ein Sicherheitszuschlag bis zu 20 v.H. (vgl. BStBl 1989 II S. 854).

Das zur Berechnung der Angemessenheit der Gesamtausstattung verwandte „Programm Hansmann” setzt als Ausgangswert für die Berechnung der absoluten Angemessenheitsgrenze das Gehalt aus dem mittleren Quartil der Gehaltsstudie an. Zur Zeit ist ein gerichtsverfahren beim Finanzgericht Münster (Az.: 9 K 6436/02 K, F) anhängig, in dem die gerichtliche Verwendbarkeit der Ergebnisse dieses Programms überprüft werden. Inwieweit das Programm überarbeitet wird, hängt auch vom Ausgang des Gerichtsverfahrens ab.

4. Verhältnis der Tantieme zu den Festbebezügen (sog. 75/25 – Regel)

Der BFH hat in den obengenannten Urteilen auch Stellung zum Verhältnis der Gewinntantieme zu den Festbestandteilen der Geschäftsführerbezüge genommen. Danach führt ein 25 v.H. überschreitender Anteil an variablen Gehaltsbestandteilen nicht zwangsläufig zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, wenn die Gesamtausstattung des Geschäftsführers insgesamt angemessen ist. Der Überschreitung der typisierten 25 v.H. – Grenze kommt nach Meinung des BFH lediglich Indizwirkung für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung zu.

Die Abweichung vom Regelverhältnis 75/25 ist kein vGA-Indiz, wenn:

  • Mit sprunghaften Gewinnentwicklungen gerechnet werden konnte oder

  • starke Ertragsschwankungen gegeben sind oder

  • eine Gewinnprognose im Vorfeld nicht erstellt wurde oder sich die Prognose später nicht mehr verlässlich rekonstruieren lässt oder

  • keine weiteren Anhaltspunkte für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung (wie z. B. eine mangelhafte Durchführung) bestehen.

In diesen Fallgestaltungen betrachtet es der BFH als ausreichend, wenn der absolute Tantiemesatz als solcher dem Fremdvergleich Stand hält. Das Verhältnis zwischen Festgehalt und Tantieme soll bei einem entsprechenden Sachverhalt unbeachtlich sein.

In derartigen Fallgestaltungen ist es allerdings erforderlich, im Rahmen der Angemessenheitsprüfung einen Höchstbetrag zu fixieren, bei dessen Überschreitung eine Gewinnausschüttung anzunehmen ist. Mangelt es an einer solchen, geht der BFH von einer verdeckten Gewinnausschüttung der Höhe nach (= Frage der Angemessenheit) und nicht dem Grunde nach (= Frage der Üblichkeit) aus (vgl. hierzu BStBl 2003 II S. 418).

Die Abweichung vom Regelverhältnis 75/25 ist aber ausnahmsweise ein vGA-Indiz, wenn die nachfolgenden Kriterien kumulativ erfüllt sind:

  • Es bestehen keine größeren Ertragsschwankungen (stetige Ertragslage)

  • Eine nachvollziehbare Gewinnprognose wurde erstellt bzw. eine Gewinnprognose ist ohne größere Unwägbarkeiten rekonstruierbar

  • Es wurde keine Deckelung der Tantieme vorgenommen

  • Die Abweichung vom Regelverhältnis 75/25 ist erheblich (> 50 v.H. Tantiemeanteil)

  • Die indizielle Wirkung wird durch weitere Anhaltspunkte, die für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung sprechen (z. B. mangelhafte Durchführung) erhärtet.

5. Weitere Vorgehensweise

Die angesprochenen BFH-Urteile sind im BStBl 2004 II S. 132 u. 136 veröffentlicht und damit über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden. Da das BStBl 2002 I S. 219 nicht durch die Veröffentlichung der Urteile aufgehoben worden ist, stellt sich – insbesondere für Fälle, in denen ein Abweichen vom Regelverhältnis 75/25 Regelung nicht als vGA-Indiz zu werten ist – die Frage nach der weiteren Vorgehensweise.

• Bereits aufgegriffene Steuerfälle

Die Regelung bestehender Auslegungsfragen zu den veröffentlichten Urteilen soll in den neuen Körperschaftsteuerrichtlinien erfolgen. Die bereits aufgegriffenen Fälle können daher nicht bereits jetzt durch Abhilfebescheide erledigt werden. Es bestehen keine Bedenken, in diesen Steuerfällen Aussetzung der Vollziehung zu gewähren und die abschließende Entscheidung über den Rechtsbehelf – mit Zustimmung des Steuerpflichtigen – zurückzustellen.

• Laufende Betriebsprüfung bzw. laufendes Veranlagungsverfahren

Die OFD empfiehlt, vorerst Fallgestaltungen, in denen eine Tantieme gewährt wird und die variablen Vergütungsbestandteile 25 v. H. der Gesamtvergütung überschreiten nur noch aufzugreifen, wenn zusätzlich Zweifel an der Angemessenheit der Gesamtausstattung bestehen oder das Abweichen vom Regelaufteilungsmaßstab nach den vorgenannten Kriterien ausnahmsweise als vGA-Indiz zu werten ist.

OFD Düsseldorf v. - S 2742 A - St 13S 2742 - 88 - St 131 - K

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
IAAAB-23805