Erstreckung der GewSt-Befreiung der Betriebs-KapGes auf das Besitz (personen-)Unternehmen
Leitsatz
Dem Großen Senat des BFH wird gemäß § 11 Abs. 2 FGO die folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
Erstreckt sich die Befreiung der Betriebskapitalgesellschaft von der Gewerbesteuer nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG bei einer Betriebsaufspaltung auch auf die Vermietungs- und Verpachtungstätigkeit des Besitz(personen-)Unternehmens?
Gesetze: GewStG § 3 Nr. 20 Buchst. c
Instanzenzug: BFH GrS 1/04
Tatbestand
A. Sachverhalt
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Alleinerbin ihres im Jahre 1992 verstorbenen Ehemannes Dr. X. Dieser hatte zum psychiatrische Wohn- und Pflegeheime erworben. Der Grundbesitz umfasst drei Häuser mit insgesamt ... Betten sowie ein Gebäude für Arbeitstherapie und ein Bürogebäude.
Mit Vertrag vom verpachtete Dr. X diesen Grundbesitz nebst Inventar an die von ihm als alleinigem Gesellschafter gegründete C-GmbH. Die C-GmbH betreibt seither auf dem gepachteten Grundbesitz ein psychiatrisches Wohn- und Pflegeheim. Sie erfüllt die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. c des Gewerbesteuergesetzes (GewStG). Seit dem Tod ihres Ehemannes führt die Klägerin das Pachtverhältnis fort und hält sämtliche Anteile an der C-GmbH.
Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) die Auffassung, die Klägerin sei mit ihrem Verpachtungsbetrieb nicht deshalb von der Gewerbesteuer befreit, weil die C-GmbH als Betriebsgesellschaft die Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllt habe. Er erließ deshalb gegenüber der Klägerin die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre 1990 bis 1996.
Mit der nach erfolglosen Einsprüchen erhobenen Klage begehrte die Klägerin, die Gewerbesteuermessbeträge auf null DM festzusetzen.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2001, 86).
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 3 Nr. 20 GewStG). Es macht im Wesentlichen geltend, das angefochtene FG-Urteil weiche von den Entscheidungen des (BFHE 139, 406, BStBl II 1984, 115), vom VIII R 282/82 (BFH/NV 1986, 362), vom IV B 21/91 (BFH/NV 1992, 333), und vom X B 133/97 (BFH/NV 1998, 743) ab. Dort vertrete der BFH die Auffassung, dass bei einer Betriebsaufspaltung die Berücksichtigung der die Betriebsgesellschaft von der Gewerbesteuer befreienden Umstände bei der Beurteilung der Gewerbesteuerpflicht des Besitzunternehmens nicht möglich sei. Besitz- und Betriebsunternehmen seien trotz ihrer personellen und sachlichen Verflechtung zwei verschiedene Rechtssubjekte im Sinne des GewStG.
Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 20 GewStG sei gesundheitspolitisch motiviert. Für die Klägerin (Besitzunternehmen) sei diese Subvention nicht erforderlich, weil es eines separaten Besitzunternehmens für das Betreiben eines Pflegeheims nicht bedürfe. Der gesundheitspolitische Zweck werde allein durch die Tätigkeit der Betriebsgesellschaft erreicht. Die Erstreckung der Steuerbefreiung auf die Besitzgesellschaft wäre eine ungerechtfertigte Subventionierung der Verpachtungstätigkeit.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
B. Stellungnahme des beschließenden Senats zu der vorgelegten Rechtsfrage
I.
Vorbemerkung
Nach § 3 Nr. 20 GewStG sind unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen von der Gewerbesteuer befreit Krankenhäuser, Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime sowie —seit dem Erhebungszeitraum 1994— auch Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen und Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen.
Diese Voraussetzungen haben bei der mit dem Verpachtungsunternehmen personell und sachlich verflochtenen C-GmbH nach der zutreffenden Auffassung des FG und der Beteiligten vorgelegen.
II.
Bisherige Rechtsprechung des BFH
Die bisherige Rechtsprechung des BFH hat in den Fällen der Betriebsaufspaltung eine Erstreckung der Befreiungstatbestände des § 3 Nr. 20 GewStG und vergleichbarer gewerbesteuerrechtlicher Regelungen auf das Besitzunternehmen abgelehnt.
1. Im Urteil in BFHE 139, 406, BStBl II 1984, 115 hat der I. Senat des BFH entschieden, dass einem Besitzunternehmen, welches ein Sanatorium an die Betriebsgesellschaft verpachtet hatte, die Gewerbesteuerbefreiung nach § 11 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) 1968 nicht zustehe. Der I. Senat begründete diese Ansicht mit der Erwägung, dass ein Besitzunternehmen trotz seiner sachlichen und personellen Verflechtung mit der als Krankenanstalt tätigen Betriebskapitalgesellschaft ein selbständiger, gewerbesteuerlich für sich zu qualifizierender Verpachtungsbetrieb sei (vgl. , BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63), der nicht dadurch zur Krankenanstalt werde, dass er mit einer solchen sachlich und personell verflochten sei. Eine Krankenanstalt betreibe im Streitfall nur die Betriebs-GmbH.
2. Dem hat sich der VIII. Senat des BFH in seinem Urteil in BFH/NV 1986, 362 für eine nach § 3 Nr. 13 GewStG befreite Internatsschule mit derselben Begründung angeschlossen.
3. Damit im Einklang steht auch der im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ergangene Beschluss des IV. Senats in BFH/NV 1992, 333. Dort hatte die Betriebs-GmbH ein nach § 3 Nr. 20 GewStG von der Gewerbesteuer befreites Alten- und Pflegeheim betrieben. FA und FG hatten die Erstreckung des Befreiungstatbestands auf die Besitzgesellschaft abgelehnt. Der IV. Senat verneinte die grundsätzliche Bedeutung dieser Rechtsfrage mit dem Hinweis darauf, durch die Rechtsprechung des BFH sei „hinreichend geklärt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung das Besitzunternehmen und das Betriebsunternehmen grundsätzlich als rechtlich selbständige Gewerbebetriebe zu behandeln (seien)”.
4. Auf dieser Linie liegt auch der Beschluss des vorlegenden Senats in BFH/NV 1998, 743. Im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung (AdV) betreffend den hier zu beurteilenden Streitfall hat es der Senat für nicht ernstlich zweifelhaft gehalten, dass die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 GewStG nur der Betriebs-GmbH, nicht dagegen auch dem Besitzunternehmen zukomme. Besitz- und Betriebsunternehmen seien trotz ihrer personellen und sachlichen Verflechtung als zwei verschiedene Rechtssubjekte im Sinne des GewStG zu behandeln. Hieraus folge, dass zwischen dem Steuergläubiger und dem Besitzunternehmen einerseits und dem Betriebsunternehmen andererseits zwei voneinander unabhängige, jeweils selbständig zu beurteilende Steuerschuldverhältnisse i.S. der §§ 37 ff. der Abgabenordnung (AO 1977) bestünden mit der weiteren Konsequenz, dass beide Steuerrechtssubjekte auch hinsichtlich der Verwirklichung abgabenrechtlicher Tatbestände (§ 38 AO 1977) grundsätzlich steuerlich getrennt zu behandeln seien. Daraus, dass im Investitionszulagenrecht in Fällen der Betriebsaufspaltung bisweilen auf die wirtschaftliche Einheit abgestellt werde, könnten schon wegen der speziellen Zwecksetzung und tatbestandsmäßigen Ausgestaltung des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) keine allgemeinen, in Fällen der hier zu beurteilenden Art verwertbaren Rückschlüsse gezogen werden.
5. In seinem Urteil vom VIII R 57/99 (BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662) hat der VIII. Senat des BFH an dieser Rechtsprechung festgehalten. Sie beruhe darauf, dass auch im Falle einer Steuerbefreiung des Betriebsunternehmens eine (echte oder unechte) Betriebsaufspaltung vorliege, weil das Betriebsunternehmen nach Art seiner Tätigkeit ein Gewerbe betreibe. Das führe dazu, dass die ihrer Art nach vermögensverwaltende Tätigkeit des Vermietens oder Verpachtens auch beim Besitzunternehmen zu einem Gewerbebetrieb werde, wenn dieses mit dem Betriebsunternehmen sachlich und personell verflochten sei. Die Möglichkeit, über die personelle und sachliche Verflechtung in einem für die Betriebsführung des Betriebsunternehmens wesentlichen Bereich beherrschenden Einfluss auf beide Unternehmen auszuüben, sei die Grundlage für eine in wertender Betrachtungsweise als gewerblich zu qualifizierende Tätigkeit des Besitzunternehmens. Diese Verflechtung habe indessen weder eine rechtliche noch eine wirtschaftliche Einheit der beiden Unternehmen zur Folge noch führe sie dazu, dass die Tätigkeit des Betriebsunternehmens dem Besitzunternehmen zuzurechnen sei. Beide Unternehmen blieben nach Zivil- und Steuerrecht selbständige Unternehmen und unterlägen einer eigenen steuerrechtlichen Beurteilung. Dementsprechend könnten auch die jedem der beiden Unternehmen anhaftenden Merkmale und die von ihnen verwirklichten steuerrechtlichen Tatbestandsmerkmale nicht ohne weiteres dem anderen Unternehmen zugerechnet werden. Für den Streitfall bedeute dies, dass die für die jeweilige Tätigkeit der Unternehmen im GewStG getroffene Regelung zu beachten sei. Danach sei zwar in § 3 Nr. 20 GewStG der eigentliche Krankenhausbetrieb steuerfrei gestellt, nicht aber (auch) der Verpachtungsbetrieb des Besitzunternehmens.
Auf die abweichende Rechtsprechung des BFH zur Investitionszulage und dieser folgend die Regelungen der Finanzverwaltung zu den erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen besonders förderungswürdiger Wirtschaftsgüter im Einkommensteuerrecht (, BStBl I 1985, 683, und vom , BStBl I 2000, 451) könnten sich die Kläger nicht berufen. Die Zurechnung steuerrechtlicher Merkmale der Betriebsgesellschaft zur Besitzgesellschaft in diesen Fällen solle gewährleisten, dass der mit diesen steuerrechtlichen Fördermaßnahmen erstrebte Investitionsanreiz auch dann erhalten bleibe, wenn das Besitzunternehmen in Wirtschaftsgüter investiere, die dem Betriebsunternehmen zur Nutzung überlassen würden. Mit diesen Förderungsmaßnahmen seien die Steuerbefreiungen des § 3 GewStG nicht ohne weiteres vergleichbar.
III.
Äußerungen im Schrifttum
Die ganz überwiegende Literatur widerspricht der bisherigen Rechtsprechung des BFH und tritt für die Erstreckung der Steuerbefreiungstatbestände des § 3 Nr. 20 GewStG auch auf das Besitzunternehmen ein (vgl. z.B. Söffing, Die Betriebsaufspaltung, 2. Aufl., S. 274 ff.; derselbe, Betriebs-Berater —BB— 1998, 2289; Seer, BB 2002, 1833; Söffing/Seer, Der Betrieb —DB— 2003, 2457; L. Schmidt, Finanz-Rundschau —FR— 1984, 128; Wehrheim, BB 2001, 913; Bitz, GmbH-Rundschau —GmbHR— 2002, 597; Gosch, Die steuerliche Betriebsprüfung —StBp— 2002, 216; Güroff in Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 5. Aufl., § 3 Rz. 2; Petersen, Unternehmenssteuerrecht und bewegliches System, S. 72 ff.; a.A. Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 3 Rz. 1; Blümich/von Twickel, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 3 GewStG Rz. 13; Gschwendtner, Deutsches Steuerrecht —DStR— 2002, 896). Sie begründet dies im Wesentlichen mit folgenden Erwägungen:
Unabhängig von der Art und Weise, wie das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung gerechtfertigt werde, sei nach der Rechtsprechung des BFH die gewerbliche Tätigkeit des Betriebsunternehmens infolge seiner wirtschaftlichen Verflechtung mit dem Besitzunternehmen für die Umqualifizierung der Betätigung des Besitzunternehmens in einen Gewerbebetrieb von ausschlaggebender Bedeutung, ohne dass dem die rechtliche Selbständigkeit beider Unternehmen entgegen stehe. Das Gleiche müsse auch für den Fall gelten, dass das Betriebsunternehmen von der Gewerbesteuer befreit sei. Die Gegenmeinung führe zu dem nicht überzeugenden Ergebnis, dass bei der Betriebsaufspaltung die wirtschaftliche Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen nur zu Lasten der Steuerpflichtigen, nicht aber auch zu deren Gunsten von Bedeutung sei (Söffing, Die Betriebsaufspaltung, a.a.O., S. 281, 290 f.). Sie stehe im Widerspruch zur von der Rechtsprechung des BFH in den Fällen der Betriebsaufspaltung befürworteten „Merkmalsübertragung” bei der Investitionszulage (Söffing, Die Betriebsaufspaltung, a.a.O., S. 282 ff.; Seer, BB 2002, 1833, 1836), zu der von der Finanzverwaltung (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 1985, 683) in Betriebsaufspaltungsfällen angeordneten „Merkmalsübertragung” bei verschiedenen anderen Steuervergünstigungen, z.B. den Sonderabschreibungen und erhöhten Absetzungen nach den §§ 7d, 7e und 7g des Einkommensteuergesetzes —EStG— (Söffing, BB 1998, 2289, 2291), zur Rechtsprechung des , BFHE 196, 511, BStBl II 2002, 152) betreffend die „Abfärberegelung” des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (Seer, BB 2002, 1833, 1836 f.) sowie zum Postulat der Willkürfreiheit einer verfassungskonformen Rechtsfortbildung (Seer, BB 2002, 1833, 1837 ff.)
IV. Auffassung des vorlegenden Senats
Der Senat bejaht die Vorlagefrage. Die von der bisherigen Rechtsprechung des BFH gegen eine Erstreckung des hier einschlägigen gewerbesteuerrechtlichen Befreiungstatbestands auf das Besitzunternehmen angeführten Argumente vermögen aus den folgenden Gründen nicht zu überzeugen.
1. Der Hinweis auf die zivil- und steuerrechtliche Selbständigkeit von Besitz- und Betriebsunternehmen ist zwar zutreffend, rechtfertigt aber für sich genommen nicht die Versagung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG.
a) Der Große Senat des BFH hat sich in seinem Beschluss in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63 von der bis dahin herrschenden Vorstellung vom Besitz- und Betriebsunternehmen als einem in wirtschaftlicher Betrachtung einheitlichen Unternehmen gelöst. Dies ändert aber nichts daran, dass gleichwohl beide Organisationseinheiten —per definitionem— sowohl personell als auch sachlich miteinander verflochten sind. In diesem Sinne hebt bereits der Große Senat in dem zitierten Beschluss als entscheidenden, die Betriebsaufspaltung konstituierenden Umstand hervor, dass „die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben. Denn dann unterscheidet sich die Tätigkeit des Besitzunternehmens von der Tätigkeit eines normalen Vermieters”. Diesen Gesichtspunkt hatte auch schon das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss vom 1 BvR 136/62 (BVerfGE 25, 28, 37) betont: Ein Mietverhältnis, dessen Vertragsparteien —wie in den Fällen der Betriebsaufspaltung— wirtschaftlich identisch seien und gleichgerichtete Interessen verfolgten, könne ohne Verfassungsverstoß anders beurteilt werden als ein Mietverhältnis zwischen Unternehmen, die betrieblich und personell nicht miteinander verflochten seien. Bei der Betriebsaufspaltung würden die als wesentliche Betriebsgrundlagen zu qualifizierenden Wirtschaftsgüter in die wirtschaftliche Tätigkeit der Betriebsgesellschaft einbezogen und infolge der durch den Anteilsbesitz begründeten Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten dem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen der hinter beiden Unternehmen stehenden Personen unterstellt. Die Vermietung oder Verpachtung einer wesentlichen Betriebsgrundlage in Verbindung mit der Beherrschung der Betriebsgesellschaft stelle die Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit des Besitzunternehmens dar. Seine Inhaber nähmen mit der Vermietung oder Verpachtung an der gewerblichen Tätigkeit der Betriebsgesellschaft teil und trügen in gewissem Umfang das Risiko der Betriebsgesellschaft.
b) Auch die im Anschluss an den Beschluss des Großen Senats in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63 ergangene —neuere— Rechtsprechung des BFH folgt dieser Argumentationslinie.
c) Diese Rechtsprechung lässt sich dahin gehend zusammenfassen, dass ungeachtet der stets betonten rechtlichen Selbständigkeit von Besitz- und Betriebsunternehmen die „genuin” vermögensverwaltende Tätigkeit der Vermietung und Verpachtung beim Besitzunternehmen nur deshalb als gewerbliche qualifiziert wird, weil das Besitzunternehmen sachlich und personell mit dem gewerblich tätigen Betriebsunternehmen verflochten ist und folglich das Besitzunternehmen „über das Betriebsunternehmen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt” (vgl. z.B. , BFHE 136, 287, BStBl II 1982, 662, unter 2., und vom XI R 72/97, BFHE 187, 36, BStBl II 1999, 281, unter II.1.) bzw. „über das Betriebsunternehmen auf die Ausübung einer gewerblichen Betätigung gerichtet ist” (vgl. z.B. , BFHE 131, 388, BStBl II 1981, 39, unter 2.a, und vom I R 178/77, BFHE 137, 67, BStBl II 1983, 136, unter 1.).
d) Hieran wird deutlich, dass der gewerbliche Charakter der „an sich” vermögensverwaltenden Betätigung des Besitzunternehmens nicht in einer isolierenden Sichtweise ausschließlich aus Merkmalen abgeleitet werden kann, die allein dem Besitzunternehmen anhaften. Eine Betriebsaufspaltung und damit eine Umqualifizierung der eigentlich vermögensverwaltenden Tätigkeit des Besitzunternehmens in eine gewerbliche lässt sich vielmehr nur unter Heranziehung von Gegebenheiten begründen, die außerhalb des Besitzunternehmens liegen.
aa) Dies betrifft zunächst solche Merkmale, die allein das Betriebsunternehmen kennzeichnen.
So kommt eine Betriebsaufspaltung nach herrschender und zutreffender Auffassung (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 131, 388, BStBl II 1981, 39, und vom IV R 67/96, BFHE 184, 512, BStBl II 1998, 254; L. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., § 15 Rdnr. 856; anderer Auffassung Reiß in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, Kompaktkommentar, 3. Aufl., § 15 Rdnr. 87) nur dann in Betracht, wenn das Betriebsunternehmen einen Gewerbebetrieb (sei es kraft originärer Tätigkeit, kraft Abfärbung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, kraft gewerblicher Prägung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG oder kraft Rechtsform gemäß § 8 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes —KStG—) unterhält.
Des Weiteren ist die für eine Betriebsaufspaltung zwingend erforderliche Voraussetzung der sachlichen Verflechtung nur dann erfüllt, wenn die vom Besitzunternehmen zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter im Betriebsunternehmen wesentliche Betriebsgrundlagen darstellen.
bb) Auch das weitere die Betriebsaufspaltung konstituierende Erfordernis der personellen Verflechtung wird durch Gegebenheiten begründet, die außerhalb des Besitzunternehmens angesiedelt sind, namentlich dadurch, dass dieselben Personen sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen beherrschen und damit einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen entfalten. In dieser „Personalunion” und der dadurch eröffneten Möglichkeit durch die Inhaber beider zwar rechtlich selbständiger, aber sachlich verflochtener Unternehmen, deren beider Vermögen und Ertragskraft zu koordinieren und in der Weise zu instrumentalisieren, dass sie zur Verwirklichung eines einheitlichen Zwecks —im Streitfall: dem Betrieb eines als solchen gemäß § 3 Nr. 20 GewStG steuerbefreiten Wohn- und Pflegeheims— eingesetzt werden, liegt die eigentliche sachliche Rechtfertigung für die von der Rechtsprechung „in wertender Betrachtungsweise” (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662) vorgenommene und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich angeordnete Umqualifizierung der —isoliert betrachtet— vermögensverwaltenden Betätigung des Besitzunternehmens in eine gewerbliche (siehe auch Woerner, BB 1985, 1609, 1612: „Die Qualifikation des Besitzunternehmens ist letztlich bestimmt durch den Endzweck, zu dem es von dem Unternehmer oder den Unternehmern eingesetzt wird.”).
e) Vor diesem Hintergrund vermag die von der bisherigen Rechtsprechung des BFH zur Ablehnung der Ausdehnung des Gewerbesteuerbefreiungstatbestandes angeführte, im Formalen verhaftete Begründung, Betriebs- und Besitzunternehmen seien rechtlich selbständige Unternehmen und daher hinsichtlich der Verwirklichung abgabenrechtlicher Tatbestände grundsätzlich streng auseinander zu halten, schon deshalb nicht zu überzeugen, weil eine solche „strikte Trennung” dem (ohnehin nicht unumstrittenen, vgl. z.B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., S. 864 ff., m.w.N.) Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung letztlich insgesamt den Boden entzöge (zur Kritik an der Rechtsfigur der Betriebsaufspaltung unter Berücksichtigung der Gesetzesänderungen des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 und des Steuersenkungsgesetzes 2001/2002, vgl. z.B. Strahl, Steuerberater-Jahrbuch —StbJb— 2001/2002, S. 137 ff.).
Wie bereits die bisherigen Ausführungen verdeutlichen, beruht das von der Rechtsprechung im Wege der Rechtsfortbildung geschaffene Institut der Betriebsaufspaltung gerade auf einer Absage an eine isolierte Betrachtungsweise, welche beide Unternehmen strikt trennt und je für sich behandelt. Diese Rechtsprechung bezieht ihre gesetzliche Legitimation aus dem Blickwinkel der personellen und sachlichen Verflechtung beider Unternehmen. Setzt eine Betriebsaufspaltung und damit die Umqualifizierung einer vermietenden oder verpachtenden Tätigkeit zur gewerblichen u.a. zwingend voraus, dass das Betriebsunternehmen seinerseits einen Gewerbebetrieb unterhält (vgl. oben B.IV.1.c), so lässt sich dies nicht anders interpretieren, als dass die gewerbliche Betätigung des Betriebsunternehmens unbeschadet und trotz der rechtlichen Eigenständigkeit beider Unternehmen und entgegen der These von deren strikter Trennung die —isoliert betrachtet— vermögensverwaltende Tätigkeit des Besitzunternehmens im Wege der „Infektion” oder „Abfärbung” in eine gewerbliche wandelt (vgl. auch Wehrheim, BB 2001, 913).
Dann aber erscheint es vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich sanktionierten Gebots der folgerichtigen Umsetzung der einmal getroffenen Belastungsentscheidung (vgl. hierzu z.B. , BVerfGE 84, 239, 271; , BVerfGE 99, 88, 94 ff.) nur konsequent und geboten, den zur Begründung der Betriebsaufspaltung und damit zur Umqualifizierung der an sich vermögensverwaltenden Betätigung des Besitzunternehmens in eine gewerbliche Tätigkeit bemühten Gedanken der „wirtschaftlichen Einheit” ebenso bei der Beantwortung der Frage heranzuziehen, ob sich die Gewerbesteuerbefreiung des Betriebsunternehmens auch auf das Besitzunternehmen erstreckt. Gegen dieses aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) herzuleitende Gebot der Folgerichtigkeit verstieße es nach Auffassung des beschließenden Senats, wenn einerseits für den die Gewerblichkeit des Besitzunternehmens konstituierenden „Belastungsgrund” maßgebend auf den Gesichtspunkt der „wirtschaftlichen Einheit” und andererseits für den die Gewerbesteuerbefreiung auslösenden „Entlastungsgrund” auf den Aspekt der „rechtlichen Trennung” abgestellt würde (vgl. auch Seer, BB 2002, 1833, 1835; Söffing, BB 1998, 2289, rechte Spalte f.).
2. Diente im Streitfall die Betätigung des Besitzunternehmens —wiewohl sie sich bei vordergründig-formaler und isolierter Betrachtung in einer bloßen Verpachtung an das Betriebsunternehmen erschöpfte— letztlich —wenn auch mittelbar, über das Betriebsunternehmen— der Erfüllung des von den beherrschenden Inhabern (Gesellschaftern) beider Unternehmen bestimmten gemeinsamen Zwecks, ein (gewerbesteuerfreies) Wohn- und Pflegeheim zu betreiben, und wurden die vom Besitzunternehmen der Betriebsgesellschaft zur Nutzung überlassenen Grundstücke und Gebäude —wie im Streitfall— als wesentliche Betriebsgrundlagen auch tatsächlich zur Ausübung des nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG steuerbegünstigten Betriebes eingesetzt, so gebieten es Sinn und Zweck des genannten Befreiungstatbestandes, diesen auch auf die im Besitzunternehmen erzielten Erträge auszudehnen.
a) Zur schlüssigen Begründung einer dahin gehenden weiten Auslegung des § 3 Nr. 20 GewStG bedarf es nicht der Aufgabe der seit dem Beschluss des Großen Senats in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63 in der ständigen Rechtsprechung des BFH zum Ausdruck gelangten Vorstellung von der (zivil- ebenso wie steuer-) rechtlichen Selbständigkeit von Besitz- und Betriebsunternehmen. Selbstverständlich vermag die sachliche und personelle Verflechtung der beiden Betriebe nicht dazu zu führen, dass Besitz- und Betriebsunternehmen im steuerrechtlichen Sinne als ein einziges Unternehmen zu qualifizieren wären mit der Folge, dass der in beiden Organisationseinheiten erzielte und additiv oder ähnlich ermittelte Gesamtgewinn einheitlich der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterworfen würde. Genauso wenig bedarf es dazu der Heranziehung der ebenfalls verfehlten Sichtweise, dass das in einem Unternehmen erzielte Ergebnis (Gewinn oder Verlust) dem anderen Unternehmen zuzurechnen sei, wie dies in den Fällen der (körperschaftsteuer- und gewerbesteuerrechtlichen) Organschaft geschieht.
b) Der (sozial- und wirtschaftspolitisch motivierte) Zweck dieser sachlichen Steuerbefreiung liegt darin, die bestehenden Strukturen bei der Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen zu verbessern (vgl. z.B. , BFHE 175, 451, BStBl II 1995, 67). Der Vorschrift liegt daher dieselbe Zielsetzung wie § 4 Nr. 16 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zugrunde. Beide Vorschriften sollen zur Kostenentlastung bei den Trägern von Krankenhäusern, Altenheimen und ähnlichen Einrichtungen beitragen (zu § 4 Nr. 16 UStG vgl. z.B. , BFHE 180, 209, BStBl II 1997, 151). Sie schaffen mittelbar auch einen Anreiz für die Vornahme von Investitionen in diesem Bereich.
c) Die mit § 3 Nr. 20 GewStG verfolgten Zwecke werden in den Fällen der Betriebsaufspaltung entgegen der Intention des Gesetzgebers nur unvollkommen erreicht, sofern man —mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH— eine Erstreckung der entsprechenden Befreiungstatbestände auf das Besitzunternehmen verneint. Denn solchenfalls unterliegen der Gewerbe(ertrag)steuer nicht allein nur diejenigen Erträge, welche das Besitzunternehmen aus den vom Betriebsunternehmen entrichteten Mieten und Pachten erzielt. Vielmehr gilt dies im Grundsatz für den gesamten im Betriebsunternehmen erwirtschafteten Gewinn und Gewerbeertrag. Dieser bleibt zwar vorläufig —d.h. solange und soweit die Betriebs-GmbH die in ihrem Betrieb erwirtschafteten Gewinne (Gewerbeerträge) thesauriert— von Gewerbesteuer unbelastet, wird aber spätestens in dem Augenblick beim Besitzunternehmen in vollem Umfang der Gewerbesteuer unterworfen, in welchem er an das Besitzunternehmen oder an dessen Inhaber bzw. an deren Gesellschafter ausgeschüttet wird. Letzteres folgt aus dem Umstand, dass die Anteile des Besitzunternehmers oder der Besitzgesellschafter an der Betriebskapitalgesellschaft zu ihrem notwendigen Betriebsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen beim Besitzunternehmen gehören und die Ausschüttungen der Betriebskapitalgesellschaft beim Besitzunternehmen mangels Eingreifens des gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs (vgl. § 9 Nr. 2 Buchst. a GewStG), dessen Anwendung die hier nicht bestehende Gewerbesteuerpflicht auf der Ebene der ausschüttenden Kapitalgesellschaft voraussetzt, ungeschmälert der Gewerbesteuer unterliegen.
Sachliche Gründe für eine solche —nach Auffassung des vorlegenden Senats vor dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht haltbare— Benachteiligung der Betriebsaufspaltung gegenüber anderen Unternehmensorganisationsformen bestehen nicht.
3. Die vom erkennenden Senat befürwortete Erstreckung des § 3 Nr. 20 GewStG auf das Besitzunternehmen findet ihre Bestätigung nicht zuletzt in der ständigen Rechtsprechung des III. Senats des BFH zum Investitionszulagenrecht (ebenso ausführlich Söffing, BB 1998, 2289, 2280 ff.; derselbe, Die Betriebsaufspaltung, a.a.O., S. 274 ff.; Seer, BB 2002, 1833, 1836; Wehrheim, BB 2001, 913).
a) In seinem grundlegenden Urteil vom III R 86/83 (BFHE 153, 481, BStBl II 1988, 739, unter 3.a) führt der III. Senat aus:
„Ließe man hier (meint: in den Fällen der Betriebsaufspaltung) die Gewährung der Zulage unter dem formalen Gesichtspunkt, dass Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen rechtlich selbständige Unternehmen sind, nicht zu, so wäre eine Zulage in den typischen Fällen der Betriebsaufspaltung gänzlich ausgeschlossen. Denn die Besitzgesellschaft investiert hier zwar, aber sie nutzt die von ihr angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter nicht selbst im eigenen Betrieb, die Betriebsgesellschaft nutzt die Wirtschaftsgüter zwar, sie hat selbst aber nicht investiert. Dieses Ergebnis widerspräche der Rechtsnatur der Betriebsaufspaltung, die weit verbreitet und von der Rechtsprechung anerkannt ist. Ihr Sinn und Zweck besteht gerade darin, dass die Funktionen eines normalerweise einheitlichen Betriebes bei ihr auf zwei Rechtsträger und damit zwei Betriebe aufgeteilt sind.”
b) In weiteren Entscheidungen (, BFHE 171, 164, BStBl II 1993, 723, und , BFHE 176, 98, BStBl II 1995, 75) hat der III. Senat diese Aussagen dahin gehend konkretisiert, dass in dem —auch im Streitfall vorliegenden— „Normalfall” der Betriebsaufspaltung, in welchem Besitz- und Betriebsunternehmen betriebsvermögensmäßig miteinander verflochten sind und die Anteile der Inhaber bzw. Gesellschafter des Besitzunternehmens an der Betriebsgesellschaft (Sonder-) Betriebsvermögen beim Besitzunternehmen darstellen, eine Ausnahme von den strengen gewerblichen Bindungen des begünstigten Wirtschaftsguts an den Betrieb des Investors möglich sei. Denn in einem solchen Fall könne trotz der tatsächlichen Nutzung der betreffenden Wirtschaftsgüter im Betriebsunternehmen noch ein zulagenrechtliches Verbleiben im Besitzunternehmen unterstellt werden und sei es möglich und zulässig, „die an sich gegebene rechtliche Selbständigkeit von Besitz- und Betriebsunternehmen zu vernachlässigen und dem Prinzip der 'wirtschaftlichen Einheit' der verflochtenen Unternehmen, von dem das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung auch geprägt ist (...), im Investitionszulagenrecht den Vorrang einzuräumen” (BFH-Urteil in BFHE 176, 98, BStBl II 1995, 75, unter II.3.c).
Diesen von der ständigen Rechtsprechung des III. Senats des BFH entwickelten Grundsätzen (neben den zitierten Entscheidungen vgl. die umfangreichen Nachweise der Rechtsprechung bei Seer, BB 2002, 1833, 1836, Fußnote 45) folgt auch die Finanzverwaltung (vgl. BStBl I 1977, 246, Tz. 104, und in BStBl I 1985, 683).
c) Entgegen der bisherigen Rechtsprechung, welche die rechtliche Relevanz dieser zur Investitionszulage getroffenen Aussagen auch im Bereich der gewerbesteuerrechtlichen Befreiungstatbestände mit dem nicht näher begründeten Hinweis auf die spezielle Zwecksetzung und tatbestandsmäßige Ausgestaltung des Investitionszulagenrechts verneint hat (BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 743; BFH-Urteil in BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662), hält der Senat die Heranziehung dieser Erwägungen durchaus auch zur Beantwortung der hier zu beurteilenden Streitfrage für tragfähig (ebenso —mit ausführlicher und überzeugender Begründung— Söffing, BB 1998, 2289, 2290 ff.; derselbe, Die Betriebsaufspaltung, a.a.O., S. 281 ff.; Seer, BB 2002, 1833, 1836).
d) Wie bereits ausgeführt (B.IV.2.b), dient der gesundheits- und wirtschaftspolitisch motivierte Gewerbesteuerbefreiungstatbestand des § 3 Nr. 20 GewStG der Kostenentlastung bei den Trägern der dort begünstigten Einrichtungen. Es handelt sich hierbei um eine Sozialzwecknorm, die —ebenso wie das Investitionszulagenrecht— zum Wirtschaftsrecht gehört (Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2. Aufl., S. 77 f.; Seer, BB 2002, 1833, 1836) und als sog. Verschonungssubvention in ihrer Wirkung mit offenen Subventionen vergleichbar ist (siehe auch Seer, BB 2002, 1833, 1836). Der Zweck solcher Steuerbefreiungen (und Steuervergünstigungen) ist letztlich der gleiche wie bei den direkten Subventionen (z.B. Investitionszulagen), nämlich Anreize zur Verwirklichung eines bestimmten vom Gesetzgeber gewünschten Verhaltens des Steuerpflichtigen zu schaffen (Söffing, BB 1998, 2289, 2291). Für eine Gleichbehandlung der „Merkmalsübertragung” bei der Investitionszulage und anderen Steuervergünstigungen und Steuerbefreiungen spricht überdies der Umstand, dass die im Investitionszulagenrecht verwendeten Begriffe nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Urteile vom III R 130/80, BFHE 143, 192, BStBl II 1985, 309, und vom III R 110/80, BFHE 145, 482, BStBl II 1986, 367) nach steuerrechtlichen Grundsätzen auszulegen sind (Söffing, BB 1998, 2289, 2291 f.).
4. Mit dieser Sichtweise steht des Weiteren auch im Einklang, dass die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben in BStBl I 1985, 683, unter V. die von der Rechtsprechung des III. Senats zur Investitionszulage entwickelten und auch in der Verwaltungspraxis angewendeten Grundsätze auch auf andere indirekte Subventionen (Steuervergünstigungen) ausgedehnt hat, namentlich auf die Sonderabschreibungen nach § 3 Abs. 2 des Zonenrandförderungsgesetzes (ZRFG), erhöhte Absetzungen für Wirtschaftsgüter, die dem Umweltschutz dienen (§ 7d Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 EStG), die Bewertungsfreiheit für Fabrikgebäude, Lagerhäuser und landwirtschaftliche Betriebsgebäude (§ 7e Abs. 1 Satz 1 EStG), die Sonderabschreibung zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe (§ 7g Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 2 EStG), erhöhte Absetzungen für unbewegliche Wirtschaftsgüter in einer Berliner Betriebsstätte (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) und die Bewertungsfreiheit für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Forschung und Entwicklung dienen (§ 82d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung —EStDV—). Im BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 451 befürwortet die Finanzverwaltung die entsprechende Anwendung dieser Grundsätze auch für die Gewährung von Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz.
5. Die hier vertretene Auffassung findet eine Stütze nicht zuletzt in dem zur „Abfärberegelung” des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ergangenen BFH-Urteil in BFHE 196, 511, BStBl II 2002, 152.
a) Im dortigen Urteilsfall betrieben drei Ärzte in Form einer GbR sowohl eine —für sich genommen als freiberuflich zu qualifizierende— Gemeinschaftspraxis als auch eine —als gewerblich einzustufende, aber nach § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG steuerbefreite— Augenklinik. Sei die Klägerin (GbR) demnach teilweise gewerblich und teilweise freiberuflich tätig gewesen —so führt der IV. Senat dort aus—, lasse der Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG eine andere Rechtsfolge als die der „Infizierung” der freiberuflichen durch die gewerblichen Einkünfte nicht zu. Dennoch seien die Einkünfte aus der ärztlichen Gemeinschaftspraxis ebenso nach § 3 Nr. 20 GewStG gewerbesteuerfrei zu belassen wie die Einkünfte aus dem Klinikbetrieb. Denn der Zweck des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG bestehe u.a. darin zu verhindern, dass infolge unzureichender Abgrenzungsmöglichkeiten zwischen den beiden Tätigkeiten gewerbliche Einkünfte der Gewerbesteuer entzogen würden. Hieraus wird die Folgerung gezogen: „Daraus lässt sich jedoch schließen, dass sich die 'Abfärbung' auch auf die Gewerbesteuerfreiheit der Einkünfte erstreckt (...). Denn eine Gewerbesteuerpflicht, die nicht besteht, kann auch nicht gefährdet werden.”
b) Der Senat verkennt nicht, dass jener Streitfall lediglich eine Übertragung des Merkmals der Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 GewStG innerhalb ein und desselben Unternehmens —der GbR— betraf, wohingegen es in der hier zu beurteilenden Konstellation der Betriebsaufspaltung um eine Ausdehnung des Befreiungstatbestandes über die Unternehmensgrenzen der Betriebsgesellschaft hinweg auf das rechtlich selbständige Besitzunternehmen geht. Abstrahiert man indessen von diesem —mehr formalen und angesichts der personellen und sachlichen Verquickung von Besitz- und Betriebsunternehmen in den Hintergrund tretenden— Unterschied, so sprechen die vom IV. Senat angestellten Erwägungen auch im Streitfall für eine Merkmalsübertragung (vgl. auch Seer, BB 2002, 1833, 1836 f.; Gosch, StBp 2002, 216, 217, rechte Spalte; Kempermann, FR 2002, 674). Auch bei der richterrechtlichen Schaffung des Instituts der Betriebsaufspaltung ging es —wie dessen Entstehungsgeschichte belegt (vgl. etwa Seer, BB 2002, 1833, rechte Spalte f.)— wesentlich auch darum zu verhindern, dass der Gewerbesteuer durch eine organisatorische Aufteilung des zur Verwirklichung der gewerblichen Tätigkeit dienenden Vermögens auf zwei eigenständige Rechtsträger ausgewichen werde.
Die nach wie vor bestehende Aktualität dieser Erwägung wird nicht zuletzt auch daran deutlich, dass —wie schon ausgeführt (oben B.IV.1.)— der gewerbliche Charakter des Betriebsunternehmens für die Betriebsaufspaltung schlechterdings konstituierend ist: Unterhält die Betriebspersonengesellschaft keinen —d.h. weder über eine originäre („genuine”) Betätigung noch kraft Abfärbung i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, kraft gewerblicher Prägung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG oder kraft Rechtsform gemäß § 8 Abs. 2 KStG als gewerblich zu qualifizierenden— Gewerbebetrieb, sondern etwa ein freiberufliches oder land- und forstwirtschaftliches Unternehmen, so kommt es auch nicht zu einer „Infektion” und damit zu einer Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Einkünfte des potenziellen Besitzunternehmens in gewerbliche Einkünfte. Die Notwendigkeit für die Anwendung der Betriebsaufspaltungsgrundsätze wird in derartigen Fällen offensichtlich deswegen nicht gesehen, weil hier eine Umgehung der Gewerbesteuerpflicht durch eine Aufspaltung des Betriebes von vornherein nicht in Betracht kommt.
c) Die vom IV. Senat des BFH für eine Erstreckung der Abfärbewirkung auch auf die Gewerbesteuerfreiheit nach § 3 Nr. 20 GewStG angeführten Argumente liefern nach Auffassung des erkennenden Senats einen wesentlichen Gesichtspunkt für die Ausdehnung des in Rede stehenden Gewerbesteuerbefreiungstatbestands auf das Besitzunternehmen: Wo wegen § 3 Nr. 20 GewStG eine Gewerbesteuerpflicht gar nicht besteht, kann eine solche auch nicht umgangen werden. Im Kern geht es bei der Betriebsaufspaltung darum, eine Besserstellung des aufgespaltenen Unternehmens gegenüber dem „Einheitsunternehmen” zu verhindern. Dieser Zweck ist obsolet, wenn das als Alternative zur Betriebsaufspaltung gedachte Einheitsunternehmen (gemäß § 3 Nr. 20 GewStG) von der Gewerbesteuer befreit wäre (vgl. auch Bitz, GmbHR 2002, 597; Güroff in Glanegger/Güroff, a.a.O., § 3 Rz. 2).
6. Die vom vorlegenden Senat im Streitfall befürwortete Merkmalsübertragung wird schließlich auch nicht durch das (BFHE 203, 171, BStBl II 2004, 244) in Frage gestellt. Dort hat der I. Senat des BFH entschieden, dass sich die Befreiung einer Organgesellschaft von der Gewerbesteuer gemäß § 3 Nr. 20 GewStG auch dann nicht auf eine andere, die Befreiungsvoraussetzungen ihrerseits nicht erfüllende Organgesellschaft (Schwestergesellschaft) desselben Organkreises erstrecke, wenn die Tätigkeiten der Gesellschaften sich gegenseitig ergänzten. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen einer gesetzlichen Steuerbefreiung müssten von der jeweiligen Organgesellschaft selbst erfüllt werden.
Die im hier vorliegenden Streitfall zu beurteilende Konstellation der Betriebsaufspaltung ist mit dem dort gewürdigten Fall der (gewerbesteuerrechtlichen) Organschaft nicht vergleichbar. Gemeinsamkeiten weisen die beiden Konstellationen zwar insoweit auf, als es hier wie dort um die Beurteilung des Verhältnisses zweier rechtlich selbständiger Unternehmen zueinander geht, die zudem personell miteinander verflochten sind. Anders als bei der hier zu beurteilenden Betriebsaufspaltung fehlte es aber im dort entschiedenen Organschaftsfall bereits an einer sachlichen Verflechtung der beiden Schwester- und Organgesellschaften im Sinne der zur Betriebsaufspaltung entwickelten Grundsätze, wenngleich auch die Tätigkeitsbereiche der beiden Schwesterunternehmen, von denen das eine ein nach § 3 Nr. 20 GewStG befreites Krankenhaus und das andere ein —jedenfalls isoliert betrachtet— nicht gewerbesteuerfreies Thermalwasserbad zur Heil-, Vorsorge- und Kurbehandlung betrieb, einander ergänzt haben mögen. Vor allem kommt aber hinzu, dass der im Betriebsaufspaltungsfall eingreifende —wie dargelegt ein sehr gewichtiges Argument für die Merkmalsübertragung liefernde— „Abfärbe- bzw. Infektionsgedanke” (vgl. oben B.IV.1.e), wonach der gewerbliche Charakter der an sich vermögensverwaltenden Betätigung des Besitzunternehmens durch die Gewerblichkeit des Betriebsunternehmens determiniert wird, im vom I. Senat zu beurteilenden Organschaftsfall, in dem beide Schwestergesellschaften unabhängig voneinander jeweils gewerbliche Unternehmen betrieben, keine Rolle spielte.
Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen dem die „klassische” Konstellation der Betriebsaufspaltung betreffenden Streitfall, in welchem das Besitzunternehmen die Rechtsform eines Personenunternehmens (Einzelunternehmen oder Personengesellschaft) besitzt und als Betriebsunternehmen eine Kapitalgesellschaft fungiert, und dem vom I. Senat entschiedenen Sachverhalt der Organschaft besteht darin, dass im letztgenannten Fall die Anteile an der einen Schwestergesellschaft nicht etwa der anderen (gleichgeordneten) Schwestergesellschaft zuzuordnen sind, sondern vielmehr die Anteile an beiden Gesellschaften der gemeinsamen Muttergesellschaft (Organträgerin) gehören. Anders stellt sich die Lage hingegen bei der Betriebsaufspaltung dar. Hier gehören die Anteile der beide Unternehmen beherrschenden Gesellschafter zum notwendigen Betriebs- bzw. Sonderbetriebsvermögen beim Besitzunternehmen mit der bereits beschriebenen Folge, dass im Falle einer Ablehnung der Merkmalsübertragung entgegen der vom Gesetzgeber mit der Gewerbesteuerbefreiung verfolgten Intention eine Nachversteuerung des Gewerbeertrages des Betriebsunternehmens stattfindet, sobald und soweit der dort erwirtschaftete Gewinn (Gewerbeertrag) an den oder die beherrschenden Gesellschafter beider Unternehmen ausgeschüttet wird (vgl. oben B.IV.2.c).
C. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage
Die dem Großen Senat vorgelegte Rechtsfrage ist für den Erlass des vom vorlegenden Senat in Aussicht genommenen Urteils entscheidungserheblich:
Bejaht man die Vorlagefrage, so ist die klagestattgebende Entscheidung des FG zu bestätigen und die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen. Verneint man hingegen die Vorlagefrage, so hat die Revision des FA Erfolg; die angefochtene Vorentscheidung ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.
D. Rechtsgrund der Vorlage
Die Vorlage ist gemäß § 11 Abs. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung geboten. Mit der von ihm beabsichtigten Entscheidung weicht der Senat von den unter B.II. genannten Entscheidungen des I., IV. und VIII. Senats ab. Zwar haben der I. und der IV. Senat auf Anfrage des beschließenden Senats mitgeteilt, dass sie an ihrer bisher vertretenen Auffassung nicht mehr festhalten. Jedoch hat der VIII. Senat einer Abweichung von seinen Urteilen in BFH/NV 1986, 362 und in BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662 nicht zugestimmt.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BStBl 2004 II Seite 607
BB 2004 S. 1550 Nr. 28
BFH/NV 2004 S. 1184
BFH/NV 2004 S. 1184 Nr. 8
BStBl II 2004 S. 607 Nr. 13
DB 2004 S. 1592 Nr. 30
DStRE 2004 S. 823 Nr. 14
FR 2004 S. 969 Nr. 16
INF 2004 S. 606 Nr. 16
KÖSDI 2004 S. 14278 Nr. 8
StB 2004 S. 284 Nr. 8
FAAAB-23790