Ordnungsgemäße Darlegung der Revisionszulassungsgründe
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug: FG des Landes Sachsen-Anhalt Urteil vom 4 K 30203/00
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) als ehemalige Geschäftsführerin für die Umsatzsteuerrückstände zuzüglich verwirkter Säumniszuschläge einer GmbH in Haftung genommen worden. Der Einspruch gegen den Haftungsbescheid führte zu einer Reduzierung der Haftungssumme in Höhe von 30 v.H. nach den Grundsätzen der anteiligen Tilgung, sowie zu einer Ermäßigung der Haftung für Säumniszuschläge. Während des Klageverfahrens erging ein Teil-Rücknahmebescheid hinsichtlich in der Haftungssumme enthaltener Verspätungszuschläge zur Umsatzsteuer für Juli und August 1993. Zum Termin zur mündlichen Verhandlung vom ist weder die Klägerin noch ihr Prozessvertreter erschienen. Da die Klägerin keinen der Teilrücknahme entsprechend angepassten Klageantrag gestellt hat, urteilte das Finanzgericht (FG), die Klage sei hinsichtlich der von der Teilrücknahme erfassten Beträge unzulässig, im Übrigen unbegründet.
II. Die gegen das Urteil erhobene Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist unzulässig, weil in der Beschwerdebegründung kein die Zulassung der Revision rechtfertigender Grund i.S. des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt worden ist.
1. Soweit die Klägerin die Verletzung ihres Rechts auf Gewährung des rechtlichen Gehörs rügt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO), weil sie sich zu dem ihrem Prozessvertreter erst am Tag vor der mündlichen Verhandlung zugegangenen Teil-Rücknahmebescheid des FA vom und der dadurch geänderten Sach- und Rechtslage nicht habe äußern können, ist die Verfahrensrüge nicht schlüssig dargelegt. Dazu gehört u.a., dass die Klägerin in der Beschwerdebegründung ausgeführt hätte, welche ihr angeblich versagte Stellungnahme sie bei Gewährung des rechtlichen Gehörs im Hinblick auf die Ermäßigung der Haftungssumme um die Verspätungszuschläge zur Umsatzsteuer für Juli und August 1993 abgegeben hätte und dass sie im vorliegenden Fall ihren Klageantrag der durch die Teil-Rücknahme eingetretenen Verringerung der Haftungssumme angepasst hätte (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom VII B 128/99, BFH/NV 2001, 182, und vom II R 21/89, BFHE 167, 562, BStBl II 1992, 669). Solche Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung nicht.
2. Die umfangreichen Ausführungen der Klägerin zum Fehlverhalten des FA, das die ihm obliegende Aufklärungspflicht bezüglich des Haftungstatbestandes und der Haftungsquote verletzt habe und zur sachlichen Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung des FG, können im Verfahren wegen Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO keine Beachtung finden. Denn die Rüge unrichtiger materiell-rechtlicher Beurteilung durch das FG kann zur Zulassung der Revision nicht führen (st. Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 2001, 202, m.w.N.). Nur wenn dem FG bei der Auslegung und Anwendung des Rechts schwerwiegende Fehler unterlaufen sind, die geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen, kann die Zulassung der Revision in Betracht gezogen werden (BFH-Beschlüsse vom VII B 141/01, BFH/NV 2002, 798, und vom IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25). Einen schwerwiegenden Fehler in diesem Sinne hat die Beschwerde nicht dargelegt. Sie rügt insbesondere, dass die Klägerin neben den übrigen Geschäftsführern als Scheingeschäftsführerin hätte angesehen werden müssen, die fehlerhafte Annahme grob fahrlässiger Verletzung der ihr als Geschäftsführerin obliegenden Pflichten und dass der Grundsatz der anteiligen Tilgung durch die vom FA angenommene und vom FG bestätigte geringe Ermäßigung der Haftungssumme um nur 30 v.H. ebenso mangelhaft berücksichtigt wurde wie die fehlende Möglichkeit der Klägerin, wegen der Insolvenz der GmbH die angeforderten Unterlagen beizubringen. Diese Einwände gegen die —im Übrigen der Rechtsprechung des BFH entsprechende— rechtliche Beurteilung des Haftungstatbestandes sowie des Haftungsumfangs durch das FG sind nicht geeignet, ein besonderes, über den Einzelfall hinausgehendes Interesse an einer Korrektur der Entscheidung des FG zu begründen.
3. Sofern die Klägerin mit den oben dargestellten Ausführungen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat geltend machen wollen, genügt dies nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Beschwerde formuliert nicht einmal eine Rechtsfrage, die nach ihrer Ansicht der Klärung durch eine Entscheidung des BFH bedürfte, noch befasst sie sich mit der umfangreichen zu den angesprochenen Haftungsfragen ergangenen Rechtsprechung des BFH (vgl. zu den Darlegungsanforderungen Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 25 ff., 31 ff.). Vor allem übersieht die Klägerin, dass ihr Einwand, die Rechtssache habe deshalb grundsätzliche Bedeutung, weil das FA es unter Missachtung der ihm obliegenden Beweislast grob fahrlässig unterlassen habe, die zur Grundlage seiner Bewertung für die Inanspruchnahme der Klägerin als Haftungsschuldnerin notwendigen Unterlagen zu beschaffen, fehl geht, weil allenfalls ein Fehlverhalten des FG, niemals aber ein solches der Behörde zur Zulassung der Revision gegen das Urteil des FG führen könnte (§ 115 Abs. 2 FGO). Gegenstand der revisionsrechtlichen Überprüfung ist allein das Urteil des FG (§ 118 FGO).
Fundstelle(n):
YAAAB-20755