Die Frage, ob eine Preisgestaltung im Verhältnis zwischen Schwestergesellschaften auch dann zu einer vGA führen kann, wenn gegenüber fremden Dritten dieselben Preise gelten, ist klärungsbedürftig
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Angemessenheit von Verrechnungspreisen.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH, deren Stammkapital in den Streitjahren (1990 bis 1993) zu 40 v.H. von X und zu 60 v.H. von der Y-AG gehalten wurde. Beide Gesellschafter der Klägerin waren in demselben Verhältnis an der in der Schweiz ansässigen Z-AG beteiligt.
Die Klägerin war u.a. Generalimporteurin von Waren der Z-AG und vertrieb ca. 40 v.H. von deren gesamter Produktion. Daneben führte die Z-AG gegen gesonderte Entgelte Dienstleistungen (Fakturierung und Buchhaltungsarbeiten) für die Klägerin durch.
Die Klägerin erzielte in den Jahren 1984 bis 1995 bei Umsätzen von ca. 10 Mio. DM bis ca. 17,5 Mio. DM Ergebnisse von 611 000 DM (1989) bis ./. 630 000 DM (1994); in den Streitjahren beliefen sich ihre Umsätze auf ca. 15,5 Mio. DM (1990), 17,5 Mio. DM (1991), 15,0 Mio. DM (1992) und 15,5 Mio. DM (1993) und die Ergebnisse auf 363 000 DM (1990), 444 000 DM (1991), 250 000 DM (1992) und 6 000 DM (1993). Ihre Umsatzrendite, die in den Jahren 1984 bis 1987 0,03 v.H. bis 1,47 v.H. und in 1989 4,42 v.H. betragen hatte, belief sich in den Streitjahren auf 2,34 v.H. (1990), 2,53 v.H. (1991), 1,67 v.H. (1992) und 0,04 v.H. (1993). Zugleich nahm der Anteil der von der Z-AG bezogenen Waren am Gesamtumsatz der Klägerin ab, während das Verhältnis der nicht warenbezogenen Kosten zum Umsatz zwischen 20 v.H. und 23 v.H. schwankte.
Im Rahmen einer Außenprüfung stellte der Prüfer Berechnungen an, aus denen sich ergab, dass sich die an die Z-AG gezahlten Einkaufspreise seit 1989 erhöht hatten und dass die Klägerin die Preiserhöhungen nicht vollständig an ihre Abnehmer hatte weitergeben können. Da zugleich der Kurs des Schweizer Franken seit 1989 gesunken war, nahm der Prüfer an, dass die in den Streitjahren an die Z-AG gezahlten Einkaufspreise überhöht gewesen und auf diesem Wege Währungsgewinne in die Schweiz verlagert worden seien. Er behandelte diese Vorgänge als verdeckte Gewinnausschüttungen und errechnete hieraus für alle Streitjahre Mehrgewinne der Klägerin. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) schloss sich der Ansicht des Prüfers an und erließ für die Streitjahre entsprechende Steuerbescheide sowie Kapitalertragsteuer-Haftungsbescheide. Der dagegen gerichtete Einspruch der Klägerin hatte hinsichtlich der Haftung für Kapitalertragsteuer teilweise Erfolg, wurde aber im Übrigen zurückgewiesen.
Das Finanzgericht (FG) gab der daraufhin erhobenen Klage überwiegend statt. Es hob die Kapitalertragsteuer-Haftungsbescheide für 1990 und 1991 ersatzlos auf und änderte die Steuerbescheide für die Jahre 1990 und 1991 nach Maßgabe des von der Klägerin gestellten Antrags. Die Steuerbescheide für 1992 und 1993 und den Haftungsbescheid für 1993 änderte es ebenfalls ab, wobei es aber dem Antrag der Klägerin nicht in vollem Umfang folgte. Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu.
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, dass die Revision nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.
Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat insoweit Erfolg, als die Revision gegen das angefochtene Urteil insoweit zugelassen wird, als dieses gegenüber der Klägerin ergangene Steuerbescheide für 1992 und 1993 und den Haftungsbescheid für 1993 betrifft. Im Übrigen ist sie unzulässig und deshalb zu verwerfen.
1. Das angefochtene Urteil betrifft Steuerbescheide für 1990 bis 1993 sowie Haftungsbescheide über Kapitalertragsteuer für die Jahre 1990, 1991 und 1993. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin lässt nicht erkennen, dass sie sich nur auf einen Teil der vom FG beurteilten Streitgegenstände bezieht. Hieraus folgt, dass die Klägerin das erstinstanzliche Urteil in seiner Gesamtheit zum Gegenstand des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens gemacht hat.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist, soweit es um die Steuerbescheide für 1990 und 1991 sowie um die Kapitalertragsteuer-Haftungsbescheide für 1990 und 1991 geht, unzulässig. Denn in diesen Punkten hat das FG der Klage in vollem Umfang stattgegeben, weshalb sein Urteil die Klägerin insoweit nicht beschwert. Eine Beschwer durch die angefochtene Entscheidung ist indessen Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, Rz. 12 vor § 115, m.w.N.). Diese ist deshalb im Streitfall, soweit es um die vorgenannten Bescheide geht, nicht gegeben.
3. Hinsichtlich der Steuerbescheide für 1992 und 1993 und des Haftungsbescheides für 1993 ist das FG dem Antrag der Klägerin nicht vollständig gefolgt. Insoweit ist die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig und begründet. Denn das FG hat einerseits den Vortrag der Klägerin als wahr unterstellt, dass die Z-AG allen ihren Abnehmern einheitliche Preise berechnet hat und dass auch ihre Lieferungen an die Klägerin in vollem Umfang zu diesen Preisen abgerechnet wurden. Es ist dabei erkennbar davon ausgegangen, dass nicht alle Abnehmer der Z-AG mit dieser gesellschaftsrechtlich verbunden waren. Damit stellt sich im Streitfall die Frage, ob in einer solchen Situation eine vGA schon deshalb ausscheidet, weil die von der Klägerin bezahlten (und vom FA beanstandeten) Preise gleichermaßen im Verhältnis zu fremden Dritten gegolten haben und unter diesem Gesichtspunkt einem Fremdvergleich standhalten. Diese Frage kann in einer Vielzahl von Fällen entscheidungserheblich sein und hat deshalb grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Schließlich hat die Klägerin diesen Zulassungsgrund in der Beschwerdeschrift ausreichend dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO), so dass ihre Nichtzulassungsbeschwerde insoweit Erfolg haben muss.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Soweit die Revision zugelassen wird, ist keine Kostenentscheidung zu treffen, da ein erfolgreiches Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren kostenrechtlich kein eigenständiges Verfahren darstellt. Eine Kostenentscheidung, die sodann auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens umfasst, erfolgt insoweit vielmehr erst im Revisionsverfahren (, BFHE 163, 125, BStBl II 1991, 367, m.w.N.).
Soweit der Senat für den Fall der nur teilweisen Revisionszulassung bisher eine abweichende Auffassung vertreten hat (Senatsbeschluss vom I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605), hält er daran nicht fest. Denn die Notwendigkeit einer Kostenentscheidung kann nicht davon abhängen, ob wegen einer Mehrzahl von Streitgegenständen nur ein einziges oder verschiedene Rechtsmittel geführt worden sind. Hätte aber die Klägerin jeden einzelnen der gegen sie gerichteten Bescheide mit einer gesonderten Klage und Nichtzulassungsbeschwerde angefochten, so wäre in den erfolgreich geführten Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren keine Kostenentscheidung zu treffen, so dass es im hier vorliegenden Fall des einheitlichen Rechtsmittels nicht anders sein kann.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 821 Nr. 6
UAAAB-20230