BFH Beschluss v. - XI B 187/02

Keine Verletzung rechtlichen Gehörs bei Nichterscheinen des Kl.

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3

Instanzenzug:

Gründe

1. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. In der Begründung der Beschwerde müssen die Voraussetzungen gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt werden. Gemäß § 119 Nr. 3 FGO ist ein Urteil stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war (vgl. , BFHE 196, 39, BStBl II 2001, 802).

a) Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sieht sein Recht auf Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) dadurch als verletzt an, dass die mündliche Verhandlung in seiner Abwesenheit durchgeführt und ein klageabweisendes Urteil erlassen worden sei. Er habe nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen können, weil in seinem Büro —statt 10.00 h— versehentlich 11.00 h als Terminbeginn notiert worden sei. Das Finanzgericht (FG), das um 10.05 h in seinem Büro habe anrufen lassen und informiert worden sei, hätte warten müssen; entgegen der Meinung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) liege sein Büro nicht 70 km, sondern nur 50 km vom FG entfernt; die Fahrzeit betrage bei reibungslosem Verkehr lediglich 30 Minuten.

Dem Recht der Parteien auf Anhörung wird dadurch genügt, dass eine mündliche Verhandlung stattfindet, die Parteien dazu ordnungsgemäß geladen werden, die Verhandlung zu dem anberaumten Termin eröffnet und den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung gegeben wird (vgl. , BFH/NV 1998, 63).

Erscheint ein Beteiligter nicht pünktlich, so liegt es grundsätzlich im Ermessen des Vorsitzenden, ob er die mündliche Verhandlung eröffnet oder gleichwohl noch eine gewisse Zeit abwartet. Für den Fall, dass ein Beteiligter sein Erscheinen oder die Möglichkeit einer geringfügigen Verspätung angekündigt hat, kann er nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen damit rechnen, dass eine gewisse Zeit gewartet und die Verhandlung z.B. nicht bereits zehn Minuten nach dem anberaumten Termin eröffnet wird. Hat der zur mündlichen Verhandlung geladene Prozessbevollmächtigte eines Beteiligten dagegen sein Erscheinen oder eine mögliche Verspätung nicht vorher angekündigt, so kann er in der Regel nicht erwarten, dass das Gericht, das keine Anhaltspunkte dafür hat, ob und wann der Prozessbevollmächtigte erscheinen wird, von einer pünktlichen Eröffnung der mündlichen Verhandlung absieht und möglicherweise vergeblich auf ihn wartet, zumal sich dann auch die nachfolgenden Termine verschieben und die Beteiligten dieser Verfahren unnötig Zeit verlieren würden (zu Vorstehendem , juris STRE200150200, Steuer- und Betrieb —StuB— 2001, 509 [Kurzwiedergabe]).

Im Streitfall hat der Kläger die Voraussetzungen der Verletzung rechtlichen Gehörs im Hinblick auf die unterbliebene Verschiebung der mündlichen Verhandlung nicht ausreichend dargelegt. Er hat den Inhalt des zwischen dem FG und seinem Büro geführten Telefongesprächs nur unvollständig wiedergegeben; auch geht aus seinen Ausführungen nicht hervor, wo er sich zur Zeit des Anrufs befand, mit welcher Verspätung tatsächlich zu rechnen war und dass und wann er tatsächlich im FG eingetroffen ist.

b) Nicht schlüssig ist auch die Rüge des Klägers, das FG habe sein Recht auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es zu Unrecht den Angaben des FA gefolgt sei, wonach keine verbindliche Zusage gemacht worden sei, den Veranlagungszeitraum 1996 nicht zu prüfen. Der Kläger hätte insoweit dartun müssen, was er gegebenenfalls vorgetragen hätte, um die Abgabe einer solchen Zusage zu substantiieren, und dass das FG dann zu einer anderen Entscheidung hätte gelangen können.

Nach seinem eigenen Vortrag haben die Prüfer im Rahmen der damaligen Schlussbesprechung lediglich die zuvor artikulierte Absicht fallen gelassen, „Prüfungen für das Jahr 1996 anzuschließen„. Daraus ergibt sich aber keine verbindliche Zusage dahin gehend, keinesfalls später im Zusammenhang einer mehrere Jahre umfassenden Prüfung auch das Jahr 1996 noch zu prüfen. Der Kläger hat im Rahmen seiner Verfahrensrüge damit nicht dargelegt, wann welcher für eine derartige Zusage entscheidungsbefugte Beamte zugesagt habe, das Jahr 1996 werde nicht geprüft. Auf das Fehlen einer solchen Darlegung hat aber das FG seine Klageabweisung gestützt. Der Inhalt der Aktenvermerke vom und Januar 2000, die dem Kläger nach seinem Vortrag nicht bekannt waren, war demnach nicht entscheidungserheblich.

2. Bei den Zulassungsgründen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO sind substantiierte und konkrete Angaben darüber erforderlich, weshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts über eine bestimmte Rechtsfrage aus Gründen der Rechtsklarheit, der Rechtsfortbildung oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung im allgemeinen Interesse liegt, insbesondere auch, warum auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung die Rechtsfrage nicht beantwortet werden kann. Spätere Darlegungen in nach Ablauf der Begründungsfrist nachgereichten Schriftsätzen sind —abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen— nicht zu berücksichtigen (, BFH/NV 2003, 77).

Den Revisionszulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat der Kläger erst nach Ablauf der Begründungsfrist angesprochen.

3. Die Entscheidung ergeht im Übrigen gemäß § 116 Abs. 5 FGO ohne weitere Begründung.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 640
BFH/NV 2004 S. 640 Nr. 5
PAAAB-17272