OFD Hannover - S 2132a - 19 - StH 225 S 2230 - 18 - StO 252

§ 13 EStG; Ertragsteuerliche Behandlung der Entschädigungen für die Inanspruchnahme von land- und forstwirtschaftlichem Grundbesitz

1 Inanspruchnahme für den Bau und den Betrieb von Erdöl-, Erdgas-, Hochspannungs- und Wasserleitungen sowie die Errichtung von Pump- und Trafostationen

1.1 Allgemeines

Die Entschädigungen für die Inanspruchnahme von land- und forstwirtschaftlichem (luf) Grundbesitz für den Bau von Erdöl-, Erdgas-, Hochspannungs- und Wasserleitungen sowie der Errichtung von Pump- und Trafostationen (z. B. Wert des Nutzungsentgangs, Randschadenentschädigung, Überspannungsentschädigung) sind unabhängig von der Sicherung der Rechte durch Grunddienstbarkeiten Betriebseinnahmen. Es handelt sich in der Regel um Nutzungsentgelte für die Gebrauchsüberlassung des Grund und Bodens und damit um Pacht. Soweit die Entschädigung auf eine objektiv feststellbare Wertminderung des Grund und Bodens oder auf Wirtschaftserschwernisse (vgl. ESt-Kartei (LuF) § 13 EStG Nr. 1.34) entfällt, ist die Gesamtentschädigung aufzuteilen und gesondert zu beurteilen.

Eine Teilwertabschreibung in Höhe einer eingetretenen Wertminderung des in Anspruch genommenen Grund und Bodens ist bei Grundstücken, die mit dem doppelten Ausgangswert i. S. des § 55 Abs. 1 bis 4 EStG bewertet worden sind, aufgrund der Verlustklausel des § 55 Abs. 6 EStG nicht zulässig ( BStBl 1979 II S. 103).

1.2 Einmalentschädigungen

1.2.1 Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG

Soweit durch eine Einmalentschädigung Einnahmen mehrerer Jahre abgegolten werden, sind diese Einnahmen nach dem (BStBl 1995 II S. 202) bereits dann von Steuerpflichtigen mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG passiv abzugrenzen (§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG), wenn sie rechnerisch Ertrag für einen bestimmten Mindestzeitraum darstellen. Die Grundsätze dieser Entscheidung sind nach dem Niedersächsischen Fin Min mit Erlass vom – S 2134b – 3 – 31 1 – in allen noch offenen Fällen anzuwenden, in denen es bei zeitlich nicht befristeten Dauerleistungen für die Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens auf die Voraussetzungen der bestimmten Zeit ankommt.

Bei der Beurteilung, von welchem Mindestzeitraum bei einer nicht befristeten Dauerleistung auszugehen ist, bittet die OFD grundsätzlich die von den Vertragsparteien geschlossenen Vereinbarungen zugrunde zu legen. Ergibt sich daraus eine immerwährende Nutzungsmöglichkeit oder ein Zeitraum von mehr als 25 Jahren, ist, einheitlich für beide Vertragsparteien von einem Mindestzeitraum von 25 Jahren auszugehen, weil sich dieser Zeitraum nach dem (BStBl 1969 II S. 180) rechnerisch als Verteilungszeitraum bei einer zeitlich unbegrenzten Nutzung und einem Zinssatz von 4 v. H. ergibt.

1.2.2 Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG oder § 13a EStG

Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ist die Verteilung einer Einmalzahlung auf einen bestimmten Zeitraum auch aus Billigkeitsgründen nicht möglich. Das gilt auch bei der Gewinnermittlung nach § 13a EStG. Nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG a. F. ist die Entschädigung insgesamt als Gewinnkorrektur zu berücksichtigen, es sei denn, der Steuerpflichtige wendet die Grundsätze des § 4 Abs. 1 EStG an (vgl. dazu Tz. 1.2.1). Nach § 13a EStG a. F. ist die Einmalzahlung mit Ansatz des Grundbetrags (§ 13a Abs. 4 EStG) abgegolten.

Eine Besteuerung des Gewinns als außerordentliche Einkünfte (§ 34 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 24 Nr. 1a EStG) mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG ist nicht zulässig, weil es sich bei der Nutzungsentschädigung nicht um eine Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen, sondern unmittelbar um Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grund und Bodens handelt (vgl. entsprechend  BStBl 1994 II S. 640).

1.2.3 Übergangsregelung

Bei Verträgen die vor dem abgeschlossen wurden, ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn der durch die Einmalentschädigung verwirklichte Gewinn als außerordentliche Einkünfte (§ 34 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 24 Nr. 1a EStG) mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG besteuert wird. Um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden, bestehen in diesen Altfällen keine Bedenken, die gesamte Entschädigung auch dann einheitlich zu beurteilen, wenn sie nicht nur für den Ertragsausfall, sondern auch für einen Wertverlust bezahlt wird.

1.3 Besonderheiten bei forstwirtschaftlich genutzten Flächen

Wurden forstwirtschaftlich genutzte Flächen in Anspruch genommen, so sind die Entschädigungen für den Bestandeswert (Abtriebswert und Hiebsunreifewert) des Trassenbestandes sowie pauschale Abgeltungen für Schäden an den Restbeständen (Randschäden) Veräußerungserlöse für das stehende Holz. Die Betriebseinnahmen aus dieser Entschädigung abzüglich des Buchwertanteils des stehenden Holzes zuzüglich der noch durch die weitere Verwertung erzielten Erlöse nach Abzug der damit im Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben können als Einkünfte i. S. des § 34b Abs. 1 Nr. 1 EStG besteuert werden, soweit sie außerhalb des festgesetzten Nutzungssatzes angefallen sind und die Voraussetzungen des § 34b Abs. 4 EStG vorliegen. Die erforderliche Nutzung aus wirtschaftlichen Gründen ist wegen der volkswirtschaftlichen Bedeutung gegeben (R 204 (volkswirtschaftliche Gründe) EStR 2002).

2 Inanspruchnahme für Naturschutzzwecke

Wird luf genutzter Grund und Boden für Naturschutzzwecke in Anspruch genommen, so kann dadurch eine Verkehrswertminderung eintreten, die dem Grunde nach eine Teilwertabschreibung rechtfertigt. Diese Teilwertminderung kann jedoch nicht in pauschaler Höhe unterstellt werden (z. B. 50 v. H. des bisherigen Buchwertes). Vielmehr muss der Steuerpflichtige den Teilwert des betreffenden Grundstücks nach Inanspruchnahme zu Naturschutzzwecken durch geeignete Unterlagen nachweisen oder glaubhaft machen.

Wird luf genutzter Grund und Boden, der mit dem pauschalen Buchwert nach § 55 Abs. 1 bis 4 EStG bewertet worden ist, unter Naturschutz gestellt, so ist eine gewinnmindernde Teilwertabschreibung wegen der Verlustklausel nach § 55 Abs. 6 EStG auch aus Billigkeitsgründen nicht zulässig.

Soweit sich Land- und Forstwirte freiwillig entschließen, landwirtschaftliche Flächen unter Naturschutz stellen zu lassen, und hierfür entschädigt werden, greift § 24 Nr. 1a EStG nicht ein, weil eine Entschädigung i. S. dieser Vorschrift nur vorliegt, wenn der Betroffene bei der zum Einnahmeausfall führenden Maßnahme unter nicht unerheblichem rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck handelt (R 170 (Entschädigung i. S. des § 24 Nr. 1a EStG) EStR 2002). Im Übrigen erfasst der Entschädigungsbegriff des § 24 Nr. 1a EStG nur solche Leistungen, die als Ersatz für tatsächlich entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden ( BStBl 1983 II S. 203, 208). Entschädigungen für unbefristete, mit Einnahmeausfällen verbundene Bewirtschaftungsauflagen und -erschwernisse werden aufgrund einer dauernden Nutzungseinschränkung, die eine endgültig eintretende Minderung des Verkehrswerts der Grundstücke zur Folge hat, gezahlt. Die Entschädigung ist ein Ausgleich für die endgültige Aufgabe oder Einschränkung von an das Eigentum knüpfenden Rechtspositionen und ist daher nicht ermäßigt zu besteuern. Nur soweit es sich um zeitlich begrenzte Umweltschutzauflagen handelt, werden die dafür geleisteten Entschädigungen ganz oder teilweise für tatsächliche Ertragseinbußen geleistet und fallen damit unter die tarifermäßigt zu besteuernden Einkünfte.

OFD Hannover v. - S 2132a - 19 - StH 225S 2230 - 18 - StO 252

Fundstelle(n):
FAAAB-17096