BFH Urteil v. - III R 14/03

EigZ für Ausbauten und Erweiterungen an einer Wohnung

Gesetze: EigZulG §§ 2, 9; EStG § 10e

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) beantragte als Bauherrin die Genehmigung zur Erweiterung und Sanierung eines bestehenden Wohnhauses auf dem im Eigentum ihres Vaters stehenden Grundstücks, die unter dem erteilt wurde. Entsprechend den Anlagen zum Bauantrag ließ die Klägerin auf den im Erdgeschoss vorhandenen Anbau im Obergeschoss und im Dachgeschoss ebenfalls einen Anbau setzen; im Dachgeschoss wurden außerdem Wände entfernt. Die Wohnfläche im Ober- und Dachgeschoss von 101,76 qm erhöhte sich durch die Baumaßnahmen um 60,67 qm. Zu dem Bestand (im Obergeschoss: Schlafzimmer, Arbeitszimmer, Essen/Kochen, Bad, Diele; im Dachgeschoss: zwei Kinderzimmer, ein Hauswirtschaftsraum, Bad und Flur) kamen im Obergeschoss ein Esszimmer und Wintergarten hinzu und im Dachgeschoss wurden die beiden Kinderzimmer um Dachgauben und der bisherige Hauswirtschaftsraum zu einem Wohnzimmer erweitert.

Durch Teilungserklärung des Vaters vom entstanden in dem bisher als Zweifamilienhaus bewerteten Wohnhaus zwei Eigentumswohnungen. Die im Ober- und Dachgeschoss gelegene Wohnung Nr. 2 übertrug der Vater mit Schenkungsvertrag vom auf die Klägerin, die sie seit dem selbst nutzt.

Am beantragte die Klägerin Eigenheimzulage für die Herstellung einer Eigentumswohnung aus einer Bemessungsgrundlage von 116 303 DM. Mit Bescheid über Eigenheimzulage ab 1999 gewährte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) Eigenheimzulage in Höhe von 5 500 DM, die sich aus 2,5 v.H. der Bemessungsgrundlage (2 908 DM), höchstens 2 500 DM, und zwei Kinderzulagen zu je 1 500 DM zusammensetzt. Den dagegen erhobenen Einspruch der Klägerin, mit dem sie wegen „Schaffung von Wohnraum als Neuobjekt„ den Fördergrundbetrag in Höhe von 5 v.H. der Bemessungsgrundlage, höchstens 5 000 DM, begehrte, wies das FA als unbegründet zurück, weil die neu geschaffenen Wohnräume keine Wohnung im bewertungsrechtlichen Sinne darstellten, da sie nicht von anderen Räumen baulich getrennt seien und auch keine in sich abgeschlossene Wohneinheit bildeten; auch seien die notwendigen Nebenräume nicht zusammen mit der neuen „Wohnung„ geschaffen worden, Küche und Bad seien vielmehr bereits vorhanden gewesen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Klägerin ab.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 2 des EigenheimzulagengesetzesEigZulG—). Die Errichtung „eines abgeschlossenen —angebauten— Neubaus unter Einbeziehung bereits vorhandener Wohnräume eines Altbaus„ sei Herstellung einer neuen Wohnung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG und nicht nur Erweiterung einer Wohnung (§ 2 Abs. 2 EigZulG) „auch wenn gleichzeitig die —um die in die neue Wohnung integrierten Wohnräume verkleinerte— bisherige (Altbau-)Wohnung entwidmet„ worden sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das finanzgerichtliche Urteil und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und unter Änderung des Bescheides über Eigenheimzulage für den Zeitraum 1999 bis 2006 den Fördergrundbetrag auf 2 556 € (entspricht 5 000 DM) festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Das FG hat im Ergebnis zu Recht die Baumaßnahmen der Klägerin als Ausbauten und Erweiterungen einer vorhandenen Wohnung i.S. des § 2 Abs. 2 EigZulG und nicht als Herstellung einer Wohnung i.S. des § 2 Abs. 1 EigZulG angesehen und die Gewährung des Fördergrundbetrages gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 EigZulG in Höhe von 2,5 v.H. der Bemessungsgrundlage, höchstens 2 500 DM, im Streitjahr bestätigt.

1. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 EigZulG in der für das Streitjahr geltenden Fassung beträgt der Fördergrundbetrag für die Herstellung einer im Inland belegenen eigenen Eigentumswohnung jährlich 5 v.H. der Bemessungsgrundlage, höchstens 5 000 DM, für Ausbauten und Erweiterungen dagegen nur 2,5 v.H. der Bemessungsgrundlage, höchstens 2 500 DM.

a) Herstellen einer Wohnung i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG bedeutet nach der ständigen, insoweit auch im Eigenheimzulagenrecht weiter einschlägigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu § 10e Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) das Schaffen einer neuen, bisher nicht vorhandenen Wohnung (ständige Rechtsprechung, z.B. X R 36/99, BFH/NV 2002, 1158; vom III R 49/01, BFH/NV 2003, 1400). Baumaßnahmen an einer bestehenden Wohnung können nur dann als Herstellung einer Wohnung i.S. des § 2 Abs. 1 EigZulG beurteilt werden, wenn diese Wohnung bautechnisch neu ist (, BFHE 202, 57, BStBl II 2003, 565). Ob eine Wohnung im Sinne des EigZulG vorhandenen ist, richtet sich nach dem Wohnungsbegriff des Bewertungsrechts. Danach ist eine Wohnung eine Zusammenfassung mehrerer Räume, in denen ein selbständiger Haushalt geführt werden kann; sie müssen nach außen abgeschlossen und es müssen wenigstens ein Bad oder eine Dusche und ein WC sowie eine Küche oder Kochgelegenheit vorhanden sein (vgl. , BFHE 187, 445, BStBl II 1999, 91, m.w.N.; vom IX R 75/00, BFHE 198, 435, BStBl II 2002, 336).

b) Zur Auslegung der Begriffe „Ausbau„ und „Erweiterung„ sind die Begriffsbestimmungen in § 17 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II.WoBauG) in der bis geltenden Fassung heranzuziehen (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 2003, 1178, zu § 10e EStG, und in BFHE 198, 435, BStBl II 2002, 336, zu § 2 Abs. 2 EigZulG). Danach ist Wohnungsbau durch Erweiterung eines bestehenden Gebäudes das Schaffen von Wohnraum durch Aufstockung des Gebäudes oder durch Anbau an das Gebäude (§ 17 Abs. 2 II.WoBauG). Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 II.WoBauG ist Ausbau eines bestehenden Gebäudes das Schaffen von Wohnraum

- durch Ausbau des Dachgeschosses oder

- durch eine unter wesentlichem Bauaufwand durchgeführte Umwandlung von Räumen, die nach ihrer baulichen Anlage und Ausstattung bisher anderen als Wohnzwecken dienten.

Als Wohnungsbau durch Ausbau eines Gebäudes gilt ferner der unter wesentlichem Bauaufwand durchgeführte Umbau von Wohnungen, die infolge Änderung der Wohngewohnheiten nicht mehr für Wohnzwecke geeignet sind, zur Anpassung an die veränderten Wohngewohnheiten (§ 17 Abs. 1 Satz 2 II.WoBauG).

2. Die Klägerin hat durch die Baumaßnahmen keine neue Wohnung hergestellt, sondern die vorhandene Wohnung im Ober- und Dachgeschoss erweitert und ausgebaut.

a) Nach den unangefochtenen Feststellungen des FG war bei Beginn der Baumaßnahme eine bewohnbare Wohnung mit Küche, Bad und Wohnräumen vorhanden; diese Räumlichkeiten sind in ihrer Funktion auch nach den Baumaßnahmen als Teil der Wohnung weiter erhalten geblieben. Insoweit unterscheidet sich der Fall grundlegend von den Sachverhalten, die den von der Klägerin herangezogenen Entscheidungen des Schleswig-Holsteinischen (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2003, 284) und des (EFG 2000, 540) zugrunde lagen.

Dass diese vorhandene Wohnung durch den An- und Umbau in ihrer Größe, Stuktur und Nutzungsmöglichkeit verändert sein mag, macht sie nicht zu einer bautechnisch neuen Wohnung. Allein durch die Begründung von Wohnungseigentum wird keine (Eigentums-)Wohnung gemäß § 2 Abs. 1 EigZulG hergestellt. Begünstigt ist die Wohnung als solche, also nur die Gebäudesubstanz (gl.A. Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 2. Aufl., § 2 Rz. 21, 22). Auch eine Eigentumswohnung wird daher nur hergestellt, wenn durch die Baumaßnahmen eine bautechnisch neue Wohnung entsteht, welche die steuerrechtlichen Merkmale des Wohnungsbegriffs erfüllt (BFH-Urteil in BFHE 187, 445, BStBl II 1999, 91, zu § 10e EStG). Die rechtliche Verselbständigung einer vorhandenen Wohnung, die lediglich erweitert und/oder ausgebaut wird, ist dagegen keine Herstellung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG.

b) Die Baumaßnahmen der Klägerin sind als Ausbauten bzw. Erweiterungen zu qualifizieren. An die vorhandene Wohnung wurden im Obergeschoss Räume angebaut und im Dachgeschoss vorhandene Räume in Größe und Funktion verändert. Ob es sich dabei jeweils um Ausbauten oder Erweiterungen im Rechtssinne handelt, erübrigt sich, da der Fördergrundbetrag nach § 2 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 2 EigZulG in beiden Fällen gleich ist.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 616
BFH/NV 2004 S. 616 Nr. 5
OAAAB-16993