Instanzenzug:
Gründe
I. Die Eltern des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) lebten in Wohngemeinschaft mit Frau E in derem Haus. E verstarb im Oktober 1985, der Vater 1989 und die Mutter 1993. Der Kläger, der mit Frau G und Frau S zwei Schwestern hat, wurde Alleinerbe seiner Mutter.
E hatte den Eltern des Klägers mit Testament vom September 1983 ihr Wohnhaus vermacht und am ein von der Mutter handschriftlich gefertigtes Schreiben unterzeichnet, wonach die Mutter berechtigt sein sollte, nach dem Tod der E eine Kassette mit Aktien „einzutauschen„. Nach dem Tod der E zog der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Eltern wegen des Erwerbs des Wohnhauses durch getrennte Bescheide vom zu einer Erbschaftsteuer von je ... DM heran. Von der Kassette, die nach den Wertverhältnissen vom festverzinsliche Wertpapiere im Wert von ... DM und Aktien im Wert von ... DM enthielt, hatte das FA zunächst keine Kenntnis.
Alleinerbe der E war der mittlerweile ebenfalls verstorbene A. Dieser war zunächst in den Besitz der Kassette gelangt, hatte sie aber noch im Oktober 1985 den Eltern des Klägers ausgehändigt, die sie im März 1988 an einen Neffen des Vaters des Klägers, Herrn B, übergaben. Erst im Juni 1991 erhielt das FA durch eine Anzeige der Schwester G Kenntnis von der Kassette. Nach einer anschließenden Steuerfahndungsprüfung beurteilte das FA das von E unterzeichnete Schreiben vom als weiteres —allerdings nur zugunsten der Mutter— verfügtes Vermächtnis und erhöhte die gegen die Mutter festgesetzte Erbschaftsteuer durch Änderungsbescheid gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) vom auf ... DM. Den Bescheid erließ es gegenüber dem Kläger als Gesamtrechtsnachfolger seiner Mutter.
Einspruch und Klage gegen den Änderungsbescheid hatten keinen Erfolg. Der Kläger hatte vorgetragen, das von E unterzeichnete Schreiben vom enthalte kein Vermächtnis, sondern lediglich eine Bevollmächtigung der Mutter. Dafür spreche auch, dass die Kassette in dem Testament vom September 1983 nicht erwähnt worden sei. Im Übrigen seien die Wertpapiere zum Teil mit Mitteln der Eltern angeschafft worden. E habe wegen ihrer einschlägigen Erfahrung das Geld der Eltern gemeinschaftlich mit diesen verwaltet und angelegt, wie eine Freundin der Eltern, nämlich die mittlerweile ebenfalls verstorbene Frau W mit Erklärung vom bestätigt habe. Die Eltern hätten sparsam gelebt und daher erhebliche Gelder anlegen können. Die Eltern hätten auch niemals darüber gesprochen, Wertpapiere von E erhalten zu haben. Überdies sei noch nicht einmal erwiesen, dass A die Kassette überhaupt den Eltern ausgehändigt habe. Eine Quittung über einen derartigen Vorgang sei nicht vorhanden. Die Schwester G, die die Anzeige erstattet habe, sei unglaubwürdig. Sie sei seit 1983 hinter dem Vermögen der Eltern her und habe die Papiere von der Übergabe der Kassette an die Eltern bis zu ihrer Aushändigung an den Neffen des Vaters verwaltet. Sie habe mit der Anzeige bezweckt, einen Familienstreit mit Hilfe des FA zu ihren Gunsten zu entscheiden. Schließlich habe die Steuerfahndung es versäumt, die Zeugen A und Frau W sowie die Mutter noch zu deren jeweiligen Lebzeiten zur Sache zu vernehmen.
Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Klageabweisung aus, das Wort „eintauschen„ in dem von E unterzeichneten Schreiben vom spreche für ein Vermächtnis und gegen eine bloße Bevollmächtigung. Dass das Vermächtnis nicht der erforderlichen Form genügt habe, sei gemäß § 41 AO 1977 unbeachtlich, da es mit der Aushändigung der Kassette durch A an die Eltern vollzogen worden sei. Das Verschweigen der Kassette in dem Testament vom September 1983 habe dazu gedient, sie vor den Finanzbehörden geheim zu halten. Ihr weiteres Verschweigen nach der Übergabe an die Eltern sei als Steuerhinterziehung zu werten, so dass dem Erlass des Änderungsbescheides keine Festsetzungsverjährung entgegengestanden habe. Dafür, dass die Kassette auch Wertpapiere der Eltern enthalten habe, gebe es keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil spreche vieles dagegen. So habe die Mutter in dem von ihr aufgesetzten Schriftstück vom nichts davon erwähnt. Auch wäre unverständlich, warum die Mutter nach dem Tod der E berechtigt sein sollte, die eigenen Papiere „einzutauschen„. Die eigenen Ersparnisse der Eltern hätten im Übrigen auf verschiedenen Sparbüchern und einem Girokonto gelegen. Die Steuerfahndung habe die Auszüge des Girokontos vom Dezember 1973 bis Oktober 1985 überprüft und keine Buchungen festgestellt, die auf den Kauf oder eine Spekulation mit Wertpapieren schließen ließen. Auch der Wertpapiersachbearbeiter der Bank der E habe nichts von einer angeblichen Inhaberschaft der Eltern gewusst. Die schriftliche Erklärung der W vom sei unsubstantiiert und beziehe sich nicht auf die Kassette, sondern auf eigene Depots der Eltern. Von einer Vernehmung der W habe die Steuerfahndung auf Wunsch u.a. des Klägers abgesehen.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie Verfahrensmängel geltend. Grundsätzliche Bedeutung soll der Frage zukommen, welcher Grad an Wahrscheinlichkeit des angenommenen Sachverhalts erforderlich sei, um den Steuerpflichtigen mit einer Steuer in der streitbefangenen Höhe zu belasten. Dabei handele es sich um eine Frage, die das Vertrauen in die Rechtsprechung betreffe. Im Streitfall habe das FG sich seine Überzeugung über den angenommenen vermächtnisweisen Erwerb der Wertpapiere durch die Mutter auf der Grundlage eines zu geringen Grades an Wahrscheinlichkeit gebildet. Dabei gehe es zu Lasten des FA, wichtige Personen wie die Mutter, W und A nicht zu deren Lebzeiten gehört zu haben.
Als Verfahrensmängel rügt der Kläger Verstöße gegen § 76 Abs. 1 und § 96 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Obwohl der Kläger eindringlich auf die persönlichen Motive seiner Schwestern hingewiesen habe, habe es das FG unterlassen, sie zu vernehmen und sich ein Bild von ihrer Glaubwürdigkeit zu machen. Die schriftlichen Erklärungen der Schwestern gegenüber dem FA, auf die sich das FG maßgeblich gestützt habe, wiesen mehrere näher bezeichnete Ungereimtheiten und Widersprüche auf. Auch sei ungeklärt, weshalb A das formunwirksame Wertpapiervermächtnis anerkannt haben solle. Hätte sich das FG einen persönlichen Eindruck von den Schwestern verschafft, hätte es ihren schriftlichen Erklärungen möglicherweise keinen Glauben mehr geschenkt. Auch sei versäumt worden, die Steuerakten der E beizuziehen, um zu prüfen, ob sie in der Lage gewesen sei, Wertpapiere diesen Umfangs zu erwerben. Schließlich hätte auch der Zeuge B vernommen werden müssen. Das FG habe sich auf ein Schreiben des Zeugen vom Oktober 1988 an die Schwester G berufen, obwohl der Zeuge sich später mit Schreiben vom von dessen Inhalt abgesetzt habe. Die Hintergründe dieser Schreiben hätten aufgeklärt werden müssen; möglicherweise wäre dann das erste Schreiben nicht mehr wie geschehen zu verwerten gewesen. Zwar treffe zu, dass der Kläger eine Vernehmung der Schwestern und des Zeugen B sowie die Beiziehung der Steuerakten der E nicht beantragt habe; da die Feststellungslast aber auf Seiten des FA gelegen habe, habe er, der Kläger, sich auf ein Bestreiten ihrer Glaubwürdigkeit bzw. auf ein Beiziehen der Steuerakten von Amts wegen verlassen können. Da bereits das FA die mittlerweile verstorbenen Zeugen sowie die Mutter nicht vernommen habe, habe das FG sogar eine erhöhte Aufklärungspflicht getroffen. Insoweit schlügen Verfahrensfehler des FA auf das finanzgerichtliche Verfahren durch. Unter diesen Umständen laufe eine kritiklose Übernahme der Angaben, die die beiden Schwestern in ihren schriftlichen Erklärungen gemacht haben, auf eine vorweggenommene Beweiswürdigung hinaus.
Das FG habe auch gegen den Inhalt der Akten verstoßen, indem es festgestellt habe, dass er, der Kläger, Alleinerbe der Mutter sei. Der angefochtene Bescheid weise aber noch auf G als weitere Gesamtrechtsnachfolgerin der Mutter hin. Auch ergebe sich aus der Erklärung der G vom entgegen der Feststellung des FG kein Datum für den Zeitpunkt der Übergabe der Kassette durch A an die Eltern.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage, welcher Grad an Wahrscheinlichkeit des angenommenen Sachverhalts erforderlich ist, um den Kläger mit der streitigen Steuer zu belasten, ist nicht ausreichend dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). In diesem Punkt ist die Beschwerde unzulässig. Soweit mit dem Geltendmachen dieses Zulassungsgrundes nicht lediglich eine fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall gerügt, sondern die Rechtsfrage über den Einzelfall hinaus für grundsätzlich bedeutsam i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gehalten wird, fehlen nämlich Ausführungen dazu, weshalb diese Frage noch klärungsbedürftig sein soll (vgl. , BFHE 189, 401, BStBl II 1999, 760). Die Frage, welche Anforderungen gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO an die Überzeugung des Gerichts vom Vorliegen oder Nichtvorliegen bestimmter Tatsachen zu stellen sind, ist bereits höchstrichterlich geklärt. Erforderlich ist zwar nicht eine objektive Gewissheit, aber —sofern nicht gesetzliche Beweiserleichterungen bestehen— mehr als nur ein überwiegender Grad von Wahrscheinlichkeit (vgl. , BFH/NV 1987, 560, unter 2. b). Auch soweit es wie im Streitfall darum geht, dass sich das FG im Rahmen eines Steuerprozesses eine Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen einer strafbaren Handlung bilden muss, sind die Anforderungen an den Grad der Wahrscheinlichkeit bzw. Gewissheit höchstrichterlich geklärt (vgl. , BFHE 185, 351, BStBl II 1998, 466, m.w.N.). Danach ist zwar der strafverfahrensrechtliche Grundsatz „in dubio pro reo„ auch im finanzgerichtlichen Verfahren zu beachten; jedoch ist das Vorliegen der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung dabei nicht nach der Strafprozessordnung, sondern nach den Vorschriften der AO 1977 und FGO zu prüfen. Daraus folgt, dass für die Feststellung dieser Tatbestandsmerkmale kein höherer Grad von Gewissheit notwendig ist als für die Feststellung anderer Tatsachen, für die das FA die Feststellungslast trägt. Ein Beschwerdeführer, der darüber hinaus weiteren Klärungsbedarf sieht, hätte diesen gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO näher darlegen müssen.
Sollte der Vortrag des Klägers, einer revisionsgerichtlichen Entscheidung über die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage bedürfe es auch aus Gründen des Vertrauens in die Rechtsprechung, dahin zu verstehen sein, dass er den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO geltend machen will, wäre gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO darzulegen gewesen, dass und weshalb nach Ansicht des Klägers die Vorentscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sein soll (vgl. , BFH/NV 2003, 1597). Dies ist nicht geschehen.
2. Soweit der Kläger rügt, das FG habe gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 sowie § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen, ist die Beschwerde unbegründet. Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht, das FG habe es unterlassen, von Amts wegen bestimmte Zeugen- und Urkundsbeweise zu erheben, hat die Beschwerde nur dann Erfolg, wenn sich die Beweiserhebung dem Gericht auch ohne entsprechenden Antrag eines Beteiligten hätte aufdrängen müssen (vgl. Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 120 Anm. 70). Die vom Kläger benannten Gründe, weshalb das FG von Amts wegen die Schwestern und den Zeugen B hätte vernehmen und die Steuerakten der E hätte beiziehen müssen, greifen jedoch nicht durch. Die Behauptung des Klägers, wonach die Schwester G mit ihrer Anzeige persönliche Motive verfolgt habe, spräche selbst dann, wenn sie zutreffen sollte, nicht gegen das Vorliegen des von ihr angezeigten Sachverhalts. Im Gegenteil war ein Steuertatbestand, der mit Auswirkung auf den Kläger tatsächlich erfüllt worden ist, besonders geeignet, zur Verfolgung persönlicher Ziele genutzt zu werden. Da sich das FG darüber hinaus nicht allein auf die Äußerungen der G gestützt, sondern eine Reihe weiterer gewichtiger Indizien für das Vorliegen des angezeigten Sachverhalts angeführt und dabei das Hauptgewicht auf das von E unterzeichnete Schreiben vom gelegt hat, brauchte es die G solange nicht als Zeugin zu vernehmen, wie der Kläger ihre Vernehmung nicht beantragte. Dasselbe gilt für die Einvernahme der Schwester S und des Zeugen B. Auch eine Beiziehung der Steuerakten der E drängte sich dem FG nicht auf, da der Inhalt der Kassette nach den nicht angegriffenen Feststellungen des FG unstreitig war und das FG aufgrund der Kontounterlagen der Eltern zu dem Schluss gekommen war, dass ein Erwerb der Wertpapiere aus dem Vermögen der Eltern ausschied. Auch aus dem Umstand, dass die Steuerfahndung die Mutter des Klägers sowie W und A zu deren Lebzeiten nicht vernommen hat, folgt nicht, dass das FG deshalb ohne dahin gehenden Antrag des Klägers dessen Schwestern sowie den Zeugen B hätte vernehmen müssen. Auf die Vernehmung der W ist im Übrigen auf Wunsch unter anderem auch des Klägers verzichtet worden.
3. Die gerügten Verstöße gegen den klaren Inhalt der Akten (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. Soweit das FG von einer Alleinerbenstellung des Klägers ausgegangen ist, obwohl er in dem angefochtenen Änderungsbescheid vom als Gesamtschuldner bezeichnet worden ist, kann die Vorentscheidung —anders als § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO es verlangt— nicht auf diesem Umstand beruhen, weil die Art der Schuldnerschaft (alleiniger Schuldner oder Gesamtschuldner) für die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung unbeachtlich ist (vgl. , BFHE 141, 461, BStBl II 1984, 784) und das FG dazu keine abweichende Meinung vertreten hat. Soweit das FG die Übergabe der Kassette an die Eltern auf Ende Oktober 1985 datiert hat, fehlt es bereits an dem gerügten Verstoß gegen den Akteninhalt. Das FG hat vielmehr die Erklärung der Schwester G vom , die das Datum Ende Oktober 1985 als maßgeblichen Zeitpunkt für die Auflistung des Kassetteninhalts bezeichnet hat, dahin ausgelegt, dass es sich dabei um den Zeitpunkt der Kassettenübergabe an die Eltern gehandelt hat.
Fundstelle(n):
QAAAB-16816