Statthaftigkeit eines Teilurt. bei zusammenveranlagten Ehegatten; keine Umdeutung eines Teilurt. in ein Zwischenurt.
Gesetze: FGO §§ 98, 99; EStG § 26b
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Sie sind beide berufstätig. Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1996 machten sie u.a. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 6 565 DM als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) erkannte diese Aufwendungen nur in Höhe von 2 400 DM an.
In dem dagegen gerichteten Klageverfahren beantragten die Kläger erstmalig die Berücksichtigung von Aufwendungen für ein weiteres häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 2 400 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Klägerin. Das Finanzgericht (FG) entschied nach § 98 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Teilurteil über die vom Kläger geltend gemachten Werbungskosten. Die Klage wurde „insoweit abgewiesen, als bei den Einkünften des Klägers die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, die über DM 2 400 hinaus gehen, nicht steuermindernd zu berücksichtigen sind„. Hinsichtlich des weiteren Verfahrens heißt es in den Gründen, die Frage, ob auch die Aufwendungen der Klägerin für ein häusliches Arbeitszimmer abzugsfähig seien, sei noch nicht entscheidungsreif. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 808 abgedruckt.
Mit der Revision machen die Kläger geltend, das FG habe § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) unzutreffend ausgelegt.
Sie beantragen, das vorinstanzliche Teilurteil aufzuheben und das Verfahren an das FG zurückzuverweisen.
Das FA tritt der Revision entgegen.
Die Revision ist begründet. Das vorinstanzliche Urteil war aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Im Streitfall sind die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils nicht erfüllt. Eine Umdeutung in ein Zwischenurteil kommt nicht in Betracht.
1. Das Vorliegen der Sachurteilsvoraussetzungen hat der Bundesfinanzhof (BFH) in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 118 FGO Tz. 92, m.w.N.).
2. Nach § 98 FGO kann das Gericht ein Teilurteil erlassen, wenn nur ein Teil des Streitgegenstandes zur Entscheidung reif ist.
a) Ein Teilurteil setzt zum einen die Teilbarkeit des Streitgegenstands bzw. die Zusammenfassung mehrerer Streitgegenstände voraus. Zum andern muss sich das Urteil mit einem abgeschlossenen Teil des Streitgegenstands befassen, der mit der Entscheidung durch das Gericht endgültig erledigt werden kann (, BFHE 173, 204, BStBl II 1994, 403; , BFHE 166, 418, BStBl II 1992, 408; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 98 Anm. 1; Lange in Hübschmann/ Hepp/Spitaler —HHSp—, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 98 FGO Rn. 8, 21 f.). Eine Entscheidung über unselbständige Besteuerungsgrundlagen lässt § 98 FGO hingegen nicht zu (Tipke/Kruse, a.a.O., § 98 FGO Tz. 2).
b) Nach diesen Grundsätzen durfte das FG im Streitfall kein Teilurteil erlassen.
Soweit mit dem Urteil allein über den Werbungskostenabzug für das häusliche Arbeitszimmer des Klägers entschieden werden sollte, betrifft die Entscheidung eine unselbständige Besteuerungsgrundlage. Soweit über die Klage des Ehemannes als solche entschieden werden sollte, fehlt es an der Entscheidungsreife des Streitgegenstands; denn aufgrund der materiell-rechtlichen Wirkung des § 26b EStG ist bei zusammen veranlagten Ehegatten der Rechtsstreit in Bezug auf den einen Ehegatten nicht entscheidungsreif, solange über die Werbungskosten des anderen Ehegatten noch nicht entschieden werden kann (vgl. hierzu auch Blümich/Heuermann, Einkommensteuergesetz, § 26b Rn. 20 ff.; Schmidt/Seeger, Einkommensteuergesetz, § 26b Rz. 8, beide m.w.N.). Ob es sich im Fall zusammenveranlagter Ehegatten überhaupt um einen —i.S. des § 98 FGO— teilbaren Streitgegenstand handelt, kann dahingestellt bleiben.
3. Die Umdeutung des vorinstanzlichen Urteils in ein Zwischenurteil i.S. des § 99 Abs. 2 FGO ist nicht möglich, und zwar ungeachtet der Frage, ob dies angesichts des eindeutigen Tenors überhaupt in Betracht käme; denn bei Ergehen eines Zwischenurteils steht den Beteiligten —anders als bei einem Teilurteil— ein Widerspruchsrecht zu, auf das sie vom Gericht hingewiesen werden müssen. Die Möglichkeit, dieses Recht wahrzunehmen, würde eingeschränkt, wenn das Gericht ein Teilurteil erließe, das wahlweise als Zwischenurteil aufgefasst werden könnte (vgl. hierzu , BFH/NV 1998, 1197, m.w.N.; zur Hinweispflicht des Gerichts s. auch Tipke/ Kruse, a.a.O., § 99 FGO Tz. 18, und Lange in HHSp, § 99 FGO Rn. 35).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 527
BFH/NV 2004 S. 527 Nr. 4
SAAAB-16315