OFD Frankfurt am Main - - S 2223 A - 95 - St II 1.03

§ 10 b EStG; Haftung

Bezug:

Bei der Haftungsinanspruchnahme nach § 10 b Abs. 4 EStG sind die nachfolgenden Grundsätze zu beachten:

1. Haftungsschuldner

Nach § 10 b Abs. 4 Satz 2 EStG haftet, wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Bestätigung ausstellt (1. Alternative) oder wer veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden (2. Alternative).

1.1 Steuerbegünstigte Körperschaft i.S.d. §§ 51 ff. AO

Der Aussteller der Bestätigung bzw. der Veranlasser einer Fehlverwendung haftet für die entgangene Steuer Haftungsschuldner ist daher der Handelnde.

Die Ausstellerhaftung trifft grundsätzlich nur die Körperschaft, da § 50 Abs. 1 EStDV ausdrücklich anordnet, dass Zuwendungsbestätigungen vom Empfänger auszustellen sind. Da als Zuwendungsempfänger nur die in § 49 EStDV genannten Einrichtungen in Betracht kommen, sind diese allein „Aussteller„ der Zuwendungsbestätigungen (vgl. BStBl 2003 II S. 128) Gegenüber einer natürlichen Person greift die Ausstellerhaftung allenfalls dann eine, wenn die Person außerhalb des ihr zugewiesenen Wirkungskreises gehandelt hat.

Auch hinsichtlich der Veranlasserhaftung ist die Körperschaft in Haftung zu nehmen, da durch die Haftung ein Fehlverhalten des Empfängers der Zuwendung im Zusammenhang mit der Spendenverwendung sanktioniert werden soll ( a.a.O.). Die Haftung ist dabei verschuldensunabhängig und damit in Form einer Gefährdungshaftung ausgestaltet.

1.2 Bis : Körperschaft des öffentlichen Rechts als Durchlaufstelle und Aussteller der Spendenbestätigung

Bis konnten die steuerbegünstigten Körperschaften bei Verfolgung, bestimmter gemeinnütziger Zwecke Spenden nur über eine Körperschaft des öffentlichen Rechts empfangen.

Stellte die Körperschaft des öffentlichen Rechts die Spendenbestätigung aus, ohne sich die Steuerbegünstigung des Letztempfängers nachweisen zu lassen, erfüllte sie nicht die ihr auferlegten haushalts- und aufsichtsrechtlichen Prüfungspflichten (vgl. z.B. I B, BStBl 1978 II S. 698), zu denen insbesondere das Verlangen des Nachweises der Steuerbegünstigung durch Vorlage des letzten Freistellungsbescheides bzw. der vorläufigen Bescheinigung gehörte. Sie handelte damit grob fahrlässig und erfüllte die in der Person des Ausstellers. begründeten Voraussetzungen des § 10 b Abs. 4 Satz 2 1. Alternative EStG.

Verließ sich die Körperschaft des öffentlichen Rechts ohne genügende Überprüfung auf die unzutreffenden Angaben des Letztempfängers der Spende, hat dies keinen entlastenden Einfluss auf die Haftung der Durchlaufstelle. Da sie ihren Prüfungspflichten grob fahrlässig nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist, trägt sie die steuerliche Verantwortung für die durch den Spendenabzug entgangene Steuer.

Nach Art. 34 GG geht hierbei die Haftung eines Bediensteten der Körperschaft des öffentlichen Recht, auch wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Spendenbestätigungen ausgestellt hat, auf die Körperschaft des öffentlichen Rechts über.

1.3 Körperschaft, die nicht nach §§ 51 ff. AO als steuerbegünstigte Körperschaft anerkannt ist

Es gelten die zu Tz. 1.1 genannten Grundsätze.

1.4 Sonstige Aussteller unrichtiger Zuwendungsbestätigungen bzw. Veranlasser der Fehlverwendung von Zuwendungen

1.4.1 Natürliche Person:

Ist eine natürliche Person Zuwendungsempfänger und stellt diese die unrichtigen Zuwendungsbestätigungen aus, so ist sie als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen.

1.4.2 BGB-Gesellschaft / Gemeinschaft:

Ist eine Gesellschaft / Gemeinschaft Zuwendungsempfänger, kommen zwar ein, mehrere oder alle Gesellschafter als Haftungsschuldner in Betracht Vorrangig sollte, aber als Haftungsschuldner die handelnde Person in Anspruch genommen werden.

2. Bindung der Haftungsinanspruchnahme an den Vertrauensschutz beim Zuwendenden

Der Haftungstatbestand ist an den Vertrauensschutz beim Zuwendenden gekoppelt. Nach der Gesetzesbegründung, (vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucksache 11/4305 vom , zu 6. und 9. und Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses [7. Ausschuss], BT-Drucksache 11/5582 vom , zu „Spendenabzug„) müssen die Finanzämter bei der Haftungsprüfung stets die Gutgläubigkeit des Zuwendenden prüfen. Obwohl der pauschale Ansatz der Haftungssumme mit 40 v.H. des zugewendeten Betrages gegen eine in jedem Einzelfall zu prüfende Verknüpfung des Haftungstatbestandes mit dem Vertrauensschutz beim Zuwendenden spricht, ist die Haftungsinanspruchnahme von einem bestehenden Vertrauensschutz abhängig.

Die Darlegungs- und Beweislast für die den Vertrauensschutz ausschließenden Gründe hat im Haftungsverfahren der Aussteller der unrichtigen Zuwendungsbestätigung. Der potentielle Haftungsschuldner hat daher auch die Möglichkeit einzuwenden, dass es, bezogen auf die einzelne Zuwendung, zu keinem Steuerausfall gekommen ist, weil der Zuwendende z.B. den Abzug der Zuwendung bei seiner Steuererklärung nicht begehrt oder weil er den Höchstbetrag nach § 10 b Abs. 1 Satz 1 EStG bereits ohne die fragliche Zuwendung ausgeschöpft hatte.

3. Vertrauensschutz beim Zuwendenden

Nach § 10 b Abs. 4 Satz 1 EStG darf der Zuwendende auf die Richtigkeit der Bestätigung vertrauen, es sei denn, dass er die Bestätigung durch unlautere Mittel oder falsche Angaben erwirkt hat oder dass ihm die Unrichtigkeit der Bestätigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war. Widerruft der Aussteller der unrichtigen Zuwendungsbestätigung diese, bevor der Zuwendende seine Steuererklärung einschließlich der unrichtigen Bestätigung beim Finanzamt abgegeben hat, kann der Zuwendende nicht mehr auf die Richtigkeit der Bestätigung vertrauen. Da auch bei der Anwendung der Vertrauensschutzregelung § 150 Abs. 2 AO zu beachten ist, wonach die Angaben in der Steuererklärung wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen sind, darf der Zuwendende in diesem Fall den Abzug der Zuwendung nicht mehr unter Hinweis auf den Vertrauensschutz beantragen.

Die Bösgläubigkeit des Zuwendenden ist u.a. gegeben, wenn ihm Umstände bekannt sind, die für eine Verwendung der Zuwendung sprechen, die nicht den Unterlagen entspricht, oder wenn der „Zuwendung„ eine Gegenleistung gegenübersteht.

4. Umfang der Haftung

Die entgangene Steuer, für die der Haftende in Anspruch genommen wird, ist nach § 10 b Abs. 4 Satz 3 EStG mit 40 v.H. des zugewendeten Betrages anzusetzen. Die Festlegung der Haftungshöhe als fester Prozentsatz der Zuwendung erfolgt unabhängig von den tatsächlichen Verhältnissen beim Zuwendenden (soweit dieser Vertrauensschutz genießt). Die Frage, in welchem Umfang sich der Abzug der Zuwendung beim Zuwendenden steuerlich ausgewirkt hat, bleibt ohne Bedeutung für die Haftungsfrage (vgl. Tz. 2). Einzelfallbezogene Ermittlungen des Ausfalls unterbleiben.

Im Falle der Ausstellerhaftung bestimmt sich die Bemessungsgrundlage für die Haftungshöhe nach den Zuwendungen, für die eine unrichtige Zuwendungsbestätigung ausgestellt wurde. Im Falle der Veranlasserhaftung bestimmt sie sich nach den fehlverwendeten Zuwendungen.

Die Entscheidung über den Umfang der Haftungsinanspruchnahme im Falle der Versagung der Steuerbegünstigung nach § 51 ff. AO für abgelaufene Veranlagungszeiträume ist wegen des beim BFH derzeit anhängigen Verfahrens (BFH-Entscheidung vom ) noch zurückgestellt worden. Zu gegebener Zeit ergeht hierzu eine gesonderte Anweisung.

5. Erteilung des Haftungsbescheides

Für die Erteilung des Haftungsbescheides ist § 191 AO zu beachten.

Dem Haftenden ist zunächst rechtliches Gehör zu gewähren (vgl. Tz. 5 der Rdvfg. vom – S 0370 A – 15 – St II 4.03 –, AO-Kartei, § 191 AO, Karte 1N). Im Haftungsbescheid sind die Gründe für die Ermessensentscheidung darzustellen. Insbesondere sind, wenn mehrere Personen als Haftende in Betracht kommen, die Erwägungen zu erläutern, warum gerade die in Anspruch genommene/n Person/en unter mehreren zur Haftung ausgewählt und herangezogen wird/werden (vgl. Tz. 6.8.2.2 der Rdvfg. vom , a.a.O.).

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Fundstelle(n):
IAAAB-16259