BFH Beschluss v. - V B 70, 71/03

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine Gemeinde, schloss im Jahr 1988 mit dem Land A einen Erbbaurechtsvertrag über das Deichgebiet „B-Strand„. Auf dem „B-Strand„ hatte die Klägerin zuvor mehrere Strandhäuser errichtet, die für den Hotel- und Restaurantbetrieb ausgebaut waren. Sie verpachtete die Strandhäuser ohne Inventar an private Unternehmer, die darin Hotels und Restaurants betrieben.

Die Klägerin verzichtete hinsichtlich der Pachteinnahmen auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1980 (UStG). Sie unterwarf die Pachteinnahmen der Umsatzsteuer und zog mit diesen Umsätzen in Zusammenhang stehende Vorsteuerbeträge für 1985 und für 1986 ab.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) versagte den Abzug der Vorsteuerbeträge unter Hinweis darauf, dass die Verpachtung der Strandhotels eine reine Vermögensverwaltung darstelle und die Klägerin deshalb nicht Unternehmerin sei.

Das Finanzgericht (FG) gab den Klagen im ersten Rechtsgang statt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hob die Urteile auf (vgl. , BFHE 183, 283, BStBl II 1999, 420). Er führte zur Begründung aus, entgegen der Auffassung der Vorinstanz folge aus der Anwendung des § 2 Abs. 3 UStG, dass die Klägerin mit der Verpachtung der Strandhäuser ohne Inventar nicht als Unternehmerin tätig geworden sei. § 2 Abs. 3 UStG dürfe allerdings dann wegen Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) im Einzelfall nicht angewendet werden, wenn die Behandlung der Pachtentgelte als nicht steuerbar zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Zur Begründung verwies der Senat auf die Gründe seines Urteils vom XI R 33/94 (BFHE 182, 454, BStBl II 1999, 418).

Der BFH führte weiter aus, er könne nicht beurteilen, ob im Streitfall eine Behandlung der Pachtentgelte der Klägerin als nicht steuerbar zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde; das FG werde bei seiner erneuten Verhandlung und Entscheidung die betreffenden Feststellungen nachholen.

Das FG stellte im zweiten Rechtsgang entsprechende Ermittlungen an und wies die Klagen nunmehr als unbegründet ab. Dabei legte es —gestützt auf allgemeine Erwägungen und auf die Ergebnisse der angestellten Ermittlungen— dar, die Behandlung der Pachtentgelte als nicht steuerbar führe nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen i.S. des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG.

Gegen diese Urteile wendet sich die Klägerin mit Nichtzulassungsbeschwerden.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerden der Klägerin haben keinen Erfolg.

1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (Nr. 2) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

2. Die Klägerin hat keinen dieser Revisionszulassungsgründe entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.

a) Die Revision kann nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen werden.

Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung ist es erforderlich, dass der Kläger eine konkrete Rechtsfrage formuliert und auf deren Klärungsbedürftigkeit und Klärbarkeit im angestrebten Revisionsverfahren sowie auf deren über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht. Ferner sind zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage Angaben dazu notwendig, inwiefern die richtige Antwort auf die im angestrebten Revisionsverfahren zu klärende Rechtsfrage zweifelhaft ist, in welchem Umfang und aus welchen Gründen sie umstritten ist und welche unterschiedlichen Auffassungen zu dieser Frage in der Rechtsprechung oder im Schrifttum vertreten werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 119/01, BFH/NV 2002, 1038; vom X B 5/02, juris; vom VII B 110/02, BFH/NV 2003, 659). Dies gilt auch dann, wenn die grundsätzliche Bedeutung auf einen Verstoß gegen das Grundgesetz (GG) gestützt wird (vgl. , BFH/NV 2003, 1439).

Diesen Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache wird das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht. Sie hält die „rechtliche Wertung„ des FG für „unzutreffend„ und rügt einen Verstoß gegen Art. 3 und Art. 28 Abs. 3 GG. Dabei hat sie keine konkrete Rechtsfrage formuliert, die in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig und klärbar sein könnte. Es fehlt zudem jede Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur. Allein der Vortrag, „die Vereinbarkeit mit dem GG„ sei „bisher nicht Gegenstand einer Entscheidung des BFH„ gewesen, entspricht den Begründungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht (vgl. , BFH/NV 2000, 1347). Die Klägerin wendet sich in ihrer Beschwerdeschrift in der Art einer Revisionsbegründung gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung. Dies kann indessen nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 659, m.w.N.).

b) Auch die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO kommt nicht in Betracht.

Nach Auffassung der Klägerin liegt darin, dass das FG seine Prüfung nicht auf Vorschriften des GG ausgedehnt habe, ein Verfahrensmangel im Sinne dieser Vorschrift.

Diese Ansicht ist unzutreffend. Ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegt nur dann vor, wenn das FG —anders als von der Klägerin geltend gemacht— gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts verstoßen hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2002, 1424).

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

4. Die Verbindung der Beschwerden beruht auf § 121 Satz 1 i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Fundstelle(n):
WAAAB-15829