§ 8 EStG; Lohnsteuerliche Behandlung der verbilligten Energielieferungen an Arbeitnehmer von Versorgungsunternehmen II
Verbändevereinbarung II
Auf Grund der Verbändevereinbarung II vom (VV II), die die Verbändevereinbarung I vom konkretisiert, wird bei den Leistungen auf dem Energiemarkt strikt zwischen der Netznutzung und der Stromlieferung getrennt. Deshalb muss jeder Kunde grundsätzlich zwei Verträge abschließen: nämlich einen Netzzugangsvertrag mit dem Netzbetreiber und einen Stromlieferungsvertrag mit dem Energielieferanten/Händler. Als Folge dieser Verträge handelt es sich bei dem Strom, den der Kunde an seiner Zählerklemme abnehmen wird, um solchen des Energielieferanten, den dieser im eigenen Namen und auf eigene Rechnung an den Kunden veräußert. Der Netzbetreiber (z.B. das örtliche Versorgungsunternehmen) stellt lediglich die Netznutzung sicher. Das vom Kunden zu zahlende Gesamtentgelt setzt sich deshalb u.a. aus einem Entgelt für die Stromlieferung sowie einem Entgelt für die Netznutzung zusammen.
Bei einer entsprechenden Umsetzung des Verfahrens sind zwei Leistungen lohnsteuerlich gesondert zu beurteilen, nämlich zum einen die eigentliche Stromlieferung und zum anderen die Leistung in Form der Netznutzung.
Bei der eigentlichen Stromlieferung kann der Sachverhalt immer so gestaltet werden, dass in allen Fällen eine unmittelbare Stromlieferung vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer erfolgt. Voraussetzung ist lediglich, dass von der neuen Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, zwischen dem stromliefernden Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer einen Stromlieferungsvertrag abzuschließen. Der Strom, der auf Grund des Stromlieferungsvertrags an der Zählerklemme vom Arbeitnehmer abgenommen wird, steht im Eigentum des stromliefernden Arbeitgebers und wird von diesem im eigenen Namen und auf eigene Rechnung veräußert. Damit ist aber eine Voraussetzung für die Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG bei der verbilligten Überlassung von Energie erfüllt, denn der Arbeitnehmer erhält den Strom unmittelbar von seinem Arbeitgeber. Liegen die übrigen Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 EStG vor, so ist der Rabattfreibetrag zu gewähren.
Die gesonderte Leistung, die der Netzbetreiber in Form der Netznutzung erbringt, ist ggf. ebenfalls nach § 8 Abs. 3 EStG zu bewerten. Voraussetzung hierfür ist, dass der örtliche Netzbetreiber Arbeitgeber des Kunden ist. Denn in diesem Fall erhält der Arbeitnehmer die Dienstleistung, die auch nicht überwiegend für Arbeitnehmer erbracht wird, unmittelbar von seinem Arbeitgeber. Ist der örtliche Netzbetreiber jedoch nicht Arbeitgeber des Kunden, kann § 8 Abs. 3 EStG für die Leistung „Netznutzung„ nicht in Betracht kommen. Dies gilt auch, wenn der Stromlieferant das vom Arbeitnehmer hierfür zu erbringende Netzentgelt im Namen und für Rechnung des Netzbetreibers vereinnahmen sollte.
Demzufolge können Arbeitnehmer eines örtlichen Versorgungsunternehmens, das sowohl Strom herstellt oder vertreibt als auch als Netzbetreiber tätig ist, Vergünstigungen bei der Stromlieferung und auch bei der Netznutzung nach § 8 Abs. 3 EStG begünstigt erhalten. Hierbei ist allerdings nach dem Wohnort zu unterscheiden. Bei Stromlieferungen können Mitarbeiter, die inner- und außerhalb des eigenen Versorgungsgebiets wohnen, den Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG in Anspruch nehmen. Hingegen kann bei Vorteilen aus der Netznutzung der Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG nur bei solchen Arbeitnehmern zur Anwendung kommen, wenn sie innerhalb des Versorgungsgebiets (=Netzgebiet) wohnen.
Verbändevereinbarung II plus
Die in der Verbändevereinbarung II festgelegte Trennung hat sich in der Praxis nicht durchgesetzt. Vielmehr haben Stromhändler schon bald auch außerhalb des eigenen Netzgebiets „All – inclusive – Verträge„ einschließlich Netznutzung angeboten. Diese Entwicklung ist in der Verbändevereinbarung vom (VV II plus) mit Wirkung zum umgesetzt worden.
Danach hab der Stromlieferant bei Vorlage eines „All – inclusive – Vertrags„ zur Stromversorgung eines Einzelkunden in einem anderen Netzgebiet Anspruch auf den zeitnahen Abschluss eines Netznutzungsvertrags mit dem örtlichen Netzbetreiber, d.h. zwischen Netzbetreiber und Kunden bestehen keine vertraglichen Beziehungen. Beim „All – inclusive – Vertrag„ enthält der Stromlieferungsvertrag des Energieversorgungsunternehmens mit seinem Endkunden (auch Arbeitnehmer) bereits die Netznutzung auch für den Fall, dass der Endkunde (oder der Arbeitnehmer) in einem anderen Netzgebiet wohnt. Wird die VV II plus entsprechend umgesetzt, kommt für den Arbeitnehmer eines Energieversorgungsunternehmens als Endkunde der Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG für alle Leistungen in Betracht, auch wenn er außerhalb des Netzgebiets seines Arbeitgebers wohnt oder dessen Arbeitgeber als reiner Stromhändler kein eigenes Versorgungsnetz betreibt. Voraussetzung für die Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG ist jedoch, dass der Arbeitgeber entsprechende „All – inclusive – Verträge„ nicht ausschließlich mit seinen Arbeitnehmern abschließt.
OFD Frankfurt am Main v. - S 2334 A - 42 - St II 3.04
Fundstelle(n):
QAAAB-15763