OFD Frankfurt am Main - S 2101 A - 2 - St II 2.03

§ 1 a EStG; Vorlage an den EuGH wegen des Abzugs von Unterhaltsleistungen an im EU-Ausland lebende geschiedene Ehegatten (Realsplitting nach § 1 a Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG);

Ruhen des Verfahrens in vergleichbaren Fällen

Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten sind bis zu 13.805 € im Jahr (bis 2001: 27.000 DM) als Sonderausgaben abzugsfähig (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Die Vorschriften für das Realsplitting sind darüber hinaus bei Staatsangehörigen eines EU/EWR-Staates, die nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind oder nach § 1 Abs. 3 EStG auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln sind, anzuwenden, wenn der geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatte seinen Wohnsitz bzw. gewöhnliche Aufenthalt in einem EU/EWR-Staat hat (§ 1 a Abs. 1 Nr. 1 EStG).

Für die Anwendung des Realsplittings nach § 1 a Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist zusätzlich Voraussetzung, dass die Besteuerung der Unterhaltszahlungen beim Empfänger durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird (§ 1 a Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).

Der BFH hält es für zweifelhaft, ob § 1 a Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG mit EU-Recht vereinbar sind. Diese Vorschriften verhindern, dass ein deutscher Steuerpflichtiger Unterhaltsleistungen an seine in Österreich lebende geschiedene Ehefrau absetzen kann, da in Österreich Unterhaltszahlungen dem Grunde nach nicht besteuert werden.

Mit Beschluss vom  – XI R 5/02 legt der BFH dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

  1. Ist Art. 12 EG-Vertrag (i.d.F. des Vertrags von Amsterdam) –EGV– dahin gehend auszulegen, dass er § 1 a Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG entgegensteht, wonach ein in Deutschland ansässiger Steuerpflichtiger Unterhaltsleistungen an seine in Österreich wohnende geschiedene Ehefrau nicht abziehen kann, während er dazu berechtigt wäre, wenn sie noch in Deutschland ansässig wäre?

  2. Für den Fall, dass Frage 1 verneint wird: Ist Art. 18 Abs. 1 EGV dahin gehend auszulegen, dass er § 1 a Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG entgegensteht, wonach ein in Deutschland ansässiger Steuerpflichtiger Unterhaltsleistungen an seine in Österreich wohnende geschiedene Ehefrau nicht abziehen kann, während er dazu berechtigt wäre, wenn sie noch in Deutschland ansässig wäre?

Dem vom BFH zu entscheidenden Fall liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger ist seit dem geschieden. In seinen Einkommensteuer-Erklärungen für die Streitjahre 1994 bis 1997 machte er Unterhaltszahlungen an seine in Österreich lebende frühere Ehefrau in Höhe von jeweils 8.760 DM für die Zeiträume 1994, 1995, 1997 bzw. 10.230 DM für den Zeitraum 1996 im Rahmen des Realsplittings als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 a Abs. 1 Nr. 1 des EStG geltend.

Das Finanzamt ließ die Unterhaltszahlungen in den Einkommensteuer-Bescheiden 1994 bis 1997 unberücksichtigt, da die Besteuerung der Zahlungen bei der Ehefrau nicht durch eine Bescheinigung der österreichischen Steuerbehörden nachgewiesen wurde. Im Streitfall konnte der Kläger die entsprechende Bescheinigung nicht vorlegen, da nach österreichischem Einkommensteuerrecht die Unterhaltszahlungen bereits dem Grunde nach nicht der Besteuerung unterworfen werden.

Bei Einsprüchen in ähnlich gelagerten Fällen ruht das Verfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO, wenn sich der Einspruchsführer in der Begründung seines Einspruchs auf das Verfahren vor dem EuGH stützt.

Aussetzung der Vollziehung gem. § 363 Abs. 1 AO ist nicht zu gewähren.

OFD Frankfurt am Main v. - S 2101 A - 2 - St II 2.03

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:


Fundstelle(n):
UAAAB-15727