BFH Urteil v. - IX R 48/02

WK-Abzug bei einer leer stehenden, zur Vermietung und zum Verkauf angebotenen Wohnung

Gesetze: EStG §§ 2, 9, 21

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb im September 1993 zum Kaufpreis von 384 000 DM eine Eigentumswohnung, die er im Jahre 1994 und für einen Monat im Jahr 1995 vermietete. Danach stand die Wohnung bis zu ihrer Veräußerung im Mai 1999 leer. Der Veräußerungspreis betrug 330 000 DM.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (1998) machte der Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Werbungskostenüberschuss von 54 720 DM geltend, den der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) unberücksichtigt ließ.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Zur Begründung führte das Finanzgericht (FG) aus, dem Kläger habe im Streitjahr die Einkünfteerzielungsabsicht gefehlt, weil neben der Vermietungs- eine zumindest gleichwertige Verkaufsabsicht bestanden habe.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung und Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1998, bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Streitjahres Werbungskosten in Höhe von 52 335 DM zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. 1. Die Revision ist zulässig. Entgegen der Auffassung des FA genügt die Revisionsbegründung den Anforderungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO); sie setzt sich in hinreichender Weise mit dem Urteil des FG auseinander.

2. Die Revision ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG hat zu Unrecht unter Hinweis auf eine gleichwertige Vermietungs- und Verkaufsabsicht für die leer stehende Wohnung im Streitjahr den Werbungskostenabzug versagt.

a) Der Abzug von Aufwendungen als Werbungskosten setzt nach § 9 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) voraus, dass sie der „Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen„ aus einer der Einkunftsarten i.S. des § 2 EStG dienen.

aa) Dies erfordert, dass der Steuerpflichtige die Absicht hat, auf Dauer aus der betreffenden Einkunftsart —wie hier nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG— einen Einnahmeüberschuss zu erzielen. Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen solchen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften (,

BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771). Hat der Steuerpflichtige den Entschluss, auf Dauer zu vermieten, endgültig gefasst, gelten diese Grundsätze für die Dauer seiner Vermietungstätigkeit auch dann, wenn er das bebaute Grundstück aufgrund eines neu gefassten Entschlusses veräußert. Dagegen liegt ein gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechendes Indiz vor, wenn der Steuerpflichtige ein bebautes Grundstück innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs —von in der Regel bis zu fünf Jahren— seit der Anschaffung oder Herstellung wieder veräußert und innerhalb dieser Zeit nur einen Werbungskostenüberschuss erzielt (z.B. , BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580).

bb) Nach diesen Maßstäben sind Aufwendungen für eine Wohnung, die nach vorheriger auf Dauer angelegter Vermietung —wie im Streitfall— leer steht, jedenfalls als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat (vgl. , BFH/NV 1993, 532: Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht durch —unbedingten— (Makler-)Auftrag zur Veräußerung eines leer stehenden Hauses). Daran fehlt es, solange sich der Steuerpflichtige ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung bemüht, selbst wenn er das Vermietungsobjekt daneben —z.B. wegen der Schwierigkeiten einer Vermietung— auch zum Erwerb anbietet (vgl. dazu das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des Senats vom selben Tag IX R 102/00, auf dessen Gründe zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Vorentscheidung aufzuheben und die nicht spruchreife Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das FG muss zunächst prüfen, ob sich bereits aus der zeitnahen Veräußerung der Wohnung (im Streitfall nach fünf Jahren und acht Monaten) ein Indiz für das Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht ergibt. Sollte die zeitnahe Veräußerung hierzu keinen Anlass bieten, muss das FG der Frage nachgehen, ob sich der Kläger im Streitjahr noch ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung der leer stehenden Wohnung bemüht hatte.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 170 Nr. 2
RAAAB-13813